Kolonistenhaus

Der preußische König Friedrich II. legte mit Edikten und Dekreten zur Bevölkerungsmehrung eine Grundlage für seine Friderizianische Kolonisation, die Schaffung von rund 900 Kolonien in der preußischen Monarchie. Der König rief rund 60.000 Siedler in sein Land. Nach den Bevölkerungsverlusten durch den Siebenjährigen Krieg sollte Preußen gestärkt werden. In Schlesien gab es um 1740 rund 992.000 Menschen und bis 1770 wuchs die Bevölkerung auf 1.327.000 Menschen an. Die angeworbenen „Kolonisten“ errichteten in diesen Kolonien einfache Kolonistenhäuser aus den zur Verfügung stehenden regionalen Baustoffen. Die Kolonisten waren überwiegend böhmisch-mährische und Salzburger Exulanten, Holländer, Sachsen, Hessen, Rheinländer und Hugenotten. Bis 1806 entstanden 25.000 Bauernstellen und ca. 400 neue Ortschaften.

Geschichte

Kolonistenhaus von 1776, Sprottauer Hausmuster für Rückersdorf

Die Kriegs- und Domänenverwaltungen lenkten die Organisation des großen Vorhabens neue Ortschaften auf preußischem Gebiet zu erbauen. Sie warben mit der Enrollierungsfreiheit[1] und dem sozialen Stand der Freigärtner Interessenten. Diese mussten zweckmäßige Handwerksberufe ausüben. Der Dorfaufbau, die Kolonistenhäuser, die Nebengelasse, sowie die zu errichtenden Scheunen wurden geplant. Überwiegend wurden Reihendörfer konzipiert. Eines der Häuser war dem Dorfschulzen und Kretschmann vorbehalten, kleinere Häuser bauten die Kolonisten in Eigen- und Kollektivleistung auf. Die Vermessungen wurden nach dem 1721 eingeführten otetzkoisches Maß von König Friedrich Wilhelm festgelegt. Die abgebildete Musterzeichnung des schlesischen Baudirektors Machui aus Glogau von 1776 gab die Hausaufteilung für die Kolonistenhäuser in Niederschlesien im Raum Sprottau vor. Dieses Haus war in drei Sektionen à 2,75 Metern und eine Sektion mit 4,5 Metern, mit der Gesamtlänge von 12,75 Metern, aufgeteilt. Die Breite des Hauses betrug 4,5 Meter. Die Größe des Wohnbereichs betrug ohne Küche etwa 26 Quadratmeter.

Die Innenaufteilung des Hauses:

  • Die Stube, die auch als Weberstube diente = 11,25 Quadratmeter
  • Zwei Kammern = jeweils 6 Quadratmeter
  • Küche mit Kamin und Kochkessel = 6 Quadratmeter
  • Flur mit Treppe zum Wohnboden mit Spitzdach
  • Stall für Kleinvieh
  • Tenne
  • Seitlicher Raum mit möglichen Stauraum unter dem Dach und über der Tenne

Kolonistenhäuser in den preußischen Provinzen

Die genannten Kolonien sind eine Auswahl und nicht vollständig.

Kolonien: Rückersdorf; 1775 Eckartswaldau; 1776 Sprottischwaldau; 1776 Reußenfeldau; 1786 Charlottenhhal; 1775 Neue Forst; 1781 Alte Forst; 1777 Schönthal; 1783 Georgenruh

-Vormals sächsische Exulantenkolonien im Queiskreis: 1663 Neu-Gebhardsdorf, 1674 Ober-Gebhardsdorf, 1710 Estherwalde, 1738 Augustthal.

Kolonien: 1749 Hussinetz/ poln. Gesiniec; 1750 Friedrichs-Tabor/ poln. Tabor Maly; 1750 Ziska; 1764 Podiebrand/ poln.Gosciecice Horny u. Dolny sind von evangelischen Böhmen angelegt. 1773 Neuwedel, 1787 Königshuld.

Durch das Urbarmachungsedikt des preußischen Königs Friedrich II. vom 22. Juli 1765 für Ostfriesland wurden Kolonien für die Trockenlegung der Sümpfe und Moore gebaut.

Kolonistenansiedlungen auch in Schöneberg; Schönlinde; Friedrichshagen; 1754 Rixdorf

Kolonien im Kurfürstentum Sachsen

Nicht so populäre, aber nicht zu vergessende Koloniegründungen gab es im Kurfürstentum Sachsen infolge der Gegenreformation im benachbarten Böhmen, das zum Reich der Habsburger gehörte. Um ihren protestantischen Glauben leben zu dürfen, erlaubte man böhmischen Glaubensflüchtlingen, im Queiskreis Exulantenkolonien zu gründen, wie zum Beispiel Estherwalde.

Literatur

  • Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1862–1889, 4. Die Kolonisierung und die Kolonisten.
  • David Cranz: Alte und neue Historie oder kurzgefasste Geschichte der evangelischen Brüder-Unität, Band 1, § 163, 164, 210.
  • Veröffentlichung der historischen Kommission zu Berlin Band 52/1, von Otto Busch u. Wolfgang Neubauer, Seite 941 bis 949 (Enrollierung, Bedingungen und die Ansetzung (der Kolonisten)).
  • Jürgen Gerner: Sprottischwaldau, Chronik der Kolonie 1776–1945. Martin Opitz Bibliothek: Signatur 2021.03384o.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ulrich Niggemann: „Peuplierung“ als merkantilistisches Instrument: Privilegierung von Einwanderern und staatlich gelenkten Ansiedlungen. In: Jochen Oltmer (Hrsg.): Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert. De Gruyter, Berlin/Boston 2016, ISBN 978-3-11-034528-5, S. 201 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Jürgen Gerner: Sprottischwaldau, Chronik der Kolonie. 2009, abgerufen am 17. August 2021.