Hotel Lunik

Hotel Lunik
Außenzustand im Jahr 2022

Außenzustand im Jahr 2022

Daten
Ort Eisenhüttenstadt
Anschrift Straße der Republik 35a, 15890 Eisenhüttenstadt
Architekt Willi Stamm[1], Herbert Härtel und Hermann Enders
Bauherr Rat der Stadt Eisenhüttenstadt[1]
Baustil Moderne
Baujahr 1963
Koordinaten 52° 8′ 47,8″ N, 14° 37′ 45,2″ OKoordinaten: 52° 8′ 47,8″ N, 14° 37′ 45,2″ O
Hotel Lunik (Brandenburg)
Hotel Lunik (Brandenburg)

Das Hotel Lunik in Eisenhüttenstadt ist ein 1963 fertiggestelltes und denkmalgeschütztes[2] Bauwerk im Stil der Moderne. Es diente als Hotel, Kultur- und Gesellschaftseinrichtung für die damals neuerbaute Wohnstadt des Eisenhüttenkombinats Ost (EKO).

Das Gebäude wurde bis Ende 1990 durch die staatliche HO als HO-Hotel betrieben. Der Hotelbetrieb wurde im Jahr 2000 eingestellt.

Lage

Das Hotel befindet sich im Zentrum von Eisenhüttenstadt in Nachbarschaft zum Lindenzentrum (erbaut als Textilkaufhaus) und dem Rathaus (erbaut als Haus der Parteien und Massenorganisationen). Zusammen mit dem Lindenzentrum bildet es das „Eingangstor“ zur Lindenallee, der Haupteinkaufsstraße der Stadt, vom Zentralen Platz aus. Die Adresse lautet, damals wie heute, Straße der Republik 35a.

Die zeitweise in den Räumen des ehemaligen Konzertcafés in den 1990er Jahren bestehende Filiale der Drogeriekette Rossmann hatte die Adresse Straße der Republik 34a. Diese Hausnummer existiert heute nicht mehr.

Name

In den Bauunterlagen taucht lediglich die Bezeichnung Hotel, später Hotel Stalinstadt auf. Eine Farbstudie aus dem Jahr 1958 bezeichnet das Gebäude als Hotel Kriwoi Rog, nach dem russischen Namen der ukrainischen Großstadt Krywyj Rih, von wo das EKO das Roherz zur Stahlerzeugung bezog.

Der Rat der Stadt als Bauherr beschäftigte sich 1959–1960 in seinen Ratssitzungen mit dem Namen des Hotels.[3][4] Der Name Hotel Lunik wurde schließlich über ein Preisausschreiben am 4. März 1960 gefunden.[5] Weitere Vorschläge lauteten Hotel international und Hotel Glück Auf. Das Wort Lunik stammt transkribiert aus dem russischen und bedeutet „kleiner Mond“. Das Gebäude steht somit im Zeitgeist der späten 1950er und 1960er Jahre mit dem Wettlauf ins All (erste sowjetische Lunik-Missionen).

Bau- und Planungsgeschichte

Die Projektierung erfolgte durch das Entwurfsbüro Hochbau II in Berlin. Frühe Zeichnungen stammen von Hermann Enders (1956), spätere von Willi Stamm (1957) und Herbert Härtel (1958).[2] Die tatsächlichen Ausführungszeichnungen sind auf die Jahre 1959–1960 datiert.

Bereits 1956 wurden Bohrungen im Bereich der Magistrale (Lindenallee) durchgeführt.[6]

Geplanter Baustart für das Hotel war am 15. Oktober 1959.[7] 1961 stand das Bettenhaus im Rohbau. Die Fertigstellung des Bettenhauses einschließlich des Haupteingangs war im Juli 1963. Letzte Arbeiten zur Fertigstellung des Konzertcafés erfolgten bis 1964.[8]

Betrieb als HO-Hotel bis 1990

Hotel Lunik bei Nacht, 1964

Der Hotelbetrieb begann als Teilinbetriebnahme des Bettenhauses im April 1963. Das Speiserestaurant eröffnete am 21. Dezember 1963. Die Küche selbst und die Nachtbar nahmen bereits am Vortag den Betrieb auf. Das Hotel wurde Ende 1963 dem HO-Kreisbetrieb Eisenhüttenstadt vom Rat der Stadt übergeben.[8] Erster Leiter des Hotels wurde Fritz Schubert.[9] Bekanntere Hotelgäste in den 1960er Jahren waren die Kosmonautin Walentina Tereschkowa und der Sänger Fred Frohberg.

Langjähriger Leiter des Hotels war ab 1969 Dieter Rufenach.[9] Jährlich gab es etwa 30.000 Übernachtungen, davon gut 25.000 Gäste aus dem Inland und 5.000 aus dem Ausland.[9]

Die Küche wurde viele Jahre durch Erwin Rose geleitet.[9] Zu den Festtagen wurde regelmäßig ein gastronomisches Sonderangebot geboten, zum Teil mit Verkostungen.[10][11] Auch Tanz- und Ballveranstaltungen fanden statt.[12][13] Auf der Terrasse fanden im Sommer Grillfeste mit Musik statt.[14]

Vermutlich ab Ende der 1970er Jahre wurde das bisherige Frühstückszimmer im Zwischengeschoss als Intershop genutzt, wovon es in Eisenhüttenstadt letztendlich drei gab.

Geschichte seit 1990

Im Mai 1990 wies Hotelleiter Jürgen Tischer Gerüchte über einen Verkauf des Hotels zurück. Das Hotel bleibe Teil einer neuen GmbH als Nachfolger des HO-Betriebs, so Tischer.[15] Bis Anfang 1991 waren die Betten nahezu ausgelastet, während die Besucherzahlen im Speiserestaurant drastisch zurückgingen und es über die Nachmittagsstunden geschlossen wurde.[16] Zu diesem Zeitpunkt wurde das Hotel zum Verkauf durch die Treuhand ausgeschrieben.[17] Es wurde am 1. Oktober 1991 an die Oswecon GmbH verkauft und trug ab Februar 1992 den Namen City-Hotel.

Das Konzertcafé wurde als erster Teil geschlossen: In den Räumen eröffnete 1992 eine Rossmann-Filiale. Sie zog im Sommer 2001 ins benachbarte Lindenzentrum, später ins Einkaufszentrum CityCenter. Konzertcafé, Küche und Speiserestaurant wurden baulich getrennt und das ursprüngliche gemeinsame Vestibül zugemauert. Teile der bisherigen Küche dienten Rossmann als Warenlager.

Die Nachtbar wurde im Juli 1992 nach Umbauarbeiten als East-Side-Club zunächst wieder eröffnet.[18]

Das Speiserestaurant firmierte nach einer Renovierung ab Mai 1992 kurzzeitig als Restaurant Schlaubetal.[19] Am 1. Dezember 1993 wurde dort ein griechisches Spezialitätenrestaurant mit dem Namen Olympia eröffnet. Es schloss 1997 endgültig.

Der Hotelbetrieb wurde im April 2000 endgültig eingestellt.[20]

2002 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt.[21]

Das Hotel wurde 2023 von der städtischen Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft GmbH zusammen mit den beiden ruinösen Wohnheimen im Stadthafenweg erworben.[22]

Das Gebäude ist 2024 Teil des von der Leipziger Messe in Zusammenarbeit mit der Stiftung Denkmalschutz bundesweit veranstalteten Wettbewerbes Messeakadmie für Architekturstudierende. Hierbei sollen mögliche Konzepte zum Erhalt und zur Nutzung des Hotels sowie des angrenzenden, bis heute nicht fertig bebauten, Zentralen Platzes gefunden werden.[23]

Architektur und Ausstattung

Baubeschreibung

Farbdia von 1965: gut erkennbar die ursprünglichen blauen und gelben Porzellanfliesen an der Fassade

Bei dem Gebäude handelt es sich um einen 23 m hohen siebengeschossigen, vollunterkellerten Stahlbetonskelettbau. Das Dach ist ein Flachdach mit bekiester Bitumendachdeckung. Das Konzertcafé mit dem Küchentrakt ist als eingeschossiger Anbau in traditioneller Mauerwerksbauweise ausgeführt. Die Wärmeversorgung erfolgte über das Fernheiznetz der Stadt.[1] Hinter dem Hotel befindet sich ein dazugehöriger Wirtschaftshof mit Umformerstation. Planerisch zum Hotel gehört auch der zweigeschossige Kosmetiksalon in der Lindenallee, welcher als Verbinderbau zwischen dem Hotel und dem benachbarten Wohnblock fungiert.[1]

Der Hotelbetrieb bot 110 Betten. Kern des gastronomischen Angebots bildete das Speiserestaurant im Erdgeschoss, welches durch das Frühstückszimmer im Zwischengeschoss, einer Weinstube und dem Konzertcafé mit hauseigener Konditorei ergänzt wurde. Ein Vestibül diente als gemeinsamer Eingangsbereich mit Garderobe für das Restaurant und Café. Im Kellergeschoss befand sich die Nachtbar Luna, welche sowohl über die Empfangshalle als auch separat von außen zu erreichen war. Das Dachgeschoss verfügte über einen Clubraum, welcher für verschiedene kulturelle Zwecke genutzt wurde. Der Kosmetiksalon war für Hotelgäste direkt vom Zwischengeschoss aus zu erreichen.

Das Hotel war teilklimatisiert. Dies war insofern wichtig, da die Fenster im Speiserestaurant und im Konzertcafé nicht geöffnet werden konnten. Das Klimagerät arbeitete als Luft-/Wasser-Anlage und befand sich im Kellergeschoss von wo aus die aufbereitete Luft ins Erdgeschoss geblasen wurde. Dafür gab es oberhalb des Erdgeschosses ein kaum sichtbares Technikgeschoss.

Drei Aufzüge sorgten für den Transport von Personen und Lasten: Der Selbstfahrer-Personenaufzug fuhr hinauf bis in das vierte[24] Obergeschoss. Das Dachgeschoss konnte ursprünglich nur über die beiden Treppenhäuser erreicht werden. In den 1990er Jahren wurde der Aufzug erneuert und bis in das Dachgeschoss verlängert. Im Küchen- und Gaststättenteil befanden sich zwei Kleinlastenaufzüge.

Die Fassade war ursprünglich, analog zu den Ladengruppen in der Magistrale, auch mit Porzellanfliesen verkleidet. Witterungsbedingt wurden diese in den 1970er Jahren, wie auch am benachbarten Textilkaufhaus (heutiges Lindenzentrum) entfernt. Gleiches gilt für die ursprünglichen Neonröhrenschriftzüge.

Innenausstattung

Hotel Lunik, Empfangshalle, 1964

Die ursprüngliche Innenausstattung war zur damaligen Zeit und für DDR-Verhältnisse äußerst hochwertig. So stammte beispielsweise der Entwurf für die Erstausstattung der Sitzmöbel aus Rundstahl im Konzertcafé von Fritz Kühn.[25] Im gesamten Gebäude befand sich eine zentrale Uhrenanlage. Alle Hotelzimmer verfügten über Telefon und Radio. Zwei hochwertiger ausgestattete Apartments boten zusätzlich Fernsehgeräte. Die Wandvertäfelungen im Erd- und Zwischengeschoss, die Heizkörperverkleidungen und die Einbauschränke waren zum Teil furniert, zum Teil massiv, aus Kirschbaum, Birke und Nussbaum. In der Weinstube kam hell furnierte Esche zur Anwendung. Die Heizkörperabdeckungen selbst wiederum sind aus Marmor. Alle Gesellschaftszimmer (Restaurant, Café, Nachtbar, Weinstube, Frühstückszimmer) verfügten über Parkettböden. Laufwege des Bedienpersonals verfügten über Spannteppiche. In der Empfangshalle und im Treppenhaus lagen Läufer aus Kokos bzw. Bouclé, der Boden selbst und die Treppenstufen sind dort aus Granit. Die Nachtbar und das Konzertcafé waren entsprechend ihrer Nutzung mit Klavierflügeln und separaten Instrumentenschränken ausgestattet.[25][26]

Künstlerische Ausgestaltung

Im Konzertcafé, im Speiserestaurant, in der Empfangshalle und in der Nachtbar befinden sich Mosaiksäulen. Im Restaurant gibt es, im einst abtrennbaren Seitenbereich, zwei Ornamentwände aus Glas und Naturstein. Die gleiche Ornamentik kam in der Decke einer Blumenvitrine vor. Diese war, ebenfalls im Restaurant, als Fenster in einer Wand eingelassen. Durch sie konnte vom Vestibül aus in das Restaurant hineingeblickt werden. In der Nachtbar befand sich eine Hinterglasmalerei von Carl Marx, welche seit 1992 als verschollen gilt. In der Empfangshalle befindet sich seit Mitte der 1980er Jahre die Metallplastik Klanggitter von Hans Otto Lehnert mit dazugehörigen Geländer- und Heizkörperverkleidungen.

Das Hotel als Filmkulisse

Das leerstehende Gebäude diente 2007 dem gleichnamigen Film Lunik von Gilbert Beronneau als Kulisse.

Literatur

  • Willibald Rudka: Genosse Barmixer. Kleiner Politischer Bildungszirkel für Ossis, Wessis, Südis und Nordis. Fischer und Fischer, Frankfurt/Main 2002, ISBN 3-935895-48-8

Weblinks

Commons: Hotel Lunik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Erläuterungsbericht und Baubeschreibung zum Hotel Stalinstadt vom 2. Juli 1958; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 11 Stadtbauamt.
  2. a b Hotel Lunik in der Denkmalliste des Landes Brandenburg. In: bldam-brandenburg.de. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, abgerufen am 3. Februar 2024.
  3. Protokoll über die 84. Sitzung des Rates der Stadt Stalinstadt am 04.02.1960; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 07, Sekretär des Rates.
  4. Protokoll über die 61. Sitzung des Rates der Stadt Stalinstadt am 26.05.1959; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 07, Sekretär des Rates.
  5. Wie das Lunik seinen Namen bekam; Märkische Oderzeitung, 31. August 2000
  6. Bohrplan der Magistrale im Bereich des Hotels, 1956, Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 11 Stadtbauamt
  7. Protokoll über die 56. Sitzung des Rates der Stadt Stalinstadt am 17.03.1959; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 07, Sekretär des Rates.
  8. a b Zeittafel Pegert; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Spezialinventar
  9. a b c d Interview mit dem Hotelleiter Dieter Rufenach in: Kulturspiegel Eisenhüttenstadt, Ausgabe 12/1983, Hrsg. Rat der Stadt Eisenhüttenstadt, Abt. Kultur; Kapitel "20 Jahre Hotel Lunik"; S. 11–14
  10. Hotel Lunik bietet Festliches; Neuer Tag, 19. November 1987
  11. Vom Bohneneintopf bis zur Delikatwurst; Neuer Tag, 28. November 1987
  12. Und donnerstags geht´s zum Ball; Neuer Tag, 6. Januar 1988
  13. Lunik-Disko-Treff; Neuer Tag, 25. Oktober 1972
  14. Und freitags zur Grillparty auf die Lunik-Terrasse; Neuer Tag, 6. Juli 1988
  15. Ab heute billger zum Bar-Nachtvergnügen; Märkische Oderzeitung, 8. Mai 1990
  16. Betten nahezu ausgelastet, im Restaurant Gästeflaute; Märkische Oderzeitung, 3. Januar 1991
  17. Hotel von Treuhand zum Verkauf ausgeschrieben; Märkische Oderzeitung, 3. Januar 1991
  18. Nicht nur für Klubkarteninhaber; Märkische Oderzeitung, 28. Juli 1992
  19. Hotelrestaurant öffnet nach Renovierung; Märkische Oderzeitung, 9.–10. Mai 1992
  20. Das Geisterhotel im Stadtzentrum; Märkische Oderzeitung, 19. April 2000
  21. Martin Maleschka: Architekturführer Eisenhüttenstadt, 2., überarbeitete Ausgabe, Berlin: DOM publishers, 2021, ISBN 978-3-86922-094-9; Vorschau über Google-Bücher; S. 63
  22. Janet Neiser: Hotel Lunik gehört nun zur Stadt – Fragen bleiben offen. In: moz.de. Abgerufen am 3. Februar 2024.
  23. MESSEAKADEMIE 2024. In: www.denkmal-leipzig.de. Abgerufen am 3. Februar 2024.
  24. vom Erdgeschoss aus gezählt ohne Zwischengeschoss
  25. a b Leistungsverzeichnis Hotel Eisenhüttenstadt - Innenausbau; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 11 Stadtbauamt.
  26. Hotel Stalinstadt / Lunik, Grundprojekt 1956-1964; Stadtarchiv Eisenhüttenstadt, Bestand C 11 Stadtbauamt.