„Maria Ley“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Lebensdaten Geschwister
Solotänzerin; Raddatz-Beitrag im ZEITmagazin
Zeile 3: Zeile 3:


== Leben ==
== Leben ==
Friederica Czada war die Tochter des Wiener Stadtbaumeisters Edmund Johann Czada (1861–1920)<ref>Siehe [[Regiowiki:Edmund Czada|Edmund Czada]] auf Regiowiki.at</ref><ref>Czada war gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder, dem Architekten Franz Czada, Erbauer des Frauenbades (1894) im [[Zentralbad (Wien)|Central-Bad]] sowie mit seinem Partner Josef Barak Bauleiter der ''Volksbühne'' 1912, des heutigen ''Renaissance-Theaters'' ([[Theater der Jugend (Wien)|Theater der Jugend]]) in der Neubaugasse.</ref> und der böhmischen Pianistin Friederike Schuldes (1876–1916) aus [[Děčín|Bodenbach]]. Sie hatte einen jüngeren Bruder Edmund (1902–1944) und einen Halbbruder Wilhelm (1917–1988). Während der Kriegsjahre erhielt Friederica Czada in Wien eine Ausbildung als Tänzerin im Stil der [[Fanny Elßler]], offenbar bei [[Leopold Dubois (Tänzer)|Leopold Dubois]].<ref>''Tanz im 20. Jahrhundert in Wien. Ausstellungskatalog.'' Österreichisches Theatermuseum, Wien 1979 (Biblos-Schriften, Bd. 109), S. 96.</ref> Ihren Künstlernamen Maria Ley nahm sie während des Ersten Weltkriegs an.<ref>''Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator''. Hrsg. von Henry Marx, Mitarbeit Richard Weber. Prometh, Köln 1983, S. 10.</ref> Nach der Trennung der Eltern lebte Maria Ley mit ihrer Mutter zeitweilig in Budapest und Bukarest und bestritt den gemeinsamen Lebensunterhalt durch Auftritte in einem Nachtclub und als Balletttänzerin.<ref> Maria Ley-Piscator: ''Der Tanz im Spiegel. Mein Leben mit Erwin Piscator''. Wunderlich (Rowohlt), Reinbek 1993, S. 67–76.</ref>
Friederica Czada war die Tochter des Wiener Stadtbaumeisters Edmund Johann Czada (1861–1920)<ref>Siehe [[Regiowiki:Edmund Czada|Edmund Czada]] auf Regiowiki.at</ref><ref>Czada war gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder, dem Architekten Franz Czada, Erbauer des Frauenbades (1894) im [[Zentralbad (Wien)|Central-Bad]] sowie mit seinem Partner Josef Barak Bauleiter der ''Volksbühne'' 1912, des heutigen ''Renaissance-Theaters'' ([[Theater der Jugend (Wien)|Theater der Jugend]]) in der Neubaugasse.</ref> und der ausgebildeten Konzertpianistin Friederike Schuldes (1876–1916) aus dem böhmischen [[Děčín|Bodenbach]]. Sie hatte einen jüngeren Bruder Edmund (1902–1944) und einen Halbbruder Wilhelm (1917–1988). Während der Kriegsjahre erhielt Friederica Czada in Wien eine Ausbildung als Solotänzerin im Stil der [[Fanny Elßler]], offenbar bei [[Leopold Dubois (Tänzer)|Leopold Dubois]].<ref>''Tanz im 20. Jahrhundert in Wien. Ausstellungskatalog.'' Österreichisches Theatermuseum, Wien 1979 (Biblos-Schriften, Bd. 109), S. 96.</ref> Ihren Künstlernamen Maria Ley nahm sie während des Ersten Weltkriegs an.<ref>''Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator''. Hrsg. von Henry Marx, Mitarbeit Richard Weber. Prometh, Köln 1983, S. 10.</ref> Nach der Trennung der Eltern lebte Maria Ley mit ihrer Mutter zeitweilig in Budapest und Bukarest und bestritt den gemeinsamen Lebensunterhalt durch Auftritte in einem Nachtclub und als Balletttänzerin.<ref> Maria Ley-Piscator: ''Der Tanz im Spiegel. Mein Leben mit Erwin Piscator''. Wunderlich (Rowohlt), Reinbek 1993, S. 67–76.</ref>


Nach dem frühen Tod der Mutter kehrte Ley um 1916 zu ihrem Vater nach Wien zurück. Dort verfolgte sie eine Laufbahn als Tänzerin und Schauspielerin und bot tänzerisch ein Spektrum zwischen Biedermeier und Neuzeit dar. Sie heiratete 1919 den aus Tschechien stammenden österreichischen Offizier Robert Emanuel Bauer.<ref>Ziviltrauungen Wien, Rz 11/6336.</ref> Um 1920 besetzte der österreichisch-ungarische Filmregisseur [[Peter Paul Felner]] sie mehrfach in Stummfilmen. In den 1920er Jahren hatte sie als Tänzerin zahlreiche internationale Auftritte auch in Paris, an der [[Côte d’Azur]], in Berlin, in den Vereinigten Staaten und in Südamerika. Zwischen 1924 und 1929 arbeitete sie als Choreographin für [[Max Reinhardt]] bei den [[Salzburger Festspiele]]n und in Berlin.
Nach dem frühen Tod der Mutter kehrte Ley um 1916 zu ihrem Vater nach Wien zurück. Dort verfolgte sie eine Laufbahn als Solotänzerin und Schauspielerin und bot tänzerisch ein Spektrum zwischen Biedermeier und Neuzeit dar. Sie heiratete 1919 den aus Tschechien stammenden österreichischen Offizier Robert Emanuel Bauer,<ref>Ziviltrauungen Wien, Rz 11/6336.</ref> der sie nach seinem finanziellen Ruin infolge mehrerer gescheiterter Projekte verließ. Um 1920 besetzte der österreichisch-ungarische Filmregisseur [[Peter Paul Felner]] sie mehrfach in Stummfilmen. In den 1920er Jahren hatte sie als erfolgreiche Tänzerin zahlreiche internationale Auftritte unter anderem in Paris, an der [[Côte d’Azur]], in Berlin, in den Vereinigten Staaten und in Südamerika. Zwischen 1924 und 1929 arbeitete sie als Choreographin für [[Max Reinhardt]] bei den [[Salzburger Festspiele]]n und in Berlin.


Auf Einladung der befreundeten Schriftstellerin und Salonniere [[Berta Zuckerkandl-Szeps]] verlegte Ley ihren Lebensmittelpunkt nach Paris. Dort lernte sie Frank Gerhard Deutsch (1899–1934) kennen, den Sohn des Industriellen und Mitbegründers der [[AEG]] [[Felix Deutsch]] und der Lilly Kahn aus Berlin. Durch eine zweite Heirat im April 1928 mit Frank Deutsch finanziell unabhängig geworden, gab sie ihre künstlerische Laufbahn auf. Sie nahm ein Studium der Literatur an der Pariser [[Sorbonne]] auf, das sie mit der „Licence de lettres“ abschloss; 1934 wurde sie promoviert.<ref>''Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator''. Hrsg. von Henry Marx. Prometh, Köln 1983, S. 10.</ref> Ley war Verfasserin von Gedichten, Romanen und Theaterstücken (''Lendemain'', 1931; ''Le chien dangereux'', 1934, etc.).
Auf Einladung der befreundeten Schriftstellerin und Salonniere [[Berta Zuckerkandl-Szeps]] verlegte Ley ihren Lebensmittelpunkt nach Paris – fortan fünfzehn Jahre lang ihre Wahlheimat. Dort lernte sie Frank Gerhard Deutsch (1899–1934) kennen, den Sohn des Industriellen und Mitbegründers der [[AEG]] [[Felix Deutsch]] und der Lilly Kahn aus Berlin. Durch eine zweite Heirat im April 1928 mit Frank Deutsch finanziell unabhängig geworden, gab sie ihre künstlerische Laufbahn auf. Sie nahm ein Studium der Literatur an der Pariser [[Sorbonne]] auf, das sie mit der „Licence de lettres“ abschloss; 1934 wurde sie promoviert.<ref>''Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator''. Hrsg. von Henry Marx. Prometh, Köln 1983, S. 10.</ref> Ley war Verfasserin von Gedichten, Romanen und Theaterstücken (''Lendemain'', 1931; ''Le chien dangereux'', 1934, etc.).


Im April 1937 ging sie, jung verwitwet, in [[Neuilly-sur-Seine]] eine dritte Ehe mit dem deutschen Regisseur und Vertreter des [[Politisches Theater|politischen Theaters]] [[Erwin Piscator]] (1893–1966) ein. Nach der Emigration in die Vereinigten Staaten zum Jahreswechsel 1938/39 war sie Dozentin an der New Yorker [[The New School for Social Research|New School for Social Research]]. Mit Erwin Piscator gründete sie 1940 an der New School den [[Dramatic Workshop]]; Schüler waren unter anderem [[Harry Belafonte]], [[Tony Curtis]], [[Marlon Brando]], [[Tony Randall]] und [[Walter Matthau]]. An den Bühnen des Dramatic Workshop führte sie mehrfach Regie (''Lysistrata''; ''The Imaginary Invalid''; ''Petrified Forest''). Nach Piscators Fortgang aus den Vereinigten Staaten im Herbst 1951 übernahm sie zeitweilig die Leitung des Workshops, unterhielt zwischen 1954 und 1960 das Maria Piscator Institute und anschließend einen Actor's Workshop an der New School.
Im April 1937 ging sie, jung verwitwet, in [[Neuilly-sur-Seine]] eine dritte Ehe mit dem deutschen Regisseur und Vertreter des [[Politisches Theater|politischen Theaters]] [[Erwin Piscator]] (1893–1966) ein. Nach der Emigration in die Vereinigten Staaten zum Jahreswechsel 1938/39 war sie Dozentin an der New Yorker [[The New School for Social Research|New School for Social Research]]. Mit Erwin Piscator gründete sie 1940 an der New School den [[Dramatic Workshop]]; Schüler waren unter anderem [[Harry Belafonte]], [[Tony Curtis]], [[Marlon Brando]], [[Tony Randall]] und [[Walter Matthau]]. An den Bühnen des Dramatic Workshop führte sie mehrfach Regie (''Lysistrata''; ''The Imaginary Invalid''; ''Petrified Forest''). Nach Piscators Fortgang aus den Vereinigten Staaten im Herbst 1951 übernahm sie zeitweilig die Leitung des Workshops, unterhielt zwischen 1954 und 1960 das Maria Piscator Institute und anschließend einen Actor's Workshop an der New School.


Aus persönlichen und beruflichen Gründen folgte sie ihrem Mann in den 1950er Jahren nicht nach Deutschland, blieb aber zeit seines Lebens eng mit ihm verbunden und besuchte ihn regelmäßig. In Erinnerung an Erwin Piscator unterhielt sie in den 1970er und 1980er Jahren in New York eine „Piscator Foundation“ und stiftete 1986 den „Erwin Piscator Award“. Im Jahr 1987 wirkte Ley in [[Rosa von Praunheim]]s Film ''[[Dolly, Lotte und Maria]]'' mit. Sie war noch in hohem Alter als Gastdozentin an mehreren US-Hochschulen tätig.
Aus persönlichen und beruflichen Gründen folgte sie ihrem Mann in den 1950er Jahren nicht nach Deutschland, blieb aber zeit seines Lebens eng mit ihm verbunden und besuchte ihn regelmäßig. Sie verfasste Bücher und Stücke und inszenierte. In Erinnerung an Erwin Piscator unterhielt sie in den 1970er und 1980er Jahren in New York eine „Piscator Foundation“ und stiftete 1986 den „Erwin Piscator Award“. Im Jahr 1987 wirkte Ley in [[Rosa von Praunheim]]s Film ''[[Dolly, Lotte und Maria]]'' mit. Bis in die späten 1980er Jahre war sie als Gastdozentin an mehreren US-Hochschulen tätig.


[[File:Erwin piscator grave.jpg|mini|Ehrengrab von Maria Ley und [[Erwin Piscator]] auf dem [[Waldfriedhof Zehlendorf|Waldfriedhof Berlin-Zehlendorf]].]]
[[File:Erwin piscator grave.jpg|mini|Ehrengrab von Maria Ley und [[Erwin Piscator]] auf dem [[Waldfriedhof Zehlendorf|Waldfriedhof Berlin-Zehlendorf]].]]
Zeile 34: Zeile 34:
== Literatur ==
== Literatur ==
* Peter Diezel: Bleisoldaten und ein weithin unbekanntes Stück Maria Ley-Piscators: ''Der Riese von Flandern''. In: [[Klaus Siebenhaar]] (Hrsg.): ''„Die Sprache der Bilder“. Hermann Haarmann zum 60. Geburtstag''. B & S Siebenhaar, Berlin 2006, S.&nbsp;87–100.
* Peter Diezel: Bleisoldaten und ein weithin unbekanntes Stück Maria Ley-Piscators: ''Der Riese von Flandern''. In: [[Klaus Siebenhaar]] (Hrsg.): ''„Die Sprache der Bilder“. Hermann Haarmann zum 60. Geburtstag''. B & S Siebenhaar, Berlin 2006, S.&nbsp;87–100.
* Helmar Harald Fischer: ''Gedemütigt, entmündigt und enterbt. Die skandalöse Geschichte von Maria Ley, der Witwe des großen deutschen Regisseurs Erwin Piscator''. In: ''[[Frankfurter Rundschau]]'', 27. November 1993.
* Helmar Harald Fischer: ''Gedemütigt, entmündigt und enterbt. Die skandalöse Geschichte von Maria Ley, der Witwe des großen deutschen Regisseurs Erwin Piscator''. In: ''[[Frankfurter Rundschau]]'', 27. November 1993, S. 8.
* Detlef Friedrich: [http://www.berliner-zeitung.de/archiv/maria-ley-piscator-wird-in-new-york-hundert-jahre-alt-ausdauernde-pirouette,10810590,9461394.html ''Ausdauernde Pirouette. Maria Ley Piscator wird in New York hundert Jahre alt''.] In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 1. August 1998
* Detlef Friedrich: [http://www.berliner-zeitung.de/archiv/maria-ley-piscator-wird-in-new-york-hundert-jahre-alt-ausdauernde-pirouette,10810590,9461394.html ''Ausdauernde Pirouette. Maria Ley Piscator wird in New York hundert Jahre alt''.] In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 1. August 1998
* Henry Marx (Hrsg.): ''Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator''. Mitarbeit Richard Weber. Prometh, Köln 1983.
* Henry Marx (Hrsg.): ''Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator''. Mitarbeit Richard Weber. Prometh, Köln 1983.
* [[Fritz J. Raddatz]]: ''Besuch bei der alten Dame.'' In: ZEITmagazin, 22. März 1989, S. 25–34.


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 25. Januar 2023, 13:41 Uhr

Aufnahme von Franz Xaver Setzer, 1925

Maria Ley (* 1. August 1898 in Wien als Friederica Flora Czada; † 14. Oktober 1999 in New York City) war Tänzerin, Choreografin, Regisseurin und Dozentin für Tanz.

Leben

Friederica Czada war die Tochter des Wiener Stadtbaumeisters Edmund Johann Czada (1861–1920)[1][2] und der ausgebildeten Konzertpianistin Friederike Schuldes (1876–1916) aus dem böhmischen Bodenbach. Sie hatte einen jüngeren Bruder Edmund (1902–1944) und einen Halbbruder Wilhelm (1917–1988). Während der Kriegsjahre erhielt Friederica Czada in Wien eine Ausbildung als Solotänzerin im Stil der Fanny Elßler, offenbar bei Leopold Dubois.[3] Ihren Künstlernamen Maria Ley nahm sie während des Ersten Weltkriegs an.[4] Nach der Trennung der Eltern lebte Maria Ley mit ihrer Mutter zeitweilig in Budapest und Bukarest und bestritt den gemeinsamen Lebensunterhalt durch Auftritte in einem Nachtclub und als Balletttänzerin.[5]

Nach dem frühen Tod der Mutter kehrte Ley um 1916 zu ihrem Vater nach Wien zurück. Dort verfolgte sie eine Laufbahn als Solotänzerin und Schauspielerin und bot tänzerisch ein Spektrum zwischen Biedermeier und Neuzeit dar. Sie heiratete 1919 den aus Tschechien stammenden österreichischen Offizier Robert Emanuel Bauer,[6] der sie nach seinem finanziellen Ruin infolge mehrerer gescheiterter Projekte verließ. Um 1920 besetzte der österreichisch-ungarische Filmregisseur Peter Paul Felner sie mehrfach in Stummfilmen. In den 1920er Jahren hatte sie als erfolgreiche Tänzerin zahlreiche internationale Auftritte unter anderem in Paris, an der Côte d’Azur, in Berlin, in den Vereinigten Staaten und in Südamerika. Zwischen 1924 und 1929 arbeitete sie als Choreographin für Max Reinhardt bei den Salzburger Festspielen und in Berlin.

Auf Einladung der befreundeten Schriftstellerin und Salonniere Berta Zuckerkandl-Szeps verlegte Ley ihren Lebensmittelpunkt nach Paris – fortan fünfzehn Jahre lang ihre Wahlheimat. Dort lernte sie Frank Gerhard Deutsch (1899–1934) kennen, den Sohn des Industriellen und Mitbegründers der AEG Felix Deutsch und der Lilly Kahn aus Berlin. Durch eine zweite Heirat im April 1928 mit Frank Deutsch finanziell unabhängig geworden, gab sie ihre künstlerische Laufbahn auf. Sie nahm ein Studium der Literatur an der Pariser Sorbonne auf, das sie mit der „Licence de lettres“ abschloss; 1934 wurde sie promoviert.[7] Ley war Verfasserin von Gedichten, Romanen und Theaterstücken (Lendemain, 1931; Le chien dangereux, 1934, etc.).

Im April 1937 ging sie, jung verwitwet, in Neuilly-sur-Seine eine dritte Ehe mit dem deutschen Regisseur und Vertreter des politischen Theaters Erwin Piscator (1893–1966) ein. Nach der Emigration in die Vereinigten Staaten zum Jahreswechsel 1938/39 war sie Dozentin an der New Yorker New School for Social Research. Mit Erwin Piscator gründete sie 1940 an der New School den Dramatic Workshop; Schüler waren unter anderem Harry Belafonte, Tony Curtis, Marlon Brando, Tony Randall und Walter Matthau. An den Bühnen des Dramatic Workshop führte sie mehrfach Regie (Lysistrata; The Imaginary Invalid; Petrified Forest). Nach Piscators Fortgang aus den Vereinigten Staaten im Herbst 1951 übernahm sie zeitweilig die Leitung des Workshops, unterhielt zwischen 1954 und 1960 das Maria Piscator Institute und anschließend einen Actor's Workshop an der New School.

Aus persönlichen und beruflichen Gründen folgte sie ihrem Mann in den 1950er Jahren nicht nach Deutschland, blieb aber zeit seines Lebens eng mit ihm verbunden und besuchte ihn regelmäßig. Sie verfasste Bücher und Stücke und inszenierte. In Erinnerung an Erwin Piscator unterhielt sie in den 1970er und 1980er Jahren in New York eine „Piscator Foundation“ und stiftete 1986 den „Erwin Piscator Award“. Im Jahr 1987 wirkte Ley in Rosa von Praunheims Film Dolly, Lotte und Maria mit. Bis in die späten 1980er Jahre war sie als Gastdozentin an mehreren US-Hochschulen tätig.

Ehrengrab von Maria Ley und Erwin Piscator auf dem Waldfriedhof Berlin-Zehlendorf.

Bühnentanz im typisch wienerischen Stil

Maria Ley bezeichnete sich selbst als „Naturtänzerin“. Die eigentliche Berufung der Tänzerin sah sie darin, „Schönheit zu geben.“ Sie war berühmt für ihre „schönen und effektvollen Kostüme und das typisch Wienerische.“[8] Eine charakteristische wienerische Nummer Maria Leys aus der Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg war die humoristische Klatschbase in einem Kostüm nach einer Figurine Remigius Geylings zur Musik von Johann Strauß.[9] Ihre Auftritte sind auf zeitgenössischen Druckpostkarten dokumentiert.

Veröffentlichungen

  • Maria Ley: Das tanzende Ich. C. Konegen, Wien 1924.
  • Maria Ley-Deutsch: Le Gueux chez Victor Hugo. Droz, Paris 1936 (Bibliothèque de la Fondation Victor Hugo; 4).
  • Maria Ley-Piscator: Lot’s Wife. Bobbs-Merrill, Indianapolis 1954 [in hebräischer Übersetzung 1956; in spanischer Übersetzung 1958].
  • Maria Ley-Piscator: The Piscator Experiment. The Political Theatre. James H. Heineman, New York 1967 (3. Auflage 1979).
  • Maria Piscator, Jean-Michel Palmier: Piscator et le Théâtre Politique. Avec 8 planches hors texte. Payot, Paris 1983.
  • Maria Ley-Piscator: Der Tanz im Spiegel. Mein Leben mit Erwin Piscator. Wunderlich, Reinbek bei Hamburg 1989.

Film und Fernsehen

  • Gero von Boehm: Wortwechsel. Pas de deux der Künste. Gero von Boehm interviewt Maria Ley Piscator. Südwestfunk 1988 (Südwest 3-Premiere: 1. Juli 1988).
  • Helmar Harald Fischer: Tanzendes Ich – Maria Ley-Piscators Leben und Vermächtnis. Sender Freies Berlin 1997 (90 Min.).
  • Rosa von Praunheim: Dolly, Lotte und Maria – Rosa von Praunheim besucht drei deutsche Damen in New York. Norddeutscher Rundfunk 1986/87 (ARD-Premiere: 16. Februar 1987).

Literatur

  • Peter Diezel: Bleisoldaten und ein weithin unbekanntes Stück Maria Ley-Piscators: Der Riese von Flandern. In: Klaus Siebenhaar (Hrsg.): „Die Sprache der Bilder“. Hermann Haarmann zum 60. Geburtstag. B & S Siebenhaar, Berlin 2006, S. 87–100.
  • Helmar Harald Fischer: Gedemütigt, entmündigt und enterbt. Die skandalöse Geschichte von Maria Ley, der Witwe des großen deutschen Regisseurs Erwin Piscator. In: Frankfurter Rundschau, 27. November 1993, S. 8.
  • Detlef Friedrich: Ausdauernde Pirouette. Maria Ley Piscator wird in New York hundert Jahre alt. In: Berliner Zeitung, 1. August 1998
  • Henry Marx (Hrsg.): Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator. Mitarbeit Richard Weber. Prometh, Köln 1983.
  • Fritz J. Raddatz: Besuch bei der alten Dame. In: ZEITmagazin, 22. März 1989, S. 25–34.

Einzelnachweise

  1. Siehe Edmund Czada auf Regiowiki.at
  2. Czada war gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder, dem Architekten Franz Czada, Erbauer des Frauenbades (1894) im Central-Bad sowie mit seinem Partner Josef Barak Bauleiter der Volksbühne 1912, des heutigen Renaissance-Theaters (Theater der Jugend) in der Neubaugasse.
  3. Tanz im 20. Jahrhundert in Wien. Ausstellungskatalog. Österreichisches Theatermuseum, Wien 1979 (Biblos-Schriften, Bd. 109), S. 96.
  4. Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator. Hrsg. von Henry Marx, Mitarbeit Richard Weber. Prometh, Köln 1983, S. 10.
  5. Maria Ley-Piscator: Der Tanz im Spiegel. Mein Leben mit Erwin Piscator. Wunderlich (Rowohlt), Reinbek 1993, S. 67–76.
  6. Ziviltrauungen Wien, Rz 11/6336.
  7. Erwin Piscator. Briefe aus Deutschland. 1951–66. An Maria Ley-Piscator. Hrsg. von Henry Marx. Prometh, Köln 1983, S. 10.
  8. Tanz im 20. Jahrhundert in Wien. Ausstellungskatalog. Österreichisches Theatermuseum, Wien 1979, S. 96.
  9. Tanz im 20. Jahrhundert in Wien. Ausstellungskatalog. Österreichisches Theatermuseum, Wien 1979, S. 96.