Pjotr Alexejewitsch Kropotkin

Pjotr Kropotkin

Fürst Pjotr Alexejewitsch Kropotkin (russisch Пётр Алексеевич Кропоткин, wiss. Transliteration Pёtr Alekseevič Kropotkin) ( * 9. Dezember 1842 in Moskau; † 8. Februar 1921 in Dmitrow) war ein russischer Anarchist, Geograph und Schriftsteller.

Aufgrund seiner Abkunft aus dem russischen Hochadel und da er einer der prominentesten Anarchisten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts war, war er bei denen, die ihn kannten, als der anarchistische Fürst bekannt. Er hinterließ viele Schriften, darunter die revolutionäre Schrift Die Eroberung des Brotes und sein wissenschaftliches Werk Gegenseitige Hilfe in der Tier und Pflanzenwelt. Als gelernter Naturwissenschaftler versuchte Kropotkin eine systematische und wissenschaftlichen Kriterien standhaltende Theorie des Anarchismus zu entwerfen. Er gilt dabei auch als einer der Mitbegründer des Anarchistischen Kommunismus. Er kämpfte für eine anarchistisch-kollektivistische Gesellschaft, die frei wäre von einer potenziell diktatorischen Regierung.

Biographie

Pjotr Kropotkin wurde als Sohn von Prinz Alexei Petrowitsch Kropotkin in Moskau geboren. Er war somit einer der Nachkommen der berühmten Rjurikiden. Seine Mutter, Tochter eines Generals in der russischen Armee, hatte für ihre Zeit ebenso bemerkenswert liberale Ansichten wie ein ausgesprochenes Interesse an Literatur. Sie starb jedoch an Tuberkulose, als Kropotkin gerade 4 Jahre alt war, und seine Kindheit war im weiteren geprägt durch den autoritären Vater und die Stiefmutter, die ihren Stiefkindern keine Gefühle entgegenbringen kostnnte. Liebe bekamen Pjotr und sein ein Jahr älterer Bruder Sascha (Alexander) nur von den Leibeigenen der Kropotkins.

1857 im Alter von fünfzehn Jahren trat Pjotr Kropotkin in die St. Petersburger Kadettenschule ein. Die Schule galt als Ausbildungsort, an dem der russische Hochadel seine Kinder auf zukünftige Karrieren in Militär und Verwaltung vorbereitete. Im Jahre 1862 beendete Kropotkin als einer der ersten seines Jahrgangs die Ausbildung. Bis zum Verlassen der Schule 1862 folgte Kropotkin größtenteils seinen eigenen Interessen. Er beschäftigte sich intensiv mit den französischen Enzyklopädisten und französischer Geschichte, insbesondere mit der französischen Revolution. Die liberalen und republikanischen Tendenzen, die in jener Zeit in der russischen Oberschicht aufkamen, entgingen ihm ebensowenig. Auch vertiefte sich sein Interesse am Leben der russischen Landbewohner in dieser Zeit.

Nach seinem Eintritt in die russische Armee ließ sich Kropotkin, ungewöhnlich für seine gesellschaftliche Klasse, in ein sibirisches Kosakenregiment in der neu eroberten Amur-Region versetzen. Im Dienst unter dem liberalen General B.K. Kugel hatte Kropotkin die Möglichkeit sich mit weiterer sozialistischer Literatur auseinander zu setzen. B.K. Kugel verfügte über die komplette Sammlung der Werke A.I. Herzen. Außerdem nutzte Kropotkin die dort ziemlich ereignislose Zeit, um ausgedehnte geographische Forschungen anzustellen, die seinen Ruf als Naturwissenschaftler begründeten. Auch durch die gescheiterten Versuche, wirkliche Veränderungen der sibirischen Verwaltung durchzusetzen, kam Kropotkin zu der Überzeugung, dass wirkliche politische Veränderung innerhalb des oder durch den Staatsapparat nicht möglich wäre.

1867 kehrte Kropotkin nach St. Petersburg zurück. Er schrieb sich an der Universität St. Petersburg ein. Gleichzeitig wurde er Sekretär der Sektion für physikalische Geographie in der Russischen Geographischen Gesellschaft. In den darauf folgenden Jahren publizierte er wichtige Arbeiten über das Amur-Gebiet und über Gletscher-Ablagerungen in Finnland und Schweden. Als ihm jedoch die Russische Geographische Gesellschaft den Posten ihres Sekretär anbot, war in Kropotkin schon die Überzeugung gereift, dass es eher seine Pflicht wäre sein Wissen einzusetzen um dem leidenden Volk zu helfen. Er schloß sich lieber revolutionären Kreisen an.

1872 reiste Kropotkin in die Schweiz und wurde Mitglied der radikalen Jura Föderation in Neuchâtel. Dort nahm er endgültig seine anarchistischen Überzeugungen an und nach seiner Rückkehr nach Russland betätigte er sich intensiv an anarchistischer und nihilistischer Propaganda.

1874 wurde er verhaftet, konnte aber zwei Jahre später aus der Pjotr und Paul Festung in St. Petersburg fliehen. Nach unruhigen Zeiten zwischen London, Paris und der Schweiz wählte er 1878 seinen Wohnsitz in der Schweiz, wo er die Zeitung La Révolté der Jura-Föderation betreute und eigene Schriften veröffentlichte.

In den folgenden Jahren wurde er auf russischen Druck aus der Schweiz ausgewiesen und in Frankreich zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Öffentlicher Druck erreichte seine Freilassung und ermöglichte es Kropotkin sich in London niederzulassen. Dort veröffentliche er 1902 sein Buch Gegenseitige Hilfe, das eine Gegenthese zum Sozialdarwinismus seiner Zeit aufstellte. Anhand zahlreicher Beispiele aus Natur und Geschichte versuchte er nachzuweisen, dass die erfolgsreichste Strategie in der Evolution auf gegenseitiger Hilfe und Unterstützung und eben nicht auf dem Überleben des Stärksten beruhte. Sein Fazit im Buch lautete: In der Betätigung gegenseitiger Hilfe, die wir bis an die ersten Anfänge der Entwicklung verfolgen können, finden wir also den positiven und unzweifelhaften Ursprung unserer Moralvorstellungen; und wir können behaupten, dass in dem ethischen Fortschritt des Menschen der gegenseitige Beistand - nicht gegenseitiger Kampf - den Hauptanteil gehabt hat. In seiner umfassenden Betätigung - auch in unserer Zeit - erblicken wir die beste Bürgschaft für eine noch stolzere Entwicklung des Menschengeschlechts.

1917 kehrte Kropotkin nach der Februarrevolution nach Russland zurück. Die Bolschewisten versuchten nach ihrem Machtantritt, den Einfluss des Freiheitsdenkers zu reduzieren; aufgrund seiner Popularität in der Arbeiterbewegung konnte er jedoch ein relativ freies Leben führen. Seine von mehreren zehntausend Menschen besuchte Beerdigung 1921 war die letzte Massenveranstaltung oppositioneller Kräfte in der Sowjetunion bis 1990. Viele Teilnehmer wurden extra für dieses Ereignis vorübergehend aus der Haft entlassen.

Kropotkin wurde für sein weites Wissen und die Güte seines Charakters von Freund und Feind gelobt. Er galt als Autorität über russische Naturkunde und hat viele Beiträge (darunter den über Anarchismus) für die Encyclopedia Britannica verfasst. Trotz seines stetigen Wirkens musste er aber auch ansehen, wie die Idee einer anarchistischen Revolution in seiner Zeit immer mehr an Bedeutung verlor.

Siehe auch: Utopischer Sozialismus

Werke

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Literatur

  • Nicht Narren, nicht Heilige. Erinnerungen russischer Volkstümler; Leipzig; Goes, Gudrun (Hrsg.); Verlag Philipp Reclam jun. 1984
  • Umfangreiche Seite über Kropotkin: www.kropotkin.de
  • Kropotkins Biographie in russischer Sprache: [1]