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Ganser besuchte eine [[Waldorfschule]] und studierte ab 1992 an den Universitäten [[Universität Basel|Basel]] und [[Universität von Amsterdam|Amsterdam]] Internationale [[Zeitgeschichte]], [[Antike|Antike Geschichte]], [[Philosophie]] und [[Anglistik]].


Nach seinem [[Lizenziat]] 1998 war Ganser von 2001 bis 2003 ''Senior Researcher'' beim wirtschaftsliberalen Think Tank [[Avenir Suisse]], zuständig für Wirtschaftsgeschichte und Politikgeschichte. Er leitete die Kampagne von Avenir Suisse zum Beitritt der Schweiz zur [[Vereinte Nationen|UNO]]. Von 2003 bis 2006 war Ganser ''Senior Researcher'' am ''Center for Security Studies'' der [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|ETH Zürich]] und forschte in Zusammenarbeit mit dem [[Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten|Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA)]] zum Einfluss der [[Globalisierung]] auf die [[Menschenrechte]]. Von 2007 bis 2010 leitete Ganser am Historischen Seminar der Universität Basel das Forschungsprojekt „Peak Oil“ zum globalen Kampf um [[Erdöl]] und zur [[Versorgungssicherheit]] der Schweiz. Er ist nach Eigenangaben Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsverbandes ''Swisscleantech''.<ref>[http://www.danieleganser.ch/biographie.html?lang=de Daniele Ganser: Lebenslauf]</ref>
Nach seinem [[Lizenziat]] 1998 war Ganser von 2001 bis 2003 ''Senior Researcher'' beim wirtschaftsliberalen Think Tank [[Avenir Suisse]], zuständig für Wirtschaftsgeschichte und Politikgeschichte. Er leitete die Kampagne von Avenir Suisse zum Beitritt der Schweiz zur [[Vereinte Nationen|UNO]]. Von 2003 bis 2006 war Ganser ''Senior Researcher'' am ''Center for Security Studies'' der [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|ETH Zürich]] und forschte in Zusammenarbeit mit dem [[Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten|Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA)]] zum Einfluss der [[Globalisierung]] auf die [[Menschenrechte]]. Von 2007 bis 2010 leitete Ganser am Historischen Seminar der Universität Basel das Forschungsprojekt „Peak Oil“ zum globalen Kampf um [[Erdöl]] und zur [[Versorgungssicherheit]] der Schweiz. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsverbandes ''Swisscleantech''.<ref>[http://www.danieleganser.ch/biographie.html?lang=de Daniele Ganser: Lebenslauf]</ref><ref>[http://www.swisscleantech.ch/verband/organisation/wissenschafts-beirat/ Swisscleantech: Wissenschafts-Beirat]. Abgerufen am 17. Juni 2015.</ref>


2011 gründete er das ''Swiss Institute for Peace and Energy Research'' (SIPER), das er seitdem leitet. Nach eigener Darstellung untersucht das SIPER den globalen Kampf um Erdöl und das Potential von [[Erneuerbare Energien|erneuerbaren Energien]] und setzt sich für das Ausleuchten von [[Propaganda|Kriegspropaganda]] und gewaltlose Konfliktlösungen ein. Seit 2011 ist Ganser Dozent an der Universität Basel und unterrichtet in dieser Funktion einen Tag im Jahr im Studiengang „Interdisziplinäre Konfliktanalyse und Konfliktbewältigung“. Seit 2012 ist Ganser ausserdem Dozent an der [[Universität St. Gallen]] und unterrichtet zusammen mit [[Rolf Wüstenhagen]] das Modul „Geschichte und Zukunft von Energiesystemen“.
2011 gründete er das ''Swiss Institute for Peace and Energy Research'' (SIPER), das er seitdem leitet. Nach eigener Darstellung untersucht das SIPER den globalen Kampf um Erdöl und das Potential von [[Erneuerbare Energien|erneuerbaren Energien]] und setzt sich für das Ausleuchten von [[Propaganda|Kriegspropaganda]] und gewaltlose Konfliktlösungen ein. Seit 2011 ist Ganser Dozent an der Universität Basel und unterrichtet in dieser Funktion einen Tag im Jahr im Studiengang „Interdisziplinäre Konfliktanalyse und Konfliktbewältigung“. Seit 2012 ist Ganser ausserdem Dozent an der [[Universität St. Gallen]] und unterrichtet zusammen mit [[Rolf Wüstenhagen]] das Modul „Geschichte und Zukunft von Energiesystemen“.

Version vom 17. Juni 2015, 12:49 Uhr

Datei:Daniele Ganser ASPO GV 2008.jpg
Daniele Ganser, 2008

Daniele Ganser (* 29. August 1972 in Lugano) ist ein Schweizer Historiker. Er wurde mit seiner 2005 publizierten Dissertation über „NATO-Geheimarmeen“ bekannt und veröffentlicht unter anderem Untersuchungen zum globalen Fördermaximum von Erdöl. Er greift Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 auf und stellt sie als diskutable wissenschaftliche Erklärungen dar.

Leben

Ganser besuchte eine Waldorfschule und studierte ab 1992 an den Universitäten Basel und Amsterdam Internationale Zeitgeschichte, Antike Geschichte, Philosophie und Anglistik.

Nach seinem Lizenziat 1998 war Ganser von 2001 bis 2003 Senior Researcher beim wirtschaftsliberalen Think Tank Avenir Suisse, zuständig für Wirtschaftsgeschichte und Politikgeschichte. Er leitete die Kampagne von Avenir Suisse zum Beitritt der Schweiz zur UNO. Von 2003 bis 2006 war Ganser Senior Researcher am Center for Security Studies der ETH Zürich und forschte in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) zum Einfluss der Globalisierung auf die Menschenrechte. Von 2007 bis 2010 leitete Ganser am Historischen Seminar der Universität Basel das Forschungsprojekt „Peak Oil“ zum globalen Kampf um Erdöl und zur Versorgungssicherheit der Schweiz. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsverbandes Swisscleantech.[1][2]

2011 gründete er das Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER), das er seitdem leitet. Nach eigener Darstellung untersucht das SIPER den globalen Kampf um Erdöl und das Potential von erneuerbaren Energien und setzt sich für das Ausleuchten von Kriegspropaganda und gewaltlose Konfliktlösungen ein. Seit 2011 ist Ganser Dozent an der Universität Basel und unterrichtet in dieser Funktion einen Tag im Jahr im Studiengang „Interdisziplinäre Konfliktanalyse und Konfliktbewältigung“. Seit 2012 ist Ganser ausserdem Dozent an der Universität St. Gallen und unterrichtet zusammen mit Rolf Wüstenhagen das Modul „Geschichte und Zukunft von Energiesystemen“.

Gansers Forschungsschwerpunkte sind nach eigenen Angaben internationale Zeitgeschichte ab 1945, verdeckte Kriegsführung, Geopolitik, Nachrichtendienste, Spezialeinheiten, Peak Oil, Ressourcenkriege, Globalisierung und Menschenrechte.

Verdeckte Kriegführung

2000 erschien Gansers Buch Reckless Gamble (deutsche Ausgabe 2006), mit dem er sein Lizenziat erworben hatte. Darin beschrieb er die Tätigkeiten der CIA gegenüber den Vereinten Nationen in der Kuba-Krise von 1962 als Sabotage des UN-Sicherheitsrates und der UN-Generalversammlung durch verdeckte Kriegsführung. Der bekannte Kritiker der US-Politik Noam Chomsky verwies auf Gansers Buch in seiner eigenen Darstellung der Kubakrise.[3]

Nach seinen Angaben empfahl der US-Schriftsteller William Blum Ganser Operation Gladio als Anschlussthema für seine angestrebte Promotion.[4] Ab 1998 forschte er an der Universität Basel und an der London School of Economics and Political Science zum Thema NATO-Geheimarmeen und inszenierter Terrorismus in Europa im Kalten Krieg. Im September 2001 promovierte er in Basel darüber. Nach seinen Angaben unterstützte Noam Chomsky ihn laufend bei der Fertigstellung der Doktorarbeit.[5] Ein Interview mit Ganser zum Thema seiner Doktorarbeit erschien 2012 neben einem Interview mit Noam Chomsky in einer Interviewsammlung zum Thema Staatsterrorismus der USA.[6]

Im Juli 2014 hielt Ganser einen Vortrag über „verdeckte Kriegsführung“ bei der von Ivo Sasek gegründeten Anti-Zensur-Koalition (AZK). Dabei gab er an, er habe Sasek nicht gekannt und nicht gewusst, dass dieser zuvor auch Holocaustleugner wie Sylvia Stolz und Bernhard Schaub auftreten liess.[7]

NATO-Geheimarmeen

2005 veröffentlichte Ganser seine Doktorarbeit über NATO-„Geheimarmeen“. Ausgehend von freigegebenen Dokumenten zur italienischen Stay-behind-Organisation „Gladio“ belegte er zunächst die Existenz von weiteren Stay-behind-Gruppen in Westeuropa, die im Falle einer sowjetischen Invasion einen Guerillakrieg führen sollten. Er versuchte zudem den Nachweis, dass diese Gruppen von zwei NATO-Ausschüssen koordiniert worden und einige an Staatsterrorismus beteiligt gewesen seien. Das Buch wurde in zehn Sprachen übersetzt und erschien 2008 auch auf Deutsch.

Der dänische Historiker Peer Henrik Hansen[8] kritisierte Gansers Buch 2005 als journalistisch und teilweise verschwörungstheoretisch. Ganser behaupte eine Verschwörung der westlichen Regierungen und ihrer Geheimdienste, vor allem CIA und MI6, mit den NATO-Geheimarmeen. Deren Existenz sah Hansen als bewiesen an; fehlende Primärquellen dafür führte er auch auf die fortdauernde Geheimhaltung westlicher Staaten zurück. Hansen kritisierte aber Gansers Umgang mit Sekundärquellen: Er habe hauptsächlich Presseberichte und Politikeraussagen verwendet, ohne Desinformation auszuschliessen und seine Methodik zu erläutern. Laut den herangezogenen Zeugenaussagen hätten Geheimdienstvertreter in den NATO-Gremien kein Stimmrecht gehabt. Eine von Gansers Hauptquellen, ein US-Armeehandbuch, sei seit 1976 als Fälschung des KGB enttarnt worden. Viele Stay-Behind-Truppen seien aus Freiwilligenverbänden hervorgegangen und nicht von US-Geheimdiensten, sondern den späteren NATO-Mitgliedsstaaten gegründet worden. Trotz unbestreitbarer Verbrechen einzelner Geheimtruppen könne man sie nicht alle als Terroristen darstellen.[9] In seiner Dissertation hatte Ganser einen Zeugen zitiert, der eine Beteiligung der dänischen Gladio-Einheit Absalon an Terroranschlägen ausschloss.[10] Zum US-Handbuch erklärte er 2008, US-Geheimdienstmitarbeiter hätten ihm dessen Echtheit mündlich bestätigt.[11]

Der Historiker Olav Riste, der seit 1970 zum Stay-behind-Netz in Norwegen forscht, kritisierte 2005 Gansers Hauptthese, die Stay-behind-Gruppen seien ein verschwörerisches Netzwerk gewesen, das überwiegend von Rechtsextremisten infiltriert gewesen sei und terroristische Akte ausgeführt habe. Ganser habe die Aussagen seiner Quellen (darunter Riste selbst) mehrfach verzerrt wiedergegeben und gebe viele unbelegte Vorwürfe als historische Tatsachen aus. Riste räumte jedoch ein, dass man nur schwer zuverlässige Dokumente zur Thematik erhalte.[12] Ganser kritisierte 2007 seinerseits: Riste schliesse sämtliche Terroranschläge von Stay-behind-Gruppen in NATO-Staaten implizit aus. Er verwerfe wertvolle Quellen wie Aussagen von Journalisten und ehemaligen NATO-Offizieren als unzuverlässig und begrenze seine Forschung auf Norwegen.[13] In einem Aufsatz von 2014 ging Riste ausführlich auf Gansers Dissertation ein: Sie habe dem finsteren Bild eines von der CIA gelenkten, zur Zerstörung linker Oppositionsgruppen gebildeten Stay-behind-Netzwerks in ganz Westeuropa akademischen Respekt verschafft. Ganser gebe jedoch keine kritische Übersicht über sein Quellenmaterial und versuche nirgends, die von ihm zitierten Quellen einzuordnen. Er scheine alle gedruckt erschienenen Aussagen, Bücher, Zeitungsartikel oder Interviews, unterschiedslos als Belege zu akzeptieren. Seine Behauptung, Stay-behind-Gruppen seien an Terrorakten beteiligt, sei nie untermauert, sondern von Untersuchungsausschüssen und reputablen Historikern in Italien und Belgien verworfen worden. Seine These, CIA und MI6 hätten die Stay-behind-Gruppen geschaffen, sei falsch: Einige Staaten Westeuropas hätten solche Gruppen zu ganz verschiedener Zeit aus je besonderen nationalen Anliegen heraus gebildet (S. 50). Deren patriotische Mitglieder wären nicht von aussen lenkbar gewesen. Bei der Bildung des Atlantic Pact Clandestine Committee (ACC) hätten die USA die Unabhängigkeit der nationalen Teilnehmer Westeuropas garantieren müssen: Das schliesse Gansers These von zentral gelenkten „NATO-Geheimarmeen“ aus (S. 52). Nach den verfügbaren Dokumenten hätten die Teilnehmerstaaten des ACC in den 1970er Jahren Sabotage ausgeschlossen, Waffendepots reduziert, aufgelöst oder ihrer eigenen Armee unterstellt und die Unabhängigkeit des ACC vom NATO-Oberkommando bewahrt (S. 58).[14]

Der Historiker Gregor Schöllgen kritisiert im Jahr 2009 die Quellenbasis der Dissertation: Ganser stütze sich zu der deutschen Stay-behind-Truppe lediglich auf ein vierseitiges Papier der Bundesregierung aus dem Jahr 1990 und habe „nicht einmal im Falle der Vereinigten Staaten“ „in nennenswertem Maße auf unbekanntes Material zurückgreifen“ können. Schöllgen beurteilt das von Ganser über Stay-behind-Gruppen Zusammengetragene zwar als „in der Gesamtschau bemerkenswert“, das tatsächliche Ausmass der Stay-behind-Aktivitäten werde aber „nicht selten grotesk überzeichnet“. Während Ganser von „geheimen deutschen Nazi-Stay-behind-Armeen“ in Divisionsstärke ausgehe, sprächen andere für die 1960er Jahre von weniger als 100 hauptamtlichen BND-Mitarbeitern und etwa 500 Helfern.[15]

Ganser hatte 2005 auch den Mord an dem entführten italienischen Politiker Aldo Moro im Jahr 1978 für seine These von Staatsterrorismus „Gladios“ in Italien herangezogen. 2006 erschien neue Forschung dazu. Der Historiker Karl Schellhass berichtete 2007 darüber und hinterfragte, „ob die These von Daniele Ganser, dass der rechte Terrorismus in Italien durch die NATO und die CIA exzessiv instrumentalisiert und manipuliert wurde, ebenso einer Analyse standhalten würde“, wie sie der italienische Historiker Vladimiro Satta 2006 für Moro vorgelegt hatte.[16]

Der Historiker Tobias Hof lobte 2009, dass Ganser die verstreuten verfügbaren Informationen über geheime NATO-Einheiten akribisch zusammengetragen und zugänglich gemacht habe. Damit habe er die seit langem bekannten, aber von der NATO nie bestätigten Geheimarmeen wissenschaftlich erwiesen. Ganser spekuliere aber trotz seiner fehlenden Einsicht in relevante Aktenbestände über die Beteiligung dieser NATO-Einheiten an Terroranschlägen. Dabei stütze er sich unkritisch auf unzuverlässige Quellen (Presse, Zeugenaussagen, umstrittene Untersuchungsberichte). Ihm unterliefen immer wieder historische Falschangaben. Im Fall von Aldo Moro übernehme er ausschliesslich durch aktuelle Forschung schon widerlegte Verschwörungsthesen. Er unterstelle eine Beteiligung von Gladio an rechtsterroristischen Bombenattentaten zwischen 1969 und 1980 in Italien. Dabei berücksichtige er nicht, dass sich die italienische Geheimdienstpolitik nach 1972 von der bis dahin verfolgten Strategie der Spannung abgewandt habe. Seiner Arbeit fehle ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis. Er halte die Gliederung nach Ländern nicht ein, so dass sich Wiederholungen einschlichen. Für seine These, die Nato-Geheimarmeen seien „Quelle des Terrors“ gewesen, bedürfe es weitergehender Einzelforschung.[17]

Bernd Stöver sieht Gansers Buch als wichtigen chronologischen Überblick zu den westeuropäischen Stay-behind-Organisationen im Kalten Krieg, besonders zu deren Planung.[18]

Regine Igel[19] und James Callanan[20] nahmen Gansers Angaben, zwei Komitees im NATO-Oberkommando SHAPE hätten die illegalen Aktivitäten von Staybehind-Armeen in allen 16 NATO-Mitgliedsstaaten koordiniert, als Belege dafür.

Ganser hatte 2005 auch behauptet, eine deutsche Stay-behind-Einheit sei am Oktoberfestattentat von 1980 beteiligt gewesen. In der Neuauflage seines Buchs zum Oktoberfestattentat (1985; 2014) kritisierte Ulrich Chaussy diese These als blosse „vage Möglichkeit“ ohne Belege: „Je ungeklärter ist, wer genau zusammengewirkt hat, desto ungebremster sprießen Verschwörungstheorien über einen Anschlag, dessen Urheber sich nicht zu ihrer Tat bekannt haben und von dem nicht einmal klar ist, ob er so abgelaufen ist, wie er geplant war.“[21]

Erdöl

Im Kontext seiner Forschung zum globalen Fördermaximum von Erdöl („Peak Oil“) trug Ganser wiederholt vor dem Schweizer Parlament vor. 2006 gründete er die Schweizer Abteilung der Association for the Study of Peak Oil and Gas mit und amtierte bis 2012 als deren Präsident. Er deutete den Irakkrieg 2009 als „klassischen Ressourcenkrieg“, mit dem sich die USA vor Erreichen des Peak Oil wichtige Erdölquellen zu besetzen ermöglicht und sich so machtpolitische Vorteile gegenüber den Konkurrenten China, Europa und Russland verschafft hätten. Dazu berief er sich unter anderem auf Alan Greenspan.[22] Er wirkte als Interviewpartner in dem Dokumentarfilm A Crude Awakening: The Oil Crash (2006) mit.

Gansers Buch „Europa im Erdölrausch“ (2012) beschreibt die Geschichte der Erdölindustrie in Europa seit ihren Anfängen um 1850 und ihren Einfluss auf die Politik bis zur Gegenwart. Der Historiker und Politikwissenschaftler Tobias Kaestli rezensierte das Buch als „spannend“. Gansers „Tendenz, hinter der Erdölpolitik der USA immer wieder geheime Absprachen weniger mächtiger Personen und Institutionen zu sehen“, sei nicht immer überzeugend. Jedoch benenne und ordne Ganser die Fakten und schaffe so Überblick. Dabei gelte seine Sympathie denen, die schon früh Alternativen zum Erdöl anstrebten. Seine Botschaft laute: „Der Krieg ums Öl mit allen Opfern, die er bis dahin schon forderte, ist nicht unausweichlich. Eine Entwicklung hin zur friedlichen Aushandlung und zur Förderung alternativer Energieformen ist möglich, setzt aber einen Mentalitätswandel und einen neuen Lebensstil voraus.“[23] Auch der Mineraloge Gunnar Ries lobte Gansers Darstellung als „sehr spannend und flüssig“. Seine Bezüge auf die Erdölabhängigkeit der Schweiz seien auch für andere Staaten nachvollziehbar. Besonders interessant sei, dass er das globale Ölfördermaximum schon auf 2006 angesetzt und damalige „Kapriolen des Ölpreises“ damit erklärt habe. So mache sein Buch die zunehmend konfliktträchtige Brisanz von „Peak Oil“ bekannter. Jedoch trenne Ganser „reale und vermutete Verschwörungen rund um das Öl“ nicht. Nicht plausibel sei, was der Einsturz des World Trade Centers am 11. September 2001 mit dem Irakkrieg 2003 zu tun haben solle: „Denn als Kriegsgrund am Golf hätten die Anschläge kaum gereicht.“ Auch Gansers Erwähnung der „Bilderberger“ verwirre eher, statt aufzuklären, da es sich dabei um Konferenzen, keine heimliche Weltregierung handele. Dagegen lasse Ganser die tatsächliche und erfolgreiche Propaganda von Ölkonzernen unerwähnt, den Klimawandel als Erfindung der Klimaforschung auszugeben. Auch die Bedeutung von Erdöl als Rohstoff für die chemische und pharmazeutische Industrie behandle sein Buch nicht.[24]

Am 16. Dezember 2012 hielt Ganser bei dem Schweizer Verein Aku-Wirkstatt den Vortrag Der globale Kampf ums Erdöl: Warum wir die Energiewende brauchen.[25] 2013 warnte er mit einem Artikel in der Schweizer Zeitschrift Zeitpunkt vor den für Umwelt und Energiewende schädlichen Folgen des Fracking.[26]

Verschwörungstheorien

Ganser bezweifelt seit 2005 in verschiedenen Veröffentlichungen die ermittelten Ursachen der Terroranschläge vom 11. September 2001 und hält Verschwörungstheorien dazu für gleichrangige, von Historikern erst noch zu prüfende Erklärungsansätze. Er hält eine Überwachung einiger 9/11-Attentäter durch das US-Programm Able Danger, einen Handel mit Put-Optionen an der New Yorker Börse vor den Attentaten, das zu späte Eingreifen der US-Luftwaffe und den Einsturz des WTC 7 für unzureichend erklärt. Er hält eine Sprengung dieses Gebäudes für möglich. Dabei beruft er sich auch auf Richard Gage, einen Vertreter des 9/11 Truth Movement. Wie diese Bewegung verlangt Ganser angesichts angeblich „offener Fragen“ eine neue, von US-Regierungsbehörden unabhängige Untersuchung der Ereignisse.[27] Mit einem Aufsatz über die „Strategie der Spannung“ wollte er zeigen, dass ein Zulassen oder Planen der Anschläge vom 11. September 2001 durch die US-Regierung selbst denkbar sei. Die Vertreter des 9/11 Truth Movement David Ray Griffin und Peter Dale Scott gaben den Aufsatz 2006 in einem Sammelband heraus.[28][29]

Ganser ist regelmässiger Interviewpartner von Ken Jebsen.[30] Ähnlich wie dieser meint er, eine Operation unter falscher Flagge lasse sich beim Absturz von Malaysia-Airlines-Flug 17 und beim Anschlag auf Charlie Hebdo nicht ausschliessen. Bei ersterem sei wegen des Ukrainekonflikts wohl keine Aufklärung möglich, bei letzterem die rasche Aufklärung unter anderem durch den Fund eines Personalausweises im Fluchtfahrzeug verdächtig. Dass die Täter ihre Ausweise mitgenommen hätten, sei nicht plausibel.[31] Eine solche Falsche-Flagge-Operation könne dazu dienen, Kriege gegen muslimische Länder zu legitimieren. Der Ukrainekonflikt sei möglicherweise ein Stellvertreterkrieg der USA. „Amerikanische Akteure“ hätten nach Aussagen „vieler Beobachter“ bereits die aktuelle ukrainische Regierung ins Amt gebracht.[32]

Im 9/11 Truth Movement werden seine 9/11-Thesen positiv rezipiert.[33] Der Soziologe Andreas Anton zitierte Gansers auch auf seine Arbeit zu Gladio gestützte Annahme, dass US-Geheimdienste derart schwere Staatsverbrechen begehen könnten, als glaubwürdig und nicht von vornherein abwegig.[34]

Dagegen lehnten Vertreter der Forschungsstelle für Sicherheitspolitik an der ETH Zürich und der Universität Zürich, wo Ganser angestellt war, seine 9/11-Thesen ab. Sie betonten 2006 öffentlich, seine Aussagen dazu gehörten nicht zu seinem wissenschaftlichen Aufgabenbereich und seien Privatansicht.[35] Kurz darauf beendete die ETH Zürich das Beschäftigungsverhältnis.

Nach Redakteur Andreas Maurer (Schweiz am Sonntag) wird Ganser oft als Verschwörungstheoretiker wahrgenommen. Obwohl er an der Universität Basel seit 2010 keinen Forschungsauftrag mehr hatte, verwendete er deren Logo für einen Vortrag zum zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. Rektor Antonio Loprieno wies Ganser schriftlich darauf hin, dass er das Logo nicht verwenden und keine Vorlesungen in Räumen und im Namen der Universität halten dürfe, weil er dort nicht mehr angestellt sei. Die Universität Basel verpflichtete Ganser, das Thema 9/11 in seinem aktuellen Lehrauftrag auszusparen. Er stellte diesen Konflikt Ende 2014 als Beleg dafür dar, dass „er von den Mächtigen daran gehindert werde, verdeckte Operationen aufzudecken“. Er wies seine Einstufung als Verschwörungstheoretiker als Diffamierung von Kritik an „den Amerikanern“ zurück.[32]

Der Politikwissenschaftler Markus Linden sieht bei Ganser eine „politische Mission, keine wissenschaftliche Herangehensweise“. An deren Stelle bevorzuge Ganser ein suggestives Herausstellen einzelner Aspekte.[32] Linden ordnet Ganser als Vertreter von Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 ein und zählt ihn neben dem Journalisten Mathias Bröckers zu den „intelligenten Vertretern der ‚9/11-Wahrheitsbewegung‘, die sich nach eigenem Bekunden auf das Stellen von Fragen beschränken“.[36]

Publikationen (Auswahl)

  • Reckless Gamble: The Sabotage of the United Nations in the Cuban Conflict and the Missile Crisis of 1962. University Press of the South, New Orleans 2000, ISBN 1-889431-72-9.
deutsche Ausgabe: Die Kubakrise – UNO ohne Chance. Edition Zeitgeschichte. Kai Homilius Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-89706-863-X.
  • mit Uwe Wagschal, Hans Rentsch: Der Alleingang: Die Schweiz 10 Jahre nach dem EWR-Nein. Orell Füssli, Zürich 2002, ISBN 3-280-05041-3.
  • Brauchen wir eine Ökonomie des Friedens? Eine Schweizer Perspektive auf die Verbindung der Wirtschaft mit Gewaltkonflikten. In: Die Friedens-Warte 79 (2004), S. 57–74
  • The "Strategy of Tension" in the Cold War Period. In: David Ray Griffin, Peter Dale Scott (Hrsg.): 9/11 and American Empire. Intellectuals Speak Out, Band 1. Olive Branch Press, Ithaca NY 2006, S. 79–99
deutsch: Die „Strategie der Spannung“ in der Zeit des Kalten Krieges, peace-press.org
  • The CIA in Western Europe and the Abuse of Human Rights. In: R. Gerald Hughes, Len Scott (Hrsg.): Intelligence, Crises and Security: Prospects and Retrospects. Routledge, 2007, ISBN 0-415-46430-7, S. 108–129 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  • NATO-Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. Orell Füssli, Zürich 2008, ISBN 978-3-280-06106-0
  • Die dunkle Seite des Westens: Verdeckte Terroraktivitäten der NATO. Kai Homilius, Berlin 2009, ISBN 978-3-89706-206-1 (Video-DVD, 60 Minuten).
  • Beyond Democratic Checks and Balances: The «Propaganda Due» Masonic Lodge and the CIA in Italy's First Republic. In: Eric Wilson (Hrsg.): Government of the Shadows: Parapolitics and Criminal Sovereignty. Pluto Press, 2009, ISBN 0745326234, S. 256-276
  • Peak Oil: Erdöl im Spannungsfeld von Krieg und Frieden. In: Phillip Rudolf von Rohr, Peter Walde, Bertram Battlog (Hrsg.): Energie. vdf Hochschulverlag an der ETH Zürich, Zürich 2009, ISBN 978-3-7281-3219-2 (online)
  • “America is Addicted to Oil”: U.S.Secret Warfare and Dwindling Oil Reserves in the Context of Peak Oil and 9/11. In: Eric Wilson (Hrsg.): The Dual State: Parapolitics, Carl Schmitt and the National Security Complex.Ashgate, 2012, ISBN 978-1-4094-3107-7 (4. Kapitel)
  • Europa im Erdölrausch: Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit. Orell Füssli, Zürich 2012, ISBN 978-3-280-05474-1.

Einzelnachweise

  1. Daniele Ganser: Lebenslauf
  2. Swisscleantech: Wissenschafts-Beirat. Abgerufen am 17. Juni 2015.
  3. Noam Chomsky: Hegemony or Survival: America's Quest for Global Dominance. Metropolitan Books, 2007, ISBN 0805076883, S. 266
  4. Michael Liebig, Claudio Celani (EIR Investigation, 3. März 2005): Secret Warfare: From Operation Gladio to 9/11. An Interview With Dr. Daniele Ganser
  5. Thomas Meyer (Der Europäer, 2005): Über sich selbst hinauswachsen – Wege aus dem gewalterzeugenden Bewusstsein. Ein Interview mit Daniele Ganser über sein Buch NATO’s Secret Armies und dessen Implikationen
  6. Daniele Ganser: NATO’s Secret Armies in Europe. In: Cihan Aksan, Jon Bailes (Hrsg.): Weapon of the Strong. Conversations on US State Terrorism. Pluto Press, 2012, ISBN 0745332412
  7. Hans Stutz (WOZ, 19. November 2014): Rechtsextremismus und Verschwörungen: Im Netz des Predigers.
  8. Roskilde University: Peer Henrik Hansen
  9. Peer Henrik Hansen: Daniele Ganser. NATO’s Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe. In: Journal of Intelligence History: Summer 2005. LIT, 2006, ISBN 3-8258-0650-2, S. 111 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche); siehe auch Peer Henrik Hansen: Falling Flat on the Stay-Behinds. In: International Journal of Intelligence and CounterIntelligence. Band 19, Ausgabe 1, 2006, doi:10.1080/08850600500332656, S. 182-186
  10. Daniele Ganser: Nato-Geheimarmeen in Europa. 3. Auflage. 2009, S. 271
  11. Raul Zelik: Die SPD sprach von Ku-Klux-Klan. In: der Freitag. 2. Mai 2008 (Interview)
  12. Olav Riste: Review of Ganser, NATO’s Secret Armies. In: Intelligence and National Security. 20/3, September 2005, S. 550-551
  13. Daniele Ganser: The CIA in Western Europe and the Abuse of Human Rights. A.a.O., 2007, S. 122
  14. Olav Riste: „Stay Behind“: A Clandestine Cold War Phenomenon. In: MIT/Harvard Press (Hrsg.): Journal of Cold War Studies. Band 16, Nr. 4, Herbst 2014, S. 35-59
  15. Gregor Schöllgen: Gladiatoren im Kalten Krieg. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. April 2009, S. 9
  16. Karl Schellhass: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Band 87. Deutsches Historisches Institut in Rom, M. Niemeyer, 2007, S. 446
  17. Tobias Hof: Daniele Ganser: Nato-Geheimarmeen in Europa. In: Sehepunkte. Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaft. Band 9, Nr. 4, 2009
  18. Rezension für HSozKul von Bernd Stöver, Historisches Institut, Lehrstuhl Zeitgeschichte, Universität Potsdam (PDF, 2009)
  19. Regine Igel: Die P2-Loge und die geheimen Gladio-Truppen in Italien. In: Andreas Anton, Michael Schetsche & Michael K. Walter (Hrsg.): Konspiration: Soziologie des Verschwörungsdenkens. Springer, 2013, ISBN 3-531-19323-6, S. 69−90, hier S. 78, Fn. 21
  20. James Callanan: Covert Action in the Cold War. US Policy, Intelligence and CIA Operations. I.B. Tauris, 2009, S. 219
  21. Ulrich Chaussy: Oktoberfest - Das Attentat. Wie die Verdrängung des Rechtsterrors begann. Christoph Links, Berlin 2014, ISBN 978-3-86153-757-1, S. 221
  22. Daniele Ganser: Peak Oil: Erdöl im Spannungsfeld von Krieg und Frieden. Zürich 2009, S. 56.
  23. Tobias Kaestli: Die Gier nach Erdöl bestimmt die Weltpolitik. In: Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, Nr. 10/ 25. November 2012 (PDF S. 22)
  24. Gunnar Ries (Spektrum.de, 11. Dezember 2012): Wir Öljunkies
  25. Aku-Wirkstatt: Veranstaltungen 16. Dezember 2012
  26. Daniele Ganser (Zeitpunkt, Mai 2013): Die Erde aufreissen?
  27. Vincenzo Capodici (Tagesanzeiger, 7. September 2011): WTC7 und andere Rätsel um 9/11; siehe auch Basler Zeitung, 7. September 2011
  28. Daniele Ganser: The "Strategy of Tension" in the Cold War Period. In: David Ray Griffin, Peter Dale Scott (Hrsg.): 9/11 and American Empire. Intellectuals Speak Out, Band 1, 2006, S. 79–99
  29. Philipp Gut (Die Weltwoche, Ausgabe 37/2006): 9/11: Glaubensbrüder
  30. Markus Linden (FAZ, 2. Februar 2015): Im Netz der Wutbürger und Verschwörungstheoretiker.
  31. Daniel Aenishänslin (Basellandschaftliche Zeitung, 2. Februar 2015): «Attentat auf ‹Charlie Hebdo› ist meiner Meinung nach ungeklärt»
  32. a b c Andreas Maurer (Schweiz am Sonntag, 14. Februar 2015): Die Ganser-Verschwörung.
  33. Joël Bedetti (Die Zeit, 6. Dezember 2012): Die "Truther": Unter Verschwörern.
  34. Andreas Anton: Verschwörungstheorien zum 11. September. In: Andreas Anton, Michael Schetsche, Michael K. Walter (Hrsg.): Konspiration: Soziologie des Verschwörungsdenkens. 2013, S. 157–180, hier S. 176.
  35. ETH und Uni Zürich gehen auf Distanz zu Verschwörungstheoretiker. In: SonntagsZeitung vom 17. September 2006 (Faksimile)
  36. Markus Linden: Alles Lüge! In: The European, 11. November 2014.