Fritz Lattke

Fryco Latk, genannt Fritz Lattke, eigentlich Friedrich Karl Lattke (* 8. Februar 1895 in Neuendorf bei Cottbus; † 9. November 1980 in Weimar) war ein deutscher Maler, Grafiker, Buch-Illustrator und Comics-Zeichner. Er gilt als bedeutender deutscher Landschaftsmaler des 20. Jahrhunderts.

Leben und Werk

Fritz Lattke wurde am 7. Februar 1895 in Neuendorf (heute Gemeinde Teichland, Amt Peitz) als Sohn eines Tischlers geboren. Seine Kinder- und Schulzeit verlebte er in Cottbus.

Frühzeitig wurde Lattkes künstlerisches Talent erkannt. Auf Empfehlung seines Lehrers Gottfried Herzog ermöglichte ihm die Stadt Cottbus ein Stipendium zum Besuch der Kunstgewerbeschule in Berlin (1910). Wehrdienst, erster Weltkrieg und Freikorps brachten eine Unterbrechung in seiner Ausbildung. In jenen Jahren entstanden dennoch viele Bleistiftzeichnungen. Von 1921 bis 1929 studierte er an der Kunsthochschule in Weimar, ab 1925 als Meisterschüler von Walther Klemm und Alexander Olbricht. Hier errang er auch erste künstlerische Erfolge. Seinen Lebensunterhalt bestritt er in dieser Zeit mit Auftragsarbeiten, überwiegend Zeichnungen für Kalender, Zeitschriften und Zeitungen sowie Buchillustrationen. Er arbeitete für mehrere Buch- und Zeitungsverlage. Die Anfang der 1930iger Jahre erschienenen Bildgeschichten für Kinder (Hanni, Fritz und Putzi-Geschichten) zählten zu den ersten deutschen Comics. Lattke galt bald als talentierter Illustrator und Karikaturist. Er selbst hatte an dieser Arbeit jedoch nur wenig Freude. Aus seiner Sicht raubte ihn die für den Broterwerb notwendige Tätigkeit wertvolle Zeit für sein eigentliches Anliegen, dem freien künstlerischen Schaffen. Immer wieder zog es ihn zu Besuchen in seine Niederlausitzer Heimat zurück. Hier suchte und fand er seine Wurzeln, die sein späteres Hauptwerk prägten. Hier lernte er auch niedersorbische Intellektuelle und Künstler kennen, wie den Pfarrer Gotthold Schwela (Bogumil Swjela), die Schriftstellerin Wilhelmine Wittka (Mina Witkojc) sowie den Grafiker und Publizisten Martin Nowak-Neumann (Meto Nowak-Njechornski). 1923 gehörte er zu den Mitbegründern der Vereinigung sorbischer bildender Künstler. Lattke war stets ein unangepasster Zeitgenosse. 1934 wurde er wegen der Verweigerung des Hitlergrußes verhaftet. Mit der Annäherung sorbischer Kulturfunktionäre an das DDR-System nach 1949 konnte er sich ebenfalls nicht anfreunden. Wegen mangelnder sozialistischer Haltung wurde er sowohl aus dem Arbeitskreis sorbischer bildender Künstler als auch aus dem Verband bildender Künstler der DDR ausgeschlossen.

Am 6. Juli 1932 heiratete er die aus einer Weimarer Familie stammende Irmgard Schaeffer. Er wurde in Weimar sesshaft und lebte hier bis zu seinem Tod im Jahre 1980.

Sein Hauptwerk, eine Vielzahl von Landschaftsgemälden, entstand in Weimar. Inspiriert wurden seine Bilder jedoch nahezu ausnahmslos von der herben Schönheit der Niederlausitzer Landschaften. Er wählte überwiegend unspektakuläre Motive: morastige Wege, überschwemmte Äcker, Gräben, sumpfige Wiesen und immer wieder die Teichlandschaften seiner Heimat. Klaus Trende /2/ beschrieb das Werk Lattkes wie folgt: "Weit und still liegen Landschaften …. wie namenlose Sterne. Lichtgetränkte, tiefe Horizonte und darüber ein grenzenloser Himmel, weiche Farben im herbstlichen Dunst, die Sonne über den Wassern, Weiden, Erlengehölz, Wolkenspiel, der Gang übers Land am Karfreitag, Kartoffelfeuer auf dem herbstlichen Feld, Winter, Schneeland, der Wechsel der Jahreszeiten, zartes Mondlicht - das sind malerische Glanzleistungen. Fritz Lattke ist der Bildpoet der Lausitz." In vielen seiner melancholischen Landschaftsbilder ist eine kleine Figur oder Figurengruppe zu entdecken: der einsame Wanderer, Bauern bei der Arbeit oder ein Pferdegespann. Sie sind nicht nur stilistische Elemente, sondern integraler Bestandteil der Gesamtkomposition.

Nahezu ohne Vorbilder und ohne Respekt vor etablierten Kunstrichtungen entwickelte Lattke einen eigenen Stil, den er künstlerisch und handwerklich perfektionierte. In seinen frühen Werken finden sich, ähnlich der Tradition der Freilichtmalerei, nahezu realistische Wiedergaben von Landschaften und Eindrücken. In seinen späteren Bildern setzte er verstärkt künstlerische Effekte ein. Er spielt mit dem Licht, mit Farben und Techniken. Stets war Lattke der Meister der melancholischen Stimmungen. Seine Bilder tragen Züge der Romantik, wirken jedoch nie inszeniert. Ihm war es (wie er einem Freund der Familie, dem späteren Kardinal Meisner, gesteht) daran gelegen, das Göttliche der Schöpfung wiederzuspiegeln, jedoch ungeschönt und kompromisslos.

Zu Lattkes Lebenswerk gehören neben Landschaftsgemälden und Illustrationen eine Annzahl meisterhafter Porträts und Charakterstudien. Sie zeichnen sich nahezu ausnahmslos durch eine außerordentliche Brillanz und Sensibilität aus. Fast kurios muten dagegen seine Reiterbilder an, die er vor allem in den letzten Schaffensjahren malte und die ihm offensichtlich viel Spaß bereiteten.

Schon zu seinen Lebzeiten wurden Fritz Lattkes Werke sehr geschätzt. Der überwiegende Teil seiner Bilder befindet sich in Privatbesitz.

Kunstgeschichtliche Einordnung

Zu Fritz Lattkes künstlerischem Schaffen schreibt Maria Mirtschim /1/: „ Lattkes Landschaftsmalerei der fünfziger Jahre steht in der Tradition, die bei der französischen Landschaftsmalerei („paysage intime“) der Schule von Barbizon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnt. Die Maler aus Barbizon entdeckten die scheinbar anspruchslosen, unspektakulären Motive, die verlassenen Winkel in der Natur: struppige Vegetation, Sturzäcker, Gräben, sumpfige Wasserflächen, überschwemmte Wiesen, zerfurchte Feldwege, Dorfränder… - Motive, die wir in Lattkes Landschaften allenthalben wieder finden. Die aus der unmittelbaren Naturanschauung erwachsene Malerei, wie sie die Maler aus Barbizon am Rande des Waldes von Fontainebleau gepflegt hatten, findet sich vergleichbar bei Fritz Lattke nur in den dreißiger und vierziger Jahren. Die Landschaften der späteren Jahre sind im Atelier komponiert. Er malte sie aus der Erinnerung und verarbeitete das Material älterer Zeichnungen …. Die Details werden nun immer effektvoller behandelt, aber ohne dass sie sich verselbstständigen. …. Die Figuren in den Bildern haben kontrapunktische Bedeutung für die Bildharmonie. …. Eine Goldfärbung der Braun- und Grüntöne und der feine Pinselstrich verleihen den Bildern etwas Kostbares, Altmeisterliches. …. Dieser Eindruck wird nicht allein durch Lattkes brillanten Farbeinsatz hervorgerufen, sondern auch durch seine zeichnerische Perfektion. …. Phänomene des Lichtes und der Atmosphäre rücken bei Lattke seit den fünfziger Jahren in den Vordergrund. …. Die Farbpalette erweitert sich in den sechziger Jahren um die für das Spätwerk des Künstlers typischen intensiven Blautöne. …. Das Spätwerk erfährt eine Steigerung in den gleichnishaften Bildern der letzten Lebensjahre. … Hier wirkt die Bildhaut nervös. Sie erzeugt eine Dramatik, die im sinnlich-symbolischen Bezug zum Ende eines Menschlebens ihre Rechtfertigung findet. .…“

Lebensdaten

  • 1895 am 7.2. in Neuendorf geboren. Taufe am 12.3. in der Peitzer Kirche auf den Namen Friedrich Karl; Vater Johann Lattke, geboren am 30.8.1871 als Sohn des Neuendorfer Kossäten Johann Lattke, war Fabriktischler in Sandow (heute Stadtteil von Cottbus), Mutter Anna Lattke geb. Kobela stammte aus Willmersdorf
  • 1895-1909 die Familie lebt in Cottbus-Sandow, von 1902-1909 Schulbesuch in Cottbus-Sandow
  • 1909 Kunstgewerbeschule Berlin mit Stipendium der Stadt Cottbus
  • 1910-1914 Unteroffiziersvorschule in Annaburg bei Torgau und Unteroffiziersschule in Treptow (Trzebiatow) bei Kolberg (Kolobrzeg)
  • 1914 Unteroffizier in Koblenz
  • 1914-1918 Erster Weltkrieg, Kriegsdienst mit Einsätzen in Frankreich, Polen, Russland* 1918-1920 Freikorps in Westfalen und Weimar
  • 1921-1929 Staatliche Hochschule für bildende Kunst Weimar
  • um 1923 Bekanntschaft mit dem Dissener Pfarrer Gotthold Schwela (Bogumil Swela), der Kontakte zur Schriftstellerin und Publizistin Wilhelmine Wittka (Mina Witkojc) und zum Grafiker und Publizisten Martin Nowak-Neumann (Mercin Nowak-Njechornski) vermittelt
  • seit 1923 Mitglied der ersten Vereinigung sorbischer bildender Künstler
  • 1923 Aufenthalt in Prag
  • 1925-1929 Meisterschüler bei den Professoren Walther Klemm und Alexander Olbricht
  • Ende der 20er Jahre Jugoslawienreise vermittelt von Jaruslav Votruba
  • 30er Jahre regelmäßige Aufenthalte in der Niederlausitz (Bärenbrück) zeichnet und aquarelliert Landschaften
  • 1932 am 6.7. Eheschließung mit Irmgard Schaeffer, der Urenkelin des Weimarer Bürgermeisters
  • 1932 Italienreise
  • 1934 im Juni Verhaftung in Bärenbrück, wird der Verweigerung des Hitlergrußes und der Spionage beschuldigt, Freilassung aus Cottbuser Haft aus Mangel an Beweisen
  • 1936 Geburt des Sohnes Joachim
  • 1939 Geburt der Tochter Elisabeth
  • 1939-1945 aufgrund einer Verletzung aus dem ersten Weltkrieg kriegsuntauglich; Aufenthalte im Spreewald
  • 1941 beginnt Niederlausitzer Landschaften in Öl zu malen
  • 1945 Wohnung und Atelier in der Weimarer Kaiserin-Augusta-Strasse (heute Steubenstrassee) fallen dem Bombenangriff zum Opfer, Umzug in das Gartenhaus Ibsenstrasse
  • 1945 Treffen mit Gotthold Schwela (Bogumil Swjela und Wilhelmine Wittka (Mina Witkojc) in Weimar
  • seit 1948 Mitglied des neugegründeten Arbeitskreises sorbischer bildender Künstler
  • 1950-1952 Lehrer für Ornamentik an der Berufsschule für Malerhandwerk Buxtehude
  • 1951 im Februar/März Teilnahme an einem vierwöchigen Kurs des Arbeitskreises sorbischer bildender Künstler in Bautzen und Crosta, der eine sorbische Sprachweiterbildung einschloss
  • 1954 Ausschluß aus dem Arbeitskreis sorbischer bildender Künstler; aus Solidarität erklären die Maler Conrad Felixmüller und Carl Noack ihren Austritt
  • 1965 Ausschluß aus dem Verband Bildender Künstler der DDR
  • 1975 Bekanntschaft mit Joachim Meisner, Weihbischof von Berlin, heute Kardinal und Erzbischof von Köln, zuletzt wichtigster Gesprächspartner für Fritz Lattke
  • 1980 Kunstpreis der Domowina
  • 1980 am 9.11 in Weimar verstorben, Beisetzung auf dem Friedhof Weimar

Ständige Ausstellungen

Personalausstellungen

  • 1995 Sorbisches Museum Bautzen
  • 2005 Wendisches Museum Cottbus

Ehrungen

Werke

Das offizielle Werkverzeichnis /1/ (dass jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt) umfasst mit Stand 2005 ca. 600 Werke, darunter nahezu 500 Ölgemälde.

Illustrationen

(Aufzählung nicht vollständig)

  • 1920 Zeitung „Berliner Morgenpost“,(Federzeichnungen)
  • 1920/21 Zeitschrift „Der lustige Sachse“ (Federzeichnungen)
  • 1921/22 Zeitung „Der Cottbuser Anzeiger“ Verlag Albert Heine, Cottbus (Federzeichnungen)
  • 1921/22 Zeitung „Die Jugend“ (Federzeichnungen)
  • 1922 Entwurf der Mitgliedskarte der Domowina
  • 1923-31 Kreiskalender Cottbus, Calau, Spremberg (Titelgestaltung)
  • 1923-32 Kreiskalender Cottbus, Calau, Spremberg (Monatsbilder)
  • 1925 Karl Hahn „ Wie unse Leite ween und lachn. Allerlei in Lausitzer Mundart“ in Lausitzer Heimat-Bücher, Band I, Verlag Albert Heine, Cottbus (6 Zeichnungen (Feder, Pinsel laviert)
  • 1929 Mato Kosyk „Pesne I. zel“ in der Reihe „Dom a swet“, Schmalers Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung, Bautzen (3 Federzeichnungen)
  • 1930 Mato Kosyk „Pesne II. zel“ in der Reihe „Dom a swet“, Schmalers Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung, Bautzen (3 Federzeichnungen)
  • 1930 Zeitschrift „Motor und Sport“, Vogelverlag Pößneck
  • 1931 Zeitschrift „Motor und Sport“, Vogelverlag Pößneck
  • 1933 Zeitung „Thüringer Allgemeine Zeitung“, Hanni-Fritz und Putzi-Geschichten (diese Geschichten waren wie die heutigen Comics angelegt: kleine fortlaufende Bildfelder mit Untertexten bzw. Sprechblasen – ab 1934 in Buchform)
  • 1934 Joachim Rohde „100 der schönsten Hanni-Fritz und Putzi-Geschichten“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt
  • 1936 Joachim Rohde „Vier treue Freunde“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfur(736 Federzeichnungen)
  • 1937 Joachim Rohde „Zu viert um die Welt“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt (62 colorierte Federzeichnungen)
  • 1938 Joachim Rohde „Der Große Anfang“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt (87 meist colorierte Federzeichnungen)
  • 1938 Joachim Rohde „Alpenreise zu viert“ , Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt (60 colorierte Federzeichnungen)
  • 1939 Joachim Rohde „Da ist was geschehen“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt (60 colorierte Federzeichnungen)
  • 1939 Joachim Rohde „Putzis Freud und Leid“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt (83 meist colorierte Federzeichnungen)
  • 1940 Joachim Rohde „Zu viert in Wald und Feld“, Gebrüder Richter Verlagsanstalt Erfurt (97 meist colorierte Federzeichnungen)
  • 1945 Zeitung „Weimarer Zeitung“, Kinderseite
  • 1951 Jonathan Swift „Guliwer pola palcikow“, Verlag Volk und Wissen Berlin/Leipzig
  • 1952 Johannes Sittauer „Eine Handvoll Kirschen und andere Jugendgeschichten“, Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 14 Federzeichnungen)
  • 1953 Mato Kosyk „Wubjerk z jogo leriki“, Domowina.Verlag Bautzen (6 Federzeichnungen)
  • 1954 Herta Fischer „Bärbel und die Sechs B“, Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 24 Federzeichnungen)
  • 1954 Rudolf Weiß „ Das Geheimnis der schwimmenden Insel“, Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 25 Federzeichnungen)
  • 1955 Annelies Böer „Der Satz an der Tafel“ Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 22 Federzeichnungen)
  • 1957 Hans-Günter Krack „Die Geschichte vom neidischen Dorle“ Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 24 Federzeichnungen)
  • 1957 Hans-Günter Krack „Rainer und die Puppenmutter“ Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 30 Federzeichnungen)
  • 1957 Heinrich Seidel Das Zauberklavier und andere Märchen“ Verlag Gebrüder Knabe, Weimar (Titelzeichnung und 27 Federzeichnungen)

Literatur

  • /1/ Boqusz, Christina; Krautz, Alfred; Kliem, Christina; Mirtschin, Maria: "Fritz Lattke-Fryco Latk"; Publikation anlässlich des 100.Geburtstages von Fritz Lattke 1995, 2. Auflage 2005; Domowina-Verlag Bautzen
  • /2/ Trende, Klaus: Artikel in der "Lausitzer Rundschau" vom 22. Juni 2005
  • /3/ Liersch, Dora und Heinrich: Fritz Lattke – ein Maler der Spreewaldlandschaft. Cottbuser Heimatkalender 1993