Erzgebirgisch

Verbreitungsgebiet

Das Erzgebirgische wird heute in einem Gebiet gesprochen, daß ungefähr den Landkreisen Stollberg, Mittweida, Mittlerer Erzgebirgskreis, Annaberg-Buchholz und Aue-Schwarzenberg entspricht. Desweiteren findet man eine Sprechergemeinschaft im Oberharz in der Region von Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen). Die Vorfahren dieser Sprecher waren Bergleute und sind im 16. Jahrhundert aus dem Erzgebirge dorthin ausgewandert. Bis 1945 war das Erzgebirgische auch im angrenzenden Sudetenland beheimatet.

Genealogischer Zusammenhang mit den anderen deutschen Sprachen

Wie aus den Sprachdaten eindeutig ersichtlich, ist das Erzgebirgische mit Alemannisch und Bairisch-Österreichisch zu den oberdeutschen Sprachen zu rechnen. So ist zum Beispiel in allen diesen Sprachen, wie auch im Erzgebirgischen die klare Tendenz zu erkennen, das deutsche Verbpräfix er- durch andere Präfixe (der- oder ver-) zu ersetzen (z.B. werzgeb. derschloong ´erschlagen´). Auch der Gebrauch der Fokus-Partikel fei ist typisch für den oberdeutschen Sprachraum und ist auch im Erzgebirgischen weit verbreitet. Desweiteren ist auch in allen oben aufgeführten Sprachen die Lautentsprechung des deutschen [o] zu dialektalem [u] (z.B. werzgeb. huus ´Hose´), sowie die starke o-Färbung des deutschen [a] (z.B. werzgeb. hoos ´Hase´) zu finden.

Unterdialekte

Erzgebirgisch ist in zwei wichtige Unterdialekte gegliedert, nämlich das Ost- und das Westerzgebirgische. Osterzgebirgische Mundarten verwenden ni(ch) als Negation, wogegen im Westerzgebirgischen net gebraucht wird. Jedoch sind die Gebiete dieser Unterdialekte nicht klar abgrenzbar. So findet man in Lichtenstein, das an der nordwestlichen Sprachgrenze liegt, sowohl die eine als auch die andere Negation (ni ist sogar häufiger anzutreffen), obwohl in anderer Hinsicht die Lichtensteiner Mundart eher zum Westerzgebirgischen zu rechnen ist. Auch die Oberharz-Mundarten können nicht eindeutig einer der beiden Gruppen zugeordnet werden. Weiterhin gibt es vor allem in der Grenzregion zum Sächsischen starke Beeinflussung durch die nichterzgebirgischen Nachbardialekte, die eine Subklassifikation weiter erschwert.

Sprachgebrauch und Zukunft des Dialekts

Es gibt keine offiziellen Bestrebungen, Erzgebirgisch zu verschriftlichen, obgleich es doch zahllose in Mundart verfaßte Geschichtchen und Gedichtchen gibt. Diese unterliegen jedoch keinerlei orthographischer Norm, sodaß eine linguistische Analyse dieser Mundart nur durch Feldforschung am Muttersprachler selbst zu bewerkstelligen sein kann. Auch die irrige Meinung, Erzgebirgisch sei ein sächsischer Bauern-Slang, kann kaum zu ernsthaften Bestrebungen führen, diesen linguistisch sehr interessanten Dialekt zu pflegen und zu erhalten.