„Patientenverfügung“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 4: Zeile 4:
Auch in jungen Jahren kann es überraschend – etwa durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit – dazu kommen, dass der eigene Wille nicht mehr geäußert werden kann. Wer seine Wünsche bezüglich der medizinischen Betreuung nicht festlegt riskiert, dass im Akutfall medizinische Maßnahmen wie künstliche Beatmung durchgeführt werden, die nicht dem eigenen Willen entsprechen. Zudem nimmt eine Patientenverfügung den Angehörigen die Last, selbst über die Behandlung des Betroffenen entscheiden zu müssen.<ref>Nordmann, Heike/Schuldzinski, Wolfgang: Patientenverfügung: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Verbraucherzentrale, 2010. ISBN 9783940580641</ref>
Auch in jungen Jahren kann es überraschend – etwa durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit – dazu kommen, dass der eigene Wille nicht mehr geäußert werden kann. Wer seine Wünsche bezüglich der medizinischen Betreuung nicht festlegt riskiert, dass im Akutfall medizinische Maßnahmen wie künstliche Beatmung durchgeführt werden, die nicht dem eigenen Willen entsprechen. Zudem nimmt eine Patientenverfügung den Angehörigen die Last, selbst über die Behandlung des Betroffenen entscheiden zu müssen.<ref>Nordmann, Heike/Schuldzinski, Wolfgang: Patientenverfügung: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Verbraucherzentrale, 2010. ISBN 9783940580641</ref>


Die Patientenverfügung bedarf keiner bestimmten Form. Die Schriftform kann Vorteile für Betroffenen, Angehörige und Ärzte haben. Eine notarielle Beglaubigung der Patientenverfügung ist nicht notwendig. Formulare können im Internet heruntergeladen werden; man füllt sie aus und unterschreibt sie. Die Patientenverfügung gilt auf unbestimmte Zeit. Es empfiehlt sich, sie an einem Ort aufzubewahren, wo die Angehörigen sie im Bedarfsfall schnell finden können. Sicherer ist das Hinterlegen mehrerer Exemplare: Eines beim Hausarzt, je eines bei mehreren Verwandten oder Freunden.<ref>[http://www.bestattungsplanung.de/vorsorge/patientenverfuegung.html Bestattungsplanung]</ref>
Die Patientenverfügung bedarf keiner bestimmten Form. Die Schriftform kann Vorteile für Betroffene, Angehörige und Ärzte haben. Eine notarielle Beglaubigung der Patientenverfügung ist nicht notwendig. Formulare können im Internet heruntergeladen werden; man füllt sie aus und unterschreibt sie. Die Patientenverfügung gilt auf unbestimmte Zeit. Es empfiehlt sich, sie an einem Ort aufzubewahren, wo die Angehörigen sie im Bedarfsfall schnell finden können. Sicherer ist das Hinterlegen mehrerer Exemplare: Eines beim Hausarzt, je eines bei mehreren Verwandten oder Freunden.<ref>[http://www.bestattungsplanung.de/vorsorge/patientenverfuegung.html Bestattungsplanung]</ref>


== Rechtslage in Deutschland ==
== Rechtslage in Deutschland ==

Version vom 23. Juli 2011, 22:35 Uhr

Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Vorausverfügung einer einwilligungsfähigen volljährigen Person für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen des Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt.

Hinterlegung einer Patientenverfügung

Auch in jungen Jahren kann es überraschend – etwa durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit – dazu kommen, dass der eigene Wille nicht mehr geäußert werden kann. Wer seine Wünsche bezüglich der medizinischen Betreuung nicht festlegt riskiert, dass im Akutfall medizinische Maßnahmen wie künstliche Beatmung durchgeführt werden, die nicht dem eigenen Willen entsprechen. Zudem nimmt eine Patientenverfügung den Angehörigen die Last, selbst über die Behandlung des Betroffenen entscheiden zu müssen.[1]

Die Patientenverfügung bedarf keiner bestimmten Form. Die Schriftform kann Vorteile für Betroffene, Angehörige und Ärzte haben. Eine notarielle Beglaubigung der Patientenverfügung ist nicht notwendig. Formulare können im Internet heruntergeladen werden; man füllt sie aus und unterschreibt sie. Die Patientenverfügung gilt auf unbestimmte Zeit. Es empfiehlt sich, sie an einem Ort aufzubewahren, wo die Angehörigen sie im Bedarfsfall schnell finden können. Sicherer ist das Hinterlegen mehrerer Exemplare: Eines beim Hausarzt, je eines bei mehreren Verwandten oder Freunden.[2]

Rechtslage in Deutschland

Abgrenzung

Die Patientenverfügung ist von einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung zu unterscheiden.

In der Patientenverfügung bestimmt der Verfügende, welche medizinischen und pflegerischen Untersuchungen, Behandlungen und Eingriffe nach seinem Willen durchgeführt oder unterlassen werden sollen. Die Patientenverfügung regelt dagegen nicht, welche Personen die sich daraus ergebenden Entscheidungen treffen dürfen und dafür sorgen sollen, dass der Patientenwille in die Tat umgesetzt wird.

Als Ergänzung zur Patientenverfügung ist daher eine Vorsorgevollmacht ratsam. Mit dieser wird ein Bevollmächtigter (für den Fall, dass der Vollmachtgeber seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann) ermächtigt, ihn in allen Angelegenheiten zu vertreten, für die der Vollmachtgeber ihn bevollmächtigt, zum Beispiel

  • in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und der Pflege,
  • in Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten,
  • in der Vermögenssorge,
  • in Behördenangelegenheiten

oder anderes mehr.

Der durch die Vorsorgevollmacht Bevollmächtigte ist kein gesetzlicher Betreuer. Die Bevollmächtigung kann die Bestellung eines Betreuers überflüssig machen. Für den Fall, dass eine Betreuung (dennoch) notwendig werden sollte, kann man in einer Betreuungsverfügung eine Person vorschlagen, die zum Betreuer bestellt werden soll und/oder Personen nennen, die nicht Betreuer werden sollen. Das Betreuungsgericht hat diesem Vorschlag zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Patienten nicht zuwiderläuft. Für die vom Betreuer zu treffenden Entscheidungen ist die Patientenverfügung maßgeblich.

Rechtliche Verbindlichkeit

Die Frage der Verbindlichkeit einer Patientenverfügung stellt sich dann, wenn der Patient nicht einwilligungsfähig ist, denn jegliche medizinische Behandlung bedarf der Einwilligung des Patienten. Kann der Patient nicht selbst einwilligen oder seinen Willen nicht selbst äußern, wird der Patient durch einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten vertreten.

Rechtslage seit 2009

Für den Betreuer oder den Bevollmächtigten ist die Patientenverfügung nach § 1901a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)[3] unmittelbar verbindlich. Die Verbindlichkeit gilt unabhängig von der Art oder dem Stadium der Erkrankung des Betreuten. Betreuer oder Bevollmächtigter müssen dem in der Patientenverfügung geäußerten Willen Ausdruck und Geltung verschaffen, wenn die Festlegungen in der Patientenverfügung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ob dies der Fall ist, haben sie zu prüfen. Deshalb ist es wichtig, eine Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht zu kombinieren. Ein in einer Patientenverfügung zum Ausdruck kommender Wille ist bindend, wenn

  • der Verfasser Festlegungen gerade für diejenige Lebens- und Behandlungssituation getroffen hat, die nun zu entscheiden ist,
  • der Wille nicht auf ein Verhalten gerichtet ist, das einem gesetzlichen Verbot unterliegt,
  • der Wille in der Behandlungssituation noch aktuell ist und
  • keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Patientenverfügung durch äußeren Druck oder aufgrund eines Irrtums zustande gekommen ist.[4]

An den in der Patientenverfügung geäußerten Willen ist unter den genannten Voraussetzungen auch das Betreuungsgericht gebunden, wenn es nach § 1904 BGB dazu berufen ist, die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung des Betreuers bezüglich einer lebensgefährdenden oder dem Unterlassen einer lebenserhaltenden bzw. -verlängernden Maßnahme zu genehmigen. Die betreuungsgerichtliche Genehmigung erübrigt sich, falls zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass ein Eingriff oder dessen Unterlassung oder dessen Abbruch dem Willen des Betreuten entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).

Der Patientenwille ist auch für den Arzt maßgeblich. Liegt eine Patientenverfügung vor, hat der behandelnde Arzt zunächst zu prüfen, welche ärztlichen Maßnahmen in Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten angezeigt sind. Sodann haben er und der Betreuer oder der Bevollmächtigte diese Maßnahmen unter Berücksichtigung des Patientenwillens zu erörtern.

Der Betreuer bzw. Bevollmächtigte allein hat auf der Grundlage dieses Gespräches zu entscheiden, ob mit diesen mit dem Arzt besprochenen Maßnahmen dem in der Patientenverfügung geäußerten Willen Geltung verschafft werden würde oder ob ein entgegenstehender Patientenwille eindeutig und sicher festgestellt werden kann.[5] (§ 1901b Abs 1 BGB). Dabei soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist (§ 1901b Abs. 2 BGB). Ein Mitentscheidungsrecht haben sie indessen nicht.

Die früher geltende Reichweitenbegrenzung, derzufolge dem Willen eines Patienten, auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten, nur gefolgt werden durfte, wenn der Tod nahe bevorsteht, ist entfallen. Auch die medizinethisch besonders umstrittenen Konstellationen des sogenannten Wachkomas und der Demenzerkrankung, mit denen oftmals kein nahe bevorstehendes Lebensende verbunden ist, schränken die Geltung der Patientenverfügung nicht mehr ein[6]. Damit ist rechtlich anerkannt, dass es auch außerhalb eines unmittelbar bevorstehenden Todes von der Gesellschaft anzuerkennende Gründe und Motive gibt, vom Leben zu lassen, und dass auf ein mögliches Weiterleben verzichtet werden kann, ohne dass jemand gegen seinen Willen von Dritten daran gehindert werden darf[7].

Ist eine lebenserhaltende Behandlung aus ärztlicher Sicht indiziert, entscheidet – wie bei jeder anderen Behandlung – der Patient mit seiner Einwilligung oder Nichteinwilligung darüber, ob die Behandlung vorgenommen werden darf. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein[8]. Stellt der Patientenwille jedoch ein Tötungsverlangen dar, darf der Arzt dem Willen nicht folgen, weil er sich sonst nach § 216 Strafgesetzbuch wegen einer Tötung auf Verlangen strafbar machen würde.[9]

Rechtslage bis 2009

Bis 2009 war die Rechtslage im Zusammenhang mit Patientenverfügungen mangels gesetzlicher Regelung in vieler Hinsicht unklar und unsicher und von der Rechtsprechung der Gerichte geprägt.

Von großer Tragweite und richtungsweisend für die spätere gesetzliche Regelung war eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. März 2003[10]. Danach waren Patientenverfügungen (wie auch aktuelle Willensäußerungen) prinzipiell verbindlich. Habe jemand, so der BGH, in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes eine eigenverantwortliche Entscheidung getroffen, sei diese Entscheidung auch dann noch zu respektieren, wenn der Betroffene zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage sei. Diese gebiete der Schutz und die Achtung der Würde des Menschen [11]. Wegen des Rechts des Patienten zur Selbstbestimmung über seinen Körper seien Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirkten, unzulässig[12]. Eine gegen den erklärten Willen des Patienten durchgeführte Behandlung, die in die körperliche Integrität eingreife, sei eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen könne[12]. Die Missachtung des in einer Patientenverfügung geäußerten Willens könne als Körperverletzung strafbar sein[13][14].

Als Voraussetzung für die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen postulierte der BGH, dass der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festzustellen sein müsse, der Verfügende die Verfügung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit verfasst haben müsse und nicht erkennbar von der Verfügung abgerückt sei (BGH, XII ZB 2/03). Von einer Einwilligungsfähigkeit konnte ausgegangen werden, wenn der Patient die Tragweite seiner Entscheidung erfassen und seinen Willen diesbezüglich frei bestimmen konnte. Auf Geschäftsfähigkeit kam es hierbei nicht an.

Der Bundesgerichtshof hatte festgestellt, dass Patientenverfügungen unter den genannten Voraussetzungen für den Betreuer verbindlich waren und er dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung Ausdruck und Geltung zu verschaffen hatte (BGH, XII ZB 2/03 vom 17. März 2003).

Die Rechtsprechung hatte sich auch zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen für Ärzte und Pfleger geäußert. Eine Behandlung oder Pflege, die dem in einer Patientenverfügung geäußerten Patientenwillen widersprach, war danach unzulässig (BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005) und zu beenden. Der Arzt oder Pfleger konnten sich weder auf eine etwa in einer Pflegevereinbarung vereinbarte künstliche Ernährung noch auf ihr Berufsethos oder ihr Gewissen zur Rechtfertigung ihres Handelns berufen. Bei unüberwindlichen Gewissensgründen müsse die Behandlung in andere Hände gegeben werden. Das Bundesverfassungsgericht sah keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Betreuer, Bevollmächtigten oder den Arzt oder das Pflegepersonal, falls eine Patientenverfügung befolgt worden war, obwohl das Leben des Patienten bei Missachtung des geäußerten Willens hätte gerettet werden können (BVerfG, 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. August 2001).

Schriftform

Nach der ab September 2009 geltenden Rechtslage (§ 1901a BGB) muss die Patientenverfügung in Schriftform verfasst sein. Mündlich erklärte Patientenverfügungen, die nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht mangels besonderer Regeln zulässig waren, haben ihre Gültigkeit verloren. Kann der Verfasser der Patientenverfügung keine nachvollziehbare Unterschrift mehr leisten, muss ein Notar das Handzeichen beglaubigen (§ 126 BGB). Der Widerruf einer Patientenverfügung kann jederzeit formlos, also auch mündlich erfolgen.

Mutmaßlicher Patientenwille

Kann der Wille des Patienten nicht festgestellt werden, ist auf seinen mutmaßlichen Willen abzustellen. Der mutmaßliche Wille des Patienten ist individuell, also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen zu ermitteln (BGH, XII ZB 2/03). Es „sind alle verfügbaren Informationen über den Patienten zu berücksichtigen, insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen. Ist nichts über die Präferenzen des Patienten bekannt, dürfen Vertreter und Arzt davon ausgehen, dass der Patient den ärztlich indizierten Maßnahmen zustimmen würde.“[15]

Problem- und Konfliktfälle

Patientenverfügungen müssen die noch nicht eingetretenen medizinischen Situationen und ihre gewünschten Konsequenzen hinreichend konkret bezeichnen. Wendungen etwa wie „Wenn keine Aussicht auf Besserung im Sinne eines für mich erträglichen und umweltbezogenen Lebens besteht, möchte ich keine lebensverlängernden Maßnahmen …“ sind deshalb, wenn auch nicht unbeachtlich, so doch in ihrer Bindungswirkung zweifelhaft[16].

Eine Patientenverfügung ist nur dann anzuwenden, wenn der Patient nicht mehr entscheidungs- oder einwilligungsfähig ist. Vor allem in Fällen fortscheitender Demenz ist es aber oft schwer, dies eindeutig einzuschätzen. Ist der Patient noch einwilligungsfähig, hat er selbst über die Einleitung oder Unterlassung ärztlicher Maßnahmen zu entscheiden. Er muss über das, worüber er entscheiden muss, aufgeklärt sein und es verstehen. Erst wenn sich zeigt, dass der Patient die Situation nicht mehr versteht, kommt seine Patientenverfügung zum Zuge. Die Einwilligungs- und Entscheidungsfähigkeit ist im Zweifel mit Hilfe eines Gutachters zu klären. Stehen die aktuellen Lebensäußerungen des nicht einwilligungsfähigen, dementen Patienten im Widerspruch zu den in der Patientenverfügung getroffenen Festlegungen, so kann dies ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Wille in der Behandlungssituation nicht mehr aktuell ist. Dann kann u.U. die Patientenverfügung nicht angewendet werden, wenn nicht auch für diesen Fall hinreichend konkrete Festlegungen getroffen sind.

Besondere Situation bei Notfällen

Bei einem Notfall kann meist nicht rechtzeitig geklärt werden, ob eine rechtlich wirksame Patientenverfügung vorliegt, bzw. ob die in einer Patientenverfügung getroffenen Festlegungen für die aktuelle Situation maßgeblich sind. In der gebotenen Eile einer Notfallsituation wird sich zudem nur schwer feststellen lassen, ob eine vorliegende Verfügung gültig ist und den zuletzt geäußerten Willen des Patienten richtig wiedergibt. Deswegen werden Wiederbelebungsmaßnahmen häufig auch dann durchgeführt, wenn der Betroffene dem widersprochen hatte. Hat der Patient wiederbelebenden Maßnahmen widersprochen, ist darauf zu achten, ob er dies nur für den Fall seines Siechtums verboten hat oder ob er auch Einwände gegen notärztliche Maßnahmen bei einem Unfall oder plötzlichen Anfall erhoben hat. Sind entgegen dem in der Patientenverfügung erklärten Willen lebenserhaltende Notmaßnahmen getroffen worden, sind sie auf Wunsch des wieder entscheidungsfähigen Patienten oder im Falle seiner fortdauernden Entscheidungsunfähigkeit auf Betreiben des Betreuers und nach Genehmigung durch das Betreuungsgericht abzubrechen oder einzustellen.

Gesetzesentwicklung

Im September 2006 hatte sich der 66. Deutsche Juristentag mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen.[17] Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen sollten auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein und ausdrücklich klargestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machten. Es kam zu einer breiten, kontroversen Debatte in der Öffentlichkeit. Im Deutschen Bundestag wurden mehrere Gesetzesentwürfe eingebracht, die unterschiedlich weit reichten und unterschiedlich hohe Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung stellten.[18] Der Fraktionszwang im Bundestag wurde aufgehoben.

Ausgehend von der Beratung am 29. März 2007 wurden drei neue Entwürfe vorgelegt.[19] Als erstes brachten am 6. März 2008 der Abgeordnete Joachim Stünker und 205 weitere Abgeordneten verschiedener Fraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf in den Bundestag ein[20], der nach der ersten Lesung im Bundestag am 26. Juni 2008, an die Ausschüsse Recht, Finanzen, Familie und Gesundheit überwiesen wurde[21].

Am 21. Oktober 2008 stellten der Abgeordnete Wolfgang Bosbach und 50 weitere Abgeordnete einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag vor, der auf dem Entwurf Bosbachs aus dem März 2007 basierte, aber u.a. dahingehend geändert wurde, dass eine Patientenverfügung vom Betreuer durchzusetzen war, wenn sie notariell (nach Belehrung über die rechtlichen Wirkungen und Widerrufsmöglichkeiten) errichtet und nicht älter als fünf Jahre war. Der abermals erweiterte Entwurf, der auch noch Bestimmungen zu Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, zum Behandlungsverzicht sowie zur Finanzierung von Beratungsleistungen durch die Krankenkassen enthielt, wurde dem Bundestag am 16. Dezember 2008 vorgelegt.[22]

Ein weiterer Gesetzentwurf wurde am 11. November 2008 von einer Gruppe von 33 Bundestagsabgeordneten um die Abgeordneten Wolfgang Zöller und Hans Georg Faust vorgelegt. Er beschränkte sich bewusst darauf, nur das unbedingt Erforderliche zu regeln. Eine nochmals geänderte Fassung dieses Entwurfs, die zusätzlich Regelungen zur Form der Patientenverfügung und zur Ermittlung des Patientenwillens bei Entscheidungsunfähigkeit enthielt, wurde am 18. Dezember 2008 in den Bundestag eingebracht.[23] Die erste Beratung zu diesen beiden Gesetzentwürfen fand im Bundestag am 21. Januar 2009 statt.[24]

Nach einer Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am 4. März 2009 fanden die zweite und dritte Lesung aller Entwürfe am 28. Mai 2009 statt; die Gruppen um Stünker und um Zöller nahmen Anfang Mai letzte Änderungen an ihren Entwürfen vor. Am 18. Juni 2009 wurde über die drei vorliegenden Gesetzesentwürfe abgestimmt, sowie über einen Antrag[25] einer kleinen Gruppe von Abgeordneten, der darauf abzielte, das Thema Patientenverfügung überhaupt nicht gesetzlich zu regeln.[26] Mit einer Mehrheit von 317 Stimmen bei 233 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen nahm der Bundestag schließlich den „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts“ der Abgeordneten Stünker, Kauch, Jochimsen und weiterer Abgeordneter an.[27]

Rechtslage in der Schweiz

In der Schweiz wird die rechtliche Verbindlichkeit der Patientenverfügung im neuen Erwachsenenschutzrecht in Art. 370 ff des Zivilgesetzbuches[28] auf Bundesebene geregelt. Es ist von den eidgenössischen Räten beschlossen und tritt am 1. Januar 2013 in Kraft. Darin ist auch die Möglichkeit für das Übertragen einer Vollmacht für medizinische Entscheidungen geregelt. Zudem wird den Angehörigen eines urteilsunfähigen Patienten das Entscheidungsrecht eingeräumt.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe verschiedener Organisationen, welche Patientenverfügungen erarbeitet haben. Zu den wichtigsten Herausgebern gehören Nonprofitorganisationen wie Caritas Schweiz, Pro Senectute, Dialog Ethik und Patientenorganisationen, sowie die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas. Bei einigen dieser Organisationen ist es auch möglich, die erstellte Patientenverfügung zu hinterlegen, beispielsweise bei Dialog Ethik und Exit; dabei erhalten die Personen, die eine Patientenverfügung unterschrieben haben, einen Ausweis im Kreditkartenformat. Dieser erlaubt dem Arzt, in einem Notfall Angehörige und die Organisation anzufragen, damit die Patientenverfügung vorliegt, wenn Entscheidungen anstehen. Die Organisationen bieten Angehörigen auch Unterstützung bei Problemen mit der Durchsetzung der Verfügungen. Meist sind allerdings auch Ehegatten und nahe Angehörige im Besitz dieser Dokumente.

Rechtslage in Österreich

In Österreich wurde im Mai 2006 ein Patientenverfügungsgesetz erlassen, das am 1. Juni 2006 in Kraft trat. Damit können Patienten bis zu fünf Jahre im Voraus bestimmen, welche Behandlungsmethoden sie ablehnen, sollten sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Unterschieden wird zwischen der „verbindlichen“ und der „beachtlichen“ Patientenverfügung. Für eine verbindliche Patientenverfügung sind überaus hohe Formvorschriften zwingend vorgesehen, unter anderem eine medizinische Beratung durch einen Arzt und eine rechtliche Beratung durch einen Notar, einen Rechtsanwalt oder die Patientenanwaltschaft. Wenn nicht alle Formvorschriften eingehalten werden, liegt eine „beachtliche“ Verfügung vor, die den Ärzten zumindest als Orientierungshilfe dient.

Seit dem 1. Juli 2007 (Inkrafttreten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes) ist im österreichischen Recht auch die Vorsorgevollmacht als vorrangiges Rechtsinstitut gegenüber einer Sachwalterschaft gesetzlich normiert worden. Die Regelungen finden sich in den § 284f, § 284g und § 284h ABGB.

Geschichte

In den Jahren von 1976 bis 1980 existierte eine „Initiative für Humanes Sterben auf Wunsch von Sterbenden“ des Bundes für Geistesfreiheit in Nürnberg, aus der 1980 die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben hervorging. Diese Initiative verteilte eine „Verfügung an Ärzte“, in welcher sich die Betreffenden für den Fall eigener Äußerungsunfähigkeit gegen Therapien der bloßen Sterbensverlängerung aussprechen konnten. Gleichzeitig war diese Verfügung mit einer Organspendeerklärung verbunden. Im Jahr 1978 präsentierte der Kölner Amtsrichter und Medizinrechtler Wilhelm Uhlenbruck der Öffentlichkeit ein so genanntes „Patiententestament“, das in den Folgejahren von einem Verlag verkauft worden war. Diesem wurde bereits eine kleine Hinweiskarte beigefügt, die man im Geldbeutel etc. bei sich tragen konnte. Die Hamburger Ärztekammer verteilte 1979 ein solches „Testament“ an Patienten.

Medizinische Aspekte

Eine Patientenverfügung kann die krankheitsbedingte Prognose eines Patienten verschlechtern. Patientenverfügungen könnten bei den behandelnden Ärzten zu einer „negativen therapeutischen Grundeinstellung“ führen. Daraus könnte dann ein Selbstläufer werden, der die Prognose tatsächlich verschlechtert.[29] Dieser Effekt ist auch als „Futility“ (Aussichtslosigkeitsannahme) bekannt. In zwei Studien[30][31] zeigte sich, dass bei Patienten mit einer schweren intrazerebralen Blutung die Annahme einer schlechten Prognose ein unabhängiger Risikofaktor für die tatsächliche Sterblichkeit und das neurologische Ergebnis war.[32]

Literatur

  • Müller, Gabriele/Renner, Thomas: Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 3. Aufl. 2011
  • Erik Hahn: Die "neue" Rechtslage zur Patientenverfügung, KU Gesundheitsmanagement 12/2009, S. 53–54
  • Gerhard Geckle: Patientenverfügung und Testament, Haufe Verlag, 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-448-08594-5
  • Patientenverfügung – Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Ratgeber der Verbraucherzentrale, 11. Auflage 2009, [2]
  • Dieter Sturma (Hrsg.): Patientenverfügungen. Rechtliche und ethische Aspekte, Reihe Edition in den Biowissenschaften, Verlag Karl Alber, Freiburg 2010, ISBN 978-3-495-48437-1
  • Matthias Winkler: Vorsorgeverfügungen – Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Organverfügung, 4. Aufl., München 2010 (Beck’sche Musterverträge Band 44), ISBN 978-3-406-59667-4
  • Johann Platzer: Patientenverfügungen, unser Lebensende mitgestalten: Ethik, Recht und Praxis, ISBN 3-9502349-6-9
  • Nordmann, Heike/Schuldzinski, Wolfgang: Patientenverfügung: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung, Verbraucherzentrale, 2010, ISBN 978-3-940-58064-1
  • Weber, Martina: 100 Fragen zu Patientenverfügungen und Sterbehilfe, Brigitte Kunz Verlag, 2010, ISBN 9783899937596
  • Rolf Cloeppus: Offene Fragen zum "Patientenverfügungsgesetz", NJW 29/2011, 2085

Siehe auch

Einzelnachweise/Fußnoten

  1. Nordmann, Heike/Schuldzinski, Wolfgang: Patientenverfügung: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Verbraucherzentrale, 2010. ISBN 9783940580641
  2. Bestattungsplanung
  3. § 1901 a BGB wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl I, S. 2286) in das BGB eingefügt
  4. S. 8, Gliederungspunkt A. 2. der Gesetzesbegründung Bundestags-Drucksache 16/8442
  5. Diehn/Rebhan, NJW 2010, 326, 327 f.
  6. Höfling, Das neue Patientenverfügungsgesetz in NJW 2009, S. 2850
  7. v. Lewinski in NJW 2009, Nr. 39 S. III
  8. Patientenverfügung : Leiden Krankheit Sterben : Wie bestimme ich, was medizinisch unternommen werden soll, wenn ich entscheidungsunfähig bin? (PDF (323 kb)) Bundesministerium der Justiz : Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, August 2009, S. 9, abgerufen am 13. Mai 2010.
  9. Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jerzy Montag und anderer: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts. (PDF) In: BT-Drs. 16/8442. Deutscher Bundestag, 6. März 2008, S. 4, abgerufen am 29. Juni 2009 (Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, § 1901a Abs. 1 BGB): „§ 1901a Patientenverfügung (1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. (2) [...]“
  10. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 17. März 2003, Aktenzeichen XII ZB 2/03. (PDF) Bundesgerichtshof, abgerufen am 19. Juni 2009 (Leitsatzentscheidung (BGB §§ 1896, 1901, 1904)): „Leitsätze: a) Ist ein Patient einwilligungsunfähig und hat sein Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen, so müssen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem zuvor – etwa in Form einer sog. Patientenverfügung – geäußerten Willen entspricht. Dies folgt aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist. Nur wenn ein solcher erklärter Wille des Patienten nicht festgestellt werden kann, beurteilt sich die Zulässigkeit solcher Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, der dann individuell – also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen – zu ermitteln ist. b) Ist für einen Patienten ein Betreuer bestellt, so hat dieser dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Seine Einwilligung in eine ärztlicherseits angebotene lebenserhaltende oder –verlängernde Behandlung kann der Betreuer jedoch nur mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts wirksam verweigern. Für eine Einwilligung des Betreuers und eine Zustimmung des Vormundschaftsgerichts ist kein Raum, wenn ärztlicherseits eine solche Behandlung oder Weiterbehandlung nicht angeboten wird – sei es daß sie von vornherein medizinisch nicht indiziert, nicht mehr sinnvoll oder aus sonstigen Gründen nicht möglich ist. Die Entscheidungszuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ergibt sich nicht aus einer analogen Anwendung des § 1904 BGB, sondern aus einem unabweisbaren Bedürfnis des Betreuungsrechts. c) Zu den Voraussetzungen richterlicher Rechtsfortbildung.“; vgl. auch die entsprechende Pressestelle des Bundesgerichtshofs: Pressemitteilung Nr. 52/03. (HTML) Bundesgerichtshof, , abgerufen am 19. Juni 2009 (Bundesgerichtshof zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung von Betreuerentscheidungen im Zusammenhang mit lebensverlängernden Maßnahmen an einwilligungsunfähigen Patienten). sowie bei dejure unter XII ZB 2/03 zu weiteren Nachweisen)
  11. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss Aktenzeichen XII ZB 2/03. (PDF) Bundesgerichtshof, , S. 1 [Leitsatz a)], abgerufen am 19. Juni 2009 (Links nicht im Original; Vgl. auch das entsprechende Zitat aus den Gründen ab S. 15 f.: „Liegt eine solche Willensäußerung, etwa – wie hier – in Form einer sogenannten „Patientenverfügung“, vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts, aber auch der Selbstverantwortung des Betroffenen den Betreuer; denn schon die Würde des Betroffenen (Art. 1 Abs. 1 GG) verlangt, daß eine von ihm eigenverantwortlich getroffene Entscheidung auch dann noch respektiert wird, wenn er die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Entscheiden inzwischen verloren hat.“ (Link nicht im Original)).
  12. a b Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 17. März 2003, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 4, abgerufen am 19. Juni 2009: „a) Die mit Hilfe einer Magensonde durchgeführte künstliche Ernährung ist ein Eingriff in die körperliche Integrität, der deshalb der Einwilligung des Patienten bedarf (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 750). Eine gegen den erklärten Willen des Patienten durchgeführte künstliche Ernährung ist folglich eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann. Dies gilt auch dann, wenn die begehrte Unterlassung – wie hier – zum Tode des Patienten führen würde. Das Recht des Patienten zur Bestimmung über seinen Körper macht Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirken, unzulässig (Senatsbeschluß aaO 751).“
  13. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 8. Juni 2005, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 8, abgerufen Format invalid: „2. Das Oberlandesgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, ob möglicherweise strafrechtliche Verbote die Beklagte bzw. deren Organe oder Personal hinderten, dem Unterlassungsverlangen des Klägers nachzukommen. Die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn („Hilfe zum Sterben“, vgl. im einzelnen BGHSt 40, 257), auf die das klägerische Verlangen zielt, erscheinen dem Senat bislang nicht hinreichend geklärt (zum Meinungsstand etwa: Zwischenbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags, Ethik und Recht der modernen Medizin. Patientenverfügungen, BT-Drucks. 15/3700 S. 37 ff., 45). Sie sind jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Falles von Bedeutung; denn die Beklagte kann nicht zivilrechtlich zu einem Verhalten verurteilt werden, mit dem die Organe und Beschäftigten der Beklagten Gefahr laufen, sich zu den Geboten des Strafrechts in Widerspruch zu setzen. Das vorliegende Verfahren bietet – im Hinblick auf die hier allein zu treffende Kostenentscheidung – keinen geeigneten Rahmen, die Frage nach diesen Grenzen abschließend zu beantworten. Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits war danach letztlich ungewiß. Dem trägt die beiderseitige Kostenlast Rechnung.“
  14. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 17. März 2003, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 1 (Leitsatz a), abgerufen am 19. Juni 2009 (Leitsatzentscheidung (BGB §§ 1896, 1901, 1904)): „a) Verlangt der Betreuer in Übereinstimmung mit dem behandelnden Arzt, daß die künstliche Ernährung des betreuten einwilligungsunfähigen Patienten eingestellt wird, so kann das Pflegeheim diesem Verlangen jedenfalls nicht den Heimvertrag entgegensetzen. Auch die Gewissensfreiheit des Pflegepersonals rechtfertigt für sich genommen die Fortsetzung der künstlichen Ernährung in einem solchen Fall nicht (im Anschluß an BGHZ 154, 205). b) Hat sich der Rechtsstreit durch den Tod des Patienten erledigt, rechtfertigt der Umstand, daß die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn („Hilfe zum Sterben“) bislang nicht hinreichend geklärt erscheinen, eine gegenseitige Kostenaufhebung nach § 91 a ZPO.“
  15. Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis, Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 107, Heft 18, 7. Mai 2010, S. A 879
  16. Höfling a.a.O.
  17. Beschlüsse ; 66. Deutsche Juristentag ; Stuttgart 19. bis 22. September 2006. (PDF) Deutscher Juristentag e.V., S. 7–14 (insbesondere S. 9), abgerufen am 19. Juni 2009.; vgl. auch: Stellungnahme der Deutschen Hospiz Stiftung zum Gutachten „Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung“ für den 66. Deutschen Juristentag, Stuttgart 2006 (PDF-Datei; 453 kB)
  18. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 91. Sitzung am 29. März 2007 (Debatte S. 9120–9158, zu Protokoll gegebene Reden S. 9275–9285, PDF) (2,27 MB); Volltexte aller Gesetzentwürfe und ergänzende Materialien; Stellungnahme des Vormundschaftsgerichtstages e.V. (PDF); Übersicht über die Gesetzentwürfe;Die derzeitige Rechtslage im Vergleich zum Gruppenantrag Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke MdB et al.
  19. Synopse der drei am 15. Mai 2009 vorliegenden Diskussionsentwürfe (Bosbach, Zöller, Stünker). In: Online-Lexikon Betreuungsrecht. 17. Mai 2009, abgerufen am 24. Juni 2009.
  20. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts (Bt-Drs. 16/8442, PDF) (616 kB)
  21. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 172. Sitzung am 26. Juni 2008 (S. 18260–18274, PDF) (3,31 MB)
  22. Entwurf eines Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht (Patientenverfügungsgesetz – PatVerfG, Bt-Drs. 16/11360, PDF) (368 kB)
  23. Entwurf eines Gesetzes zur Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen (Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz – PVVG, Bt-Drs. 16/11493, PDF) (232 kB)
  24. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 199. Sitzung am 21. Januar 2009 (S. 21492–21511, PDF) (1,50 MB)
  25. Gesetzliche Überregulierung der Patientenverfügung vermeiden (Bt-Drs. 16/13262, PDF) (56 kB)
  26. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 227. Sitzung am 18. Juni 2009 (S. 5094–25127, PDF) (2,97 MB)
  27. Namentliche Abstimmungen Patientenverfügung. (HTML) Deutscher Bundestag, 18. Juni 2009, abgerufen am 19. Juni 2009.; Stünker-Entwurf mit Mehrheit angenommen – Bundestag beschloss Gesetz zur Regelung von Patientenverfügungen. (HTML) In: Aktuelle Themen. Deutscher Bundestag, 19. Juni 2009, abgerufen am 19. Juni 2009.
  28. http://www.admin.ch/ch/d/ff/2009/141.pdf – Schweizerisches Gesetzbuch
  29. [1] Frank Erbguth, Und wenn es doch gut ausgeht? Wie Patientenverfügungen medizinische Verläufe beeinflussen, in „Dr. med. Mabuse“ Nr. 165, Januar/Februar 2007, S. 38–40
  30. Becker KJ et al., Neurology. 2001; 56:766-772
  31. Zahuranec DB et al., Neurology. 2007; 68:1651–1657
  32. Zitiert nach „Patientenverfügungen verschlechtern die Prognose!“, MMW-Fortschr. Med. Nr. 39 / 2007 (149. Jg.), S. 14

Deutschland

Österreich

Schweiz