Obsttiene

Obsttienen

Bis in die Zeit nach dem ersten Weltkrieg dienten vorwiegend Tienen( manchmal auch Tinen geschrieben) zum Transport von Obst aus Werder/Havel. Dieses Transportgefäß wurde vom in der Gegend ansässigen Weinbau übernommen. Je nach Obstart betrug der Inhalt einer Tiene 3,5 bis 4 kg bzw. 7 Liter. Aus Eichenholz gefertigte Gefäße wogen 1,8 kg, die aus Fichtenholz 1,6 kg. Die konisch gebauten Tienen wurden zum Versand oben mit einem Leinentuch zugebunden. In Werder/Havel und Umgebung waren um 1900 mehr als 200.000 Tienen in Gebrauch, deren Herstellung für das werdersche Handwerk recht bedeutsam war. Auf der Insel gab es drei Böttchereien. Es ist anzunehmen, daß das Böttchergewerbe schon im 18.Jahrhundert in Werder/Havel aufkam und die ersten Tienen Anfang des 19.Jahrhunderts für den Transport von Früchten hergestellt wurden. Bevor die Tienen an die Obstzüchter verkauft wurden, ließen die Böttcher sie eichen. Die Tienen wurden getrocknet und dann gewogen und das Eigengewicht auf der Außenseite eingebrannt. Eine neue Kirschtiene mit einem Fassungsvermögen von 7 bis 9 Pfund kostete 1908 sechzig Pfennige. Himbeertienen fassten 50 bis 60 Pfund. Die Früchten waren für die industrielle Verarbeitung bestimmt. Werder hat in bezug auf Transportgefäße bahnbrechend gewirkt, indem es als erstes deutsches Anbaugebiet um 1910 den Spankorb einführte. Damit verlor die Tiene sehr schnell ihre Bedeutung.