Orgel der Royal Albert Hall

Orgel der Royal Albert Hall 2012 während eines Tennisturniers
Die Willis-Orgel im Jahr 1871

Die Orgel in der Royal Albert Hall in London ist nach der Großen Orgel der Kathedrale von Liverpool die zweitgrößte Pfeifenorgel im Vereinigten Königreich. Sie wurde ursprünglich von Henry „Vater“ Willis errichtet und zuletzt 2002 bis 2004 durch John Mander reorganisiert. Seither hat sie 129 Register, 15 Transmissionen und Extensionen und 9999 Pfeifen.

Willis-Orgel

Die ursprüngliche Orgel wurde 1871 von Henry Willis & Sons gebaut. Sie hatte vier Manuale, 111 Register und war zu dieser Zeit die größte der Welt, bis 1884 die noch größere Walcker-Orgel im Dom zu Riga fertiggestellt wurde.[1] Die Winderzeugung erfolgte mit Hilfe einer Dampfmaschine.[2]

Umbauten und Erweiterungen durch Harrison & Harrison

Die Durhamer Firma Harrison & Harrison baute die Orgel 1924 und 1933 in zwei Schritten um, in denen sie diese auf 128 Register (einschließlich drei Percussions-Register) erweiterte und eine elektro-pneumatische Traktur installierte. Sie war zu dieser Zeit immer noch die größte Orgel in Großbritannien. Das Pink-Floyd-Album The Endless River von 2014 enthält den Titel Autumn ’68 mit einer Aufnahme von Bandmitglied Richard Wright, der 1969 die Orgel spielte.

In den 1970er Jahren renovierte Harrison & Harrison den Spielschrank und ersetzte die Registrieranlage, nahm geringfügige Änderungen an der Intonation vor und fügte ein Dach hinzu, um zu versuchen, den Klang nach vorne zu lenken, was nicht erfolgreich war. Die Komponistin Wendy Carlos stellte die Orgel während der abschließenden Titelsequenz des Disney-Science-Fiction-Films Tron von 1982 vor, der vom Organisten Martin Neary aufgeführt wurde.

Ende des 20. Jahrhunderts befand sich die Orgel wieder in einem schlechten Zustand. Immer mehr Register waren aufgrund von Undichtigkeiten im Windsystem, Rissen in den Windladen und anderen Problemen unbrauchbar. Der Wind entwich geräuschvoll aus Windkanälen und -laden, die Windversorgung war für ein volles Spiel unzureichend. Auch die Lederteile der Traktur waren undicht. Bis 2002 wurde die Orgel nur durch „heldenhafte Bemühungen“ von Harrison & Harrison spielbar gehalten und konnte im Falle einer Störung nur in Anwesenheit von Orgelbauern genutzt werden.[3][4]

Instandsetzung und Umbau durch Mander

Im Jahr 2002 wurde die Orgel für einen umfassenden Umbau durch John Mander, Inhaber der Firma Mander Organs, außer Betrieb genommen. Es wurde erwogen, die ursprüngliche Willis-Disposition wiederherzustellen; aber die nachfolgenden Änderungen und Vergrößerungen hatten dies unpraktikabel gemacht, und man war der Ansicht, dass es im Wesentlichen so bleiben sollte, wie es ist.

Die Trockenheit in der Halle hatte die Windladen beschädigt, daher wurden diese ersetzt und neue sowie größere Windkanäle gebaut. Das Dach wurde entfernt und die Zungenregister in der Great Division wurden auf ihren Winddruck von 1924 zurückgesetzt. Die Aufteilung der Großen Orgel in den 1970er Jahren (die es ermöglichte, zwei unabhängige Große Orgeln gleichzeitig zu registrieren und in verschiedenen Manualen zu spielen) wurde rationalisiert und bot effektiv getrennte Registergruppen von Willis und Harrison & Harrison. Außerdem wurde eine Fourniture IV hinzugefügt. Die Disposition umfasste nun insgesamt 129 Register, zuzüglich 15 Transmissionen und Extensionen mit 9999 klingenden Pfeifen. Für einige Jahre war die Orgel erneut die größte in Großbritannien, bis sie 2007 von der Orgel in der anglikanischen Kathedrale von Liverpool (10.268 Pfeifen) übertroffen wurde.

Die Orgel wurde am Abend des 26. Juni 2004 bei einem Galakonzert mit David Briggs, John Scott und Thomas Trotter mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter Richard Hickox wieder eingeweiht. Das Instrument spielte bei den BBC Proms 2004 eine herausragende Rolle. Die ersten Aufnahmen auf dem neu umgebauten Instrument stammen von Gillian Weir. Das Instrument wurde auch von der Progressive-Rock-Band Muse verwendet, als sie Megalomania spielte, das ursprünglich auf einer anderen Willis-Orgel, in der Kirche Saint Mary in Bathwick, aufgenommen wurde.

Disposition

Die aktuelle Disposition nach dem Umbau von Mander im Jahr 2004 lautet wie folgt:[5]

I Choir and Orchestral Organ C–c4
Choir Organ[A. 1]
01.Open Diapason08′
02.Lieblich Gedeckt08′
03.Dulciana08′
04.Gemshorn04′
05.Lieblich Flute04′
06.Nazard0223(H)
07.Flageolet02′
08.Tierce0135(H)
09.Mixture III[A 1]02′
10.Trumpet08′
11.Clarion04′
Orchestral division[A. 2]
12.Contra Viole16′
13.Violoncello08′
14.Viole d’Orchestre I08′
15.Viole d’Orchestre II08′
16.Viole Sourdine08′
17.Violes Celestes II08′
18.Viole Octaviante04′
19.Cornet de Violes V[A 2]0223
20.Quintaton16′
21.Harmonic Flute08′
22.Concert Flute04′
23.Harmonic Piccolo02′
24.Double Clarinet16′
25.Clarinet08′
26.Orchestral Hautboy08′
27.Cor Anglais08′
Tremulant
II Great Organ C–c4
28.Contra Violone32′
29.Contra Gamba (GC)16′
30.Double Open Diapason 016′
31.Double Claribel Flute16′
32.Bourdon (GC)16′
33.Open Diapason 108′
34.Open Diapason 208′
35.Open Diapason 3 (GC)08′
36.Open Diapason 408′
37.Open Diapason 5 (GC)08′
38.Geigen08′
39.Hohl Flute08′
40.Viola da Gamba (GC)08′
41.Rohr Flute (GC)08′
42.Quint0513
43.Octave04′
44.Principal (GC)04′
45.Viola (GC)04′
46.Harmonic Flute04′
47.Octave Quint (GC)0223
48.Super Octave02′
49.Fifteenth (GC)02′
50.Mixture V[A 3]04′
51.Harmonics VI[A 4]0315
52.Fourniture IV[A 5]0113
53Cymbale VII[A 6] (GC)0113
54.Contra Tromba16′
55.Tromba08′
56.Octave Tromba04′
57.Posaune08′
58.Harmonic Trumpet08′
59.Harmonic Clarion04′
III Swell Organ C–c4
60.Double Open Diapason 016′
61.Bourdon16′
62.Open Diapason08′
63.Viola da Gamba08′
64.Salicional08′
65.Vox Angelica08′
66.Flûte à Cheminée08′
67.Claribel Flute08′
68.Principal04′
69.Viola04′
70.Harmonic Flute04′
71.Octave Quint0223
72.Super Octave02′
73.Harmonic Piccolo02′
74.Mixture V[A 3]02′
75.Furniture V[A 7]0223
76.Contra Oboe16′
77.Oboe08′
78.Baryton16′
79.Vox Humana08′
Tremulant
80.Double Trumpet16′
81.Trumpet08′
82.Clarion04′
83.Tuba08′
84.Tuba Clarion04′
IV Solo and Bombard Organ C–c4
Solo Division[A. 2]
85.Contra Bass16′
86.Flûte à Pavillon08′
87.Viole d’Amour08′
88.Doppel Flute08′
89.Harmonic Claribel Flute08′
90.Unda Maris II08′
91.Wald Flute04′
92.Flauto Traverso04′
93.Piccolo Traverso02′
94.Double Bassoon16′
95.Corno di Bassetto08′
96.Hautboy08′
97.Bassoon08′
Tremulant
98.Double Horn16′
99.French Horn08′
Carillons
Tubular Bells
Bombard Division[A. 3]
100.Bombardon16′
101.Tuba08′
102.Orchestral Trumpet08′
103.Cornopean08′
104.Quint Trumpet0513
105.Orchestral Clarion04′
106.Sesquialtera V[A 2]0223
107.Contra Tuba16′
108.Tuba Mirabilis08′
109.Tuba Clarion04′
Pedal C–g1
Acoustic Bass (Ext. Nr. 111)64′
Double Open Wood (Ext. Nr. 111)32′
Double Open Diapason (Ext. Nr. 113) 032′
Contra Violone (= Nr. 28)32′
Double Quint (Ext. Nr. 111)2113
110.Open Wood I16′
111.Open Wood II16′
112.Open Diapason I16′
113.Open Diapason II16′
114.Violone16′
115.Sub Bass16′
116.Salicional16′
Viole (= Nr. 12)16′
117.Quint1023
(Fortsetzung Pedal)
Octave Wood (Ext. Nr. 110) 008′
Principal (Ext. Nr. 112)08′
118.Violoncello08′
119.Flute08′
120Octave Quint0513
121.Super Octave04′
122.Harmonics VII[A 8]0315
123.Mixture V[A 7]02′
(Fortsetzung Pedal)
Double Ophicleide (Ext. Nr. 124) 032′
Double Trombone (Ext. Nr. 126)32′
124.Ophicleide16′
125.Bombard16′
126.Trombone (in Swell)16′
127.Fagotto16′
Trumpet (= Nr. 80)16′
Clarinet (= Nr. 24)16′
Bassoon (= Nr. 94)16′
128.Quint Trombone 01023
(Fortsetzung Pedal)
Posaune (Ext. Nr. 125)08′
129.Clarion08′
Octave Posaune (Ext. Nr. 125)04′
Bass Drum[6]
  • Koppeln: Choir to Pedal, Great to Pedal, Swell to Pedal, Solo to Pedal, Choir (unenclosed) on Solo, Octave Orchestral, Sub Octave Second Division (Orchestral), Unison off, Swell to Choir, Solo to Choir, Reeds on Choir, Great Second Division on Choir, Choir to Great, Swell to Great, Solo to Great Octave (nur 16′, 8′, 4′), Solo to Swell, Octave, Sub Octave, Unison off, Octave Bombard (16′, 8′, 4′ stops only), Bombard on Choir, Tubas on Choir
  • Anmerkungen
(H) = Register von Harrison & Harrison, 1974
(GC) = Great, 2nd Division on Choir
  1. Nicht schwellbar.
  2. a b Schwellbar.
  3. Schwellbar, im Solowerk untergebracht.
  • Anmerkungen zur Komposition der mehrchörigen Register
  1. 15.19.22.
  2. a b 12.15.17.19.22.
  3. a b 8.12.15.19.22.
  4. 10.15.17.19.21.22.
  5. 19.22.26.29.
  6. 19.22.26.29.31.33.36.
  7. a b 15.19.22.26.29.
  8. 10.12.15.17.19.21.22.

Einzelnachweise

  1. Riga Cathedral. Abgerufen am 1. November 2022 (englisch).
  2. The National Pipe Organ Register - NPOR. Abgerufen am 27. Oktober 2022.
  3. Molloy Woodcraft: Pink Floyd: The Endless River review – 'a good way to call it a day'. In: The Observer. 9. November 2014, abgerufen am 10. Dezember 2014.
  4. NME News Desk: Pink Floyd producer says Royal Albert Hall organ solo used on new album was 'moment of rebellion'. In: NME. 26. September 2014, abgerufen am 10. Dezember 2014.
  5. Details zur Orgel im National Pipe Organ Register, abgerufen am 29. Dezember 2021 (englisch).
  6. Jonathan Scott erläutert die Orgel der Royal Albert Hall auf youtube. Abgerufen am 14. Oktober 2022 (deutsch).