Krönung der russischen Zaren und Kaiser

Szene aus der Krönung Nikolaus II. gemalt von Laurits Tuxen, hier werden der Kaiser und die Kaiserinin unmittelbar nach der Krönung dargestellt

Die Krönung der russischen Zaren und Kaiser war die zeremonielle Einführung des neuen Monarchen in seine Aufgaben. Der Begriff Krönung steht hier für eine ganze Reihe von Ritualen, die dem eigentlichen Akt der Krönung – dem Aufsetzen der Krone – vorausgingen und nachfolgten. Das Zeremoniell unterlag seit der ersten Zarenkrönung Iwans IV. im Jahre 1547 bis 1896 zur letzten Kaiserkrönung Nikolaus' II. einigen Veränderungen.

Die größte Veränderung kam mit der Annahme des Kaisertitels durch Peter den Großen. Es sind also die Zarenkrönungen von den Kaiserkrönungen zu unterscheiden.

Geschichte

Ursprünge des Zeremoniells

Eine Herrschereinsetzung, wie sie im mittelalterlichen Europa Gang und Gebe war, kannten die Russen nicht. Zwar gab es immer mal wieder eine Inthronisierung, die von einem Ritual begleitet wurde, aber in den meisten Fällen geschah nichts weiter als eine schlichte Ernennung des neuen Herrschers. Eine feierliche Einsetzung im religiösen Rahmen mit Salbung und Krönung gab es so nicht. Zur Zeit der tatarischen Fremdherrschaft mussten die Großfürsten sich zusätzlich zu ihrem ererbten Recht von den Tatarenkhanen legitimieren lassen.[1]

Iwan III.

Mit dem Machtschwund der Khane ging ein Erstarken des Moskauer Reichs und ihrer Großfürsten einher. Unter Iwan III. war die Vereinigung kleinerer russischer Fürstentümer mit dem Moskauer Reich nahezu vollständig. Das gestiegene politische Prestige verlangte eine entsprechende äußerliche Darstellung der Macht. So begann Iwan III. zeitweise den Titel Zar von Russland zu führen. Ein weiterer Hinweis auf das Erstarken Moskaus findet sich im ersten Krönungsakt der russischen Geschichte.

Im Jahr 1498 ließ Iwan III. seinen Enkel Dimitri am 4. Februar krönen. Vorher hatte es in keinem der russischen Fürstentümer weder in Kiew noch in Wladimir eine solche Herrschereinsetzung gegeben. Allerdings handelt es sich bei der Krönung Dimitris nicht um eine Herrscherkrönung sondern um die Krönung eines Mitregenten. Großfürst Iwan III. nahm zwar als Herrscher an der Zeremonie teil, gekrönt wurde er aber nicht.[2]

Die Krönung des Dimitri sehen einige Wissenschaftler im direkten Zusammenhang mit Byzanz und der Theorie vom Moskauer Reich als Drittem Rom. Aus diesem Grund sei auch die Übernahme des Zeremoniells byzantinischer Kaiserkrönungen für die Krönungszeremonie Dimitris erfolgt. Die Vermählung Iwans mit der byzantinischen Prinzessin Zoe Palaiologa, die in Russland Sophia hieß, als auch der Fall Konstantinopels werden als weitere Punkte für diese Theorie herangeführt. Antonia von Reiche schreibt dazu konträr:

„Diese Überlegungen sind jedoch vor dem Hintergrund nahezu haltlos, da es ja gerade nicht Sofias Sohn war, der da gekrönt wurde, sondern sein Nebenbuhler und es ja gerade nicht das Bestreben Ivans III. war, das „Byzantinische Erbe“ anzutreten.“ [3]

Zweifellos orientiert sich die Krönung Dimitris an byzantinischen Vorbildern. Jedoch gibt es Unterschiede, die nahe legen, dass es sich nicht um eine reine Übernahme des Zeremoniells handelte. So erhielt Dimitri als Mitregent weder den Titel eines Zaren noch wurde er in den Rang eines Geistlichen erhoben; beides Dinge, die für einen byzantinischen Kaiser unverzichtbar waren. Der Einfluss Byzanz’ auf das Moskauer Reich erklärt sich durch eine starke Verbindung der orthodoxen Kirche Russlands mit der Griechisch-Orthodoxen Kirche. Allerdings war die Zeremonie nationaler und christlicher als die Byzantinische.[4]

Die erste Zarenkrönung

War die Krönung Dimitris keine Herrschereinsetzung im eigentlichen Sinne, so gilt dies nicht für die Krönung Iwans IV. Die Krönung am 16. Januar 1547 war die Erste im Moskauer Reich, in der ein regierender Großfürst gekrönt wurde. Warum sich Iwan krönen ließ, kann heute nicht mehr mit Bestimmtheit gesagt werden. Die Quellenlage ist widersprüchlich und dürftig. Die tatsächliche Existenz einer in manchen Quellen genannten Zusammenkunft, in der die Krönung beschlossen wurde, ist fraglich. Fest steht, dass Iwan sich krönen ließ.[5]

Mit drei Jahren folgte Iwan seinem Vater Wassili III. auf den Thron nach. Er wurde vom Bojarenrat inthronisiert sowie vom Metropolit gesegnet, aber nicht gekrönt. Es folgte eine Zeit der Regentschaft des Rates, die erst mit der Krönung Iwans und dessen Alleinherrschaft zu Ende ging.[6] Die Zeremonie orientierte sich an der Mitregentenkrönung Dimitris aus dem Jahr 1498. Im Gegensatz zu dieser beruht die Krönung 1547 mehr auf den byzantinischen Kaiserkrönungen des 14. Jahrhunderts als auf den Mitregentenkrönungen aus dem 10. Jahrhundert. In beiden Fällen spielte die Tradition der orthodoxen Kirche eine entscheidende Rolle, aber ebenso deutlich waren die Einflüsse Byzanz’ spürbar. Die Krönung nahm der Metropolit Makari vor, auf den wohl auch die Idee und die Gestaltung der Zeremonie zurückgehen.[5]

Darstellung der Krönung Iwans IV. Eine Zeichnung aus der Bilderserie des Buchs des Zarentums von 1547. Weitere Bilder dieser Serie finden sich in der Galerie.

Die Krönungsinsignien, die in der Zeremonie Verwendung fanden, brachten hohe Minister aus dem Palast zur Krönungskirche des Kremls. Die Insignien bestanden aus der Kappe des Monomach, einem Brustkreuz, einem Zepter sowie den Barmen, einem Schulterumhang. Der Metropolit nahm sie in Empfang, ehe sie offen auf den Altar vor der Ikonenwand gelegt wurden. Anschließend betrat unter dem Huldigungsrufen „Viele Jahre“ das Gefolge Iwans nach Rängen geordnet die Kirche. Iwans Beichtvater schritt mit Kreuz und Weihwasser vor dem Großfürsten, welcher von seinen Brüdern und deren Kindern gefolgt wurde. Zum Schluss betraten hohe Würdenträger und Adlige die Kathedrale.

In der Kirche stand ein zwölfstufiges Podest mit zwei Thronen, einem für den Großfürsten und den anderen für den Metropoliten. Beide stiegen das Podest nach einem Gebet empor. Während der Metropolit auf seinem Thron Platz nahm, blieb Iwan vor diesem auf der untersten Stufe stehen. Der Großfürst berief sich auf das Recht gekrönt zu werden, da seine Vorfahren bereits Großfürsten von Wladimir, Nowgorod, Moskau und ganz Russland gewesen waren. Der Metropolit kannte Iwans Anspruch an und segnete ihn. Iwan bat den Metropoliten nach altem Ritus zum Zaren gekrönt zu werden und setzte sich auf seinen Thron.[5] Ein Salbung wie später üblich, gab es bei Iwan noch nicht.[7]

Unter dem Gesang der Geistlichen empfing Iwan die Insignien. Zuerst legte der Metropolit ihm das Barmen um, ehe er Iwan die Krone, sprich die Kappe des Monomach aufsetzte. Anschließend erhielt er das Zepter und wurde zum von Gott gekrönten Zaren ausgerufen. Dann belehrte der Metropolit den Zaren ob seiner Rechte und Pflichten. Die Belehrung glich einer geistlichen Weihe, die den Zaren und die Russisch-Orthodoxe Kirche miteinander verband.[8]

Ob Iwan das heilige Abendmahl empfing ist nicht sicher, jedoch eher unwahrscheinlich. Er war wohl nur Augenzeuge des Abendmahls.[8] Nach der Huldigung verließ Iwan im vollen Krönungsornat die Kathedrale. Außerhalb der Kirche wurde der Gekrönte dreimal mit Gold und Silbermünzen überschüttet. Dies Szenario wiederholte sich an anderen Kirchen des Kremls, in denen der Zar betete und seiner Vorfahren gedachte. Ein Bankett im Palast schloss den ersten Krönungsakt der russischen Geschichte ab.

Mit der Krönung war Iwan IV. zum Zaren von ganz Russland ernannt worden, somit nicht zum regierenden Großfürsten, aber auch nicht zum Kaiser, wie es in Byzanz üblich war. Die Entwicklung des Zarentitels begann unter Iwan III., Wassili III. setzte sie fort und mit der Krönung Iwans zum Zaren fand sie schließlich ihren Abschluss.[9]

Von den Zaren zu den Kaisern

Iwans Nachfolger Fjodor I. wurde am 31. Mai 1584 gekrönt und herrschte vierzehn Jahre lang. Er war der letzte gekrönte Zar aus der Rurikidendynastie. Da er körperlich und geistig behindert war, regierte in seinem Namen der Bojarenrat, dem auch der Emporkömmling Boris Godunow angehörte.[10] Unter Fjodor etablierte die Kirche 1589 das Patriarchat von Moskau. Fortan nahm der Patriarch die Krönungen bis Peter I. vor.[11]

Nach dem Tod Fjodors 1598 blieb der Thron vakant, da er selbst keine Nachkommen hatte. Sein Bruder und Zarewitsch Dimitri fiel bereits 1591 einem Mordanschlag zum Opfer, dessen genaue Umstände nie geklärt wurden. Weil Fjodors Witwe Irina Godunow den Thron ablehnte, musste ein neuer Thronfolger gefunden werden.[12]

Mit der Vakanz des Throns begann in Russland die Smuta auch Zeit der Wirren genannt. Erstmal in der russischen Geschichte wählten die Bojaren in einer Nationalversammlung den neuen Zaren. Die Wahl fiel auf Boris Godunow, der sich am 9. März 1598 umgehend krönen ließ. In dieser Zeit galt die Zeremonie der Krönung als Zeichen der Rechtmäßigkeit.[13]

Boris Godunow konnte sich von allen Zaren während der Zeit der Wirren am längsten auf dem Thron halten. Nach seinem Tod 1605 folgte sein Sohn Fjodor für zwei Monate. Der falsche Dimitri stürzte ihn und ließ sich krönen. Unruhen setzten seiner Herrschaft ein Ende und der Thron war abermals vakant. Wassili IV. bestieg nach einer zweifelhaften Zarenwahl den Thron. Auch er ließ sich umgehend krönen um seinen Anspruch zu untermauern.[14]

Er wurde jedoch 1610 abgesetzt und ins Kloster verbannt. Für die nächsten drei Jahre blieb der Thron vakant. In einer Nationalversammlung (Semski Sobor) bestimmten etwa 700 Delegierte den erst sechzehnjährigen Michail Romanow zum neuen Zaren.[15] Am 16. Juli 1613 krönte ihn der Metropolit Moskaus in der Uspenski Kathedrale. Es ist nicht bekannt ob auch er mit Gold und Silbermünzen überschüttet wurde wie seine Vorgänger und wie feierlich die Zeremonie nach der Zeit der Wirren überhaupt war.[16]

Darstellung der Kaiserlichen Regalien Russlands. Chromolithographie nach einem Bild von Bagantz

Als erster Zar trug Michail die Insignien regelmäßig. Er empfing Delegationen mit der Monomachkrone, dem Zepter und Reichsapfel sowie dem Barmen.[17] Es gelang ihm den Thron zu behaupten und die Dynastie der Romanows zu begründen.

Die Zeremonie der Krönung änderte sich bis zu Peter der Große nicht wesentlich. Zum Beispiel änderte Fjodor III. den Brauch der Münzüberschüttung dahingehend, dass die Münzen vor ihm ausgestreut wurden. Außerdem erhielt er als erster Zar die Kommunion am Altar.[18] Auch die Doppelkrönung Iwan V. und Peter I. wurde nach altem Ritus vollzogen. Erst die Annahme des Kaisertitels durch Peter I. führte zu einigen Veränderungen, jedoch blieb die Zeremonie in ihren Grundfesten erhalten.

Die erste gekrönte Gemahlin eines Zaren war Katharina I., die Peter 1724 selbst krönte. Die Kaiser krönten sich fortan selbst und anschließend die Kaiserin. Dadurch, dass der Kaiser sich selbst mit der kaiserlichen Würde ausstattete und nicht mehr durch den Metropoliten oder Patriarchen, veränderte sich die Rolle der Kirche bei der Krönung. Durch die Selbstkrönung erhielt der Kaiser die Macht direkt von Gott. Die neue Bedeutung der Krönung hatte Einfluss auf die Zeremonie. Hatte früher der Metropolit neben dem Kaiser gesessen, saß er nun bei der Geistlichkeit. Außerdem vollzogen seitdem mehrere hohe Würdenträger der Kirche die Kaiserkrönungen, anstatt des Metropoliten oder des Patriarchen.[19]

Des Weiteren ersetzte Peter die alten Regalien durch Neue. Die Zarenkrone erstetze die Kappe des Monomach, die Kette des Andreasordens den Barmen. Einen neuen Krönungsmantel ließ er ebenfalls anfertigen.[20]

Kaiserkrönungen

Die Krönungen der Zaren und Zarinnen, die Peter dem Großen auf den Thron folgten, waren allesamt Kaiserkrönungen. Gekrönt wurden sie mit der neuen Zarenkrone und nicht mit der Mütze des Monomach, wie bei den Zarenkrönungen. Einzig Nikolaus II. erwog eine Krönung mit der Monomachkappe, verwendete aber schließlich auch die Zarenkrone.[21] Eine Krönungszeremonie war immer ein Zeichen der Rechtmäßigkeit des jeweiligen Monarchen. Dies galt besonders für die Kaiserinnen, die Peter dem Großen auf den Thron folgten, denn die Thronbesteigung galt erst mit der Krönung als abgeschlossen. Eine weitere Ursache für die rasch folgenden Krönungen dieser Zeit lag in der unsicheren Nachfolgeregelung. Peter der Große hatte sie dahingehend geändert, dass der Kaiser seinen Nachfolger direkt bestimmen durfte.[22]

Katharina I. ließ Peter noch zu seinen Lebzeiten krönen. Peter II. wurde nach neun, Anna nach etwas über zwei, Elisabeth nach fünf und Katharina II. nach drei Monaten gekrönt. Noch vor der Krönung verloren Iwan VI. und Peter III. ihren Thron. Peter III. schob seine Krönung immer wieder auf, trotz der Warnungen wie zum Beispiel von Friedrich dem Großen. Er ignorierte, dass ein Kaiser von Russland erst durch die Krönung als solcher angesehen wurde. Ein Staatsstreich beendete seine Regentschaft noch bevor er einen Termin zur Krönung angesetzt hatte.[22]

Faksimile: Originalurkunde der Proklamation zur Krönung und Salbung

Im 19. Jahrhundert rückte der Krönungstermin immer weiter nach hinten. Dadurch, dass Kaiser Paul die Thronfolge auf die Primogenitur festlegte, war ein deutliches Zeichen der Rechtmäßigkeit überflüssig geworden. Nikolaus II. wartete mit seiner Krönung bis zum Ende der Trauerzeit für Alexander III.[23] Die längste Zeitspanne zwischen Thronbesteigung und Krönung betrug annähernd zwei Jahre bei Alexander III. Als Grund dürfte die Sicherheitslage nach dem Attentat auf Alexander II. den größten Anteil an der Wartezeit gehabt haben.[24] Da die Rechtmäßigkeit durch die Krönung nicht mehr gestützt werden musste, bekam sie unter Nikolaus I. eine neue Bedeutung. Als traditionell monarchisches Element sollte sie Monarchie und die Dynastie der Romanows miteinander verbinden.[25]

Die Kaiser empfingen seit Elisabeth die Krone vom Metropoliten und krönten sich dann selbst. Mit der Selbstkrönung der Monarchen war der Wandel vom Zarentum zum Kaisertum in Russland abgeschlossen. Gleich einem absolutistischen Herrscher bedeutete die Selbstkrönung Elisabeths, dass sie weder einer weltlichen noch einer kirchlichen Macht unterstand.[26]

Mit der Krönung Pauls endete die Chance von Frauen, den Kaiserthron besteigen zu können, nahezu vollständig. Die Primogenitur sah die männliche Thronfolge vor, erst in Abwesenheit eines männlichen Thronfolgers kamen weibliche in Betracht. Noch vor seiner eigenen Krönung, ließ Paul das Ansehen seines Vaters Peter III. wiederherstellen. Katharina II. hatte zuvor versucht die Erinnerung an ihn auszulöschen. Paul wollte seinen Vater als Kaiser erinnert wissen, sodass er ihn in einer Zeremonie posthum krönen ließ. Katharina II. wurde in der posthumen Krönung ebenfalls erneut gekrönt, allerdings mit der kleinen Zarenkrone.[27]

Neben der schon erwähnten Einführung der Primogenitur gab es bei Pauls Krönung weitere Neuerungen. Er proklamierte sich als Oberhaupt der orthodoxen Kirche Russlands und trug in der Zeremonie zeitweise ein Dalmatik, wodurch sein klerikaler Anspruch untermauert werden sollte.[28] Bei der Bedeutung der Regalien kehrte Paul zu Bedeutung zurück, die sie zur Zeit der Zarenkrönungen hatten. Nach Paul symbolisierten die Regalien wieder die Monarchie und die herrschende Dynastie. Nach der Annahme des Kaisertitels durch Peter den Großen sollten die Regalien Russlands politische Ausrichtung nach Westen symbolisieren, daher ersetzte Peter die alten Regalien durch Neue.[29]

Der Aufenthalt des Kaiserpaars in Moskau variierte von Krönung zu Krönung. Blieben die ersten Kaiserinnen noch Monate in der alten Hauptstadt, waren es bei Alexander I. nur noch sechs Wochen, vier bei Alexander II. und nur zwei bei Alexander III. Die Sicherheitslage hat auch hier zu einer Straffung der Feiern geführt.[24] Die öffentliche Berichterstattung stieg dazu im Gegensatz beständig an. Vom Hof wurde sie dazu benutzt, den Kaiser und die Monarchie positiv darzustellen. Besondere Betonung fand das spirituelle Band zwischen dem Kaiser und dem Volk in der Presse. So sollte gezeigt werden, dass die Monarchie fest im russischen Volk verankert war.[30]

Die Krönung sollte diesen Band besonders betonen. Hierzu wurden verschiedene Elemente eingefügt, wie zum Beispiel die seit Nikolaus I. übliche dreifache Verbeugung des Kaiserpaares von der Roten Treppe aus zum Volk hin[31] oder der Verwendung der Zarenhymne.[32] Die russisch-orthodoxe Kirche war stets eng mit der Monarchie verbunden und stützte sie als nationale religiöse Instanz. Daher spielte sie bei der Verbindung zwischen Kaiser und Volk eine wichtige Rolle.

Krönungsort

Der Sitz der Großfürsten des Moskauer Reichs lag im Moskauer Kreml. Daher lag es nahe, dass sich die Zaren des russischen Reichs, welches auf das Moskauer Reich folgte, dort krönen ließen. Schon die Mitregentenkrönung Dimitris erfolgte in Moskau, wie auch die erste Zarenkrönung Iwans IV.

Die Krönungsfeierlichkeiten sollten eindrucksvoll unterstreichen, dass der weltliche Herrscher mit der Kirche eine enge Beziehung eingegangen war.[33] Die Zeremonie fand in der Uspenski-Kathedrale des Kremls statt. Iwan III. hatte diese in Auftrag gegeben und ließ sie von 1475 bis 1479 errichten. Die Kirche war von Beginn an als Krönungskirche vorgesehen. Zwar gab es zur Bauzeit keine Krönungen der Großfürsten, jedoch sollten in ihr die Metropoliten und Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche eingesetzt werden. Des Weiteren diente sie als Grabmal für hohe Geistliche.[34] Von Iwan IV. bis zu Peter dem Großen erfolgten dort alle Zarenkrönungen.

Peter der Große nahm 1721 den Kaisertitel an und verlegte seinen Herrschaftssitz aus Moskau in die neue Hauptstadt Sankt Petersburg. Die Krönungszeremonie der Kaiser fand aber weiterhin in der alten Hauptstadt Moskau statt. Das hatte zum einen den Grund, dass Moskau das geistliche Zentrum Russlands geblieben war, zum anderen erforderte die Tradition das Festhalten am althergebrachten Krönungszeremoniell. Die Vorfahren der Kaiser waren hier eingesetzt worden und alle Kaiser Russlands wie auch die Zaren vor ihnen achteten stets darauf, dieses Erbe zu betonen.[35]

Neben den Zaren wurden auch alle gekrönten Kaiser und Kaiserinnen von Katharina I. bis zu Nikolaus II. in der Uspenski-Kathedrale des Moskauer Kremls gesalbt und gekrönt.

Ablauf des Zeremoniells zur Kaiserzeit

Grundlage für diesen Teil des Artikels, insbesondere für den Teil der Krönung, bildet die Krönung Alexanders II. und Maria Alexandrownas aus dem Jahr 1856. Als Quelle diente das unter Literatur angegebene Buch über den Ritus zu eben dieser Krönung sowie die Prachtausgabe des Krönungsbuches von 1856. Einige Bilder dieses Krönungsbuches haben auch Eingang in den Artikel gefunden. Passagen des Textes, die nicht auf diesen Quellen beruhen, sind gesondert vermerkt.

Die Prachtausgaben zu den Kaiserkrönungen, welche erstmals zur Krönung Katharinas I. erschienen, sollten ein glanzvolles Erinnerungsbuch sein und gleichzeitig die Stärke und Größe der russischen Monarchie repräsentieren.[36]

Nach dem Tod des Kaisers

Die Kaiser von Russland bestiegen den Thron bereits mit dem Tod des regierenden Kaisers. In den Tagen darauf leisteten Minister, andere hohe Würdenträger, Behörden und das Militär ihren Eid auf den neuen Kaiser. Im Allgemeinen folgte der Sohn dem Vater nach, dies gilt insbesondere für die Kaiser des 19. Jahrhunderts. Zuvor war das nicht immer der Fall gewesen, wie das Beispiel der Usurpatorin Katharina II. zeigte. Ihr Sohn Paul war es auch, der bei seiner Krönung die Primogenitur einführte und so die Nachfolgeregelung eindeutig festschrieb.

Bei den kaiserlichen Krönungen kamen die Rituale der Machtübernahme des neuen Monarchen zu ihrem Höhepunkt und zum Abschluss. Erst durch die Krönungszeremonie erhielt der Kaiser die Weihe der russisch-orthodoxen Kirche. Die diversen Feierlichkeiten sollten anzeigen, dass der Kaiser die weltliche Macht übernommen hatte. Es dauerte Monate, die besonders prunkvollen Kaiserkrönungen vorzubereiten; viele Beamte waren nur damit beauftragt, sie zu organisieren. Der Glanz der russischen Monarchie sollte sowohl im Inland als auch im Ausland Aufsehen erregen.[37]

Einzug nach Moskau

Einzug des Kaisers Alexander II. in Moskau. Chromolithographie nach einem Bild von Mihály Zichy.

Seit Peter der Große die Hauptstadt nach SanktPetersburg verlegt hatte, musste der Kaiser zur Krönung ins etwa 640 km südlich gelegene Moskau reisen. Der Einzug des Kaisers in die alte Hauptstadt wurde zu einem festen Bestandteil des Krönungszeremoniells, der an Bedeutung stetig zunahm. Alle nach Peter dem Großen gekrönten Kaiser und Kaiserinnen zogen prunkvoll zur Krönung ein. Eine Ausnahme bildet Anna, da sie sich in Moskau aufhielt als sie den Thron bestieg, was einen Einzug unnötig machte. Dass dem Einmarsch zur Krönung eine wichtige Bedeutung zukam, zeigt sich unter anderem darin, dass im offiziellen Krönungsalbum Elisabeths 21 der 128 Seiten über den prunkvollen Einzug berichteten. [38]

Kaiser Paul I. verbrachte die letzten Tage vor dem offiziellen Einzug im Petrowski-Palast außerhalb Moskaus. Alle nachfolgenden Kaiser taten es ihm bei ihren Krönungen gleich.[39]

An den Straßen waren Tribünen für die Schaulustigen aufgebaut. Der Kaiser ritt auf einem mit Silber beschlagenen Schimmel die Hauptstraße zum Kreml entlang.[40] Bevor Paul I. als erster Kaiser auf einem Schimmel einzog, war es bei den zuvor gekrönten Kaiserinnen üblich, in einer prunkvollen Kutsche den Weg zurückzulegen.[41] An der Spitze des Zuges ritten die Garderegimenter der Kosaken sowie der Turkmenen und anderer Volksstämmen Russlands. Erst dahinter folgte der Kaiser.[35] Anschließend folgten heimische und ausländische Fürstlichkeiten und Delegationen, bevor die Kutschen der Kaiserin und der Kaiserinmutter kamen.[40] Der Einzug Pauls unterschied sich von den vorherigen und nachfolgenden darin, dass dieser einer Militärparade gleichkam und zusätzlich die Garderegimenter preußenähnliche Uniformen zu tragen hatten.[41] Jedoch führte Paul eine weitere Neuerung ein, die Bestand hatte. Kaiser Paul unterbrach den Ritt an der Kapelle der Iberischen Madonna und betete dort vor einer Ikone, ehe der Zug fortgesetzt wurde. Durch das Spasski-Tor ritten die Kaiser mit unbedecktem Haupt in die Kremlfestung ein.[42]

In den folgenden Tagen verkündeten Herolde Tag und Stunde der Krönung. In der Zeit zwischen Ankunft und Krönung empfing das Kaiserpaar zahlreiche Missionen und Delegationen, die nach Moskau gekommen waren.[43]

Panorama Moskaus: Ankunft Alexanders II. zur Krönung. Lithographie von Bachelier und Bayeux aus dem Krönungsalbum von 1856.

Die Krönung

Die Krönung der russischen Kaiser und Kaiserinnen seit Katharina I. enthielten vier wichtige Elemente. Mit der Prozession zur Krönungskathedrale begann die Zeremonie. Während die Übergabe der kaiserlichen Insignien und die darauf folgende orthodoxe Liturgie den Hauptteil bildeten, schloss der Auszug aus der Krönungskathedrale samt Zug zur Kathedrale des Erzengels Michael und der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale die Krönungsfeier ab.[44]

Die Prozession

Prozession Alexandra Fjodorownas in die Krönungskathedrale. Gemälde von Mihály Zichy aus dem Krönungsalbum von 1856

Am Abend vor der Krönung fanden traditionsgemäß in allen Kirchen, Klöstern und Kathedralen Vigilien statt. Der Tag der Krönung wurde mit Fanfaren begonnen und Herolde verkündeten morgens den heiligen Akt der Krönung.[45]

Die Zeremonie begann mit der Prozession zur Krönungskathedrale. Den Beginn der Prozession leiteten Kanonensalute ein und sämtliche Glocken der Stadt stimmten ins Geläut mit ein, nachdem die große Glocke damit begonnen hatte. Der Klerus versammelte sich in der Kathedrale und wartete im vollen Ornat auf die Ankunft des Kaisers.

Zuerst verließ die kaiserliche Familie den Palast. Diese begab sich direkt auf den Weg zur Krönungskirche. Sofern die Kaiserinmutter noch lebte, zog diese unter einem Baldachin und im vollen Krönungsornat, also mit Mantel und Krone, zur Kirche. Sie nahm dort wie der Kaiser und die Kaiserin auf einem Thron Platz.

In einer weiteren ungleich prunkvolleren Prozession zog das Kaiserpaar über die Rote Treppe aus dem Palast aus.[46] Zuvor hatte sich schon der Protopresbyter, der das heilige Kreuz trug, zusammen mit zwei Diakonen, welche die Strecke mit Weihwasser aus goldenen Schüsseln besprengten, auf den Weg zur Kirche gemacht.

Prozession Elisabeths bei ihrer Krönung. Bild von Iwan Sokolow

Die Reichsinsignien wurden der Prozession des Kaisers und der Kaiserin voran getragen. Die Reihenfolge der Regalien in der Prozession Elisabeths auf dem nebenstehend Bild:

  1. das Staatsbanner
  2. das Reichssiegel
  3. das Reichsschwert
  4. den Krönungsmantel
  5. den Reichsapfel
  6. das Zepter
  7. die Zarenkrone

Begleitet vom Geläut der Glocken, zog das Kaiserpaar unter einem von vierundzwanzig Generaladjutanten getragenem goldenen Baldachin zur Krönungskirche.[45] Bei der Ankunft der Reichsinsignien wurden diese mit Thymian angeräuchert und mit Weihwasser besprengt, ehe sie in die Kirche gebracht wurden.

Den Monarchen empfing die Geistlichkeit an der Tür und hieß ihn willkommen. Der Metropolit von Moskau reichte dem Krönungspaar das Segnungskreuz zum Kuss und besprengte sie wie die Insignien zuvor mit Weihwasser. Anschließend geleitete die hohe Geistlichkeit die zu Krönenden in die Kirche.

Übergabe der Insignien

Krönung Alexanders II. und Maria Fjodorownas von 1883. Gemälde von George Becker.

Zuerst gingen der Kaiser und die Kaiserin zur königlichen Tür der Ikonostase, verbeugten sich dreimal und küssten die dort aufgestellten Ikonen. Anschließend ließen sie sich auf den in der Mitte der Kirche unter Baldachinen aufgestellten Thronen nieder, während der 100Psalm von der Geistlichkeit gesungen wurde. Der Metropolit ging auf das Ambon und richtete sich an den Kaiser:

„Gottesfürchtige, grosser Monarch, unser Kaiser und Selbstbeherrscher aller Reussen! Weil nach dem Wohlgefallen Gottes, nach der Mitwirkung des heiligen und allheiligenden Geistes, und nach Euerem Geruhen nun in diesem ursprünglichen Krönungsdome die Krönung und heilige Salbung Euerer Kaiserlichen Majestät vor sich gehen sollen: So wollen nach der uralten Gewohnheit christlicher Monarchen und Euerer gottgekrönten Vorfahren und Euere Kaiserlich Majestät geruhen, das orthodox-katholische Glaubensbekenntnis Euerem treuen Untertanen vornehmlich abzulegen.“[47]

Anschließend verlas der Kaiser das orthodoxe Glaubensbekenntnis.[48] Nach dessen Beendigung wurde er vom Metropoliten gesegnet. Die Segnung durch den Metropoliten und dem Protodiakon begleitete der Chor. Dieser sang im Anschluss auch dreimal das Troparion. Verschiedene Bibelpassagen kamen zur Verlesung, ehe die Übergabe der kaiserlichen Insignien begann.

Der Metropolit kleidete den Kaiser mit dem Krönungsmantel und stattete ihn mit der Kette des Andreasordens aus.[21] Bevor er ihm die Zarenkrone reichte, beugte der Kaiser sein Haupt, um am Scheitel bekreuzigt zu werden. Danach hielt der Kaiser Krone sichtbar hoch.[48] Nachdem er sich selbst gekrönt hatte, hielt der Metropolit folgende Ansprache:

„ … Dieser sichtbare und greifbare Schmuck Deines Hauptes ist ein deutliches Bild, dass Dich Christus der König der Ehren selbst durch seinen gnadenreichen Segen unsichtbar zum Haupte des russischen Volkes krönt, und die Dir gehörige oberste Gewalt bekräftigt.“[49]

Zuletzt überreichte der Metropolit dem Monarchen den Reichsapfel in die linke und das Zepter in die rechte Hand. Abermals folgte eine Ansprache an den Kaiser:

Krönung Kaiserin Alexandra Fjodorownas durch den Kaiser. Chromolithographie nach einem Gemälde von Mihály Zichy.
„… Nimm hin das Szepter und den Reichsapfel, welche sind das sichtbare Bild der Dir von dem Höchsten über sein Volk gegebenen Alleinherrschaft, um es zu regieren, und ihm jede wünschenswerthe Wohlfahrt zu bereiten.“[49]

Damit war die Ausstattung des Kaisers mit seinen Insignien abgeschlossen, nun galt es die Kaiserin zu krönen. Diese kniete sich vor ihren Mann, um die Krone zu empfangen. Mit seiner Krone berührte der Kaiser das Haupt der Kaiserin, ehe er sie mit der kleinen Krone krönte. Des Weiteren empfing sie den Krönungsmantel sowie die Kette des Andreasordens. Der Protodiakon verkündete daraufhin den vollen Titel des Kaisers und der Kaiserin. Der Huldigungsruf „Auf viele Jahre“ wurde nach jedem Titel dreimal von den Chören gesungen.

Den Abschluss der Regalienübergabe verkündeten Kanonensalute und Glockengeläut dem Volk. Gleichzeitig huldigten die Anwesenden in der Kathedrale dem Kaiser durch dreimaliges Verbeugen. Anschließend folgten die Kniegebete des Kaisers und des Metropoliten. Im Anschluss an das Gebet erklang der Ambrosianische Lobgesang.

Die Liturgie

Stirnsalbung Nikolaus II. Gemälde von Walentin Serow

Zu Beginn der Liturgie nahm der Kaiser die Krone ab und setzte sie erst am Ende wieder auf sein Haupt. Erneut wurden Passagen des Evangeliums vorgelesen, an dessen Ende der Kaiser das Evangelium küsste.

Während das Kinonikon gesungen wurde, empfingen die Priester die Kommunion am Altar. Gleichzeitig breiteten Diener ein hellrotsamtenes Tuch mit Goldborte vom Thron bis zur königlichen Tür der Ikonostase aus. Vor der Tür lag zusätzlich noch ein Goldenes Tuch zur Salbung aus. Mit dem Ende des Kinonikon und der Kommunion begann die Salbung des Kaisers.

Das kaiserliche Paar begab sich hinter den Regalien, die Reichsdignitäre trugen, zur Ikonostase. Während der Kaiser sich auf das goldene Tuch stellte, blieb die Kaiserin im Hintergrund. Mit dem Salbungszweig entnahm der Metropolit die Salbe aus einem kostbaren Gefäß und salbte den Kaiser an der Stirn, den Augen, den Nasenflügeln, dem Mund, den Ohren, auf der Brust sowie an den Innen- und Außenseiten der Hände. Die Kaiserin wurde anschließend nur an der Stirn gesalbt. Abermals verkünden Glocken und Kanonen die vollzogene Handlung.

Zur Kommunion führte der Metropolit den Kaiser durch die königliche Tür in die Ikonostase hinein. Der Kaiser verbeugte sich vor dem Altar und empfing die heilige Kommunion, sprich das Abendmahl auf priesterliche Art.[50] Erzbischöfe reichten ihm das Antidoron und den Wein, ehe ein weiterer ihm das Wasser zum Waschen des Mundes und der Hände reichte. Anschließen begab sich der Kaiser, die Insignien voran getragen, zum Thron zurück. Auf herkömmliche Weise erhielt die Kaiserin an der Tür das Abendmahl bevor sie zum Thron zurückging. Der Beichtvater des Kaisers sprach nun das Dankgebet und der Protodiakon danach den Entlassungssegen.

„Verleihe, o Herr, ein glückliches und ruhiges Leben, Gesundheit und Heil und Wohlergehen in Allem, und Abwehr und Sieg gegen Feinde unseren rechtgläubigen und frommen, christlichen, selbstherrlichsten und grossen Monarchen, gottgekrönten, hocherhabenen und gesalbten Kaiser, Selbstbeherrscher aller Reussen, und seiner Gemahlin, der rechtgläubigen und frommen, gekrönten, hocherhabenen und gesalbten Kaiserin und erhalte Sie viele Jahre.“ [51]

Abermals sangen die Chöre die Huldigungsrufe „Viele Jahre“ dreimal und die Anwesenden weltlichen und geistlichen Standes huldigten währenddessen die Gekrönten durch dreifache Verbeugung. Die Majestäten küssten das Segnungskreuz. Die Liturgie war beendet und der Auszug aus der Kirche folgte.

Auszug aus der Kathedrale

Die Mitglieder der kaiserlichen Familie begaben sich von der Krönungskirche unmittelbar wieder in den Palast. Der Auszug des Kaisers war da umfangreicher. Unter Glockengeläut und Kanonensalut verließen sie im vollen Ornat der Krönung die Kathedrale und schritten unter einem goldenen Baldachin zur Kathedrale des Erzengels Michael. Dort beteten sie an den Reliquien und gedachten ihrer Vorfahren. Dieses Szenario wiederholte sich an der Mariä-Verkündigungskathedrale, ehe sie in den Palast zurückkehrten. Auf der Roten Treppe des Palastes drehten sich die Gekrönten zum Volk um und verbeugten sich vor diesem dreimal .[52] Seit Nikolaus I. war dies ein traditioneller Akt des Auszugs geworden, um dem Volk die Ehre zu erweisen.

Anschließend zog das Kaiserpaar in den Palast und nahm dort im Krönungsornat das Krönungsbankett ein. Das Bankett im Fassetten Palast des Kremls verlief nach strengen Regeln. So saß das Kaiserpaar erhöht unter Baldachinenauf ihren Thronen und die Mitglieder der kaiserlichen Familie saßen von ihnen getrennt. Einzig die Kaiserinmutter saß beim Kaiserpaar. Beim Bankett empfing der Kaiser die Geistlichkeit in einem säkularen Rahmen. Die Kirchenoberen saßen an einem, die Bojaren an einem anderen Tisch zur Rechten des Kaisers.[18] Die obersten Hofchargen trugen zuerst dem Kaiserpaar die Speisen auf.[53] Nur die höchsten Würdenträger und Gäste nahmen das Mahl zusammen mit dem Kaiser ein. Andere Begleiter und Delegationen speisten in separaten Räumen.[54]

Erst abends traf der päpstliche Nuntius ein. Dieser kam aus Protest zu den Krönungen russischer Monarchen stets zu spät, da nur der Papst oder einer seiner Legaten nach Ansicht der römisch-katholischen Kirche das Recht hatte, einen Kaiser zu krönen.[55]

Festlichkeiten nach der Krönung

Am Tag nach der Krönung empfing der Kaiser Glückwünsche. Fürstlichkeiten, hohe Beamte, Teile des Adels, Vertretungen der Semstwo und Städte machte ihre Aufwartung, ebenso wie das Diplomatische Corps. Viele überreichten den Gekrönten nach alter Tradition Brot und Salz auf Silbertellern.[56]

Die Festlichkeiten die in den Tagen nach der Krönung folgten dauerten teilweise über Monate an. Von einer Krönung zur nächsten kam den Festen eine immer wichtigere Bedeutung zu. Besonders bei der Krönung Katharinas II. erreichten die Festlichkeiten in Anschluss einen ersten Höhepunkt in ihrer Bedeutung. Beim Volksfest ließ sie Silber und Goldmünzen in die Menge werfen.[57]

Die verschiedensten Feste wurden zu Ehren des Kaiserpaares veranstaltet. Das schon erwähnte Volksfest auf dem Chodynka-Feld gehörte ebenso traditionell dazu wie Maskenbälle, Theateraufführungen im Bolschoi-Theater, Ballettstücke, Bankette von Botschaftern und eine Unzahl von Paraden und weiteren Veranstaltungen. Die Feste und Feiern sollten den Kontakt zum Volk steigern und daher zeigte sich der Kaiser oft in der Öffentlichkeit.[58]

Den Abschluss der Krönungsfeiern bildete die Pilgerfahrt der kaiserlichen Familie ins Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad zu den sterblichen Überresten des heiligen Sergius.[59]

Resümee

War bei den Zarenkrönungen der Bezug zu Byzanz deutlich spürbar, so legten die Kaiser zunehmend Wert darauf die nationale Bedeutung der Krönung herauszustellen. Das Zeremoniell der Krönung sollte die Macht des jeweiligen Zaren oder Kaisers nach außen darstellen. Je nach Lage wurden andere Elemente der Krönung betont. Die Zaren legten besonderen Wert darauf, die Wurzel zu Byzanz zu betonen, während die Kaiser die Ausrichtung Russlands nach Westen betonten. So lag die Bedeutung mal beim Religiösen, ein anderes Mal wurde die politische oder dynastische Bedeutung betont.

Das Krönungszeremoniell musste in der langen Geschichte der russichen Krönungen der Zeit immer wieder neu angepasst werden. Von der ersten Zarenkrönung Iwans IV. bis zur letzten Kaiserkrönung Nikolaus II. blieb der Grundcharakter der Krönungen jedoch nahezu unverändert. Der Umfang entwickelt sich von einer Krönung ohne Salbung zu einem teilweise mehrere Monate dauernde Reihe von Festen und Veranstaltungen, die der eigentlichen Krönungsfeier vorangingen bzw. nachfolgten.

Siehe auch

Literatur

Quellen

  • Karol Kuzmány: Ritus der orthodox-katholischen Kirche bei der Krönung ihrer kaiserlichen Majestäten der Kaiser und Selbstbeherrscher aller Reussen. Wien 1856, Druck von L.C. Zamarski Universitäts-Buchdruckerei
  • Hermann Goltz: Die Moskauer Zarenkrönung von 1856: Alexander II. und Maria Alexandrovna; die Beschreibung in der Riesen-Prachtausgabe des Zarenhofes. Steiner Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08314-6
  • Die Krönung der Zaren in Moskau. Rudolph Roth Verlag, Stuttgart 1883.

Sekundärliteratur

  • Richard S. Wortman: Scenarios of power: myth and ceremony in Russian monarchy. Vol 1: From Peter the Great to the death of Nicholas I. Princeton, Univ. Press 1995, ISBN 0-691-03484-2
  • Richard S. Wortman: Scenarios of power: myth and ceremony in Russian monarchy. Vol 2: From Alexander II to the abdication of Nicholas II. Princeton, Univ. Press 2000, ISBN 0-691-02947-4
  • Carl Graf Moy: Als Diplomat am Zarenhof. Prestel-Verlag, München 1971, ISBN 3-7913-0003-2
  • Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren. Heyne Verlag, München 2000, ISBN 3-453-17988-9
  • Hans-Joachim Torke (Hrsg.): Die russischen Zaren 1547–1917. Verlag C.H. Beck, München 1995, ISBN 3-406-42105-9
  • Lothar Ruehl: Russlands Weg zur Weltmacht. Econ Verlag, Düsseldorf und Wien 1981, ISBN 3-430-17836-3
  • Henri Troyat: Iwan der Schreckliche. Knaur Verlag, München 1987, ISBN 3-426-02337-7

Anmerkungen

  1. Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums, 2001, Seite 42
  2. Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums, 2001, Seite 43
  3. Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums, 2001, Seite 45
  4. Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums, 2001, Seite 44/45
  5. a b c Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums, 2001, Seite 46
  6. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 43/44
  7. Richard Wortman::Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 27
  8. a b Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums, 2001, Seite 47
  9. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 49
  10. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 92
  11. Richard Wortman::Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 21
  12. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 93
  13. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 95
  14. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 97
  15. Hans von Rimscha: Geschichte Russlands, 1983, Seite 256
  16. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 101
  17. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 102
  18. a b Richard Wortman:Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 38
  19. Krönung der Zaren in Moskau, Stuttgart 1883, Seite 12-14
  20. Krönung der Zaren in Moskau, Stuttgart 1883, Seite 14
  21. a b Richard Wortman::Scenarios of power Vol 2, Princeton 2000, Seite 353
  22. a b Richard Wortman::Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 89
  23. Carl Moy:Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 132
  24. a b Richard Wortman: Scenarios of power Vol 2, Princeton 2000, Seite 212
  25. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 282
  26. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 90
  27. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 173
  28. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 176
  29. Richard Wortman Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 177
  30. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 2, Princeton 2000, Seite 213
  31. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 280
  32. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 284
  33. Alan Palmer: Alexander I., Frankfurt 1994, Seite 63 unten
  34. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, 2000, Seite 28
  35. a b Alan Palmer: Alexander I., Frankfurt 1994, Seite 64
  36. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 68
  37. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 135
  38. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 93
  39. Alan Palmer: Alexander I., Frankfurt 1994, Seite 63
  40. a b Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 151
  41. a b Richard Wortman: Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 175
  42. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 152
  43. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 154
  44. Richard Wortman: Scenarios of power Vol 2, Princeton 2000, Seite 35
  45. a b Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 160
  46. Alan Palmer: Alexander I., Frankfurt 1994, Seite 65
  47. Ritus der orthodox-katholischen Kirche, Wien 1856, Seite 6/7
  48. a b Alan Palmer: Alexander I., Frankfurt 1994, Seite 66
  49. a b Ritus der orthodox-katholischen Kirche, Wien 1856, Seite 17
  50. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 162
  51. Ritus der orthodox-katholischen Kirche, Wien 1856, Seite 24
  52. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 163
  53. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 163/164
  54. Richard Wortman::Scenarios of power Vol 2, Princeton 2000, Seite 224
  55. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 165
  56. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 166
  57. Richard Wortman::Scenarios of power Vol 1, Princeton 1995, Seite 118
  58. Carl Moy: Diplomat am Zarenhof, München 1971, Seite 167-170
  59. Richard Wortman::Scenarios of power Vol 2, Princeton 2000, Seite 231

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