„Luftangriffe auf Stuttgart“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Stuttgart 1945 Zerstörung Walter Kittel Zeichnung.jpg|mini|500px|Skizze der Zerstörungen in der Stuttgarter Innenstadt]]
[[Datei:Stuttgart 1945 Zerstörung Walter Kittel Zeichnung.jpg|mini|Skizze der Zerstörungen in der Stuttgarter Innenstadt]]
[[Datei:Stuttgart, Royal Air Force Bomber Command, 1942-1945. CL3437.jpg|mini|Luftbild des zerstörten Stuttgarter Stadtzentrums (Aufnahme der britischen RAF)]]
Bei den '''Luftangriffen auf Stuttgart''' wurde während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] die [[Württemberg|württembergische]] Hauptstadt [[Stuttgart]] schwer getroffen. Bei 53&nbsp;Angriffen<ref>''Stuttgart im Luftkrieg''. Klett Verlag, 1967, S. 53.</ref> kamen 4562 Menschen ums Leben, darunter 770 Ausländer, von denen der größte Teil [[Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus|Zwangsarbeiter]] waren. Der schwerste [[Luftkrieg im Zweiten Weltkrieg|Luftangriff]] in der Nacht des 12.&nbsp;September 1944 durch die britische [[Royal Air Force]], bei dem im [[Stuttgarter Talkessel]] ein [[Feuersturm]] entstand, forderte 957&nbsp;Opfer.
[[Datei:Stuttgart destruction - codingdavinci - 9200 F 46000.jpg|mini|Zerstörtes ''Leonhardsviertel'' am 22. August 1944]]
[[Datei:Stuttgart destruction - codingdavinci - 9200 F 45857.jpg|mini|[[Stiftskirche (Stuttgart)|Stiftskirche]] (1944)]]
[[Datei:Stuttgart destruction - codingdavinci - 9200 F45739.jpg|mini|Zerstörter Marktplatz am 1. November 1944]]
[[Datei:Bosch-Werk Feuerbach Zerstörtes Metallwerk nach Bombenangriff, 1944.jpg|mini|Bosch-Werk Feuerbach, zerstörtes Metallwerk nach Bombenangriff, 1944]]


Bei den '''Luftangriffen auf Stuttgart''' wurde während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] die [[Württemberg|württembergische]] Hauptstadt [[Stuttgart]] schwer getroffen. Bei 53&nbsp;Angriffen<ref>Heinz Bardua: ''Stuttgart im Luftkrieg''. Klett Verlag, Stuttgart 1967, S. 53.</ref> kamen 4562 Menschen ums Leben, darunter 770 Ausländer, von denen der größte Teil [[Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus|Zwangsarbeiter]] waren. Der schwerste [[Luftkrieg im Zweiten Weltkrieg|Luftangriff]] in der Nacht des 12.&nbsp;September 1944 durch die britische [[Royal Air Force]], bei dem im [[Stuttgarter Talkessel]] ein [[Feuersturm]] entstand, forderte 957&nbsp;Opfer.
Die Angriffe wurden von Einheiten der Royal Air Force (RAF) und den [[United States Army Air Forces]] (USAAF) ausgeführt. Speziell das [[Flächenbombardement]] ziviler Ziele (Innenstadt, Wohngebiete und andere) durch die RAF erfolgte aufgrund der vom britischen Luftfahrtministerium ([[Air Ministry]]) am 14.&nbsp;Februar 1942 erteilten „[[Area Bombing Directive]]“.<ref>Jörg Friedrich: ''Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945'', S. 83</ref>

Die Angriffe wurden von Einheiten der Royal Air Force (RAF) und den [[United States Army Air Forces]] (USAAF) geflogen. Speziell das [[Flächenbombardement]] ziviler Ziele (Innenstadt, Wohngebiete und andere) durch die RAF erfolgte aufgrund der vom britischen Luftfahrtministerium ([[Air Ministry]]) am 14.&nbsp;Februar 1942 erteilten „[[Area Bombing Directive]]“.<ref>Jörg Friedrich: ''Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945'', S. 83</ref>


Insgesamt 39.125 Gebäude wurden zerstört oder beschädigt, was 57,5 Prozent der Bausubstanz entsprach. Die Innenstadt war hierbei mit einem Zerstörungsgrad von 68 Prozent der Gesamtbausubstanz am schwersten betroffen.<ref name="Der Brand" />
Insgesamt 39.125 Gebäude wurden zerstört oder beschädigt, was 57,5 Prozent der Bausubstanz entsprach. Die Innenstadt war hierbei mit einem Zerstörungsgrad von 68 Prozent der Gesamtbausubstanz am schwersten betroffen.<ref name="Der Brand" />


== Strategische Bedeutung und Angriffsziele ==
== Strategische Bedeutung und Angriffsziele ==
Im [[Großdeutsches Reich|Großdeutschen Reich]] stand Stuttgart im Mai 1939 mit über 458.000 [[Einwohnerentwicklung von Stuttgart#Von 1871 bis 1944|Einwohnern]] auf Rang 14 der [[Liste der größten deutschen Städte#Die größten deutschen Städte 1939|Liste der größten deutschen Städte]], wobei [[Breslau]] und [[Wien]] mit berücksichtigt sind.
Im [[Großdeutsches Reich|Großdeutschen Reich]] stand Stuttgart im Mai 1939 mit über 458.000 [[Einwohnerentwicklung von Stuttgart#Von 1871 bis 1944|Einwohnern]] auf Rang 14 der [[Liste der größten deutschen Städte#Die größten deutschen Städte 1939|Liste der größten deutschen Städte]], wobei [[Breslau]] und [[Wien]] mit berücksichtigt sind.


Die Stadt war bereits damals Standort bedeutender Industriebetriebe. Vor allem die kriegswichtigen Werke von [[Daimler-Benz]] und [[Robert Bosch (Unternehmen)|Bosch]] waren primäre Ziele, aber auch kleinere Unternehmen wie die [[Hirth Motoren|Hirth-Motorenwerke]] und das [[Stuttgarter Karosseriewerk Reutter|Karosseriewerk Reutter]] dienten der Rüstungsproduktion.
Die Stadt war bereits damals Standort bedeutender Industriebetriebe. Vor allem die kriegswichtigen Werke von [[Daimler-Benz]] und [[Robert Bosch (Unternehmen)|Bosch]] waren primäre Ziele, aber auch kleinere Unternehmen wie die [[Hirth Motoren|Hirth-Motorenwerke]] und das [[Stuttgarter Karosseriewerk Reutter|Karosseriewerk Reutter]] dienten der Rüstungsproduktion.


== Übersicht ==
== Übersicht ==
{{Hauptartikel|Liste der Luftangriffe der Alliierten (1939–1945)}}
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! Datum !! Schwerpunkte !! Opfer !! Angreifende Bomber
! Datum !! Schwerpunkte !! Opfer !! Angreifende Bomber
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|25. August 1940 0:16 bis 1:24 Uhr || [[Gaisburg]], [[Untertürkheim]] || 4 Tote, 5 Verwundete || ca. 20
|25. August 1940 00:16 bis 01:24 Uhr || [[Gaisburg]], [[Untertürkheim]] || 4 Tote, 5 Verwundete || ca. 20
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|2. Oktober 1940 0:28 bis 1:34 Uhr || [[Schloss Solitude]] || keine || ca. 1
|2. Oktober 1940 00:28 bis 01:34 Uhr || [[Schloss Solitude]] || keine || ca. 1
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|8. November 1940 21:16 bis 24:00 Uhr || Gaisburgstraße, Alexanderstraße || 3 Verwundete || ca. 20
|8. November 1940 21:16 bis 24 Uhr || Gaisburgstraße, Alexanderstraße || 3 Verwundete || ca. 20
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|5. Mai 1942 0:33 bis 2:43 Uhr || [[Zuffenhausen]], [[Bad Cannstatt]] || 13 Tote, 37 Verwundete || 120, von denen 34 die Stadt erreichten.
|5. Mai 1942 00:33 bis 02:43 Uhr || [[Zuffenhausen]], [[Bad Cannstatt]] || 13 Tote, 37 Verwundete || 120, von denen 34 die Stadt erreichten
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|6. Mai 1942 1:51 bis 1:53 Uhr || Kräherwald || keine || 77 Bomber, von denen einer die Stadt erreichte.
|6. Mai 1942 01:51 bis 01:53 Uhr || Kräherwald || keine || 77 Bomber, von denen einer die Stadt erreichte
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|29. August 1942 1:45 Uhr || [[Dinkelacker|Brauerei Dinkelacker]] || keine || 1
|29. August 1942 01:45 Uhr || [[Dinkelacker|Brauerei Dinkelacker]] || keine || 1
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|22. November 1942 21:30 bis 22:45 Uhr || [[Vaihingen (Stuttgart)|Vaihingen]], [[Rohr (Stuttgart)|Rohr]], [[Möhringen (Stuttgart)|Möhringen]], [[Stuttgart Hauptbahnhof|Hauptbahnhof]] || 28 Tote, 71 Verwundete || 222, von denen 191 die Stadt erreichten.
|22. November 1942 21:30 bis 22:45 Uhr || [[Vaihingen (Stuttgart)|Vaihingen]], [[Rohr (Stuttgart)|Rohr]], [[Möhringen (Stuttgart)|Möhringen]], [[Stuttgart Hauptbahnhof|Hauptbahnhof]] || 28 Tote, 71 Verwundete || 222, von denen 191 die Stadt erreichten
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|11. März 1943 22:46 bis 23:50 Uhr || Vaihingen, südliches Stadtgebiet, [[Kaltental (Stuttgart)|Kaltental]] || 112 Tote, 386 Verwundete || 314, von denen 279 die Stadt erreichten
|11. März 1943 22:46 bis 23:50 Uhr || Vaihingen, südliches Stadtgebiet, [[Kaltental (Stuttgart)|Kaltental]] || 112 Tote, 386 Verwundete || 314, von denen 279 die Stadt erreichten
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|15. April 1943 0:42 bis 1:52 Uhr || Bad Cannstatt, [[Münster (Stuttgart)|Münster]], [[Mühlhausen (Stuttgart)|Mühlhausen]] || 619 Tote, 703 Verwundete || 462, von denen 393 die Stadt erreichten.
|15. April 1943 00:42 bis 01:52 Uhr || Bad Cannstatt, [[Münster (Stuttgart)|Münster]], [[Mühlhausen (Stuttgart)|Mühlhausen]] || 619 Tote, 703 Verwundete || 462, von denen 393 die Stadt erreichten
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|17. April 1943 1:10 Uhr || Rosenbergstraße über dem Rosenbergplatz || 1 Toter, 58 Verwundete || Notwurf eines brennend abstürzenden Bombers
|17. April 1943 01:10 Uhr || Rosenbergstraße über dem Rosenbergplatz || 1 Toter, 58 Verwundete || Notwurf eines brennend abstürzenden Bombers
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|6. September 1943 10:44 bis 11:10 Uhr || Kanzlei-, Breitscheid-, Falkert-, Rosenberg-, Schwabstraße || 107 Tote, 165 Verwundete, 1 Vermisster || ca 150
|6. September 1943 10:44 bis 11:10 Uhr || Kanzlei-, Breitscheid-, Falkert-, Rosenberg-, Schwabstraße || 107 Tote, 165 Verwundete, 1 Vermisster || ca. 150
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|8. Oktober 1943 0:02 bis 0:53 Uhr || [[Hegelplatz]], [[Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle|Liederhalle]], Tübinger Straße, Degerloch|| 101 Tote, 300 Verwundete, 3 Vermisste || 342 Lancasters
|8. Oktober 1943 00:02 bis 00:53 Uhr || [[Hegelplatz]], [[Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle|Liederhalle]], Tübinger Straße, Degerloch|| 101 Tote, 300 Verwundete, 3 Vermisste || 342 Lancasters
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|26. November 1943 20:25 bis 21:12 Uhr || Bad Cannstatt, Untertürkheim, [[Daimler-Benz]]-Werke || 31 Tote, 156 Vermisste || 178, wovon 162 die Stadt erreichten
|26. November 1943 20:25 bis 21:12 Uhr || Bad Cannstatt, Untertürkheim, [[Daimler-Benz]]-Werke || 31 Tote, 156 Vermisste || 178, wovon 162 die Stadt erreichten
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|21. Februar 1944 3:57 bis 5:09 Uhr || Bad Cannstatt, [[Feuerbach (Stuttgart)|Feuerbach]] || 159 Tote, 977 Verwundete, 1 Vermisster || 598, von denen 552 die Stadt erreichten.
|21. Februar 1944 03:57 bis 05:09 Uhr || Bad Cannstatt, [[Feuerbach (Stuttgart)|Feuerbach]] || 159 Tote, 977 Verwundete, 1 Vermisster || 598, von denen 552 die Stadt erreichten
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|25. Februar 1944 14:25 bis 15:00 Uhr || Industriegebiet Pragstraße || 10 Tote, 46 Verwundete || 15
|25. Februar 1944 14:25 bis 15 Uhr || Industriegebiet Pragstraße || 10 Tote, 46 Verwundete || 15
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|2. März 1944 2:57 bis 4:01 Uhr || [[Stuttgart-Mitte|Innenstadt]], [[Neues Schloss (Stuttgart)|Neues Schloss]], Bad Cannstatt, Viadukt || 121 Tote, 510 Verwundete, 4 Vermisste || 557
|2. März 1944 02:57 bis 04:01 Uhr || [[Stuttgart-Mitte|Innenstadt]], [[Neues Schloss (Stuttgart)|Neues Schloss]], Bad Cannstatt, Viadukt || 121 Tote, 510 Verwundete, 4 Vermisste || 557
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|15./16. März 1944 23:10 bis 0:13 Uhr || Innenstadt, Akademie, Vaihingen, Möhringen || 88 Tote, 203 Verwundete || 863
|15./16. März 1944 23:10 bis 00:13 Uhr || Innenstadt, Akademie, Vaihingen, Möhringen || 88 Tote, 203 Verwundete || 863
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|16. Juli 1944 10:09 bis 10:25 Uhr || Bad Cannstatt, Winterhalde, [[Remstalbahn|Remstal]]- und [[Gäubahn (Stuttgart–Singen)|Gäubahn]] || 42 Tote, 94 Verwundete || ca. 100
|16. Juli 1944 10:09 bis 10:25 Uhr || Bad Cannstatt, Winterhalde, [[Bahnstrecke Stuttgart-Bad Cannstatt–Nördlingen|Remstalbahn]] und [[Bahnstrecke Stuttgart–Horb|Gäubahn]] || 42 Tote, 94 Verwundete || ca. 100
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|21. Juli 1944 11:04 bis 11:12 Uhr || Zuffenhausen, [[Hirth Motoren|Hirth-Motorenwerke]] || 31 Tote, 29 Verwundete || 25
|21. Juli 1944 11:04 bis 11:12 Uhr || Zuffenhausen, [[Hirth Motoren|Hirth-Motorenwerke]] || 31 Tote, 29 Verwundete || 25
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|25. Juli 1944 1:35 bis 2:10 Uhr || Stadtzentrum || 884 Tote, 1916 Verwundete, 14 Vermisste || 614
|25. Juli 1944 01:35 bis 02:10 Uhr || Stadtzentrum || 884 Tote, 1916 Verwundete, 14 Vermisste || 614
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|26. Juli 1944 1:38 bis 2:35 Uhr || Innenstadt || " || 550
|26. Juli 1944 01:38 bis 02:35 Uhr || Innenstadt || " || 550
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|28. Juli 1944 1:22 bis 1:50 Uhr || [[Stuttgart Nordbahnhof|Nordbahnhof]]gegend || " || 30, von denen 27 die Stadt erreichten
|28. Juli 1944 01:22 bis 01:50 Uhr || [[Stuttgart Nordbahnhof|Nordbahnhofgegend]] || " || 30, von denen 27 die Stadt erreichten
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|29. Juli 1944 1:48 bis 2:30 Uhr || Innenstadt, Feuerbach, [[Botnang]], [[Ostheim (Stuttgart)|Ostheim]], [[Gablenberg]] || " || 496
|29. Juli 1944 01:48 bis 02:30 Uhr || Innenstadt, Feuerbach, [[Botnang]], [[Ostheim (Stuttgart)|Ostheim]], [[Gablenberg]] || " || 496
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|5. September 1944 11:15 bis 11:54 Uhr || Daimler-Benz-Werke, Untertürkheim, [[Wangen (Stuttgart)|Wangen]] || 37 Tote, 70 Verwundete || ca. 200
|5. September 1944 11:15 bis 11:54 Uhr || Daimler-Benz-Werke, Untertürkheim, [[Wangen (Stuttgart)|Wangen]] || 37 Tote, 70 Verwundete || ca. 200
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|3. Oktober 1944 22:01 Uhr || Fasanengarten bei [[Weilimdorf]] || keine || 1 Mosquito-Schnellbomber
|3. Oktober 1944 22:01 Uhr || Fasanengarten bei [[Weilimdorf]] || keine || 1 Mosquito-Schnellbomber
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|14. Oktober 1944 4:35 bis 4:56 Uhr || Zuffenhausen || 2 Tote, 40 Verwundete || ca. 3
|14. Oktober 1944 04:35 bis 04:56 Uhr || Zuffenhausen || 2 Tote, 40 Verwundete || ca. 3
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|19. Oktober 1944 20:25 bis 21:10 Uhr || Bad Cannstatt, Gaisburg || 338 Tote, 872 Verwundete, 38 Vermisste || 583
|19. Oktober 1944 20:25 bis 21:10 Uhr || Bad Cannstatt, Gaisburg || 338 Tote, 872 Verwundete, 38 Vermisste || 583
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|20. Oktober 1944 0:55 bis 1:38 Uhr || Bad Cannstatt, Gaisburg || siehe vorheriger Angriff ||
|20. Oktober 1944 00:55 bis 01:38 Uhr || Bad Cannstatt, Gaisburg || siehe vorheriger Angriff ||
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|5. November 1944 20:00 bis 20:30 Uhr || Bad Cannstatt, Münster || 24 Tote, 46 Verwundete || 65
|5. November 1944 20 bis 20:30 Uhr || Bad Cannstatt, Münster || 24 Tote, 46 Verwundete || 65
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|5. November 1944 23:32 bis 23:48 Uhr || Bad Cannstatt, Münster || siehe vorheriger Angriff || ca. 100
|5. November 1944 23:32 bis 23:48 Uhr || Bad Cannstatt, Münster || siehe vorheriger Angriff || ca. 100
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|21. November 1944 19:10 bis 19:16 Uhr || Südliches Stadtgebiet || 1 Toter, 1 Verwundeter || ca. 20 bis 30
|21. November 1944 19:10 bis 19:16 Uhr || Südliches Stadtgebiet || 1 Toter, 1 Verwundeter || ca. 20 bis 30
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|26. November 1944 1:57 bis 2:08 Uhr || Bad Cannstatt, Bahnhof, Postamt || 10 Verwundete || 1 bis 2
|26. November 1944 01:57 bis 02:08 Uhr || Bad Cannstatt, Bahnhof, Postamt || 10 Verwundete || 1 bis 2
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|4. Dezember 1944 14:58 Uhr || [[Hofen (Stuttgart)|Hofen]] || 1 Toter, 2 Verwundete || 1
|4. Dezember 1944 14:58 Uhr || [[Hofen (Stuttgart)|Hofen]] || 1 Toter, 2 Verwundete || 1
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|20. Januar 1945 11:50 bis 12:05 Uhr || Bad Cannstatt, Bahngelände, Deckerstraße || 1 Toter, 12 Verwundete || ca. 30
|20. Januar 1945 11:50 bis 12:05 Uhr || Bad Cannstatt, Bahngelände, Deckerstraße || 1 Toter, 12 Verwundete || ca. 30
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|21. Januar 1945 12:58 bis 13:00 Uhr || Münster, Hofen || keine || 12
|21. Januar 1945 12:58 bis 13 Uhr || Münster, Hofen || keine || 12
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|28. Januar 1945 20:35 bis 20:54 Uhr || Feuerbach, [[Robert Bosch (Unternehmen)|Bosch-Werke]] || 119 Tote, 78 Verwundete, 4 Vermisste || 226, von denen 186 die Stadt erreichten
|28. Januar 1945 20:35 bis 20:54 Uhr || Feuerbach, [[Robert Bosch (Unternehmen)|Bosch-Werke]] || 119 Tote, 78 Verwundete, 4 Vermisste || 226, von denen 186 die Stadt erreichten
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|17. März 1945 21:02 Uhr || Feuerbach, Fahrionstraße || 6 Tote, 11 Verwundete || 1
|17. März 1945 21:02 Uhr || Feuerbach, Fahrionstraße || 6 Tote, 11 Verwundete || 1
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|25. März 1945 7:55 Uhr || Weilimdorf || keine || 2
|25. März 1945 07:55 Uhr || Weilimdorf || keine || 2
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|25. März 1945 13:35 bis 13:37 Uhr || Stammheim, Zuffenhausen || 3 Tote, 4 Verwundete || 8
|25. März 1945 13:35 bis 13:37 Uhr || Stammheim, Zuffenhausen || 3 Tote, 4 Verwundete || 8
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|1. April 1945 7:17 bis 9:45 Uhr || Weilimdorf || 2 Tote, 16 Verwundete || 8
|1. April 1945 07:17 bis 09:45 Uhr || Weilimdorf || 2 Tote, 16 Verwundete || 8
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|19. April 1945 22:12 Uhr || Pragstraße || 1 Toter, 7 Verwundete || 1
|19. April 1945 22:12 Uhr || Pragstraße || 1 Toter, 7 Verwundete || 1
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== Großangriffe im Juli und September 1944 ==
== Großangriffe im Juli und September 1944 ==
Die verheerendsten Luftangriffe auf Stuttgart erfolgten im Juli und September 1944. Durchgeführt wurden die Angriffe durch die ''[[No. 5 Bomber Group]]'' auf Befehl von Luftmarschall [[Arthur Harris]]. Die britische ''No. 5 Bomber Group'' war eine auf das systematische Abbrennen ziviler Flächenziele spezialisierte Einheit des britischen [[RAF Bomber Command|Bomber Command]], die unter anderem für die [[Flächenbombardement]]s auf [[Dresden]], [[Kassel]], [[Braunschweig]], [[Pforzheim]], [[Hamburg]] und [[Hanau]] verantwortlich war. Die Einheit wandte eine Kombination von [[Sprengbombe|Spreng-]] und [[Brandbombe]]n an. Diese Kombination führte im militärischen Optimalfall zu einem Feuersturm. Das Feuer vervielfachte dabei die Schäden der als Verursacher eingesetzten Spreng- und Brandbomben.<ref name="Der Brand">Jörg Friedrich: ''Der Brand'', 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München, S. 333–338.</ref>
Die verheerendsten Luftangriffe auf Stuttgart erfolgten im Juli und September 1944. Durchgeführt wurden die Angriffe durch die ''[[No. 5 Bomber Group]]'' auf Befehl von Luftmarschall [[Arthur Harris]]. Die britische ''No. 5 Bomber Group'' war eine auf das systematische Abbrennen ziviler Flächenziele spezialisierte Einheit des britischen [[RAF Bomber Command|Bomber Command]], die unter anderem für die [[Flächenbombardement]]s auf [[Dresden]], [[Darmstadt]], [[Kassel]], [[Braunschweig]], [[Pforzheim]], [[Hamburg]] und [[Hanau]] verantwortlich war. Die Einheit wandte eine Kombination von [[Sprengbombe|Spreng-]] und [[Brandbombe]]n an. Diese Kombination führte im militärischen Optimalfall zu einem Feuersturm. Das Feuer vervielfachte dabei die Schäden der als Verursacher eingesetzten Spreng- und Brandbomben.<ref name="Der Brand">Jörg Friedrich: ''Der Brand'', 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München, S. 333–338.</ref>


== Ablauf der Luftangriffe ==
== Ablauf der Luftangriffe ==
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Die genaue Auswahl der zu bombardierenden Stadtteile wurde anhand von [[Luftbildfotografie|Luftbildern]], Bevölkerungsdichtekarten und Brandversicherungs[[kataster]]karten getroffen. Die Katasterkarten waren durch deutsche Feuerversicherungen bei britischen Rückversicherungsgesellschaften vor dem Krieg hinterlegt worden. Die Stuttgarter Innenstadt wurde als Kerngebiet des Angriffs ausgewählt, da hier der Holzanteil an der Gesamtbaumasse am höchsten war. Damit stellte sie zum Entzünden eines Feuersturms in Stuttgart das optimale Kernzielgebiet dar.
Die genaue Auswahl der zu bombardierenden Stadtteile wurde anhand von [[Luftbildfotografie|Luftbildern]], Bevölkerungsdichtekarten und Brandversicherungs[[kataster]]karten getroffen. Die Katasterkarten waren durch deutsche Feuerversicherungen bei britischen Rückversicherungsgesellschaften vor dem Krieg hinterlegt worden. Die Stuttgarter Innenstadt wurde als Kerngebiet des Angriffs ausgewählt, da hier der Holzanteil an der Gesamtbaumasse am höchsten war. Damit stellte sie zum Entzünden eines Feuersturms in Stuttgart das optimale Kernzielgebiet dar.


Vor dem Bombardement wurde das Zielgebiet von [[De Havilland Mosquito|Mosquito]]-[[Schnellbomber]]n durch rote und grüne Markierungskörper (sogenannte Christbäume) abgegrenzt. Dies wurde überwacht durch einen in großer Höhe fliegenden Masterbomber, der über Funk mit den Markierungsfliegern verbunden war. Dann überprüfte der Masterbomber auf einer tieferen Flugbahn nochmals das Stuttgarter Zielgebiet, legte die exakten Anflughöhen fest und gab den Angriff frei.<ref name="Der Brand" />
Vor dem Bombardement wurde das Zielgebiet von [[De Havilland DH.98 Mosquito|Mosquito]]-[[Schnellbomber]]n durch rote und grüne Markierungskörper (sogenannte Christbäume) abgegrenzt. Dies wurde überwacht durch einen in großer Höhe fliegenden Masterbomber, der über Funk mit den Markierungsfliegern verbunden war. Dann überprüfte der Masterbomber auf einer tieferen Flugbahn nochmals das Stuttgarter Zielgebiet, legte die exakten Anflughöhen fest und gab den Angriff frei.<ref name="Der Brand" />


=== Bombardement ===
=== Bombardement ===
Der erste Angriffsserie vom Juli 1944 begann am 25. Juli und endete am 29. Juli 1944. Das Zielgebiet der Angriffe auf Stuttgart stellte im Wesentlichen das dichtbesiedelte Stadtzentrum in der Talkessellage – insbesondere die mittelalterliche Altstadt – dar. Das Bombardement lief meist wie folgt ab: Zuerst wurden tausende Sprengbomben sowie mehrere hundert [[Luftmine]]n abgeworfen. Durch die Druckwellen der Explosionen wurden die Dächer aufgerissen. Danach wurden tausende [[Elektron-Thermitstab|Elektron-Thermitstäbe]] über dem Zielgebiet abgeworfen, die nun in die aufgerissen Dachstühle der Häuser fielen und diese innerhalb kürzester Zeit in Vollbrand versetzten. Binnen kurzer Zeit breiteten sich tausende kleinere Gebäudebrände zu einem Großbrand aus. Ob sich aus diesem ein Feuersturm entwickelt, hängt insbesondere von der Gesamtwetterlage und Windrichtung ab. Bei der ersten Angriffsserie gelang es den Angreifern nicht, einen Feuersturm auszulösen, um die Wirkung der Bomben zu multiplizieren. Sie warfen bei dieser ersten Serie rund 5200 Sprengbomben und knapp 70.000 Brandbomben über Stuttgart ab.<ref>Rüdiger Bäßler: ''{{ Webarchiv | url=http://content.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2256662_0_9223_-hintergrundinformation-luftangriffe-im-2-weltkrieg.html | archive-is=20130212061224 | text=Hintergrundinformationen: Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg}}''. In Stuttgarter Zeitung vom 28. Oktober 2009, abgerufen am 6. Dezember 2012.</ref> Dies gelang erst beim Großangriff am 12. September 1944. In dieser Nacht zwischen 22:59 und 23:30 Uhr warf die britische ''No. 5 Bomber Group'' 75 Luftminen, 4300 Sprengbomben und 180.000 [[Elektron-Thermitstab|Elektron-Thermitstäbe Stabbrandbomben]] über einem schmalen Areal im Gebiet der Gegend um die Hegel-, Hölderlin- und Schwabstraße sehr zielgenau ab. Das dabei entstandene Großfeuer dehnte sich in hoher Geschwindigkeit aus. Es entstand ein Feuersturm. Dieser vernichtete ein fünf Quadratkilometer großes Stadtgebiet im Stuttgarter Talkessel.<ref name="Der Brand" />
Die erste Angriffsserie vom Juli 1944 begann am 25. Juli und endete am 29. Juli 1944. Das Zielgebiet der Angriffe auf Stuttgart stellte im Wesentlichen das dichtbesiedelte Stadtzentrum in der Talkessellage – insbesondere die mittelalterliche Altstadt – dar. Das Bombardement lief meist wie folgt ab: Zuerst wurden tausende Sprengbomben sowie mehrere hundert [[Luftmine]]n abgeworfen. Durch die Druckwellen der Explosionen wurden die Dächer aufgerissen. Danach wurden tausende [[Elektron-Thermitstab|Elektron-Thermitstäbe]] über dem Zielgebiet abgeworfen, die nun in die aufgerissen Dachstühle der Häuser fielen und diese innerhalb kürzester Zeit in Vollbrand versetzten. Binnen kurzer Zeit breiteten sich tausende kleinere Gebäudebrände zu einem Großbrand aus. Ob sich aus diesem ein Feuersturm entwickelt, hängt insbesondere von der Gesamtwetterlage und Windrichtung ab. Bei der ersten Angriffsserie gelang es den Angreifern nicht, einen Feuersturm auszulösen, um die Wirkung der Bomben zu multiplizieren. Sie warfen bei dieser ersten Serie rund 5200 Sprengbomben und knapp 70.000 Brandbomben über Stuttgart ab.<ref>Rüdiger Bäßler: ''{{Webarchiv | url=http://content.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2256662_0_9223_-hintergrundinformation-luftangriffe-im-2-weltkrieg.html | archive-is=20130212061224 | text=Hintergrundinformationen: Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg}}''. In Stuttgarter Zeitung vom 28. Oktober 2009, abgerufen am 6. Dezember 2012.</ref> Dies gelang erst beim Großangriff am 12. September 1944. In dieser Nacht zwischen 22:59 und 23:30 Uhr warf die britische ''No. 5 Bomber Group'' 75 Luftminen, 4300 Sprengbomben und 180.000 Elektron-Thermitstäbe über einem schmalen Areal im Gebiet der Gegend um die Hegel-, Hölderlin- und Schwabstraße sehr zielgenau ab. Das dabei entstandene Großfeuer dehnte sich in hoher Geschwindigkeit aus. Es entstand ein Feuersturm. Dieser vernichtete ein fünf Quadratkilometer großes Stadtgebiet im Stuttgarter Talkessel.<ref name="Der Brand" />

== Folgen ==
Neben den über 4500 Opfern wurden bei den Angriffen 8908 Menschen [[Deutsche Kriegsversehrte im 20. Jahrhundert|verwundet]], 85 Personen blieben vermisst.


== Verwundete ==
== Siehe auch ==
* [[Liste von Luftangriffen der Alliierten auf das Deutsche Reich (1939–1945)]]
Neben den über 4500 Opfern wurden bei den Angriffen 8908 Menschen [[Deutsche Kriegsversehrte im 20.&nbsp;Jahrhundert|verwundet]], 85 Personen blieben vermisst.
* [[Brasilien (Scheinanlage)|Brasilien]], Attrappe des [[Stuttgart Hauptbahnhof|Stuttgarter Hauptbahnhofs]] bei [[Lauffen am Neckar]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://extra.stuttgarter-zeitung.de/luftangriffe_stuttgart/ Die Luftangriffe auf Stuttgart] Multimedia-Reportage der [[Stuttgarter Zeitung]] auf: extra.stuttgarter-zeitung.de, abgerufen am 8. Dezember 2015
* [https://www.stuttgarter-zeitung.de/luftangriffe Die Luftangriffe auf Stuttgart] Multimedia-Reportage der [[Stuttgarter Zeitung]] auf: extra.stuttgarter-zeitung.de, abgerufen am 8. Dezember 2015
* [http://www.schutzbauten-stuttgart.de/Portals/0/Luftangriffe%20Stuttgart.pdf Liste aller 53 Angriffe] auf: schutzbauten-stuttgart.de, abgerufen am 8. Dezember 2015
* [http://www.schutzbauten-stuttgart.de/Portals/0/Luftangriffe%20Stuttgart.pdf Liste aller 53 Angriffe] auf: schutzbauten-stuttgart.de, abgerufen am 8. Dezember 2015
* [http://www.schutzbauten-stuttgart.de/Geschichte/ZahlenDatenFakten/ChronologieStuttgarterLuftschutz/ChronologieStuttgarterLuftschutzS2/ChronologieStuttgarterLuftschutzS3/ChronologiedesStuttgarterLuftschutzS4/tabid/303/language/en/Default.aspx Schutzbauten Stuttgart e.V.]
* [http://www.schutzbauten-stuttgart.de/Geschichte/ZahlenDatenFakten/ChronologieStuttgarterLuftschutz/ChronologieStuttgarterLuftschutzS2/ChronologieStuttgarterLuftschutzS3/ChronologiedesStuttgarterLuftschutzS4/tabid/303/language/en/Default.aspx Schutzbauten Stuttgart e.V.]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Heinz Bardua: ''Stuttgart im Luftkrieg.'' Klett Verlag, Stuttgart 1967
* James Stern: ''Die unsichtbaren Trümmer. Eine Reise im besetzten Deutschland 1945.'' Eichborn, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-0749-0.
* James Stern: ''Die unsichtbaren Trümmer. Eine Reise im besetzten Deutschland 1945.'' Eichborn, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-0749-0.
* Jörg Friedrich: ''Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945.'' 11. Auflage. Propyläen, München 2002, ISBN 3-549-07165-5.
* [[Jörg Friedrich]]: ''Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945.'' 11. Auflage. Propyläen, München 2002, ISBN 3-549-07165-5.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


[[Kategorie:Großbrand|Stuttgart, Luftangriff Auf]]
[[Kategorie:Großbrand|Stuttgart, Luftangriff Auf]]

Aktuelle Version vom 2. Juni 2024, 11:36 Uhr

Skizze der Zerstörungen in der Stuttgarter Innenstadt
Luftbild des zerstörten Stuttgarter Stadtzentrums (Aufnahme der britischen RAF)
Zerstörtes Leonhardsviertel am 22. August 1944
Stiftskirche (1944)
Zerstörter Marktplatz am 1. November 1944
Bosch-Werk Feuerbach, zerstörtes Metallwerk nach Bombenangriff, 1944

Bei den Luftangriffen auf Stuttgart wurde während des Zweiten Weltkrieges die württembergische Hauptstadt Stuttgart schwer getroffen. Bei 53 Angriffen[1] kamen 4562 Menschen ums Leben, darunter 770 Ausländer, von denen der größte Teil Zwangsarbeiter waren. Der schwerste Luftangriff in der Nacht des 12. September 1944 durch die britische Royal Air Force, bei dem im Stuttgarter Talkessel ein Feuersturm entstand, forderte 957 Opfer.

Die Angriffe wurden von Einheiten der Royal Air Force (RAF) und den United States Army Air Forces (USAAF) geflogen. Speziell das Flächenbombardement ziviler Ziele (Innenstadt, Wohngebiete und andere) durch die RAF erfolgte aufgrund der vom britischen Luftfahrtministerium (Air Ministry) am 14. Februar 1942 erteilten „Area Bombing Directive“.[2]

Insgesamt 39.125 Gebäude wurden zerstört oder beschädigt, was 57,5 Prozent der Bausubstanz entsprach. Die Innenstadt war hierbei mit einem Zerstörungsgrad von 68 Prozent der Gesamtbausubstanz am schwersten betroffen.[3]

Strategische Bedeutung und Angriffsziele

Im Großdeutschen Reich stand Stuttgart im Mai 1939 mit über 458.000 Einwohnern auf Rang 14 der Liste der größten deutschen Städte, wobei Breslau und Wien mit berücksichtigt sind.

Die Stadt war bereits damals Standort bedeutender Industriebetriebe. Vor allem die kriegswichtigen Werke von Daimler-Benz und Bosch waren primäre Ziele, aber auch kleinere Unternehmen wie die Hirth-Motorenwerke und das Karosseriewerk Reutter dienten der Rüstungsproduktion.

Übersicht

DatumSchwerpunkteOpferAngreifende Bomber
25. August 1940 00:16 bis 01:24 UhrGaisburg, Untertürkheim4 Tote, 5 Verwundeteca. 20
2. Oktober 1940 00:28 bis 01:34 UhrSchloss Solitudekeineca. 1
8. November 1940 21:16 bis 24 UhrGaisburgstraße, Alexanderstraße3 Verwundeteca. 20
5. Mai 1942 00:33 bis 02:43 UhrZuffenhausen, Bad Cannstatt13 Tote, 37 Verwundete120, von denen 34 die Stadt erreichten
6. Mai 1942 01:51 bis 01:53 UhrKräherwaldkeine77 Bomber, von denen einer die Stadt erreichte
29. August 1942 01:45 UhrBrauerei Dinkelackerkeine1
22. November 1942 21:30 bis 22:45 UhrVaihingen, Rohr, Möhringen, Hauptbahnhof28 Tote, 71 Verwundete222, von denen 191 die Stadt erreichten
11. März 1943 22:46 bis 23:50 UhrVaihingen, südliches Stadtgebiet, Kaltental112 Tote, 386 Verwundete314, von denen 279 die Stadt erreichten
15. April 1943 00:42 bis 01:52 UhrBad Cannstatt, Münster, Mühlhausen619 Tote, 703 Verwundete462, von denen 393 die Stadt erreichten
17. April 1943 01:10 UhrRosenbergstraße über dem Rosenbergplatz1 Toter, 58 VerwundeteNotwurf eines brennend abstürzenden Bombers
6. September 1943 10:44 bis 11:10 UhrKanzlei-, Breitscheid-, Falkert-, Rosenberg-, Schwabstraße107 Tote, 165 Verwundete, 1 Vermissterca. 150
8. Oktober 1943 00:02 bis 00:53 UhrHegelplatz, Liederhalle, Tübinger Straße, Degerloch101 Tote, 300 Verwundete, 3 Vermisste342 Lancasters
26. November 1943 20:25 bis 21:12 UhrBad Cannstatt, Untertürkheim, Daimler-Benz-Werke31 Tote, 156 Vermisste178, wovon 162 die Stadt erreichten
21. Februar 1944 03:57 bis 05:09 UhrBad Cannstatt, Feuerbach159 Tote, 977 Verwundete, 1 Vermisster598, von denen 552 die Stadt erreichten
25. Februar 1944 14:25 bis 15 UhrIndustriegebiet Pragstraße10 Tote, 46 Verwundete15
2. März 1944 02:57 bis 04:01 UhrInnenstadt, Neues Schloss, Bad Cannstatt, Viadukt121 Tote, 510 Verwundete, 4 Vermisste557
15./16. März 1944 23:10 bis 00:13 UhrInnenstadt, Akademie, Vaihingen, Möhringen88 Tote, 203 Verwundete863
16. Juli 1944 10:09 bis 10:25 UhrBad Cannstatt, Winterhalde, Remstalbahn und Gäubahn42 Tote, 94 Verwundeteca. 100
21. Juli 1944 11:04 bis 11:12 UhrZuffenhausen, Hirth-Motorenwerke31 Tote, 29 Verwundete25
25. Juli 1944 01:35 bis 02:10 UhrStadtzentrum884 Tote, 1916 Verwundete, 14 Vermisste614
26. Juli 1944 01:38 bis 02:35 UhrInnenstadt"550
28. Juli 1944 01:22 bis 01:50 UhrNordbahnhofgegend"30, von denen 27 die Stadt erreichten
29. Juli 1944 01:48 bis 02:30 UhrInnenstadt, Feuerbach, Botnang, Ostheim, Gablenberg"496
5. September 1944 11:15 bis 11:54 UhrDaimler-Benz-Werke, Untertürkheim, Wangen37 Tote, 70 Verwundeteca. 200
10. September 1944 11:21 bis 11:40 UhrZuffenhausen, Feuerbach, Stammheim28 Tote, 113 Verwundete200
12. September 1944 22:59 bis 23:30 UhrInnenstadt, westlicher Stadtteil957 Tote, 1600 Verwundete, 14 Vermisste217, von denen 211 die Stadt erreichten
3. Oktober 1944 22:01 UhrFasanengarten bei Weilimdorfkeine1 Mosquito-Schnellbomber
14. Oktober 1944 04:35 bis 04:56 UhrZuffenhausen2 Tote, 40 Verwundeteca. 3
19. Oktober 1944 20:25 bis 21:10 UhrBad Cannstatt, Gaisburg338 Tote, 872 Verwundete, 38 Vermisste583
20. Oktober 1944 00:55 bis 01:38 UhrBad Cannstatt, Gaisburgsiehe vorheriger Angriff
5. November 1944 20 bis 20:30 UhrBad Cannstatt, Münster24 Tote, 46 Verwundete65
5. November 1944 23:32 bis 23:48 UhrBad Cannstatt, Münstersiehe vorheriger Angriffca. 100
21. November 1944 19:10 bis 19:16 UhrSüdliches Stadtgebiet1 Toter, 1 Verwundeterca. 20 bis 30
26. November 1944 01:57 bis 02:08 UhrBad Cannstatt, Bahnhof, Postamt10 Verwundete1 bis 2
4. Dezember 1944 14:58 UhrHofen1 Toter, 2 Verwundete1
9. Dezember 1944 12:25 bis 13:15 UhrBad Cannstatt, Bahnanlagen24 Tote, 55 Verwundeteca. 350
11. Dezember 1944 11:51 bis 11:52Untertürkheim3 Tote, 11 Verwundete4
7. Januar 1945 21:49 UhrFeuerbachkeineunbekannt
20. Januar 1945 11:50 bis 12:05 UhrBad Cannstatt, Bahngelände, Deckerstraße1 Toter, 12 Verwundeteca. 30
21. Januar 1945 12:58 bis 13 UhrMünster, Hofenkeine12
28. Januar 1945 20:35 bis 20:54 UhrFeuerbach, Bosch-Werke119 Tote, 78 Verwundete, 4 Vermisste226, von denen 186 die Stadt erreichten
28. Januar 1945 23:30 bis 23:48 UhrWeilimdorf, Botnang"376, von denen 353 die Stadt erreichten
1. Februar 1945 19:37 UhrBad Cannstatt, Flandernstraße13 Verwundeteunbekannt
12. Februar 1945 19:30 bis 19:46 UhrSchwarenbergstraße, Bad Cannstatt68 Tote, 139 Verwundete, 3 Vermissteca. 30
3. März 1945 14:32 bis 14:42 UhrPanoramastraße, Jägerstraße1 Toter, 1 Verwundeter6 bis 8
4. März 1945 10:20 bis 10:28 UhrBad Cannstatt, westlicher Stadtteil50 Tote, 135 Verwundete, 3 Vermisste30 bis 50
9. März 1945 15:02 bis 15:05 UhrBad Cannstatt, Bahnanlagen4 Verwundete12 bis 16
17. März 1945 21:02 UhrFeuerbach, Fahrionstraße6 Tote, 11 Verwundete1
25. März 1945 07:55 UhrWeilimdorfkeine2
25. März 1945 13:35 bis 13:37 UhrStammheim, Zuffenhausen3 Tote, 4 Verwundete8
1. April 1945 07:17 bis 09:45 UhrWeilimdorf2 Tote, 16 Verwundete8
19. April 1945 22:12 UhrPragstraße1 Toter, 7 Verwundete1

Großangriffe im Juli und September 1944

Die verheerendsten Luftangriffe auf Stuttgart erfolgten im Juli und September 1944. Durchgeführt wurden die Angriffe durch die No. 5 Bomber Group auf Befehl von Luftmarschall Arthur Harris. Die britische No. 5 Bomber Group war eine auf das systematische Abbrennen ziviler Flächenziele spezialisierte Einheit des britischen Bomber Command, die unter anderem für die Flächenbombardements auf Dresden, Darmstadt, Kassel, Braunschweig, Pforzheim, Hamburg und Hanau verantwortlich war. Die Einheit wandte eine Kombination von Spreng- und Brandbomben an. Diese Kombination führte im militärischen Optimalfall zu einem Feuersturm. Das Feuer vervielfachte dabei die Schäden der als Verursacher eingesetzten Spreng- und Brandbomben.[3]

Ablauf der Luftangriffe

Vorbereitung

Die genaue Auswahl der zu bombardierenden Stadtteile wurde anhand von Luftbildern, Bevölkerungsdichtekarten und Brandversicherungskatasterkarten getroffen. Die Katasterkarten waren durch deutsche Feuerversicherungen bei britischen Rückversicherungsgesellschaften vor dem Krieg hinterlegt worden. Die Stuttgarter Innenstadt wurde als Kerngebiet des Angriffs ausgewählt, da hier der Holzanteil an der Gesamtbaumasse am höchsten war. Damit stellte sie zum Entzünden eines Feuersturms in Stuttgart das optimale Kernzielgebiet dar.

Vor dem Bombardement wurde das Zielgebiet von Mosquito-Schnellbombern durch rote und grüne Markierungskörper (sogenannte Christbäume) abgegrenzt. Dies wurde überwacht durch einen in großer Höhe fliegenden Masterbomber, der über Funk mit den Markierungsfliegern verbunden war. Dann überprüfte der Masterbomber auf einer tieferen Flugbahn nochmals das Stuttgarter Zielgebiet, legte die exakten Anflughöhen fest und gab den Angriff frei.[3]

Bombardement

Die erste Angriffsserie vom Juli 1944 begann am 25. Juli und endete am 29. Juli 1944. Das Zielgebiet der Angriffe auf Stuttgart stellte im Wesentlichen das dichtbesiedelte Stadtzentrum in der Talkessellage – insbesondere die mittelalterliche Altstadt – dar. Das Bombardement lief meist wie folgt ab: Zuerst wurden tausende Sprengbomben sowie mehrere hundert Luftminen abgeworfen. Durch die Druckwellen der Explosionen wurden die Dächer aufgerissen. Danach wurden tausende Elektron-Thermitstäbe über dem Zielgebiet abgeworfen, die nun in die aufgerissen Dachstühle der Häuser fielen und diese innerhalb kürzester Zeit in Vollbrand versetzten. Binnen kurzer Zeit breiteten sich tausende kleinere Gebäudebrände zu einem Großbrand aus. Ob sich aus diesem ein Feuersturm entwickelt, hängt insbesondere von der Gesamtwetterlage und Windrichtung ab. Bei der ersten Angriffsserie gelang es den Angreifern nicht, einen Feuersturm auszulösen, um die Wirkung der Bomben zu multiplizieren. Sie warfen bei dieser ersten Serie rund 5200 Sprengbomben und knapp 70.000 Brandbomben über Stuttgart ab.[4] Dies gelang erst beim Großangriff am 12. September 1944. In dieser Nacht zwischen 22:59 und 23:30 Uhr warf die britische No. 5 Bomber Group 75 Luftminen, 4300 Sprengbomben und 180.000 Elektron-Thermitstäbe über einem schmalen Areal im Gebiet der Gegend um die Hegel-, Hölderlin- und Schwabstraße sehr zielgenau ab. Das dabei entstandene Großfeuer dehnte sich in hoher Geschwindigkeit aus. Es entstand ein Feuersturm. Dieser vernichtete ein fünf Quadratkilometer großes Stadtgebiet im Stuttgarter Talkessel.[3]

Folgen

Neben den über 4500 Opfern wurden bei den Angriffen 8908 Menschen verwundet, 85 Personen blieben vermisst.

Siehe auch

Literatur

  • Heinz Bardua: Stuttgart im Luftkrieg. Klett Verlag, Stuttgart 1967
  • James Stern: Die unsichtbaren Trümmer. Eine Reise im besetzten Deutschland 1945. Eichborn, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-0749-0.
  • Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945. 11. Auflage. Propyläen, München 2002, ISBN 3-549-07165-5.

Einzelnachweise

  1. Heinz Bardua: Stuttgart im Luftkrieg. Klett Verlag, Stuttgart 1967, S. 53.
  2. Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945, S. 83
  3. a b c d Jörg Friedrich: Der Brand, 2002, 11. Auflage. Ullstein Verlag, München, S. 333–338.
  4. Rüdiger Bäßler: Hintergrundinformationen: Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today). In Stuttgarter Zeitung vom 28. Oktober 2009, abgerufen am 6. Dezember 2012.