Deutschland-Klasse (1933)

Admiral Graf Spee
Admiral Graf Spee
Übersicht
TypSchwerer Kreuzer
EinheitenDeutschland
Admiral Scheer
Admiral Graf Spee
Bestellung30. März 1928 (Genehmigung durch den Reichstag)
AuslieferungApril 1932 bis Januar 1936
1. DienstzeitFlagge
Dienstzeit

1932–1945

Technische Daten
Details der technische Daten siehe einzelne Schiffe
Bewaffnung
  • 6 × 28-cm-SKC/28-L/52
    in 2 Drillingstürmen
  • 8 × 15-cm-SKC/28-L/55
    in Einzeltürmen
  • 6 × 10,5-cm-SKC/33-L/65 FlaK
    (3 Doppellafetten)
  • 8 × 3,7-cm-SKC/30-L/83Fla-MK
    (4 Doppellafetten)
  • 8 × 53,3-cm-Torpedorohre
    in 2 Vierlingssätzen
    (anfangs 50 cm)
2 Wasserflugzeuge
(1 Katapult)

bis 1939: Heinkel He 60D,
ab 1939: Arado 196

Bei der Deutschland-Klasse handelt es sich um drei Kriegsschiffe, die Deutschland unter den Beschränkungen des Versailler Vertrags baute. In der deutschen Reichsmarine und Kriegsmarine wurde für die Schiffe der Deutschland-Klasse in Anlehnung an das im Vertrag verwendete französische Wort cuirassé (gepanzertes Schiff) zuerst die Typansprache Panzerschiff gebraucht.[A 1] Am 15. Februar 1940 wurde die Typansprache jedoch in Schwerer Kreuzer geändert. Zur Zeit ihrer Konstruktion wurden sie von Beobachtern in England wegen ihrer vergleichsweise geringen Größe und starken Artillerie als Westentaschenschlachtschiffe (pocket battleships) bezeichnet.

Vorgeschichte

Situation nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden im Versailler Vertrag strenge Obergrenzen für die deutsche Marinerüstung festgelegt. Die Deutschland zugestandene begrenzte Anzahl von Linienschiffen veralteten Typs (vgl. Linienschiffe der Reichsmarine) durfte nur durch gepanzerte Schiffe mit nicht mehr als 10.000 ts (entspricht 10.160 metrischen Tonnen) Standardverdrängung ersetzt werden. Zum Vergleich: im Washingtoner Flottenabkommen einigten sich die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan auf eine Begrenzung von 35.000 tons Standardverdrängung und 40,6 cm Kaliber für Schlachtschiffe. Die Begrenzung auf 10.000 Tonnen entsprach hingegen derjenigen des Washingtoner Vertrages für die Schiffsklasse der Schweren Kreuzer (sog. Washington-Kreuzer).

Nach mehreren Vorentwürfen entschied man sich für ein Schiff mit 6 x 28-cm-Geschützen in zwei Drillingstürmen und mit Dieselmotorantrieb, der eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 28 kn in Verbindung mit einer überdurchschnittlich hohen Reichweite ermöglichte. Die Panzerung betrug seitlich bis zu 80 mm und auf Deck 30–45 mm. Die Schiffe entsprachen bezüglich ihrer (offiziellen) Größe den Schweren Kreuzern anderer Marinen, jedoch war deren Bewaffnung auf Geschütze von 20,3 cm begrenzt.

Innenpolitische Widerstände

Der von der Marineleitung unter Hans Zenker geforderte Bau war mehr ein Prestigeprojekt als militärisch sinnvoll. Am 30. März 1928 wurde im Reichstag gegen die Stimmen der oppositionellen SPD und KPD die erste Rate für den Bau der ersten Einheit (Panzerschiff A) in Höhe von 9,3 Millionen Reichsmark in den Reichshaushalt aufgenommen. Der Reichsrat unter Führung Preußens vertagte jedoch die endgültige Entscheidung darüber. Wegen der hohen Kosten wurde der Bau von der SPD im Reichstagswahlkampf 1928 scharf kritisiert. Nach der Wahl stimmten die Kabinettsmitglieder der SPD jedoch dem Bau zu, nachdem Reichswehrminister Groener, der über den Rückhalt des Reichspräsidenten verfügte, seinen Rücktritt angedroht hatte. Die Reichstagsfraktion war aber weiterhin gegen den Bau und unterwarf die zugehörigen Kabinettsmitglieder der Fraktionsdisziplin. Ein Antrag der SPD-Fraktion, den Bau einzustellen, fand in einer Abstimmung am 16. November 1928 dank der Stimmen der DNVP keine Mehrheit im Reichstag. Die KPD startete ein Volksbegehren gegen den Bau, das aber mit nur 1,2 Millionen Ja-Stimmen scheiterte.

Außenpolitische Wirkung

Die Briten nannten die drei Schiffe dieser Klasse Pocket Battleships (Westentaschen-Schlachtschiffe), da ihre schwere Artillerie von sechs 28-cm-Geschützen der der Schweren Kreuzer weit überlegen und der vieler älterer Schlachtschiffe ebenbürtig war. Als Reaktion auf die Panzerschiffe baute Frankreich die zwei Schlachtschiffe der Dunkerque-Klasse, und es kam zu einer Welle von neuen Schlachtschiffbauten.

Konstruktionsmerkmale

Außergewöhnlich war der Antrieb bei der Deutschland-Klasse. Erstmals wurde für Kampfschiffe dieser Größe ein Dieselantrieb verwendet. Jeweils ein Verbund von vier Dieselmotoren trieb über ein Vulkan-Getriebe je eine Schraubenwelle an. Bei dem Motor selbst handelte es sich um acht parallel geschaltete 9-Zylindermotoren von MAN, die bei 450 Umdrehungen je 6.750 PS leisteten. Entgegen erster Bedenken soll sich der Motortyp gut bewährt haben; vor allem die gefürchteten Vibrationen hielten sich in Grenzen. Ein großer Vorteil war die höhere Reichweite, die Gewichtseinsparung und die einfachere Wartung gegenüber den komplizierten Dampfturbinen. Vor allem die Hochdruck-Heißdampfanlagen der Admiral-Hipper-Klasse fielen hier negativ auf. Der Dieselantrieb schien gar so erfolgversprechend zu sein, dass fast alle im Z-Plan vorgesehenen neuen Schiffe damit ausgerüstet werden sollten, sogar die geplanten Schlachtschiffe der H-Klasse.

Durch die Begrenzung auf max. 10.160 Tonnen war man gezwungen, möglichst viel Gewicht einzusparen. Neben der Verwendung von Aluminiumlegierungen in einigen Bereichen im Schiff wurde z. B. der gesamte Schiffskörper geschweißt, wodurch das zusätzliche Gewicht der sonst üblichen Verbindung durch Nieten wegfiel. Beim Nieten müssen die Stahlplatten überlappend angeordnet werden, während Schweißen eine Verbindung an den Kanten ermöglicht. Die Panzerung wurde in die Tragkonstruktion des Rumpfes einbezogen, so dass sie nicht nur zum Schutz, sondern auch zur Festigkeit des Schiffskörpers beitrug. Die Schiffe waren für einige Jahre schneller als jedes stärkere und stärker als jedes schnellere Schiff, mit Ausnahme der allerdings erheblich schwereren vier japanischen Schlachtkreuzer der Kongō-Klasse und der drei britischen Schlachtkreuzer Hood, Renown und Repulse. Insbesondere die Schweren Kreuzer der anderen Marinen waren von dieser neuen Entwicklung betroffen, da sie bei vergleichbarer Größe nicht stärker gepanzert waren und mit ihrer 20,3 cm Artillerie weder in der Reichweite noch an Durchschlagskraft den 28 cm Geschützen etwas entgegensetzen konnten.

Neben dem größeren Kaliber kam bei der Deutschland-Klasse eine neue Geschützturmkonstruktion zum Einsatz, die es erlaubte, das mittlere Rohr der Drillingstürme (drei Geschützrohre nebeneinander) in beliebiger Position nachzuladen. Bis dahin war ein Nachteil von Drillingstürmen, dass sie nach der Salve zum Nachladen in die Nullposition zurückgedreht werden mussten. Diese technische Änderung bedeutete eine deutlich höhere Schussfrequenz als bei konventionellen Kreuzern. Diese Innovation gehörte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu den bestgehüteten militärischen Geheimnissen Deutschlands.

Unterscheidung der Schiffe
Die Admiral Scheer während des Spanischen Bürgerkriegs in Gibraltar

Die Deutschland unterschied sich von Admiral Scheer und Admiral Graf Spee hauptsächlich durch drei auffallende Merkmale:

  • Sie hatte von Anbeginn einen röhrenförmigen Turmmast (Admiral Scheer erst nach dem Umbau 1939/1940, Admiral Graf Spee gar nicht)
  • Die eigentliche Kommandobrücke war halbkreisförmig, das Entfernungsmessgerät saß auf dem Dach der Brücke unmittelbar vor dem Turmmast
  • Das Flugzeugkatapult war zwischen Turmmast und Schornstein (bei den Schwesterschiffen hinter dem Schornstein)

Die Unterscheidung zwischen Admiral Scheer und Admiral Graf Spee kann vor allem am Turmmast vorgenommen werden:

  • Wegen des Sieges des Namensgebers trug die Admiral Graf Spee vor Kriegsbeginn auf halber Höhe des Turmmastes ein Schild mit der Aufschrift Coronel, während jener der Admiral Scheer ohne Schild blieb.
  • Nach dem Umbau hatte die Admiral Scheer ebenfalls einen Röhrenmast, dessen Aufbauten jedoch eckiger als jene der Deutschland blieben.

Einheiten

Von der Deutschland-Klasse wurden drei Schiffe gebaut. Eine zweite Bauserie mit zwei vergrößerten Schiffen wurde 1934 auf Kiel gelegt, aber wenig später wurde ein Baustopp verfügt und die bereits begonnenen Schiffe abgebrochen. Diese wurden 1935, unter den Bedingungen des deutsch-britischen Flottenabkommens, erneut begonnen und als Schlachtschiffe Scharnhorst und Gneisenau fertiggestellt.

Das Typschiff Deutschland

Die im April 1933 in Dienst gestellte Deutschland wurde am 15. November 1939 in Lützow umbenannt. Dieses geschah zum einen aus psychologischen Gründen, da Hitler nicht wollte, dass ein Schiff mit dem Namen Deutschland untergehen könnte, aber auch, um den Verkauf des Schweren Kreuzers Lützow der Admiral-Hipper-Klasse an die Sowjetunion zu verschleiern.

Panzerschiff Admiral Scheer

Die Admiral Scheer wurde als zweites Schiff im November 1934 in Dienst gestellt. Im Winter 1939/40 wurde ein umfangreicher Umbau vorgenommen: Das Vorschiff wurde verlängert und bekam einen größeren Spantenausfall. Außerdem wurde der große Gefechtsturm über der Brücke ausgebaut und durch einen schlanken Röhrenmast ersetzt, um das Aussehen des Schiffes an das der Lützow anzugleichen. Im Februar 1940 wurde die Admiral Scheer wie die Lützow zum Schweren Kreuzer umklassifiziert.

Panzerschiff Admiral Graf Spee

Als letztes Schiff der Klasse kam im Januar 1936 die Admiral Graf Spee in den Dienst der Kriegsmarine. Im Dezember 1939 wurde das Schiff auf Befehl des Kommandanten Hans Langsdorff, der die Lage als aussichtslos betrachtete und seine Mannschaft schonen wollte, in der Mündung des Río de la Plata vor Montevideo von der eigenen Mannschaft versenkt.

Anmerkungen

  1. Das französische cuirassé bezeichnet jedes gepanzerte Schiff. Mit der Typansprache Panzerschiff war nicht das spezielle „Panzerschiff“ des 19. Jahrhunderts gemeint. Es bestand kein historischer oder technischer Zusammenhang.

Literatur

  • Gerhard Koop, Klaus-Peter Schmolke: Die Panzerschiffe der Deutschland-Klasse. Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1993, ISBN 3-7637-5919-0.
  • Jochen Brennecke, Theodor Krancke: Schwerer Kreuzer Admiral Scheer, Köhlers Verlagsges., ISBN 3-7822-0831-5.
  • Werner Rahn: Marinerüstung und Innenpolitik einer parlamentarischen Demokratie – das Beispiel des Panzerschiffes A 1928. In: Die deutsche Marine – Historisches Selbstverständnis und Standortbestimmung. Schriftenreihe Deutsches Marine Institut, Deutsche Marine-Akademie, Bd. 4, Herford und Bonn 1983, S.53ff, ISBN 3-8132-0157-0.