Requisition

Requisition stammt aus dem Lateinischen, requirere bedeutet wörtlich aufsuchen, untersuchen, verlangen.

Das Wort kann in unterschiedlichen Zusammenhängen im Rechtswesen und im Militärwesen verwendet werden:

Requisition im Rechtswesen

Requisition ist im Rechtswesen ein veralteter Begriff für eine Nachforschung, eine Untersuchung sowie ein Rechtshilfeersuchen.

Requisition oder Requirierung im Militärwesen

Requisition bedeutet im militärischen Sinne die Beschlagnahmung von zivilen Sachgütern für Heereszwecke. Dadurch unterscheidet sie sich von der Kontribution, bei der zivile Geldmittel beschlagnahmt werden. Einzelne Soldaten, die sich Gegenstände aneignen, begehen hingegen Plünderung.

Zur historischen Entwicklung des Requistionssystems

Während des Altertums war es nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel, Brunnen zu vergiften, um damit dem Feind zu schaden. Im Gegenzug nahmen sich feindlicher Krieger einfach alles, was sie brauchten. Ein Unterschied zwischen Kriegern und Nicht-Kriegern wurde (meist) nicht gemacht. Dies galt bis weit ins Mittelalter, zumindest dann, wenn es sich um ideologisch-religiöse Auseinandersetzungen handelte.[1] Dies wurde in der Neuzeit – unter den „kultivierten Völkern“ – immerhin dahingehend angeschwächt, daß sich Soldaten in Kriegszeiten lediglich Lebensmittel für sich oder ihre Tiere nehmen durften. Den Hausrat und das Vieh der Bevölkerung aber sollten sie schonen. Der Bedarf für den Unterhalt der neuen Söldnerarmeen wurde nach Möglichkeit angekauft. Während der Renaissance achteten viele Heerführer streng darauf, daß diese Vorgabe auch eingehalten wurde.[2]

Allerdings ließ sich diese allgemeine Regel immer schlechter einhalten, je länger ein Krieg dauerte, je öfters eine Ortschaft bereits von Truppen durchsucht worden war oder wenn es sich um einen religiösen Krieg handelte. Dann führte die Not und der Hass das System der „Beitreibung“ (d.h. der Requirierung) fast unweigerlich zu unkontrollierbaren Plünderungen durch hungernde und betrunkene Soldaten und endete schließlich häufig mit Mord und Vergewaltigung. Vor allem während des Dreißigjährigen Krieges plünderten alle Kriegsparteien uneingeschränkt Ortschaften aus, so dass schließlich ganze Landstriche darniederlagen. In der nachfolgenden Zeit wurden deshalb die Armeen der meisten Länder immer strenger angehalten, sich nach Möglichkeit selbst zu versorgen. Aus diesem Grund wurde während der sogenannten Kabinettskriege des 18. Jahrhunderts die Versorgung der Heere mit einem aufwendigen Magazinsystem und einem allmählich anwachsenden Train immer weiter ausgebaut. Während dieser Zeit wurde erstmals selbst während eines Krieges auf eine strenge Trennung zwischen dem zivilen und dem militärisch Bereich geachtet. Mit der allmählich besser werdenden Versorgung der Soldaten geriet auch das Requisitionssystem lange Zeit in Vergessenheit, bis es in den Kriegen nach 1792 (→ Koalitionskriege) von der Französischen Republik wieder eingeführt wurde.[3] Da das zunächst aus der Not geborene Requisitionssystem kurzfristig das Problem der aufwendigen Versorgung der Heere zu lösen schien, wurde es bald von den anderen Armeen in Europa übernommen. Danach galt es bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs in Kriegszeiten als reguläres Verfahren zur Beschaffung von Lebensmitteln für die Truppen (und dies trotz einiger vertraglicher Einschränkungen durch der Haager Landkriegsordnung von 1899 und 1907). Allerdings war selbst in gut organisierten Heeren der Übergang zwischen Requisition und Plünderung fließend, da Nachzügler oder einzelne Einheiten aus Not nicht selten eigenmächtig der Bevölkerung Sachen wegnahmen, die sie unmittelbar benötigten. Daher funktionierte das Requisitionssystem selbst zur Zeit der Koalitionskriege nur bei kurzen Feldzügen in den „reichen“ Regionen Mittel- und Westeuropas, während es bei den lang andauernden Kriegen und in ärmeren dünn besiedelten Gegenden in Spanien, Polen und in Russland zu Aufständen und Guerillakriegen führte.[4]

Obwohl das extensive Requisitionssystem somit bereits während der Napoleonischen Kriege zu ersten Unruhen und Aufständen der Bevölkerungen gegen die jeweilige Besatzungsarmee geführt hatte, galt dennoch während des ganzen 19. Jahrhunderts die Hauptsorge der Gesetzgeber aller europäischen Staaten vor allem, dass die Requirierungen „ordentlich“ durchgeführt wurden, daß die Bewohner in den Orten, wo Requirierungen vorgenommen wurden, auch „ausreichend“ entschädigt würden, da diese sonst „ihr Eigentum sonst lieber versteckten oder selbst zerstörten, als es den requirierenden Truppen abzugeben“.[5] Daher wurden Truppenführer und Intendanturbeamten immer wieder streng angehalten, sich zunächst an die jeweiligen Ortsbehörden zu wenden, bevor sie die einzelnen Besitzer aufsuchten. Dabei wurde gleichzeitig auch vor der Gefahr gewarnt, daß eigenmächtige Requisitionen leicht zu Plünderungen führen können und dies den Verfall der Disziplin nach sich ziehe. Trotz solcher „theoretischen“ und juristischen Vorsorgen überschritten in der Realität eines Krieges hungernde und schlecht versorgte Truppen häufig die vorgegebenen Grenzen, so dass es nun immer öfters zu Aufständen gegen eine feindliche Armee kam. Dies um mehr, als die Bevölkerung besetzter Gebiete seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer öfters von den eigenen Behörden oder von Partisanen (Guerillas) aufgerufen wurde, dem Feind jede Hilfe zu verweigern. Dennoch erfolgten grundlegende Änderungen im internationalen Kriegsrecht erst nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1949.[6]

Requisition im modernen Kriegsrecht

Nach Artikel 52 der Haager Landkriegsordnung von 1899 darf nur der Befehlshaber in einem besetzten Gebiet eine Requisition anordnen, ferner muss bei Requisitionen in besetzten Gebieten eine Entschädigung erfolgen. Durch das Zusatzprotokoll des Genfer Abkommens über den Opferschutz bei internationalen bewaffneten Konflikten wird die Requisition weiter eingeschränkt: Eine Requisition von Gegenständen ziviler Organisationen (beispielsweise zivile Sanitätsdienste) darf nur erfolgen, wenn sie nicht zum Nachteil von Zivilisten geschieht, wenn die requirierten Güter für die Bedürfnisse anderer Zivilisten benötigt werden und wenn die Requisition nur so lange anhält, wie die Notwendigkeit besteht.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Viscount Montgomery, Weltgeschichte der der Schlachten und Kriegszüge (engl. eigentlich „History of Warfare“), 1974, Bd. 2, 601 - 613
  2. Delbrück, Geschichte der Kriegskunst, 1920, Bd. 4, 60f
  3. Poten, Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften, 1878, s.v. Requisition
  4. Nafziger, Napoleon's Invasion of Russia, 1988, 83 - 93
  5. Poten, Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften, 1878, s.v. Requisition
  6. „Genfer Abkommen zum Schutz der Kriegsopfer“ vom 12. 8. 1949, in: Stoecker (Hrg.), Handbuch der Verträge, 1968.
Wikisource: Eine Requisition – Quellen und Volltexte

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