„Saubannerzug“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Untertorbrücke 1477 Schilling.jpg|thumb|Einzug des Saubannerzugs über die Untertorbrücke in Bern]]
[[Datei:Berner_Chronik_Saubannerzug_S.881.jpg|thumb|Der Saubannerzug 1477 vor der Stadt [[Bern]]. (''[[Berner Chronik]]'')]]
Der '''Saubannerzug''', auch ''Kolbenbannerzug'' oder ''Zug des torechten Lebens'' war das militärische Unternehmen einer [[Freischar]], die sich 1477 während der [[Karnevals-, Fastnachts- und Faschingshochburgen#Zentralschweiz|Fastnachtszeit]] aus der [[Zentralschweiz]] in Richtung [[Westschweiz]] und [[Genf]] in Bewegung setzte. Ziel des Saubannerzuges war es, von Genf, das damals zu [[Burgund# Hoch- und Spätmittelalter|Burgund]] gehörte, die in den [[Burgunderkriege]]n versprochene, aber noch nicht bezahlte [[Brandschatzung|Brandschatzsumme]] einzutreiben.
Als '''Saubannerzug''' (auch Kolbenbannerzug genannt) wird der Aufbruch einer [[Freischärler|Freischar]] aus der [[Innerschweiz]] nach [[Genf]] im Jahr [[1477]] bezeichnet. Der Name Saubanner geht auf ein mitgeführtes [[Banner (Fahne)|Banner]] zurück, auf welchem ein wilder [[Eber]] (Sau/Schwein) mit einem Kolben - ein Zeichen für Unzufriedenheit – auf blauem Grund abgebildet war. Der Kolben (also eine Holzkeule) stand für Widerstandsbewegungen des 15. Jahrhunderts für die gerechte Sache.


Das [[Banner (Fahne)|Banner]] des Zuges zeigte auf blauem Grund eine Sau (waidmännisch für [[Wildschwein]]) und einen Kolben ([[Streitkolben]], [[Keule]]). In ''torechtes Leben'' bedeutet „torecht“ soviel wie „rasend“, „toll“, „ausser Rand und Band“ (nicht „dumm“ wie die neuhochdeutsche Entsprechung „töricht“); „Leben“ ist eine alte schweizerdeutsche Bezeichnung für eine [[Korporation]] oder [[Zunft]].
Hintergrund des Saubannerzugs waren die [[Burgunderkriege]] von 1474 bis 1477. Nach der Schlacht bei [[Nancy]] am 5. Januar 1477 gründeten zurückgekehrte [[Kanton Uri|Urner]] und [[Kanton Schwyz|Schwyzer]] Kriegsleute, die mit der Beuteverteilung unzufrieden waren, die so genannte ''Gesellschaft vom torechten Leben''. In der Fastnachtszeit des Jahres 1477 brachen sie Richtung [[Westschweiz]] auf, um von Genf die versprochene Brandschatzsumme zu fordern. Dem Zug schlossen sich unterwegs auch Kriegsknechte aus anderen Orten der [[Zentralschweiz]] an. Die Zahl der am Zug Beteiligten wird auf 1'700 Leute geschätzt.


In der Gesellschaft vom torechten Leben sammelten sich [[Kanton Uri|Urner]] und [[Kanton Schwyz|Schwyzer]] Kriegsleute ([[Reisläufer]]), die nach dem Sieg der Eidgenossen in der [[Schlacht bei Nancy]] mit der Beuteverteilung unzufrieden waren. Dem Saubannerzug schlossen sich Teilnehmer aus anderen Schweizer Orten an. Seine Stärke wird auf 1'700 Mann geschätzt.
Den Obrigkeiten von [[Zürich]], [[Bern]] und [[Luzern]] kam dieses Unterfangen jedoch äusserst ungelegen, da sie sich in Verhandlungen mit [[Frankreich]] und [[Savoyen]] befanden und nicht in den Verdacht geraten wollten, die eigenen Truppen nicht unter Kontrolle zu haben. Umgehend wurden Gesandtschaften aus Bern und den anderen eidgenössischen Orten sowie aus den Städten Genf, [[Basel]] und [[Strassburg]] zu den Aufständischen geschickt. Den Gesandten gelang es am 4. März 1477 den Zug, der bereits bis [[Payerne]] und [[Lausanne]] gelangt war, zu stoppen. Genf musste sich verpflichten, den Eidgenossen von den noch geschuldeten 24'000 [[Gulden]] sofort 8'000 auszuzahlen. Für den Rest wurden [[Geisel]]n gestellt. Zudem musste Genf jedem Zugteilnehmer zwei Gulden als Entschädigung entrichten sowie einen Umtrunk anbieten. Auch für die Bezahlung der Gesandten und weitere Ausgaben musste Genf aufkommen.


Auf ihrem Marsch nahmen die Saubannerzügler eine drohende Haltung auch gegen Städte ein, die zur Eidgenossenschaft gehörten. Die [[Berner Chronik]] stellt fest, ''„das die in dem torechtigen leben mit einer paner daran was ein kolben und ouch ein [[Eber|eber]] gemolet, mit grossem [[Frevel|frevel]] und mutwillen gen [[Burgdorf BE|Burgdorf]] kament“''. Der Heerhaufen verursachte den Räten der Städte Bern, Zürich und Luzern grosses Kopfzerbrechen, da sie in Verhandlungen mit mit [[Savoyen]] und Frankreich standen. Durch Zahlung von 2 Gulden pro Mann und vier Fässern Wein gelang es ihnen, den Zug am 4. März aufzuhalten, bevor er sein Ziel erreichte.
Nach dem Zug ging Genf mit Bern und mit Freiburg das erste [[Burgrecht]] ein, um sich vor weiteren Freischaren zu schützen und die eidgenössischen Städte besiegelten ein unbefristetes Burgrecht. Dies wiederum rief den Protest der Länderorte hervor. Ein Ausweg aus dem Konflikt wurde mit dem [[Stanser Verkommnis]] gefunden.


[[Gottfried Keller]] lässt den Helden seiner Novelle ''[[Dietegen (Gottfried Keller)|Dietegen]]'' am Zug des torechten Lebens teilnehmen.
== Weblinks ==


Heute wird in der Schweizer Presse das Wort ''Saubannerzug'' häufig zur Charakterisierung [[Vandalismus|vandalistischer]] Ausschreitungen gebraucht.
* {{internetquelle|url=http://torechtes-leben.ch/Ressourcen/TorechtesLeben1477.txt|titel=Das torechte Leben von 1477 in der bernischen Politik 1477-1481|sprache=deutsch|zugriff=14. Oktober 2008}}

== Weblinks ==
*{{HLS|8887|Saubannerzug}}
*[http://www.gws-döbe.li/machs-na/1992-saubannerzug/ Geschichtswerkstatt: ''Saubannerzug''] Lizentiatsarbeit von Christoph Döbeli (1992)


[[Kategorie:Schweizerische Militärgeschichte]]
[[Kategorie:Schweizerische Militärgeschichte]]

Version vom 31. Januar 2009, 00:33 Uhr

Der Saubannerzug 1477 vor der Stadt Bern. (Berner Chronik)

Der Saubannerzug, auch Kolbenbannerzug oder Zug des torechten Lebens war das militärische Unternehmen einer Freischar, die sich 1477 während der Fastnachtszeit aus der Zentralschweiz in Richtung Westschweiz und Genf in Bewegung setzte. Ziel des Saubannerzuges war es, von Genf, das damals zu Burgund gehörte, die in den Burgunderkriegen versprochene, aber noch nicht bezahlte Brandschatzsumme einzutreiben.

Das Banner des Zuges zeigte auf blauem Grund eine Sau (waidmännisch für Wildschwein) und einen Kolben (Streitkolben, Keule). In torechtes Leben bedeutet „torecht“ soviel wie „rasend“, „toll“, „ausser Rand und Band“ (nicht „dumm“ wie die neuhochdeutsche Entsprechung „töricht“); „Leben“ ist eine alte schweizerdeutsche Bezeichnung für eine Korporation oder Zunft.

In der Gesellschaft vom torechten Leben sammelten sich Urner und Schwyzer Kriegsleute (Reisläufer), die nach dem Sieg der Eidgenossen in der Schlacht bei Nancy mit der Beuteverteilung unzufrieden waren. Dem Saubannerzug schlossen sich Teilnehmer aus anderen Schweizer Orten an. Seine Stärke wird auf 1'700 Mann geschätzt.

Auf ihrem Marsch nahmen die Saubannerzügler eine drohende Haltung auch gegen Städte ein, die zur Eidgenossenschaft gehörten. Die Berner Chronik stellt fest, „das die in dem torechtigen leben mit einer paner daran was ein kolben und ouch ein eber gemolet, mit grossem frevel und mutwillen gen Burgdorf kament“. Der Heerhaufen verursachte den Räten der Städte Bern, Zürich und Luzern grosses Kopfzerbrechen, da sie in Verhandlungen mit mit Savoyen und Frankreich standen. Durch Zahlung von 2 Gulden pro Mann und vier Fässern Wein gelang es ihnen, den Zug am 4. März aufzuhalten, bevor er sein Ziel erreichte.

Gottfried Keller lässt den Helden seiner Novelle Dietegen am Zug des torechten Lebens teilnehmen.

Heute wird in der Schweizer Presse das Wort Saubannerzug häufig zur Charakterisierung vandalistischer Ausschreitungen gebraucht.