HSG Wissenschaft Halle

Die Hochschulsportgemeinschaft Wissenschaft aus Halle (Saale) (Kurzform: HSG Wissenschaft Uni Halle)war ab den 1950er Jahren in zahlreichen Sportarten DDR-weit erfolgreich vertreten. Den Verein gab es bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990. Er hatte einen ausgeprägten Kinder- und Jugendsportbereich zur Talentsuche und Förderung.

Definition

Die Hochschulsportgemeinschaften (HSG) waren neben den Betriebssportgemeinschaften (BSG) und den Sportgemeinschaften der Sportvereinigung Dynamo (Volkspolizei) sowie der Armeesportvereinigung Vorwärts (Kasernierte Volkspolizei / Volksarmee) seit 1949 Stätten des organisierten Sportwettkampfs. Jede Universität oder Hochschule in der DDR hatte ihre eigene HSG. Wie das Beispiel Halle zeigt, wurde in den HSG bis Mitte der 1950er Jahre erfolgreich Spitzensport betrieben, erst mit der Gründung von zentral geförderten Sportklubs nahm die Bedeutung der Hochschulsportgemeinschaften ab. Die HSG der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wurde am 1. April 1949 als Hochschulsportgemeinschaft „Geschwister Scholl“ gegründet. Im Zuge der Sportklubgründungen wurde sie im Februar 1955 in den SC Wissenschaft Halle umgebildet. Am 1. Juli 1958 wurden die Leistungssport-Sektionen in den neuen SC Chemie Halle eingegliedert. Für den normalen Studentensport wurde an der Martin-Luther-Universität wieder eine Hochschulsportgemeinschaft eingerichtet, welche einen umfassenden Jugendsportbereich beinhaltete.

Erfolge

Die HSG bzw. der Sportclub hatten ihre Erfolge hauptsächlich in den Sportarten Leichtathletik, Tennis, Basketball, Volleyball, Tischtennis und Rudern. Von 1949 bis 1955 stellte die HSG ununterbrochen den DDR-Mannschaftsmeister im Herrentennis,[1] stellte der SC 1956 mit Jochen Koitzsch (Zehnkampf) und Manfred Steinbach (200 m Sprint) zwei DDR-Meister in der Leichtathletik, und der SC wurde 1958 Vizemeister im Basketball der Männer. Die Volleyball-Frauen wurden von 1951 bis 1955 und 1957 DDR-Meister sowie 1953, 1955 und 1956 FDGB-Pokalsieger. Die Volleyball-Männer wurden 1951 und 1952 DDR-Meister. Der Zehnkämpfer Walter Meier belegte bei den Olympischen Spielen 1956 den sechsten Platz und holte bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 1958 die Bronzemedaille. Sowohl die Damen als auch die Herren spielten 1959 in der DDR-Tischtennis-Oberliga. Die Jugendabteilung des Bereiches Rudern brachte in den 1980er Jahren einige Talente hervor.

Fußball

Obwohl anfänglich besonders gefördert, blieb die Sektion Fußball der HSG Halle weniger erfolgreich. Zwar war sie 1949 und 1950 DDR-Studentenmeister geworden, zeigten aber im Punktspielbetrieb nur zweitklassige Leistungen. Die frühen Erfolge veranlassten die DDR-Sportführung, die HSG Halle zu einem Fußball-Schwerpunkt im Hochschulsport zu entwickeln. Dazu wurden 1951 die besten Fußballspieler aus den Hochschulsportgemeinschaften in Berlin, Leipzig, Jena, Rostock und Greifswald nach Halle delegiert. Obwohl sportlich nicht qualifiziert, wurde die neu gebildete Fußballmannschaft in den Spielbetrieb der zweitklassigen DDR-Liga eingegliedert. Dazu musste eine der beiden vorletzten Mannschaften aus den beiden Liga-Staffeln der Saison 1950/51 den Platz räumen. Das in Magdeburg ausgetragene Ausscheidungsspiel gewann Motor Nordhausen-West mit 7:0 gegen Einheit Wismar.

Ihre erste DDR-Liga-Saison beendete die HSG als Neuling mit einem respektablen achten Platz unter zwölf Mannschaften in der Staffel 2, noch vor den Vorjahresdritten und -fünften Einheit Burg und SG Hohenschönhausen. Zu der angestrebten Spitzenmannschaft konnte sich die HSG jedoch in den folgenden Jahren nicht entwickeln. Verblieben die Hallenser bis 1954 in der unteren Tabellenhälfte, so reichte es zwischen 1955 und 1957, nun als Sportclub antretend, wenigstens zu vierten und fünften Rängen. Mit der 1954 erfolgten Gründung des SC Chemie Halle-Leuna, dessen Fußballmannschaft in der DDR-Oberliga spielte, wurde die zentrale Förderung danach weitgehend zugunsten der Chemiker entschieden.

Nachdem am 30. Juni 1958 ein neuer SC Chemie Halle gegründet worden war, wurde auch die Sektion Fußball des SC Wissenschaft dorthin delegiert und trat in der Rückrunde der Saison 1958 als SC Chemie Halle II an, einige Spieler schafften den Sprung in die 1. Mannschaft des SC Chemie Halle. Obwohl die Mannschaft die Spielzeit mit Platz 4 beendete, musste sie in die drittklassige II. DDR-Liga absteigen, da die 1. Mannschaft des SC Chemie aus der Oberliga abgestiegen war. Daraufhin machten die Sportfunktionäre eine Kehrtwendung und gliederten die Fußballmannschaft SC Chemie II wieder der HSG Wissenschaft an.

Wieder als HSG wurde die Mannschaft 1959 Erster in der Staffel 3 der II. Liga, verpasste aber in der Qualifikationsrunde den Wiederaufstieg. Nachdem 1960 noch ein guter dritter Platz erreicht werden konnte, wurde man in der Saison 1961/62 nur Staffelletzter, verbunden mit dem Abstieg in die Bezirksliga Halle. Als Bezirksmeister 1963 scheiterte die HSG erneut in den Aufstiegsspielen und nach Platz 2 in der Saison 1963/64 wurde die Sektion Fußball der HSG Wissenschaft Halle aufgelöst und die Fußballmannschaften in die BSG Turbine Halle eingegliedert. Damit war nach 14 Jahren das Kapitel Fußball in der HSG Halle abgeschlossen.

Rudern

Die Sektion Rudern hatte sowohl in Halle-Trothaals auch in Halle-Böllberg ein Bootshaus. Neben den klassischen Booten der Studentenmannschaften gab es auch einen sehr erfolgreichen Bereich der Kinder- und Jugendsportförderung. Trainer dieses Jugendbereichrs waren unter anderem:

  • Wolfgang Schmidt
  • Manfred Menz
  • Manfred Möbes
  • Thomas Köhler.

Erfolge wurden unter anderem 1985 mit dem Doppelvierer erzielt. Dieser wurde in Werder DDR-Meister mit der Mannschaft Sven Greiner, Matthias Schiller, Marian Hofmann, Mario Junge und Frank Oehlschlägel. Bei der DDR-Spartakiade im gleichen Jahr wurde die Mannschaft Dritter. Weitere Erfolge waren Bezirksmeister und Einzelsiege bei diversen Regatten.

Weitere Talente, welche später in den SC Chemie Halle übergingen, waren unter vielen anderen Daniel Pöhnisch, Danilo Winkler und Michael Patan.

Leider wurde auch hier der Erfolg der Jugendlichen, welche zwischen dem achten und vierzehnten Lebensjahr hier Trainierten, auch mit der Abgabe von Wachstumsbarbituraten (Dynvital) erkauft.

Ab dem vierzehnten Lebensjahr (Schulklassenstufe 8) wurden die besten Sportler in die Sportschule berufen. Die sportliche Karriere für alle anderen endete Abrupt, was bei einigen auch eine Ursache für psychische Probleme in der Folge war. Die Jugendlichen waren viele Jahre in einer 5-6 Tage Sportwoche sozial anerkannt und plötzlich wurde durch die Nichtberufung an die Sportschule der Lebensmittelpunkt und die Chance zur erfolgreichen Sportkarriere entzogen. Die Entscheidung war leider nicht nur rein sportlich, sondern hing oft auch an den DDR-Regime üblichen Ressentiments.

Ligenübersicht Fussball

1951–1954 HSG Wissenschaft DDR-Liga (zweitklassig)
1955–1958 SC Wissenschaft DDR-Liga (zweitklassig)
1958 SC Chemie Halle II DDR-Liga (zweitklassig)
1959–1962 HSG Wissenschaft II. DDR-Liga (drittklassig)
1962–1964 HSG Wissenschaft Bezirksliga (viert/drittklassig)

Personen Fussball

Auch wenn nie eine HSG-Mannschaft in die höchste DDR-Fußball-Liga aufstieg, so durchlief über die Jahre im Austausch mit dem Lokalrivalen Turbine/Chemie Halle eine komplette Mannschaft mit früherer oder späterer Oberligapraxis die HSG, darunter DDR-Meister und Pokalsieger:

Spieler HSG Wissenschaft Spiele / Tore

für HSG

Oberligaspiele
für Turbine/Chemie
Erfolge
Tor:
Günther Chichowitz 1951–1952 18/0
Sturm, Karl-Heinz 1951–1953 8/0
Krumpe, Dieter (auch Sturm) 1951–1954 45/1
Jäsert, Joachim 1952–1953 7/0
Pomhoff 1954–1956 25/0
Trapp, Klaus-Dieter 1954–1956 25/0
Meinel. Wolfgang 1956–1958 40/0
Wolfgang Knust 1959–1960 17 Pokalsieger 1956
Abwehr:
Dornieden, Heinrich 1951–1952 10/0
Lehmann, Erich 1951–1954 39/5
Sauer, Werner 1951–1952 10/0
Trautwein, Heinz 1952–1958 140/3
Gerhard Thomas 1952–1955 10 (1950–1952) DDR-Meister 1952
Thomas, Gerhard 1953–1955 24/2
Rybarczyk, Heinz 1955 9/0
Hoffmann, Günter 1955–1958 57/16 133 Pokalsieger 1962
Hans-Joachim Oelze 1959–1962 17 (1955–1958) Pokalsieger 1956,
6 Nachwuchsländerspiele
Mittelfeld:
Ebert, Joachim (Conny) 1951–1958 120/5
Ahrens, Wolfgang 1951–1952 16/6
Steinhardt, Kurt 1951–1952 6/0
Wendt, Joachim 1951–1958 121/23
Weber, Günther 1951–1953 39/2
Meißner, Klaus-Dieter 1951–1953 5/0
Seidel, Gerhard 1951–1955 20/0
Behrendt, Rolf 1951–1956 79/0
Blüsch, Norbert 1951–1958 89/18
Schüßling, Gerhard 1951–1955 28/5
Wangemann, Gerhard 1951–1952 4/0
Biener, Norbert 1951–1952 2/0
Kabisch, Willi 1951–1952 1/0
Pohal, Fritz 1951–1952 1/0
Landmann, Gerhard 1952–1958 111/2 31(1958–1961)
Gauert, Lothar 1952–1953 23/1
Bökelmann, Lothar 1952–1958 106/32
Landmann, Gerhard 1952–1958 111/2
Papproth 1952–1953 1/0
Seeland, Lutz 1953–1954 6/0
Kleine, Winfried 1955–1958 57/1 43
Herz, Manfred 1956–1958 46/0
Schiffler 1957 3/0
Marzian 1957 2/0
Lonzeck 1957 1/0
Streit, Willi 1959–1960 6 (1957) Pokalsieger 1956
Angriff:
Schulz, Wolfgang 1951–1956 89/19
Franke, Walter 1951–1957 74/26 23 DDR-Meister 1952
Lehmann, Karl-Heinz 1951–1952 7/0
Doppernass, Hermann 1952–1955 29/5
Schwertfeger, Friedrich 1953–1958 77/13
Schüßling, Gerhard 1951–1954 28/5
Krumpe, Dieter (auch Tor) 1951–1954 45/1
Schlauss, Helmut 1952–1954 19/5
Kaminski, Kurt 1953–1955 18/3
Schlauss, Helmut 1954–1958 88/55
Becker, Dieter 1955 4/0
Schmittinger, Gert 1955–1958 31/11 40 (1959–1962)
Hoffmann, Günter 1955–1958 57/16
Strahl, Horst 1955–1958 15/3 33 (1958–1961)
Wetzel, Werner 1957–1958 26/7
Müller, Dieter 1957–1962 32 (1953–1956)
Lehmann, Joachim 1959–1962 30 (1955–1958) Pokalsieger 1956
Hoffmann, Rolf 1959 15 Pokalsieger 1956

Literatur

Einzelnachweise

  1. Chronik der Sektion Tennis im Universitätssportverein Halle e. V. In: usv-halle-tennis.de. USV Halle, abgerufen am 10. September 2020.