Stiftspfarrkirche St. Philipp und Jakob (Altötting)

Die Pfarr- und Stiftskirche St. Philipp und Jakob
Stiftspfarrkirche St. Philipp und Jakob

Die Stiftspfarrkirche St. Philipp und Jakob ist eine spätgotische Hallenkirche im oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting. Angeschlossen ist der große Kollegiatstifts-Kreuzgang mit mehreren Kapellen.

Gebäude und Geschichte

Erste Kirchen und Umbauten

Die erste Stiftspfarrkirche des Kollegiatstifts Altötting (1228/31–1803) wurde 1244/45 den Heiligen St. Philipp und Jakob geweiht und auf den Fundamenten einer älteren Klosterkirche errichtet, deren Bau wiederum etwa 877 von Karlmann, dem König u. a. von Bayern, veranlasst wurde.

Die Kirche in heutiger Gestalt

Um 1489 setzten die Wallfahrten nach Altötting ein und machten wegen der zahlreichen Pilger den Neubau einer größeren Kirche notwendig. Bereits geraume Zeit vor der offiziellen Grundsteinlegung am 1. August 1499 unter Stiftspropst Johannes Mair (1488–1508) wurde mit dem Bau der jetzigen Kirche als letzte spätgotische Hallenkirche im bayerischen Raum begonnen. Die Weihe erfolgte im am 28. und 29. September 1511 durch Bischof Berthold Pürstinger von Chiemsee. Ihre Baumeister waren die in Burghausen ansässigen Ulrich Häntler und Jörg Perger[1] sowie der herzogliche Hofmaurermeister Hans Brandhuber.

Vom Vorgängerbau aus dem 13. Jahrhundert blieben die unteren Geschosse der beiden Türme, die Vorhalle mit darüberliegender Empore sowie die Südmauer erhalten. Die aufwendig geschnitzten Türflügel des Nord- und Südportals aus dem beginnenden 16. Jahrhundert tragen figürliche Reliefs. Ihr Schöpfer wird nach diesem Werk als Meister der Altöttinger Türen bezeichnet.

Die Kirche liegt in unmittelbarer Nähe zur Gnadenkapelle am südlichen Rand des Kapellplatzes. Sie ist 52 Meter lang, 18 Meter breit und im Mittelschiff 13 Meter hoch. Die schlanken Türme haben eine Höhe von 48 Meter. Unmittelbar daran angebaut ist die Propstei, Wohn- und Dienstsitz der ehemaligen Stiftspröpste.

Kreuzgang und Kapellen

Durch das hintere Portal der südlichen Langhauswand der Kirche gelangt man in den Kreuzgang mit seien angeschlossenen Kapellen (unter anderem mit der Tilly-Gruft).

Ausstattung

Hochaltar, Kapellen und Besonderheiten

Der Hochaltar wurde um 1800 geschaffen. Das klassizistische Altarbild aus dem Jahr 1791 stammt von Johann Jakob Dorner d. Ä. und zeigt Maria als Helferin der Christenheit. Daneben stehen die etwas älteren Figuren der heiligen Rupert und Sebastian.

Im Innenraum befindet sich beim Nordportal eine Standuhr mit der Figur des Todes von Altötting.

Aus der ersten Ausstattungsphase ist ein monumentaler Kruzifixus aus dem Umfeld des Landshuter Bildschnitzers Hans Leinberger erhalten. Er ist heute an der Nordwand angebracht, bekrönte aber ursprünglich den reich ausgestatteten spätgotischen Lettner (1618 beseitigt). Das von 1507 bis 1513 geschaffene Chorgestühl wurde 1791 abgebaut und teilweise zu einer Stiege und zu Fensterläden umgearbeitet (heute im Bayerischen Nationalmuseum). Von dem 1518 auf dem Choraltar errichteten Retabel des Münchner Hofmalers Hans Ostendorfer haben sich Tafelgemälde in Museen in Greenville, Nürnberg, Regensburg, Stuttgart und Wien erhalten.

Bis 2008 war das Goldene Rössl, ein Hauptwerk der Pariser Hofkunst um 1400, in der spätgotischen Schatzkammer der Kirche aufbewahrt. Am 11. September 2006 widmete Papst Benedikt XVI. anlässlich seines Besuchs in Altötting die Schatzkammer zu einer Anbetungskapelle um, um zu betonen, worin der höchste Schatz der Christenheit bestehe.

Gegen Süden ist an die Kirche der Kreuzgang angebaut, der neben vielen Gedenksteinen vier Kapellen aufweist. Die bekannteste davon ist die Tilly-Kapelle, wo Marschall Tilly mit einigen Verwandten bestattet ist. Die dem hl. Petrus geweihte Tillykapelle (ursprünglich vielleicht Pfarrkirche) enthält sehenswerte Glasmalereien aus dem 15. Jahrhundert, eine Tilly-Gedenkstätte und die Tilly-Gruft. Im Obergeschoss befindet sich die „Sieben-Schmerzen-Kapelle“, in der nordwestlichen Innenecke des Kreuzgartens die barocke Sebastianikapelle (1670 an Stelle einer spätgotischen Vorgängerkapelle erbaut von Domenico Zuccalli).

Orgel

Orgelprospekt von 1724

Die Haupt-Orgel wurde 2000 von der Orgelbaufirma Thomas Jann (Allkofen) erbaut. Das Instrument hat 49 Register mit insgesamt 3473 Pfeifen auf drei Manualen und Pedal.

Der Prospekt stammt noch von der Vorgängerorgel, die Johann Georg Fux 1724 gebaut hatte.

I Hauptwerk C–a3
1. Principal 16′
2. Principal 08′
3. Gamba 08′
4. Flauto 08′
5. Octav 04′
6. Holzflöte 04′
7. Quint 223
8. Superoctav 02′
9. Mixtur major IV 02′
10. Mixtur minor II–III 01′
11. Cornett V (ab g0) 08′
12. Trompete 16′
13. Trompete 08′
Tremulant
II Positiv C–a3
14. Prinzipal 08′
15. Gedackt 08′
16. Praestant 04′
17. Blockflöte 04′
18. Quint 223
19. Waldflöte 02′
20. Terz 135
21. Quint 113
22. Mixtur IV 113
23. Krummhorn 08′
Zymbelstern0
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
24. Bourdon 16′
25. Principal 08′
26. Salicional 08′
27. Soloflöte 08′
28. Rohrflöte 08′
29. Vox celeste (ab c0) 08′
30. Traversflöte 04′
31. Fugara 04′
32. Quint 223
33. Piccolo 02′
34. Terz 135
35. Mixtur V–VI 02′
36. Fagott 16′
37. Trompette harm. 08′
38. Oboe 08′
39. Clairon harm. 04′
Tremulant
Pedal C–f1
40. Untersatz 32′
41. Principal 16′
42. Violon 16′
43. Subbaß 16′
44. Octav 08′
45. Gemshorn 08′
46. Octav 04′
47. Hintersatz IV 223
48. Posaune 16′
49. Trompete 08′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
    • Suboktavkoppeln: III/I, III/III
    • Superoktavkoppeln: III/I, III/II, III/III, III/P
  • Spielhilfen: programmierbares Registercrescendo, 2048-fache Setzeranlage, Sequenzer

Die Chororgel besteht aus der erhaltenswerten ehemaligen und romantischen „Hechenberger“-Hauptorgel von 1903/04. Sie wurde von Orgelbau Thomas Jann restauriert und hinter dem Hochaltar auf elektropneumatischen Kegelladen wieder aufgestellt, mit separatem neuen, elektrischen Spieltisch im Altarraum. Die Chororgel lässt sich von der Hauptorgel aus anspielen. Intoniert wurden beide Orgelwerke durch Chefintonateur Andreas Utz.[2]

I Hauptwerk C–a3
1. Bourdon 16′
2. Prinzipal 08′
3. Gemshorn 08′
4. Gedackt 08′
5. Oktave 04′
6. Rohrflöte 04′
7. Nasard 223
8. Oktave 02′
9. Cornett III 223
10. Mixtur IV 113
11. Trompete 08′
II Oberwerk C–a3
12. Geigenprinzipal 08′
13. Lieblich Gedackt 08′
14. Salicional 08′
15. Vox Coelestis (ab 0) 08′
16. Italienisch Prinzipal 04′
17. Traversflöte 04′
18. Piccolo 02′
19. Quinte 113
20. Mixtur IV 02′
21. Oboe 08′
Tremulant
Pedal C–f1
22. Subbaß 16′
23. Quinte 1023
24. Prinzipal 08′
25. Baßflöte 08′
26. Cello 08′
27. Choralbaß 04′
28. Oktavino 02′
29. Posaune 16′

Glocken

Die beiden spitzgekrönten, achteckigen Türme beherbergen fünf Glocken, die 1963 von Rudolf Perner zu Passau gegossen wurden. Die große Stürmerin wiegt 3.710 Kilogramm bei einem Durchmesser von 1,80 Metern und erklingt im Schlagton a0. Diese der Patrona Bavariae gewidmete Glocke hängt separat im Südturm. Die übrigen Glocken in den Tönen cis1, e1, fis1 und a1 befinden sich im Nordturm. Mit dieser Disposition ist eine Anlehnung an die ersten Töne des Salve Regina angestrebt worden.

Literatur

  • Markus T. Huber: Die Stiftspfarrkirche St. Philippus und Jakobus in Altötting. Bauen und Ausstatten für einen Wallfahrtsbetrieb um 1500. In: Ars Bavarica, Bd. 91, Starnberg 2022, S. 6–159 mit Klapptafel.
  • Markus T. Huber: Von „märbelstainernen Säulen“ und „verruckhten Altären“. Der spätgotische Lettner der Altöttinger Stiftskirche und seine Relikte. In: Passauer Jahrbuch, Bd. 58, Passau 2016, S. 221–237.
  • Markus T. Huber: Die spätgotische Chorausstattung der Altöttinger Stiftskirche. Lettner, Chorgestühl, Hochaltar. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst. 3. F., Bd. 61, München 2010, S. 23–48.
  • Katholische Kirchenstiftung St. Philippus und Jakobus, Altötting (Hrsg.): Die Altöttinger Stiftspfarrkirche St. Philippus und Jakobus. Altötting 2010.

Weblinks

Commons: St. Philipp und Jakob (Altötting) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Haus der Bayerischen Geschichte - Klöster in Bayern. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  2. Nähere Informationen zu den Orgeln der Stiftspfarrkirche (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)

Koordinaten: 48° 13′ 32,2″ N, 12° 40′ 34,3″ O