Geschichte der Eisenbahn

Die Geschichte der Eisenbahn befasst sich als Teilgebiet der traditionellen Technikgeschichte mit der Erforschung und Dokumentation der Geschichte des Schienenverkehrs, der dazu gehörenden Technik und ihrer technologischen Entwicklung. In jüngerer Zeit gewinnt daneben der Ansatz einer interdisziplinären Kulturgeschichte (cultural history) zunehmend an Bedeutung.

Ähnlich wie in einigen anderen Teilbereichen der Geschichte sind bei der Erforschung der entsprechenden Daten und beim Zusammentragen von Dokumenten und Zeugnissen überwiegend Laien oder Amateure tätig. Ursache ist eine nach wie vor vorhandene Faszination, die von diesem Gebiet der Technik ausgeht. Belege dafür sind zahlreiche Eisenbahnmuseen in der Trägerschaft von Vereinen oder sogar Privatpersonen sowie die Museumsbahnen.

Den von öffentlichen Institutionen getragenen Museen wird nach einer Phase der geringeren Beachtung zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und ungefähr den 1980er Jahren inzwischen wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit zuteil. Unter dem Aspekt des 'History Marketing' hat man dort die werbewirksamen Möglichkeiten der eigenen Geschichte wieder entdeckt.

Historische Definitionen

"Eine Eisenbahn ist ein Unternehmen, gerichtet auf wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen über nicht ganz unbedeutende Raumstrecken auf metallener Grundlage, welche durch ihre Konsistenz, Konstruktion und Glätte den Transport großer Gewichtmassen, beziehungsweise die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen bestimmt ist, und durch diese Eigenart in Verbindung mit den außerdem zur Erzeugung der Transportbewegung benutzten Naturkräften (Dampf, Elektrizität, tierischer oder menschlicher Muskelthätigkeit, bei geneigter Ebene der Bahn auch schon der eigenen Schwere der Transportgefäße und deren Ladung, u. s. w.) bei dem Betriebe des Unternehmens auf derselben eine verhältnismäßig gewaltige (je nach den Umständen nur in bezweckter Weise nützlich, oder auch Menschenleben vernichtende und die menschliche Gesundheit verletzende) Wirkung zu erzeugen fähig ist."
(Deutsches Reichsgericht, Urteil vom 17. März 1879. Fundstelle: RGZ 1, 247, 252.)

Eisenbahnen, Riegel oder Schienenwege sind fahrbare Straßen mit festen Geleisen von Eisenschienen oder von mit Eisen beschlagenem Holz und Steinen, auf denen die Räder der Wagen laufen, wodurch der Widerstand, welchen sie auf gewöhnlichen Wegen am Umfange erleiden, so weit aufgehoben wird, dass beinahe nur die Reibung an der Achse noch zu überwinden bleibt und ihre Fortbewegung durchschnittlich wenigstens zehnfach erleichtert ist.
So wird das Stichwort "Eisenbahn" im "Brockhaus-Bilder-Conversations-Lexikon" aus dem Jahre 1837 abgehandelt.

Vorläufer und Anfänge

Für die Konstruktion einer Eisenbahn waren verschiedene frühe Basis-Erfindungen die Voraussetzung, so die Erfindung des Rades, die Schöpfung einer Fahr- und Leitbahn in Form von Schienen, die Herstellung von Eisen und Stahl und die Erfindung der Dampfmaschine.

Vorläufer der heutigen Schienenbahnen waren Spurrillen in antiken Straßen, die den damaligen ein- und zweiachsigen Fahrzeugen eine gewisse Führung ermöglichten. Zunächst sind solche Spurrillen durch den Verschleiß der Straßenoberfläche entstanden, später wurden sie geplant aus der gepflasterten Oberfläche herausgearbeitet. Diese Spurrillen waren im Römischen Reich so verbreitet, dass es schon eine gewisse Normung der Spurweite gab. Archäologische Reste dieser Rillenschienen lassen sich beispielsweise südlich von Neapel nachweisen.

In England gab es eine ausgeprägte Stahl- und Eisenherstellung, ferner bestand ein ständig zunehmender Transportbedarf in den Erz- und Kohlenminen, der bereits zahlreiche Schienenwege entstehen ließ. Hier wurde auch die Dampfmaschine erfunden und entscheidend verbessert. Dies führte dazu, dass England in der Zeit der Industriellen Revolution auch zur Geburtsstätte der maschinell betriebenen Schienen- bzw. "Eisenbahn" wurde. Die Eisenbahn ist damit sowohl Produkt als auch Bestandteil der Industriellen Revolution.

Erste Schienensysteme

Ein Grubenhunt in "De re metallica" von Georg Agricola

Systemische Vorläufer der Eisenbahn waren Bergwerks-Transportsysteme mit Wagen, die auf Holzbohlen liefen. In der Natur des Bergbaus lag es, dass sich mit fortschreitendem Abbau seine Betriebspunkte stetig verändern. Die damaligen Grubenbahnen mussten diesen Anforderungen genügen, sie wurden ständig umgebaut und erweitert. Die Erfahrungen daraus flossen als Verbesserungen ein, so dass sich das Schienenweg-System über mehrere Jahrhunderte entwickeln konnte. Erstmals belegt werden sie für das Jahr 1519 sowie 1556 bei Georg Agricola. In England wird The Whickham Grand Lease Way von 1620 als erste historisch belegte Bahnanlage erwähnt. Die Wagen dieser frühen Bahnen wurden entweder von Menschen oder Tieren gezogen und geschoben.

Erste maschinelle Antriebe

Zeitgenössische Zeichnung
von Trevithicks Dampfwagen

Mit der Erfindung der Dampfmaschine durch Thomas Newcomen um 1712 und ihrer Weiterentwicklung durch James Watt und Richard Trevithick ergaben sich bald Versuche, diese auch zum Antrieb von Fahrzeugen zu nutzen. Erste Maschinenantriebe für die Grubenbahnen waren ortsfest und trieben Seilzugvorrichtungen an.

1769 gelang es Nicolas Cugnot und 1801 und 1803 auch Richard Trevithick, jeweils einen „Dampfwagen" zu bauen, der mit eigenem Antrieb auf der Straße fahren konnte. Trevithick baute bald darauf im Jahr 1804 eine selbstfahrende Zugmaschine für eine Bergwerks-Schienenbahn – die erste Dampflokomotive war damit geboren. Da jedoch die verwendeten gusseisernen Schienen oft zerbrachen, war der Einsatz dieser ersten Dampflokomotive nur von begrenztem Nutzen. Die Entwicklung und Produktion der geschmiedeten bzw. gewalzten Stahlschiene war daher eine weitere Vorbedingung, die die Weiterentwicklung und Verbreitung der Eisenbahn ermöglichte. Weitere Entwicklungsversuche mit jeweils nur begrenztem Erfolg gab es danach von Timothy Hackworth ab 1808, John Blenkinsop 1812, William Hedley 1813 und George Stephenson, der 1814 seine erste Bergwerkslokomotive für die Killingworth-Kohlengrube, die "Blücher", baute.

Erste öffentliche Bahnen mit maschinellem Betrieb

Als 1821 Edward Pease die parlamentarische Genehmigung für den Bau einer pferdebetriebenen "tramroad" zwischen Stockton und Darlington, England bekam, schlug Stephenson diesem vor, die Bahn mit eisernen Schienen als "Railway" zu bauen. Eine ersten Strecke dieser „Stockton and Darlington Railway“ von 9 Meilen wurde am 27. September 1825 mit der Fahrt der von Stephenson gebauten Lokomotive "Nr. 1" eröffnet. Erstmals wurden hier mit einer Lokomotive auch Personen befördert. Die Spurweite der Strecke betrug 1435 mm und wurde in der Folge zum Standard bei den meisten Eisenbahnen der Welt. Hier gab es auch das erste Todesopfer im maschinell geführten Eisenbahnbetrieb zu beklagen, als die später “Locomotion" genannte "Nr. 1” am 1. Juli 1828 explodierte und den Maschinisten John Cree tötete.

Die Geschichte der Stockton and Darlington Railway ist gut dokumentiert und bietet viele Einblicke in die damaligen Begleitumstände des Eisenbahnbaues.

Eine nächste öffentliche Strecke wurde 1830 zwischen Liverpool und Manchester eröffnet. Als Lokomotive entschied man sich für The Rocket, die das berühmte Rennen von Rainhill gewonnen hatte. Die Höchstgeschwindigkeit der Rocket betrug 48 km/h. Auch hier war leider wieder (nach weiteren zwischenzeitlichen Kesselzerknallen verschiedener Lokomotiven, bei denen Maschinisten oder Heizer zu Schaden kamen) ein Todesopfer zu beklagen: ein Parlamentsabgeordneter wurde von der Rocket überrollt und verstarb.

Elektrische Antriebe

Hauptartikel Geschichte des elektrischen Antriebs von Schienenfahrzeugen

Elektrische Ausstellungsbahn von Werner von Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879

Bereits in den 1830er Jahren gab es in verschiedenen Ländern Versuche, Schienenfahrzeuge elektrisch anzutreiben. Das anfängliche Haupthindernis war die Stromversorgung, die zunächst mit Batterien erfolgte, die sich entweder als zu schwach oder als zu schwer erwiesen. Wirklich anwendungstauglich wurde der elektrische Schienenfahrzeugantrieb erst mit der Einführung einer ortsfesten Stromversorgung über die Fahrschienen oder eigene Fahrleitungen. Werner von Siemens baute 1879 in Berlin eine ursprünglich als Grubenbahn für Cottbus vorgesehene Schienenstrecke mit 50 cm Spurweite und eine vierrädrige Elektrolokomotive. Sie wurde von einem ortsfesten Dynamo über eine mittig im Gleis angebrachte isolierte Zuleitungsschiene mit Strom versorgt, während die Fahrschienen als Rückleitung des Stromkreises dienten. Ähnliche kleine Ausstellungsbahnen wurden bald darauf auch anderenorts präsentiert, so auf der Wiener Gewerbeausstellung 1880 und von Thomas Alva Edison 1883 auf einer Ausstellung in Chicago.

Bei den meisten frühen kommerziell bzw. öffentlich betriebenen elektrischen Bahnen wurden zunächst straßenbahnartige Triebwagen verwendet. Dies ergab sich daraus, dass bei gleicher Leistung die Baugröße von Elektromotoren weit kleiner war, als die von Dampfmaschinen, somit also auf dem angetriebenen Schienenwagen stets noch Platz für Passagiere war. Erst unter beengten Verhältnissen wie bei der U-Bahn London oder bei größerem Leistungsbedarf ergab sich die Hinwendung vom Triebwagen mit Fahrgast-Mitnahme zur Lokomotov-Bauweise des Triebfahrzeugs. Erstmals scheinen reine Elektrolokomotiven im kommerziellen öffentlichen Betrieb sowie auch in größerem Umfang auf der von der City & South London Railway (CSLR) errichteten U-Bahnstrecke eingesetzt worden zu sein.

Der Erste Weltkrieg 1914-1918 brachte in Europa Versorgungsengpässe bei Kohle für den Dampflokbetrieb. Elektrizität als alternative Energie war daher vor allem dort eine willkommene, wo sie günstig ohne teure Materialimporte zu erzeugen war. Dies war vor allem in den europäischen Alpenländern mit der Energieerzeugung aus Wasserkraft der Fall. Der Bahnbetrieb mit Elektrotraktion setzte sich daher vor allem ab 1918 in Österreich, der Schweiz, Bayern, Norditalien und der französischen Alpenregion durch.

Das neue Verkehrsmittel etabliert sich

Die weltweite Entwicklung der Streckenlängen der Eisenbahn

Entwicklung der Eisenbahnnetze weltweit (in km):

  • 1830 - 332
  • 1840 - 8.591
  • 1850 - 38.022
  • 1855 - 68.148
  • 1860 - 106.886
  • 1865 - 145.114
  • 1870 - 221.980
  • 1875 - 294.400
  • 1880 - 367.235
  • 1881 - 393.232
  • 1882 - 421.566
  • 1883 - 443.441
  • 2003 - 1.115.205

Quelle: Meyers Konversationslexikon, Band 5

Nordamerika

USA

Bereits 1809 fuhr in Philadelphia eine Pferdebahn. Nach der Eröffnung der Bahn von Stockton nach Darlington in England mit einer Dampflokomotive begann man sich auch in den USA dafür zu interessieren. Ähnlich wie auf dem europäischen Kontinent, beherrschten auch hier die Engländer mit ihrer langjährigen Erfahrung zunächst den Markt. Insgesamt 114 englische Lokomotiven wurden in die USA exportiert.

Als die erste in den USA betriebene Lokomotive gilt die 1828 in England gebauten "Stourbridge Lion", die ihre erste Fahrt auf amerikanischem Boden am 8. August 1829 durchführte. Mit ihr wurden zwei weitere Maschinen des gleichen Fabrikanten Foster, Rastrick and Company sowie bereits zwei Monate früher die "Pride of Newcastle" aus Robert Stephensons Werkstatt sämtlich für die Delaware & Hudson Canal Company geliefert.

Als die ersten und beide im Jahr 1830 ausschließlich in den USA gefertigten Dampflokomotiven gelten die in New York gebaute "The Best Friend of Charleston" und die von Peter Coopers "Canton Eisenwerk" bei Baltimore gebaute Tom Thumb.

Am 24. Mai 1830 eröffnete die Baltimore & Ohio Railroad zwischen Baltimore und Ellicott's Mills mit der Tom Thumb den Betrieb. Erwartungsgemäß gewann sie das im selben Jahr stattfindende Rennen mit einem Pferdegespann. Ein Jahr später, am 15. Januar 1831, nahm die South Carolina Railroad mit der "The Best Friend of Charleston" den Betrieb auf. Dass sie bereits im Juni 1831, wie zuvor schon viele der ersten Maschinen in England, bei einem Kesselzerknall zerstört wurde, bleibt eine Fußnote der Geschichte.

"Eroberung" des Westens (um 1860)

Der Ausbau des Bahnnetzes in den USA ließ schon bald das "Mutterland" des Bahnbaues hinter sich, und am 10. Mai 1869 konnte mit dem Nagelschlag bei Promontory Point die erste transkontinentale Verbindung zwischen der Ost- und der Westküste eröffnet werden. Die Streckenlänge von New York nach San Francisco betrug 5.319 Kilometer.

1831 gründete Matthias William Baldwin in Philadelphia die Baldwin Locomotive Works, die sich bis 1945 zum weltweit größten Dampflokomotiven-Hersteller entwickelten. Vom späteren Standort Eddystone lieferte Baldwin Lokomotiven jeder Größe auch an Bahngesellschaften in England, Frankreich, Indien und Ägypten. Die nächstgrößeren Dampflokomotivproduzenten der USA waren die in der American Locomotive Company (ALCO) zusammengeschlossenen Hersteller und die LIMA Locomotive Works, mit denen 1950 ein Zusammenschluss zur Baldwin-Lima-Hamilton Corporation erfolgte. Der Versuch dieses Firmenzusammenschlusses, sich in der Produktion der ab 1930 zunehmend verbreiteten Diesellokomotiven zu etablieren, war nicht erfolgreich. Mit dem Ende der Dampflokomotiv-Ära endete auch die Geschíchte von Baldwin, LIMA und ALCO im Jahre 1956.

Um 1868 entwickelte George Westinghouse die Druckluftbremse, für deren Produktion er 1869 die WABCO - Westinghouse Air Brake Company - gründete und die er sich 1872 patentieren ließ. Die Druckluftbremse wurde in der Folge das weltweit verbreitetste Bremssystem bei Bahnfahrzeugen.

1873 ließ sich der Frachtkontor-Sekretär Eli Janney die nach ihm benannte selbsttätige Wagen-Kupplung patentieren. Die Janney-Kupplung fand außer in den USA in ganz Nordamerika und Mexiko sowie in Australien, Südafrika und der VR China Anwendung.

1893 wurden die Druckluftbremse und die Janney-Kupplung mit dem „Safety Appliance Act“ in den USA als Pflichtausrüstung für Bahnen vorgeschrieben. Dies führte danach zu einer rapiden Verminderung der Unfälle mit Bahnfahrzeugen. Auch außerhalb der USA bewirkte die Übernahme von Druckluftbremse und automatischer Kupplung eine Steigerung von Effizienz und Sicherheit des Bahnbetriebs.

Siehe auch: Geschichte der Eisenbahn in Nordamerika

Kanada

In Kanada schritt die Entwicklung schleppender voran. 1836 wurde zwar mit der Champlain and St. Lawrence Railroad bei Montréal eine erste Eisenbahn eröffnet, doch konnte erst mit dem "Guarantee Act" von 1849 der Bahnbau exzessiv betrieben werden. Im Gegensatz zu seinem südlichen Nachbar, der den Bahnbau in Hinblick auf die "Eroberung des Westens" vorantrieb, stellte er für Kanada eine Frage der nationalen Einheit dar. 1885 eröffnete die Canadian Pacific Railway die erste kanadische Transkontinentalbahn.

Europa

LandAusdehnung
(in km, Anfang 1885)
Deutschland39.141
Großbritannien30.358
Frankreich29.607
Russland25.241
Österreich-Ungarn21.786
Italien9.666
Spanien8.387
Schweden6.600
Belgien4.366
Schweiz2.960
Niederlande2.189
Dänemark1.886
Türkei1.656
Norwegen1.562
Portugal1.527
Rumänien1.458
Finnland1.324
Serbien245
Griechenland175
Europa190.134

Belgien

Nach England war Belgien das zweite europäische Land, das eine ausschließlich dampfbetriebene Eisenbahnlinie eröffnete. Belgien folgte, noch stärker als England, dem allgemeinen "Klischee" einer Industrialisierung durch Kohle und Stahl. Ein begünstigender Faktor war auch die hohe Bevölkerungsdichte in dem westeuropäischen Land. So wurde die erste dampfbetriebene Bahnlinie auf den europäischen Kontinent am 5. Mai 1835 zwischen Brüssel und Mecheln eröffnet. Belgien war auch das erste Land, das den Bau von Eisenbahnstrecken staatlich förderte. Trotz einiger Streckenstilllegungen hat es bis heute das dichteste Eisenbahnnetz der Welt.

Frankreich

In Frankreich wurde 1827 eine 21 km lange Pferdebahn zwischen Saint-Étienne und Andrézieux im Zentralmassiv eröffnet. Sie wurde bereits nach englischem Vorbild in Normalspurweite gebaut und diente als Abfuhrstrecke für Kohlezechen. 1830 kamen erstmals zwei von Marc Seguin gebaute Damplokomotiven zum Einsatz, die den Pferdebetrieb jedoch nur ergänzten. 1832 wurde die Linie nach Lyon verlängert und war auf diesem Abschnitt bereits zweigleisig. Die erste, ausschließlich dampfbetriebene Eisenbahnstrecke Frankreichs war die 1837 eröffnete Strecke ParisSaint-Germain-en-Laye. Das französische Streckennetz entstand meist durch Zusammenwirken des Staats mit dem Privatkapital, da sich letzteres allein zum Ausbau des Netzes nicht als ausreichend erwies. Die Formen der Staatsunterstützung waren mannigfaltiger Art: bare Zuschüsse in Geld oder Grund und Boden (bis 1884 in einer Gesamtsumme von mehr als. 1 1/2 Milliarden Franc), Zinsgarantie-Zuschüsse (infolge des Gesetzes vom 11. Juni 1859), welche mit Einschluss der Zuschüsse für die algerischen Bahnen bis 1883 den Gesamtbetrag von 700 Millionen Francs erreichten, Begünstigung der Fusionen, lange Konzessionsdauer und milde Handhabung des staatlichen Beaufsichtigungsrechts. Die Gesamtlänge des französischen Eisenbahnnetzes lag Anfang 1885 bei über 30.000 km.

Lokomotive "Adler"

Deutschland

Für Deutschland begann das Eisenbahnzeitalter am 20. September 1831. Damals fand jenes Ereignis statt, welches Friedrich Harkort in seinem 1833 erschienenen Buch "Die Eisenbahn von Minden nach Cölln" so kommentierte: "Im Deilthal entstand jene Eisenbahn, welcher die Ehre zu Theil wurde, den Namen Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm von Preußen führen zu dürfen." Die Prinz-Wilhelm-Eisenbahn (als erste Eisenbahn Aktiengesellschaft auf deutschem Boden) war eine preußische Meile lang (ca. 7,5 km) und fuhr von Hinsbeck an der Ruhr (heute Essen-Kupferdreh) bis Nierenhof (heute Velbert-Langenberg). Sie wurde die ersten 13 Jahre ausschließlich mit Pferdekraft betrieben. Offiziell feiert man den 7. Dezember 1835, mit der Eröffnung der Ludwigs-Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth als Geburtsstunde der deutschen Eisenbahn. Da die Kohlenbeschaffung bis zur Eröffnung der Sächsisch-Bayrischen Eisenbahn 1851 noch sehr kostspielig war - die Kohle zum Betrieb der Adler wurde aus Zwickau herangeschafft - wurde auch diese sechs Kilometer lange Strecke noch hauptsächlich mit Pferdekraft betrieben (Im Verhältnis 3:1). Die erste deutsche, ausschließlich dampfbetriebene Eisenbahn war die am 24. April 1837 eröffnete Strecke LeipzigAlthen der Leipzig-Dresdner Eisenbahn. In den folgenden fünfzehn Jahren wurde systematisch die Grundlage für das heutige Streckennetz geschaffen, wobei als Vorlage der Streckenplan von Friedrich List zur Anwendung kam.

Siehe auch: Geschichte der Eisenbahn in Deutschland

Österreich-Ungarn

Zwischen 1825 und 1832 wurde die erste Pferdeeisenbahn auf dem europäischen Kontinent errichtet. Sie führte über 128km von Budweis in Böhmen nach Linz und war zugleich die längste Pferdeeisenbahn der Welt. Die erste Dampfbahn im Habsburgerreich fuhr 1837 zwischen Wien-Floridsdorf und Deutsch-Wagram. Sie war Teil der ersten österreich-ungarischen Fernstrecke WienBrünn, die bereits am 7. Juli 1839 und damit knapp drei Monate nach Eröffnung der ersten deutschen Fernbahn fertiggestellt werden konnte. Die Donaumonarchie tätigte auch wegweisende Pionierarbeiten im Gebirgsstreckenbau. So konnte am 17. Juli 1854, zu einem Zeitpunkt, an dem im Nachbarland Schweiz noch an der Erschließung des Mittellandes gearbeitet wurde, mit der Semmeringbahn die erste Gebirgsbahn der Welt eröffnet werden.

Siehe auch: Geschichte der Eisenbahn in Österreich

Niederlande

Für die Niederlande mit ihrem gut ausgebauten Wasserwege-Netz hatte die Eisenbahn zunächst wenig Bedeutung im Gegensatz zu dem von der Kohle- und Eisenindustrie-geprägten südlichen Nachbarn Belgien. Die am 20. September 1839 eröffnete Linie AmsterdamHaarlem war noch in Breitspur ausgeführt und konnte den parallel verlaufenden Kanälen nur wenig paroli bieten. Die Forcierung des Bahnbaus begann erst, als die belgischen Häfen durch ihren Bahnanschluss den Handel aus Deutschland an sich ziehen konnten und den holländischen Häfen einen Wettbewerbsnachteil bescherten.

Italien

Als am 3. Oktober 1839 zwischen Neapel und Portici die erste Eisenbahn Italiens eröffnet wurde, war das Land, ähnlich wie Deutschland, ein Hort der Kleinstaaterei. Die am 18. August 1840 offiziell eröffnete Strecke MailandMonza wurde noch unter österreichischer Regie gebaut. Sie gelangte erst durch Abtretung der Lombardei 1859 an Italien. Nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit nahm der Bahnbau einen kräftigen Aufschwung. Durch ein Gesetz vom 29. Juli 1879 wurde die Regierung zum Bau von 6.020 km neuer Strecken im Bauwert von 1.204.500.000 Frank ermächtigt; das Gesetz bezeichnete die einzelnen Strecken und teilte sie je nach ihrer Bedeutung für den Verkehr und dem derselben entsprechenden Maß der Beteiligung der Provinzen und Gemeinden an der Beschaffung der Baumittel in vier Klassen ein. Mit der Ausführung dieses Gesetzes begann man 1880, wodurch bereits bis Ende 1883 das Netz auf 9.666 km, wovon 4.525 km vom Staat betrieben wurden, angewachsen war.

Schweiz

Die Schweiz, heute oft als "Bahnland Nr. 1" bezeichnet, blieb bis 1847 von der stürmischen Entwicklung in seinen Nachbarländern isoliert, da die Schweiz damals einerseits als das Armenhaus Westeuropas galt und somit Geldmittel fehlte und kriegerische Auseinandersetzungen (Sonderbundskrieg) die Entwicklung verhinderte. Zwar gab es 1844 in Basel bereits einen Bahnhof, dieser war jedoch nur Endpunkt der französischen Strecke aus Straßburg. Erst 1847 wurde mit der Spanisch Brötli Bahn von Zürich nach Baden eine erste eidgenössische Strecke eröffnet. 1882 holte die Schweiz mit der Eröffnung der Gotthardbahn den österreichischen Vorsprung auf. Mit einer Länge von 15'003 Metern war der Gotthardtunnel für damalige Verhältnisse ein bemerkenswertes Bauwerk.

Siehe auch: Geschichte der Schweizer Eisenbahn

Skandinavien

In Skandinavien setzte sich die Eisenbahn verhältnismäßig spät durch, was auch teilweise an einem anders verlaufenden Industrialisierungsprozess (Stichwort Industrialisierung der Landwirtschaft) in dieser Region lag. Die erste skandinavische Eisenbahnlinie führte 1847 von Kopenhagen nach Roskilde . In Schweden wurde 1850 der Bahnbau von Anfang an unter staatlicher Regie begonnen. Der erste Zug der Schwedischen Staatsbahn (SJ) verkehrte zwischen Stockholm und Göteborg. Dass Skandinavien in der Eisenbahngeschichte eine Nachzüglerrolle spielt, zeigt sich besonders am Beispiel Norwegen. Das seit 1905 unabhängige Land konnte sein heutiges Bestandsnetz erst 1962 mit der Fertigstellung der Strecke nach Bodø vollenden. Auch in Finnland, damals noch Teil des Zarenreichs, fuhr erst 1862 zwischen Helsinki und Hämeenlinna der erste Zug. Die Fertigstellung des finnischen Eisenbahnnetzes zog sich sogar noch teilweise bis in die 1980er Jahre hin.

Siehe auch: Danske Statsbaner, VR-Yhtymä Oy

Spanien und Portugal

Die Iberische Halbinsel spielt in der Geschichte der Eisenbahn eine Sonderrolle. Aus militärischen Überlegungen wurde das Eisenbahnnetz in der so genannten spanischen Breitspur (1.676 mm in Spanien, 1.665 mm in Portugal) angelegt. Nach heutigen Gesichtspunkten war das eine fatale Fehlentscheidung, da für die Integration der Iberischen Eisenbahnen in das europäische Normalspurnetz aufwändige Umspuranlagen notwendig sind. Erst seit neuester Zeit versucht man, durch den Neubau von Normalspurstrecken dieses Handicap zu beheben. Die erste Eisenbahn auf der Iberischen Halbinsel fuhr 1847 von Barcelona nach Mataró.

Russland

Die erste Eisenbahnlinie des damaligen Zarenreichs wurde am 30. Oktober 1837 zwischen Sankt Petersburg und der 23 km entfernten Zarenresidenz Zarskoje Selo in einer Spurweite von 1.829 mm eröffnet. Die Lokomotive für diese Bahn wurde von Timothy Hackworth in England gebaut. Im darauf folgenden Sommer wurde die 2 km lange Verlängerung bis Pawlowsk dem Verkehr übergeben. Da die Zarskoje Selo-Bahn zur Vergnügungsstätte des Adels führte, in der unter anderen auch Johann Strauß spielte, wurde sie spöttischerweise auch als "Bahn, die ins Wirtshaus führt" bezeichnet. Nach dem Bau dieser Strecke verlief die Entwicklung in Russland sehr schleppend; nach zehn Jahren existierten erst 381 km an Bahnstrecken.

Abgesehen von der in Normalspur ausgeführten Warschau-Wiener Eisenbahn (eröffnet 1848), wurde für die weiteren russischen Bahnbauten eine Spurweite von 1.524 mm zur Norm. Um die Entstehung dieses Maßes der russischen Breitspur ranken sich allerlei Legenden. In Wirklichkeit wurde das russische Standardmaß von einer Kommission zur Vorbereitung des Baus der Strecke Sankt-Petersburg - Moskau festgelegt. Als Alternative war die 1.829 mm-Spur der Zarskoje Selo-Bahn diskutiert worden.

Die Züge aus Westeuropa konnten daher zuerst nicht durchgehend fahren. Später wurde das Problem gelöst mit dem Austausch kompletter Radsätze oder Drehgestelle an den Grenzübergängen, auch Rollmaterial mit veränderlicher Spurweite und Umspuranlagen werden verwendet. Die Fahrgäste können dabei im Wagen sitzen bleiben, während die Räder innerhalb weniger Minuten auf den Achsen in die neue Position verschoben werden. Das damals zu Russland gehörende östliche Polen erhielt nach 1856 mit dem Anschluss Warschaus an die normalspurige Strecke aus Wien einen Bahnanschluss.

Eisenbahnbrücke in Sibirien.

Größte Bedeutung hatte die 1891 begonnene Transsibirische Eisenbahn für die Erschließung Sibiriens. Im Oktober 1916 wurde sie nach 26 Jahren Bauzeit von Moskau bis nach Wladiwostok fertiggestellt. Mit einer Streckenlänge von rund 9.300 km ist die Transsib somit die längste Eisenbahnstrecke der Welt und bis heute die einzige durchgängige West-Ost-Schienenverbindung in Asien. Das heutige Netz der Russischen Föderation wurde erst 1984 mit der Fertigstellung der Baikal-Amur-Magistrale (BAM) im wesentlichen vollendet.

Im April 2005 unterzeichneten die Russische Eisenbahn (RZD) und die deutsche Siemens Transportation Systems (TS) einen Vertrag zur Entwicklung von Hochgeschwindigkeitszügen für Russland. Der Liefervertrag mit einem Projektvolumen von bis zu 1,5 Mrd. EUR soll noch im Sommer 2005 unterschrieben werden. Die Russische Eisenbahn beabsichtigt, bei Siemens 60 dieser bis zu 300 km/h schnellen Züge in Auftrag zu geben. Die Züge sollen vorrangig auf den Strecken Moskau – Sankt Petersburg und Sankt Petersburg – Helsinki eingesetzt werden. Geplant sind auch Züge auf den Strecken Omsk – Novosibirsk, Moskau – Nishnij Novgorod u.a.. Die Züge sollen hauptsächlich in Russland unter Einbeziehung von russischen Lieferanten und Kooperationspartnern gefertigt werden, die Auslieferung des ersten Zuges ist bis Ende 2007 vorgesehen.

Asien

Das asiatische Eisenbahnnetz hat sich aufgrund der hohen Unterschiede in der Bevölkerungsdichte sehr ungleichmäßig entwickelt. Die erste Eisenbahn des Kontinents verkehrte am 18. November 1852 zwischen Bombay und Thana in Indien. Indien übernahm die Spurweite von 1.676 mm für den weiteren, rasch voranschreitenden Streckenbau. 1861 fuhr im heutigen Pakistan der erste Zug, 1865 in Sri Lanka. Das Streckennetz vergrößerte sich von 1.350 km 1860 über 14.977 km 1880 auf 36.188 km im Jahre 1900.

Im Gegensatz zur englischen Kolonie Indien tat sich das Kaiserreich China im Umgang mit dem neuen Verkehrsmittel sehr schwer. Eine erste, gerade mal 1 km lange 762 mm-Schmalspurbahn in Peking fiel dem Aberglaube zum Opfer und wurde sofort nach der Eröffnung zerstört, eine zweite, 1876 eröffnete Strecke in Shanghai den Briten abgekauft und wieder abgerissen. 1890 gab es erst ein Bahnnetz von 90 km.

Erwähnenswert ist die Entwicklung in Japan. Zwar fuhr auch hier erst am 14. Oktober 1872 zwischen Tokio und Yokohama ein erster Zug und war auch die nachfolgene Entwicklung recht schleppend, so gab es Ende 1900 immerhin schon ein Netz von 5.892 km. Dieses Netz konzentrierte sich allerdings hauptsächlich auf die Hauptinsel Honshū. Mit dem 3.613 m langen Kanmon-Tunnel zwischen Honshū und Kyūshū wurden am 11. Juni 1942 erstmals zwei Inselnetze miteinander verbunden.

Südamerika und Karibik

Datei:Locomotiva copiapo 1851.jpg
Lokomotora Copiapó, erste Eisenbahn in Chile, 1851-1860

Die erste durchgehend dampfgetriebene Eisenbahn 1837-1838 (Lokomotive von der englischen Firma Braithwaite, das Modell entsprach etwa der "Rocket" Stephensons) fuhr auf der karibischen Insel Kuba (zwischen Havanna und den Zentren des Zuckerrohranbaus Bejucal und Güines südöstlich von Havanna), etwa parallel zur ersten deutschen dampfgetriebenen Eisenbahn auf der Strecke Leipzig-Althen. Bis 1853 waren in einer ersten Bauphase alle damals modernsten Zuckerplantagengebiete und die Häfen Havanna, Matanzas und Cárdenas in Westkuba verbunden.

Die erste Eisenbahn auf dem Kontinent fuhr 1851 von Lima in Peru zum dreizehn Kilometer entfernten Seehafen Callao. Diese kurze Strecke geht auf Planungen von Richard Trevithick zurück, der bereits 1817 eine Strecke von Callao in die 4.302 m (!) hoch gelegene Silberbergbaustadt Cerro de Pasco projektierte. Erst 1868 wurden Trevithicks Pläne zur Fortsetzung der Strecke von dem Amerikaner Henry Meiggs wieder aufgegriffen. Zwischen 1851 und 1860 verkehrte die Lokomotora Copiapó in Chile zwischen die Städten Copiapó und Caldera. Diese Strecke ist die zweitälteste Eisenbahnverbindung in Südamerika.

Im September 1892 konnte der erste Zug der Ferrocarril Central Andino von Lima nach Oroya befahren. Diese Bahnlinie war bis 2005 die höchste normalspurige Eisenbahnstrecke der Welt mit einem Scheitelpunkt bei 4781 m ü. NN bei La Galera. Das Bahnnetz der Länder Südamerikas ist eher weitmaschig und lückenhaft.

Eine Ausnahme stellt die Eisenbahn von Argentinien dar, obwohl hier erst am 1. Dezember 1862 zwischen Buenos Aires und Belgrano der erste Zug fuhr. Heute besitzt das Land ein dichtes, von Buenos Aires sternförmig ausgehendes Schienennetz, das aber praktisch nur noch in der Provinz Buenos Aires für den Personentransport benutzt wird.

Australien

Auf dem "fünften Kontinent" wurde ab 1854 Eisenbahnbau betrieben. Etwa zeitgleich wurden in Victoria zwischen Melbourne und Sandridge sowie in Südaustralien zwischen Goolwa und Port Elliot zwei Strecken eröffnet. Erst 1970 wurde die australische, 3.961 km lange Ost-West Verbindung, die unter anderem auf einer 478 km langen Geraden durch die Nullarbor-Wüste verläuft, durchgängig eröffnet. Am 15. Januar 2004 wurde nach hundertjährigen Planungen mit der Strecke Darwin - Adelaide eine weitere große Transkontinentallinie fertiggestellt, diesmal in Nord-Süd-Richtung durch den australischen Kontinent.

Afrika

In vielen afrikanischen Staaten - vor allem in denen, die unter britischer Herrschaft standen - wurden Anfang des 20. Jahrhunderts große Eisenbahnnetze errichtet. Pionierarbeit leistete hier Cecil Rhodes. Mit der Unabhängigkeit der Staaten verlor man jedoch oftmals das nötige Fachwissen, Kriege und Konflikte taten ihr übriges, so dass die meisten Eisenbahnstrecken in Schwarzafrika heutzutage kaum mehr benutzbar sind. Gut ausgebaute Netze haben derzeit lediglich die Länder Südafrika und Marokko.

Militärische Bedeutung

Nach anfänglichem Misstrauen interessierte sich auch das Militär für die Eisenbahn. In der Nähe der Eisenbahnbrücken über die großen deutschen Flüsse wurden auf Veranlassung der preußischen Generalität Festungen angelegt oder erweitert. Dies betraf beispielsweise Köln und Wesel am Rhein, Minden an der Weser, Magdeburg an der Elbe und Küstrin an der Oder. In einer Denkschrift schrieb der preußische Chefinspekteur Ernst Ludwig Aster im Jahre 1844 sinngemäß: [...] dass die unmittelbare Heranführung der Bahn an die Festung meist höchst nachteilige bauliche Anlagen wie Dämme, Einschnitte, Tore bedinge und deshalb aus Gründen der Landesverteidigung die Eisenbahn mindestens außerhalb des zweiten Festungsrayon bleiben, dass sie also mindestens 1.450 m vor der Festung enden solle.

Bei Kriegen wurde die Eisenbahn in die militärischen Aufmarschpläne einbezogen. Während des Krimkriegs zeigte sich erstmals die Notwendigkeit eines gut ausgebauten Eisenbahnnetzes für den schnellen Nachschub. So konnte England auf Grund der bis 1853 schon sehr gut ausgebauten Schienenwege in Mitteleuropa sehr viel schneller Truppen und Munition auf die Krim transportieren als der Kriegsgegner Russland, der den Bahnbau bis zu diesem Zeitpunkt eher vernachlässigt hatte. Im Jahre 1866 brachte der Truppentransport mit der Eisenbahn den Sieg der preußischen Truppen gegen Österreich-Ungarn, ebenso fünf Jahre später gegen Frankreich.

Besonders im Amerikanischen Bürgerkrieg zeigte sich die Überlegenheit derjenigen Kriegspartei, die das zeitgemäßere Streckennetz besaß. Während der Norden bereits ein dichtes System aufgebaut hatte, besaßen die Konföderierten nur ein weitmaschiges und lückenhaftes Eisenbahnnetz, das sich zudem aus unterschiedlichen Spurweiten zusammensetzte. Berühmt wurde der Andrews-Überfall, eine Sabotageaktion bei der eine Gruppe von Unionssoldaten die American-Lokomotive im Bahnhof von Big Shanty bei Atlanta am 12. April 1862 übernahm. Das militärische Ziel war die Eisenbahnbrücken auf der Western and Atlantic Railroad zu zerstören, um so den Nachschub für die belagerte Stadt Chattanooga zeitweilig zu unterbrechen. Nach einer acht Stunden andauernden Verfolgungsjagd wurden die Entführer gestellt und die sieben ranghöchsten Soldaten erschossen.

Eine ganz spezielle Form des Zusammenspieles von Militär und Eisenbahn waren die strategischen Bahnen. Das waren Eisenbahnstrecken, die hauptsächlich zur Erfüllung militärischer Anforderungen gebaut wurden. Solche Strecken verliefen meist fernab jeglicher Besiedlungen und Verkehrsströme und hatten in Krieg und Frieden nur einen geringen Nutzwert. Ein sehr anschauliches Beispiel für den technischen Aufwand einer strategischen Bahn ist die Wutachtalbahn im südlichen Schwarzwald. Im alpinen Hochgebirge wurden dagegen ganze Streckenabschnitte zu Festungsanlagen ausgebaut, wie es zum Beispiel bei der Tendabahn zwischen Frankreich und Italien in den Seealpen und an der Gotthardbahn geschah.

Im Ersten Weltkrieg verhärteten sich innerhalb kürzester Zeit sämtliche Bewegungen im Stellungskrieg, weil sich die kriegführenden Mächte nicht zu weit von den Bahnhöfen als sicherer Position entfernen wollten oder konnten: Die damals verfügbaren Straßenfahrzeuge waren nur in Ausnahmefällen und unter ungeheuren Anstrengungen ("Voie sacrée" bei Verdun) in der Lage, die logistischen Anforderungen der Materialschlachten zu bewältigen.

Basierend aus den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs sollte die Eisenbahn in den deutschen Plänen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges keine derartig fundamentale Rolle mehr spielen. Die Hauptlast von Angriff und des Transport des Nachschubes sollten motorisierte Verbände tragen. In den ersten Kriegsjahren funktionierte dieses Konzept, doch ab dem Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 musste wiederum die Eisenbahn die zunehmenden Entfernungen zur Front überbrücken. Dies gelang nur durch einen Kraftaufwand sondergleichen, beispielsweise mussten von der Kriegslokomotive Baureihe 52 über 6.300 Stück gebaut werden, um dem immensen Transportbedarf Rechnung zu tragen. Während dieses Krieges fuhr die deutsche Eisenbahn mit Menschen vollgestopfte Züge in die Vernichtungslager. In den Fahrplänen erhielten diese Züge das eigene Kurzzeichen Dz, was später als David-Zug interpretiert wurde. Der Transport der Menschen in den sicheren Tod gilt als dunkelstes Kapitel in der Geschichte der Eisenbahn.

Für die US-amerikanischen Eisenbahnen war der Zweite Weltrieg der große Höhepunkt ihrer Geschichte. Seit 1920 und verstärkt seit der Weltwirtschaftskrise bekamen viele Bahngesellschaften auf Grund der zunehmenden Konkurrenz von der Straße wirtschaftliche Probleme. Der Auftrag, Munition und Truppen zu den Häfen zu transportieren, aber auch die Verknappung des Erdöls und die daraus resultierende Einschränkung der Mobilität, führte zu einem enormen Zuwachs im Transportgeschäft.

Nach dem Zweiten Weltrieg begannen viele Bahnen, Dampflokomotiven als strategische Reserve zu halten. So hielt Finnland, das den Dampfbetrieb 1975 aufgab, über Jahre hinaus etwa 250 Dampfloks, die im Falle einer Ölverknappung oder der Zerstörung von Kraftwerken wieder zum Einsatz kommen sollten.

Die Zeit der Verstaatlichungen

Bis etwa 1850 wurde in Europa der Eisenbahnbau nahezu vollständig mit privater Initiative vollzogen. Erst mit der Zeit begann ein Umdenken, da es sich für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, an der die Eisenbahn im 19. Jahrhundert einen Hauptanteil hatte, als nachteilhaft erwies, ausschließlich nach unternehmerischen Gesichtspunkten Eisenbahnen zu betreiben.

Frankreich

Durch seine Eisenbahnpolitik hatte der französische Staat sechs mächtige Monopolgesellschaften großgezogen, welche ihre einflussreiche Stellung den wechselnden Ministerien der Republik gegenüber vortrefflich auszubeuten verstanden, dabei aber den Verkehr schlecht bedienten und einer weiteren Ausbreitung des Netzes durch Anlage wenig rentabler Nebenlinien hinderlich waren. Diese Verhältnisse gaben 1877 dem damaligen Minister Charles de Freycinet den Anstoß zur Einleitung einer Staatseisenbahnpolitik, welche mit dem Ankauf von einigen Tausend Kilometer notleidender kleinerer Bahnen und mit der Aufstellung eines Plans für 16.000 km neuer Hauptbahnen und 40.000 km Nebenbahnen begonnen wurde. Der Ausführung dieses Plans, welcher in wenigen Jahren eine Summe von 6 1/2 Milliarden Franc erfordert haben würde, stellten sich, abgesehen von finanziellen Hindernissen, namentlich auch Schwierigkeiten beim Betrieb entgegen, da die zahlreichen auf Kosten des Staats erbauten kleinen Strecken isoliert innerhalb der größern Privatbahnnetze gelegen waren. Infolgedessen war durch eine Reihe von Verträgen mit den sechs großen Gesellschaften 1884 die Ausführung der im Freycinetschen Bautenplan vorgesehenen Bahnlinien den bestehenden Gesellschaften unter finanzieller Beteiligung des Staats sowie unter gleichzeitiger Verlängerung der den Gesellschaften erteilten Konzessionen auf durchschnittlich 75 Jahre übertragen worden. Diese Verträge hatten die Verwirklichung der Staatsbahnprojekte in unabsehbare Ferne verschoben. Erst am 1. Januar 1938 gelang durch Zusammenschluss der großen Gesellschaften zur SNCF die lang geplante Verstaatlichung.

Siehe auch: Staatsbahn

Internationale Übereinkommen

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Aufschwung des Weltverkehrs das Bedürfnis hervortreten lassen, über gewisse Gegenstände des internationalen Eisenbahnverkehrs eine gleichmäßige Regelung in ähnlicher Weise herbeizuführen, wie sie auf dem Gebiet des Post- und Telegraphenwesens bereits bestanden. In den Jahren 1878 und 1881 fanden in Bern Konferenzen von Vertretern Deutschlands, Österreich-Ungarns, Frankreichs, Russlands, Italiens, Luxemburgs, Belgiens, der Niederlande und der Schweiz zur Beratung eines internationalen Eisenbahnfrachtrechts statt. Aus diesen waren Entwürfe eines internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr nebst Ausführungsbestimmungen sowie eines Reglements, betreffend die Errichtung eines internationalen Eisenbahnzentralamts, hervorgegangen. Die Bestimmungen des Übereinkommens, welche nach dem Abschluss der Konferenz den Regierungen der Einzelstaaten zur weitern Prüfung vorgelegt wurden, schlossen sich im allgemeinen den Vorschriften des deutschen Eisenbahnfrachtrechts an.

Als übernationale Vereinigung wurde am 21. Oktober 1922 in Paris die "Union internationale des chemins de fer" (UIC) gegründet. Sie hat seitdem die Aufgabe, die Betriebsbedingungen der Bahnen zu vereinheitlichen.

Siehe auch: Deutschsprachige WEB Seite des UIC

Geschwindigkeits-Entwicklung

Spitzen-Werte:

  • 1769 Frankreich, Dampfwagen von Cugnot, 3 - 4,5 km/h
  • 1830 England, Liverpool-Manchester, Lokomotive "Rocket", 48 km/h
  • 1848 Frankreich, erste Lok schneller als 100 km/h: 126 km/h
  • 1889 USA, Baltimore, elektrischer Triebwagen erreicht 185 km/h
  • 1903 Deutschland, AEG-Triebwagen mit Drehstromantrieb, 210 km/h
  • 1931 Deutschland, Schienenzeppelin mit Propellerantrieb von Ing. Kruckenberg, 230 km/h
  • 1938 Großbritannien, LNER-Dampflokomotive A4 Pacific "Mallard", bis heute gültiger Rekord für Dampftraktion, 202 km/h
  • 1955, 28. März, Frankreich, SNCF - Elektro-Lok CC 7107 erreicht 331 km/h
  • 1955, 29. März, Frankreich, SNCF - Elektro-Lok BB 9004 erreicht ebenfalls 331 km/h
  • 1981 Frankreich, SNCF, Elektro-Triebzug TGV, 380 km/h
  • 1988 Deutsche Bundesbahn, Elektro-Triebzug ICExperimental, 406,9 km/h
  • 1990 Frankreich, SNCF, Elektro-Triebzug TGV-Atlantique Nr.325, 515,3 km/h

Regelbetrieb:

Siehe auch