„Kreuzmotiv“ – Versionsunterschied

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Vorsichtiger, weil gerade "B-A-C-H = Kreuzmotiv" eher eine Deutung als eine Tatsache ist. Ich denke, wir brauchen einen eigenen Abschnitt zu B-A-C-H: weil Sonderfall, besonders bekannt, aber auch umstritten.
Genauer in der Einleitung: nicht irgendwelche Tonfolgen mit diesem Merkmal. Eigener Abschnitt für B-A-C-H.
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[[Datei:Musik.motiv.b-a-c-h2.jpg|mini|hochkant=1.3|Die Tonfolge [[B-A-C-H]] ({{Audio|BACH-Kreuzmotiv.mid|Hörbeispiel}}) als Kreuzmotiv: Beim Verbinden der beiden äußeren und der beiden inneren Noten ergibt sich ein Kreuz]]
[[Datei:Musik.motiv.b-a-c-h2.jpg|mini|hochkant=1.3|Die Tonfolge [[B-A-C-H]] ({{Audio|BACH-Kreuzmotiv.mid|Hörbeispiel}}) als Kreuzmotiv: Beim Verbinden der beiden äußeren und der beiden inneren Noten ergibt sich ein Kreuz]]


Als '''Kreuzmotiv''' (seltener ''[[Chiasmus]]'' genannt) wird manchmal eine Folge von vier Tönen bezeichnet, die so aufeinander folgen, dass man beim Verbinden der Noten für die Außen- und die Innentöne ein [[Kreuz (Notenschrift)|Kreuz]] erhält. Die aktuelle Musikwissenschaft weist dieses von einem Theologen um 1950 entworfene Konzept zurück. Das Motiv B-A-C-H steht für den Familiennamen von Johann Sebastian Bach.
Als '''Kreuzmotiv''' (seltener ''[[Chiasmus]]'' genannt) wird manchmal eine Folge von vier Tönen bezeichnet, die so aufeinander folgen, dass man beim Verbinden der Noten für die Außen- und die Innentöne ein [[Kreuz (Notenschrift)|Kreuz]] erhält. Mit der Bezeichnung ''Kreuzmotiv'' wird zumeist unterstellt, dass diese Kreuzform einen Symbolgehalt hat und vom Komponisten deshalb so realisiert wurde. Die aktuelle Musikwissenschaft weist dieses von einem Theologen um 1950 entworfene Konzept zurück. Das Motiv B-A-C-H steht für den Familiennamen von Johann Sebastian Bach.


== Verwendung ==
== Verwendung ==
Die folgenden Darstellungen folgen Dirigenten und pädagogischen Texten.
Die folgenden Darstellungen folgen Dirigenten und pädagogischen Texten.


[[Johann Sebastian Bach]] verwendet Kreuzmotive in unzähligen Werken.<ref>John Eliot Gardiner, BACH - Musik für die Himmelsburg, München, 2016, S. 466,517 ISBN 978-3-534-26475-9</ref> Am bekanntesten ist die Verwendung seines Namens als Motiv: [[B-A-C-H]] (siehe Grafik). Bach selbst vertonte diese Tonfolge viele Male in Fugen und anderen Werken. Besonders bekannt ist das Motiv B-A-C-H im ''Contrapunctus 14'' aus der [[Kunst der Fuge]]. Nach Bach wurde das Motiv B-A-C-H auch von anderen Komponisten verwendet, beispielsweise kommt es in [[Violinkonzert (Berg)|Alban Bergs Violinkonzert]] vor.
[[Johann Sebastian Bach]] verwendet Kreuzmotive in unzähligen Werken.<ref>John Eliot Gardiner, BACH - Musik für die Himmelsburg, München, 2016, S. 466,517 ISBN 978-3-534-26475-9</ref>


In einigen Werken der [[Kirchenmusik]] tauchen Kreuzmotive auf, beispielsweise verwendete [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]] in seinen [[Messe (Musik)|Messen]] des Öfteren Kreuzmotive. In [[Franz Schubert]]s [[Messe Nr. 6 (Schubert)|Es-Dur-Messe]] tauchen Kreuzmotive in den Sätzen ''Gloria'' und ''Agnus Dei'' auf.<ref>[https://www.reclam.de/schubert_hoeren Musikbeispiele] zum Buch ''Schubert hören. Eine Anleitung'' von Michael Wersin, reclam.de, siehe NB 13 und NB 14. </ref>
In einigen Werken der [[Kirchenmusik]] tauchen Kreuzmotive auf, beispielsweise verwendete [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]] in seinen [[Messe (Musik)|Messen]] des Öfteren Kreuzmotive. In [[Franz Schubert]]s [[Messe Nr. 6 (Schubert)|Es-Dur-Messe]] tauchen Kreuzmotive in den Sätzen ''Gloria'' und ''Agnus Dei'' auf.<ref>[https://www.reclam.de/schubert_hoeren Musikbeispiele] zum Buch ''Schubert hören. Eine Anleitung'' von Michael Wersin, reclam.de, siehe NB 13 und NB 14. </ref>


== Symbolik ==
== B-A-C-H als Kreuzmotiv ==
Beim Kreuzmotiv B-A-C-H steht die Tonfolge für den Namen des Komponisten Bach – es ist die Vertonung seines Namens. Die Symbolik ergibt sich in diesem Fall aus den Namen der Töne und nicht aus der kreuzförmigen Anordnung der Noten.
Das bekannte musikalische Motiv [[B-A-C-H]] wird oft als Kreuzmotiv bezeichnet (siehe Grafik). Bach selbst vertonte diese Tonfolge viele Male in Fugen und anderen Werken. Besonders bekannt ist das Motiv B-A-C-H im ''Contrapunctus 14'' aus der [[Kunst der Fuge]]. Nach Bach wurde das Motiv B-A-C-H auch von anderen Komponisten verwendet, beispielsweise kommt es in [[Violinkonzert (Berg)|Alban Bergs Violinkonzert]] vor. Beim Kreuzmotiv B-A-C-H steht die Tonfolge für den Namen des Komponisten Bach – es ist die Vertonung seines Namens. Die Symbolik ergibt sich in diesem Fall aus den Namen der Töne und nicht aus der kreuzförmigen Anordnung der Noten.


== Symbolik ==
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Im „Generalbasszeitalter“ mit seinem Fokus auf die akkordische Struktur wurde in theoretischen Schriften der Dreiklang mit der Dreieinigkeit Gottes assoziiert.<ref>Erik Dremel: ''Musik und Theologie.'' In: Bernhard Jahn (Hrsg.): ''Die Musik in der Kultur des Barock.'' Laaber-Verlag, Laaber 2019 (= Handbuch der Musik des Barock, Band 7), ISBN 978-3-89007-877-9, S. 23–75, hier 32.</ref> Auch das Notenbild spielt eine Rolle: Treten in der Passage, welche die Kreuzigung zum Thema hat, plötzlich zahlreiche Versetzungszeichen in Kreuzform auf, wird eine symbolische Absicht des Komponisten angenommen.
Im „Generalbasszeitalter“ mit seinem Fokus auf die akkordische Struktur wurde in theoretischen Schriften der Dreiklang mit der Dreieinigkeit Gottes assoziiert.<ref>Erik Dremel: ''Musik und Theologie.'' In: Bernhard Jahn (Hrsg.): ''Die Musik in der Kultur des Barock.'' Laaber-Verlag, Laaber 2019 (= Handbuch der Musik des Barock, Band 7), ISBN 978-3-89007-877-9, S. 23–75, hier 32.</ref> Auch das Notenbild spielt eine Rolle: Treten in der Passage, welche die Kreuzigung zum Thema hat, plötzlich zahlreiche Versetzungszeichen in Kreuzform auf, wird eine symbolische Absicht des Komponisten angenommen.

Version vom 26. September 2023, 05:58 Uhr

Die Tonfolge B-A-C-H (Hörbeispiel/?) als Kreuzmotiv: Beim Verbinden der beiden äußeren und der beiden inneren Noten ergibt sich ein Kreuz

Als Kreuzmotiv (seltener Chiasmus genannt) wird manchmal eine Folge von vier Tönen bezeichnet, die so aufeinander folgen, dass man beim Verbinden der Noten für die Außen- und die Innentöne ein Kreuz erhält. Mit der Bezeichnung Kreuzmotiv wird zumeist unterstellt, dass diese Kreuzform einen Symbolgehalt hat und vom Komponisten deshalb so realisiert wurde. Die aktuelle Musikwissenschaft weist dieses von einem Theologen um 1950 entworfene Konzept zurück. Das Motiv B-A-C-H steht für den Familiennamen von Johann Sebastian Bach.

Verwendung

Die folgenden Darstellungen folgen Dirigenten und pädagogischen Texten.

Johann Sebastian Bach verwendet Kreuzmotive in unzähligen Werken.[1]

In einigen Werken der Kirchenmusik tauchen Kreuzmotive auf, beispielsweise verwendete Mozart in seinen Messen des Öfteren Kreuzmotive. In Franz Schuberts Es-Dur-Messe tauchen Kreuzmotive in den Sätzen Gloria und Agnus Dei auf.[2]

B-A-C-H als Kreuzmotiv

Das bekannte musikalische Motiv B-A-C-H wird oft als Kreuzmotiv bezeichnet (siehe Grafik). Bach selbst vertonte diese Tonfolge viele Male in Fugen und anderen Werken. Besonders bekannt ist das Motiv B-A-C-H im Contrapunctus 14 aus der Kunst der Fuge. Nach Bach wurde das Motiv B-A-C-H auch von anderen Komponisten verwendet, beispielsweise kommt es in Alban Bergs Violinkonzert vor. Beim Kreuzmotiv B-A-C-H steht die Tonfolge für den Namen des Komponisten Bach – es ist die Vertonung seines Namens. Die Symbolik ergibt sich in diesem Fall aus den Namen der Töne und nicht aus der kreuzförmigen Anordnung der Noten.

Symbolik

Im „Generalbasszeitalter“ mit seinem Fokus auf die akkordische Struktur wurde in theoretischen Schriften der Dreiklang mit der Dreieinigkeit Gottes assoziiert.[3] Auch das Notenbild spielt eine Rolle: Treten in der Passage, welche die Kreuzigung zum Thema hat, plötzlich zahlreiche Versetzungszeichen in Kreuzform auf, wird eine symbolische Absicht des Komponisten angenommen.

Im 20. Jahrhundert wurden aber auch weit weniger offensichtliche Bedeutungen postuliert. Friedrich Smend setzte um 1950 einfach 1 für A, 2 für B und so fort, ignorierend, dass zu Bachs Zeiten etwa 20 Zahlenalphabete bei lutherischen Textdichtern in Gebrauch waren.[4] Addiert man die Zahlen für B-A-C-H, erhält man die Zahl 14. Freilich konnte man dann in Bachs Werk auf die eine oder andere Weise die Zahl 14 finden, sodass man glaubte, Bach eine Zahlensymbolik attestieren zu können. Kees van Houten behauptete sogar, dass der damals offenbar noch lebende Bach in seinem Magnificat sein Todesdatum verklausuliert habe.[5] Smend bezog auch den Begriff „Chiasmus“ (auch „Kreuzesfigur“), der in der Figurenlehre des 17. und 18. Jahrhunderts nicht vorkommt, auf B-A-C-H, indem er die Notenköpfe mit Linien verband.

„Den derzeitigen Erkenntnissen zufolge war den Musikern des Barockzeitalters aber weder der Vorgang einer symbolwertigen Strichverbindung zwischen Notenköpfen geläufig, noch hätten sie je ein gesteigertes Interesse an der Einbeziehung des „Chiasmus“ in ihr klangrhetorisches Regularium und deren Nomenklatur an den Tag gelegt.“

Wolfgang Kostujak: flaschenpost aus dem meer der geschichte? DIE BACH-REZEPTION AUF HOHER SEE. In: Neue Zeitschrift für Musik (1991-), Band 168/6, 2007, S. 58-61, hier 60

Einzelnachweise

  1. John Eliot Gardiner, BACH - Musik für die Himmelsburg, München, 2016, S. 466,517 ISBN 978-3-534-26475-9
  2. Musikbeispiele zum Buch Schubert hören. Eine Anleitung von Michael Wersin, reclam.de, siehe NB 13 und NB 14.
  3. Erik Dremel: Musik und Theologie. In: Bernhard Jahn (Hrsg.): Die Musik in der Kultur des Barock. Laaber-Verlag, Laaber 2019 (= Handbuch der Musik des Barock, Band 7), ISBN 978-3-89007-877-9, S. 23–75, hier 32.
  4. Wolfgang Kostujak: flaschenpost aus dem meer der geschichte? DIE BACH-REZEPTION AUF HOHER SEE. In: Neue Zeitschrift für Musik (1991-), Band 168/6, 2007, S. 58–61, hier 60.
  5. Wolfgang Kostujak: flaschenpost aus dem meer der geschichte? DIE BACH-REZEPTION AUF HOHER SEE. In: Neue Zeitschrift für Musik (1991-), Band 168/6, 2007, S. 58–61, hier 60.