Münchner Unterstützungsmodell gegen häusliche Gewalt

Das Münchner Unterstützungsmodell gegen häusliche Gewalt (kurz MUM) ist ein Kooperationsprojekt der Polizei Bayern mit freien Trägern der Wohlfahrtspflege, das Opfern häuslicher Gewalt Beratung und Hilfe bietet und seit 1. Juli 2004 besteht. Es entstand auf dem Hintergrund des Gewaltschutzgesetzes von 2002.[1] Wichtigste Grundlage ist ein gemeinsamer Beratungsstandard.[2]

Aufbau und öffentliche Wahrnehmung

Im Rahmen des Münchner Unterstützungsmodells gegen häusliche Gewalt (MUM) arbeiten das Kommissariat für verhaltensorientierte Prävention und Opferschutz des Polizeipräsidiums München mit sechs städtisch geförderten Münchner Fachberatungsstellen (s. Kooperationspartner) verbindlich zusammen. Das Projekt basiert auf einem von den beteiligten Institutionen vereinbarten Beratungsstandard. Es zielt auf – aus polizeilicher Sicht – vergleichsweise einfach gelagerte Fällen wie Körperverletzung und Beleidigung.[2]

Das Projekt war zunächst als einjähriges Modellprojekt eingerichtet worden. Sobald und wenn die Polizei die Daten weitergibt, wird binnen drei Werktagen die betreffende Person angerufen und über ihre Rechte nach dem Gewaltschutzgesetz informiert. Sie erfährt auch eine bedarfsgerechte Weitervermittlung, so notwendig. Durch den proaktiven Ansatz werden vermehrt auch Migrantinnen erreicht, die sonst keinen Zugang zu entsprechenden Hilfseinrichtungen haben. Die Philip Morris GmbH unterstützte das Projekt im Rahmen ihrer Initiative „Für ein Zuhause ohne Gewalt“ und ermöglichte eine Weiterführung nach 2006.[3]

Die Beratung kann allen Opfern häuslicher Gewalt in der Stadt München und dem Landkreis München angeboten werden. Die Polizei informiert die beteiligten Beratungsstellen bei Fällen von häuslicher Gewalt, falls die Opfer mit der Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten einverstanden sind. Diese setzen sich proaktiv mit den Betroffenen in Verbindung und bieten umfassende Beratung zur rechtlichen Situation sowie praktische Hilfen an.[4][5]

Auf dem 17. Deutschen Präventionstag wurde das Projekt als fachübergreifend anerkannte Institution genannt und mit einem Vortrag gewürdigt. Demnach wurden im Jahr 2011 über 1400 Opfer von häuslicher Gewalt beraten.[6][7] Die Polizei München führte 2013 etwa 3500 Delikte pro Jahr auf, bei denen sich rund 1600 Frauen beraten ließen, gut die Hälfte von der Polizei selbst. 70 Prozent der beim Frauennotruf Hilfesuchenden gelingt eine Neuorientierung.[8] Angesichts eines Mordfalls 2013, bei dem ein Hinweis auf eine Facebookdrohung des Exmanns zu lange bei der Staatsanwaltschaft lag, wurden eine separate Bearbeitung von Fällen häuslicher Gewalt sowie eine Verschärfung der Strafen für Verstöße gegen Kontaktverbote gefordert.[8]

Auf der Fachtagung „Bayern gegen häusliche Gewalt“ wurde es 2007 als Best-practice-Beispiel vorgestellt.[9] Zum zehnten Jahrestag des Bestehens des Kooperationsprojektes wurde 2014 in München ein Fachtag unter der Schirmpatenschaft von Polizeipräsident Hubertus Andrä und mit Unterstützung der Landeshauptstadt München durchgeführt.[10] In der Fachliteratur wird MUM deutschlandweit als gemeinsam mit dem Berliner Interventionsprojekt gegen Männergewalt (BiG e. V.) führend bezeichnet. Gegenüber vergleichbaren österreichischen Projekten habe MUM den vorsorgenden Effekten einen höheren Stellenwert gegeben.[11]

Kooperationspartner

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wiebke Steffen: Gesetze bestimmen die Taktik: Von der Reaktion auf Familienstreitigkeiten zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes. Veränderungen im Umgang mit polizeilicher Gewalt – zugleich ein Beispiel für die Praxisrelevanz kriminologischer Forschung. In: Helmut Kury, Joachim Obergfell-Fuchs (Hrsg.): Gewalt in der Familie: für und wider den Platzverweis. Lambertus, Freiburg im Breisgau 2004, ISBN 3-7841-1565-9, S. 30.
  2. a b c PP München: Münchener Unterstützungs-Modell gegen Häusliche Gewalt – MUM. Polizei Bayern, 4. Oktober 2012, abgerufen am 15. Februar 2016.
  3. Maier 2008, S. 73. zitiert dabei den Jahresbericht des Frauennotruf München Jahresbericht 2005, S. 7–8. Maier selbst spricht sich in der Folge für den Ansatz aus und resümiert S. 77, bezogen auf den Frauennotruf München: Die positive Konzeption der Arbeit trotz aller Schwierigkeiten und Belastungen durch die Tatfolgen ist essentiell.
  4. Münchner Unterstützungs-Modell gegen häusliche Gewalt (MUM). SKF München, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Februar 2016; abgerufen am 29. Dezember 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.skf-muenchen.de
  5. Tom Soyer, Susi Wimmer: Warum es so schwer ist, Opfer zu schützen. Süddeutsche Zeitung, 16. September 2013, abgerufen am 29. Dezember 2014.
  6. Arno Helfrich: MUM – Münchner Unterstützungsmodell gegen häusliche Gewalt. Deutscher Präventionstag, abgerufen am 6. Februar 2016.
  7. Erich Marks, Wiebke Steffen: Sicher leben in Stadt und Land: Ausgewählte Beiträge des 17. Deutschen Präventionstages (16. und 17. April 2012 in München). BoD, 2013, ISBN 978-3-942865-15-9.
  8. a b Ehefrau erstochen – Chronik eines angekündigten Mordes. In: sueddeutsche.de 24. November 2013. ISSN 0174-4917 (online [abgerufen am 6. Februar 2016]).
  9. Fachtagung „Bayern gegen häusliche Gewalt“. Frauen Union, 11. Januar 2007, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 29. Dezember 2014.@1@2Vorlage:Toter Link/www.fu-bayern.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Fachtag 10 Jahre MUM. (PDF) Autonome Frauenhäuser, abgerufen am 29. Dezember 2014.
  11. Manuela Brandstetter: Gewalt im sozialen Nahraum: Die Logik von Prävention in ländlichen Sozialräumen. Springer Verlag, 2009, ISBN 978-3-531-16794-7, S. 121.
  12. Beratung für Betroffene von Partnerschaftsgewalt. Münchner Informationszentrum für Männer, abgerufen am 15. Februar 2016.