Havel-Oder-Wasserstraße

Beginn der Teilstrecke Oder-Havel-Kanal an der Havel südlich von Oranienburg

Als Havel-Oder-Wasserstraße (HOW) wird die etwa 135 km lange schiffbare Verbindung zwischen Berlin (Havel und Spree) und der deutsch-polnischen Grenze an der Westoder bei Friedrichsthal nördlich von Schwedt/Oder bezeichnet.[1]

Gliederung

Sie gliedert sich in vier Abschnitte, die durch die Lehnitzschleuse, das Schiffshebewerk Niederfinow und die West-Schleuse Hohensaaten miteinander verbunden sind.[1] :

  1. Havelhaltung
  2. Scheitelhaltung
  3. Oderhaltung
  4. Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße (HFW)

Die etwa 6 km lange Strecke zwischen Havel und Schleuse Lehnitz und die etwa 48 km lange Scheitelhaltung werden zusammen als Oder-Havel-Kanal bezeichnet. Für den zur Wasserstraße gehörenden Teil der Oderhaltung (Wriezener Alte Oder) existiert auch die Bezeichnung Oderberger Gewässer. Zur Wasserstraße werden gelegentlich auch der die deutsch-polnische Grenze bildende Teil der Westoder bis nördlich Mescherin (Vergrößerung der Gesamtlänge um etwa 14 km) und der Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, der den Berliner Westhafen auf kurzem Wege mit der Havelhaltung (mittels Schleuse Spandau oberhalb der Spreemündung) verbindet, gerechnet.

Verwaltung

Die HOW ist eine Bundeswasserstraße der Wasserstraßenklasse IV mit Einschränkungen. Im Teilbereich Oder-Havel-Kanal laufen Ausbauarbeiten zur Klasse Va. Zuständig für die Verwaltung sind bis Kilometer 10,58 (Hennigsdorf) das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel, anschließend das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oder-Havel.

Verlauf

Teilstrecke Oderhaltung in Oderberg

Die Kilometrierung läuft ab der Spreemündung bis zur neuen Westoder (km 134,96). Die Westoder hat eine eigene Kilometrierung. Rechnet man deren Grenzteil zur HOW (km 2,70 bis km 17,10) hinzu, so ergeben sich etwa 149 km für deren Gesamtlänge. Ab Spandau verläuft die HOW etwa 10 km über die Spandauer Havel bis zur Einmündung des Havelkanals in die Havel bei Nieder Neuendorf und etwa 20 km über den ausgebauten unteren Teil der Oranienburger Havel und den Lehnitzsee zur Lehnitzschleuse. Dann folgt sie 49 km dem Oder-Havel-Kanal bis zum Schiffshebewerk Niederfinow und 14 km der Oderhaltung bis Hohensaaten, wo eine Verbindung zur Ostoder oder Stromoder (deutsch-polnische Grenze) durch die Ostschleuse Hohensaaten besteht. Ab der benachbarten Westschleuse Hohensaaten ist sie über 42 km kanalisierter Teil der alten Westoder (Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße) mit der Schwedter Querfahrt zur Stromoder und tritt dann in die heutige Westoder ein. Mit dem Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal hat die HOW über die Schleuse Plötzensee zum Westhafen eine Anbindung an das Berliner Stadtzentrum.

Die HOW hat Staustufen in Spandau (Stau der Havel) und Hohensaaten (Stau der Alten Wriezener Oder) und Kanalstufen an den Enden der Scheitelhaltung (Lehnitz und Niederfinow).[A 1]

Das alte Schiffshebewerk Niederfinow
Das neue Schiffshebewerk Niederfinow, auch Niederfinow Nord genannt

Da die Bergfahrt in der Binnenschifffahrtsstraßenordnung als Fahrt in Richtung Oder definiert ist, ergibt sich für das Schiffshebewerk Niederfinow die Besonderheit, dass die Topografie dort entgegengesetzt verläuft: Das Oberwasser befindet sich auf der Talseite, während das Unterwasser bergseitig liegt. So führt die Bergfahrt mit dem Trog tatsächlich nach unten.

Geschichte

Schon im Mittelalter suchten Kaufleute aus Berlin nach einer schiffbaren Verbindung über die Oder zur Ostsee, doch mit den damaligen Möglichkeiten des Wasserbaus waren die 80 Kilometer Entfernung zur Oder, insbesondere der Hügelrücken westlich Eberswalde (Wasserscheide zwischen Elbe und Oder), nicht zu überwinden. Erst mit der Erfindung der Kammerschleuse im 16. Jahrhundert war ein derartiges Kanalbauwerk technisch möglich. Der später zur HOW zählende Finowkanal entstand als ältester deutscher Schifffahrtskanal kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg, wurde in diesem wieder zerstört, aber in der Mitte des 18. Jahrhunderts wieder hergestellt. Er führte vom etwa 50 km nördlich von Berlin an der Havel liegenden Liebenwalde zur Oder. Als die Havel unterhalb Liebenwalde in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Bau des Malzer und des Oranienburger Kanals schiffbar gemacht worden war, war eine von Berlin aus schiffbare HOW entstanden.

Dem Anwachsen des Verkehrs konnte Anfang des 20. Jahrhunderts nur durch eine Wasserstraße für Schiffe von größeren Abmessungen begegnet werden. Beim seit 1906 gebauten, sogenannten Großschiffahrtweg Berlin–Stettin wurden Havelhaltungen bei Spandau und Plötzensee (Beginn des Verbindungskanals Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals aus der Spree) erstellt und der später größtenteils Oder-Havel-Kanal genannte ab der Havel südlich von Oranienburg bis zur Einmündung in den Finowkanal bei Niederfinow gebaut. Die bisherigen Kanäle entfielen größtenteils, nur je ein Stück des Malzer Kanals und des Finowkanals (östliches Ende: Oderhaltung) wurden ausgebaut und in die neue HOW eingegliedert.[2][A 2] Später kam die zur Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße ausgebaute alte Westoder hinzu.

Bei der Eröffnung der neuen Wasserstraße am 17. Juni 1914 gab Kaiser Wilhelm II. der bis dahin fertiggestellten Wasserstraßenverbindung von Plötzensee bis zur Oder bei Hohensaaten den Namen „Hohenzollernkanal“. Die Schleusentreppe Niederfinow im Oder-Havel-Kanal wurde 1934 durch das Schiffshebewerk Niederfinow ergänzt. 1940 wurde in Lehnitz am westlichen Ende des Oder-Havel-Kanals eine parallele zweite Schleuse in Betrieb genommen.

Nach 1945 wurde der Name Hohenzollernkanal vom Nieder Neuendorfer See bei Hennigsdorf bis Hohensaaten durch die Bezeichnung Oder-Havel-Kanal ersetzt. Ab 1990 wurde für die Verbindung von Spandau bis Hohensaaten die schon vor 1914 gebräuchliche Sammelbezeichnung Havel-Oder-Wasserstraße wieder verwendet.[3][4] Seit 1998 zählt auch die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße zur HOW (wie vorher bei der Wasserstraße Berlin-Stettin).[5]

Gewässer

Die Bundeswasserstraße HOW besteht aus den Teilstrecken:[6]

  • Spandauer Havel
    • Spandauer See
    • Nieder Neuendorfer See
  • unterer Teil der Oranienburger Havel
  • Oder-Havel-Kanal
  • Oderberger Gewässer
  • Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße

Rechtlich gehören ferner folgende Bundeswasserstraßen zur HOW:[6]

Anmerkungen

  1. In staugeregelten Flüssen spricht man bevorzugt von Staustufen, nicht von Schleusen, da die Flussregelung durch Stauen primärer Zweck ist.
  2. Der größte Teil des restlichen Malzer Kanals und der Anfang des Finowkanals ab Liebenwalde existieren heute nicht mehr. Im Verlauf der alten HOW bildete der Malzer Kanal die Verbindung zwischen der Friedrichsthaler Havel bei Friedrichsthal und dem Beginn des Finowkanals bei Liebenwalde. Der Oder-Havel-Kanal folgte 1914 im Wesentlichen dem Verlauf des Malzer Kanals zwischen Malz und Dusterlake; auf diesem Stück verlor der Malzer Kanal seine Bezeichnung zugunsten des Oder-Havel-Kanals. Übrig blieben als Malzer Kanal das Anfangsstück von zwei Kilometern bei Malz und das drei Kilometer lange Endstück südlich Liebenwalde. Das Anfangsstück des Finowkanals von Liebenwalde bis zum Oder-Havel-Kanal bei Zerpenschleuse (seine Scheitelhaltung „Langer Trödel“) hat seit 1925 nur noch wasserwirtschaftliche Bedeutung. Sein Anschluss an den Oder-Havel-Kanal wurde gesperrt. Der gekürzte, heute noch betriebene Finowkanal verlässt den Oder-Havel-Kanal gegenüber.

Literatur

  • Mattern: Der Großschiffahrtsweg Berlin – Stettin. In: Zeitschrift für Bauwesen. Nr. 7, 1913, Sp. 465–502 (zlb.de – Tafel 52–55).
  • Max Buchholz: Die Betriebseinrichtungen des Großschiffahrtweges Berlin – Stettin. (Wasserstraße Berlin – Hohensaaten). In: Zeitschrift für Bauwesen. Nr. 10, 1913, Sp. 643–662 (zlb.de – Tafel 68–72).
  • Festschrift zur Eröffnung des Großschiffahrtsweges Berlin-Stettin 1911. Sittenfeld, Berlin 1914 (Digitalisat).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Die Havel-Oder-Wasserstraße. gdws.wsv.bund.de; abgerufen am 18. April 2021.
  2. Festschrift zur Eröffnung des Großschiffahrtweges Berlin–Stettin 1914
  3. Festschrift zur Eröffnung des Teltowkanals 1906
  4. Verzeichnis C, Lfd. Nr. 20 der Chronik. (Memento vom 22. Juli 2016 im Internet Archive) Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  5. Verzeichnis D, Lfd.Nr. 21 der Chronik. (Memento vom 22. Juli 2016 im Internet Archive) Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  6. a b Verzeichnis E, Lfd.Nr. 21 der Chronik. (Memento vom 22. Juli 2016 im Internet Archive) Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  7. a b c d e f g Verzeichnis F der Chronik. (Memento vom 22. Juli 2016 im Internet Archive) Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes