Kontingenz (Soziologie)

Kontingenz (Soziologie), (spätlateinisch: Möglichkeit), in der Philosophie und in der Soziologie, vor allem der Systemtheorie (Niklas Luhmann, Talcott Parsons) gebraüchlicher Begriff um die prinzipielle Offenheit menschlicher Lebenserfahrungen zu bezeichnen. Die soziale Welt wird als eine unter vielen möglichen wahrgenommen. Selbst die Wahrnehmung der Welt ist kontingent, beruht auf Unterscheidungen die auch anders sein könnten. Die prinzipielle Offenheit menschlicher Einstellungen und Handlungen muss, um bewältigbar zu sein, durch Bildung von sozialen Systemen reduziert werden. Ein Spezialproblem der Kontingenz ist die doppelte Kontingenz. Sie beschreibt die Unwahrscheinlichkeit von gelingender Kommunikation, wenn zwei Individuen ihre Handlungen jeweils von den kontingenten Handlungen des Gegenübers abhängig machen.

Die Systemtheorie unter Niklas Luhmann sieht eine Zunahme der Komplexität des Sozialen im Zuge der funktionalen Differenzierung modernen Gesellschaften. Handlungsoptionen haben zugenommen und müssen zunehmend individuell begründet werden. Somit sind Kontingenzerfahrungen wahrscheinlicher geworden.