Conchologie

Die Conchologie (griechisch für Schalenkunde) befasst sich als Teilgebiet der Zoologie und gleichzeitig der Malakologie mit dem Studium der Schalen von Schalenweichtieren (Conchifera).

Neben dem Studium der kalkhaltigen Schalen von Schalenweichtieren kann es auch das Studium der Weichtiere selbst, soweit diese, zumindest in Teilen, noch vorhanden sind, umfassen (z.B. des Operculums). Heute ist eine Unterscheidung zwischen Malakologie und Conchologie kaum noch relevant, da beide Disziplinen sehr große Schnittmengen aufweisen. [1]

Zumeist beginnt das Interesse an diesem Fachgebiet eher zufällig mit dem Sammeln von Muschelschalen der erkennbaren Ästhetik und der extrem hohen Unterschiedlichkeit von Form, Farbe und Gestalt der Schalen wegen.

Eine Händlerin in Tansania verkauft Muscheln auf dem Markt

Die Conchologie befasst sich mit allen Weichtierschalen, so auch mit Kopffüßern, die zwar (mit Ausnahme der Perlboote) über keine äußeren Schalen verfügen, jedoch nur, weil diese sich im Laufe der Evolution zu inneren Schalen entwickelten und so u.a. dem Auftrieb dienen. Andere, wie etwa die Nacktkiemer haben ihr "Skelett" komplett, innen sowie außen, verloren bzw. wurde es durch eine knorplige Struktur ersetzt.

Weitere Forschungsgebiete umfassen die Schnecken, Muscheln, die Käferschnecken sowie die Kahnfüßer.

Geschichte der Conchologie

Das Sammeln von Muscheln hat eine lange Tradition, denn das Muschelfleisch diente als willkommenes Nahrungsmittel und aus den Muschelschalen konnte man Schmuck herstellen. Man findet aus Muscheln gefertigte Halsketten bereits in der Steinzeit, manche sogar weit entfernt von größeren Gewässern oder Meeren, was bedeutet, dass diese Schmuckstücke als Handelsware dienten. Diese waren so weit verbreitet, dass man sie bei nahezu allen Ausgrabungen findet, etwa in Tempelruinen der Azteken, bei Ausgrabungen im antiken China oder in alten Indus-Kulturen.

Auch haben Muscheln eine lange Tradition als Zahlungsmittel. Besonders die Gehäuse der Kaurischnecken waren sehr weit als solches verbreitet und fanden zwischen dem 13. Jahrhundert vor Christus bis vereinzelt ins 20. Jahrhundert hinein nahezu weltweit entsprechende Verwendung.[1]

Während der Renaissance begannen die Menschen schöne Dinge in sogenannten Wunderkammern zu sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wegen ihrer Attraktivität, ihrer Mannigfaltigkeit und ihrer Allgegenwärtigkeit nahmen Muscheln eine großen Platz in solchen Sammlungen ein. Muscheltragende Weichtiere finden sich nahezu überall am Meer und auch an vielen Land- und Süßwasserhabitaten. Gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts begann man sich wissenschaftlich mit Muscheln zu beschäftigen. Lister veröffentlichte zwischen 1685 und 1692 die Historia Conchyliorum, das erste umfassende conchologische Werk mit über 1000 Zeichnungen und Gravuren.

Stich aus Ernst Haeckels Kunstformen der Natur von 1904

George Eberhard Rumpf, (1627-1702) war ein anderer wichtiger und gleichzeitig früher Conchologist, der seine Erkenntnisse 1705 in dem Werk Amboinische Raritäten-Kammer oder Abhandlung von den steinschaalichten Thieren welche man Schnecken und Muscheln nennet veröffentlichte. Auch von mehreren Schicksalschlägen und sogar einer Erblindung ließ sich G. Rumpf nicht von seiner Forschungsarbeit abbringen. Er entwickelte viele Namen, die später von Carl von Linné aufgegriffen und weiter verwendet wurden.

Überhaupt wurde die Conchologie / Malakologie, wie eigentlich alle anderen Bereiche der Zoologie, durch Linné und seine Nomenklatur revolutioniert, da durch ihn eine erste allgemeingültige taxonomische Vereinheitlichung und Systematik geschaffen wurde.

In der Zeit nach Linné wurde Muschelkunde auch ein offizieller Zweig der Zoologie. Es gab aber auch in den letzten Jahrzehnten zahlreiche nennenswerte Conchologen, etwa Baron Georges Cuvier, der um das Jahr 1800 durch vergleichende anatomische Studien wesentliche Übereinstimmungen im inneren Körperbau zwischen den vermeintlich so unterschiedlichen Muscheln und Schnecken erkannte und beide in dem Tierstamm der Weichtiere zusammenfasste. Die Familie Sowerby erforschte und sammelte zwischen dem 18. und Beginn des 20. Jahrhunderts über mehrere Generationen Weichtiere. John Mawe (1764-1829) schuf mit The Voyager's Companion or Shell-Collector's Pilot wohl den ersten Naturführer für Muscheln. Hugh Cuming (1791-1865) war ein weiterer Weichtierforscher, der für seine reichhaltige Sammlung berühmt war und auch einige neue Arten entdeckt hatte. Eine weitere wichtige Arbeit war die 1830 von Thomas Say veröffentlichte American Conchology, or Descriptions of the Shells of North America, Illustrated From Coloured Figures From Original Drawings, Executed from Nature.

Der vielleicht wichtigste Conchologe des 20. Jahrhunderts war R. Tucker Abbott (1919-1995). Er veröffentlichte rund 30 Werke über die Malakologie.

Darüber hinaus gab es jedoch eine Vielzahl weiterer Wissenschaftler, die sich mit der Erforschung von Weichtierschalen befassten. Darunter viele Geologen sowie Paläontologen, die die fossilen Überreste von Schalenweichtieren aus der Erdfrühzeit untersuchen.

Identifikation von Muscheln und Weichtieren

Zur Identifikation von Muscheln und Weichtieren werden in erster Linie generelle oder auch regionale Bestimmungsbücher sowie spezielle Schriften, bestimmte Taxa betreffend, heran gezogen. Häufig helfen auch "Ikonografien", also Bücher mit wenig Text, dafür jedoch einer Vielzahl von bildlichen Darstellungen von Muscheln bei der Bestimmung weiter. (Einige davon sind in der Literaturliste verzeichnet).

Der Stamm der Weichtiere und Muscheln ist sehr groß und die unterscheidenden Charakteristika sind selbst innerhalb einer Art nicht immer einheitlich und werden unter Fachleuten ständig diskutiert. So kommt es, dass jährlich mehrere Arten neu bestimmt oder von anderen Arten, denen sie vorher angehörten abgegrenzt werden. Man schätzt die Zahl der weltweit vorkommenden Arten auf etwa 100.000.

Praktische Anwendung der Conchologie

Heute spielen ästhetische Gesichtspunkte, zumindest bei Conchologen / Malakologen, die sich professionell mit der Erforschung von Weichtieren und deren Schalen beschäftigen, nur noch eine untergeordnete Rolle. Bereits seit einiger Zeit liegt das Hauptaugenmerk eher auf rationalem Gebiet. So befassen sich viele Conchologen mit dem Studium von Weichtieren, die dem Menschen nützlich sind oder ihm schaden können.

Beim Studium nützlicher Weichtiere, wie etwa dem von Muscheln, die wie u.a. die Jakobsmuscheln für die Nahrungsmittelproduktion oder die Austern, die wegen ihrer Perlen gezüchtet werden, konzentriert man sich in erster Linie auf die Ökologie und die Lebensumstände, um die Zucht erfolgreicher und produktiver zu gestalten.

Im Gegensatz dazu konzentriert man sich bei der Erforschung von für den Menschen und die Umwelt gefährlichen Weichtieren und Muscheln auf die Physiologie der Tiere um so effektive Kontrollmöglichkeiten zu entwickeln, die möglichst wenig negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Ein Beispiel ist die ursprünglich in Europa beheimatete, jedoch mittlerweile in Nordamerika eingeführte Zebramuschel, die durch die Störung der natürlichen Ökosysteme und technischen Anlagen einen jährlich auf mehrere Millionen Dollar bezifferten wirtschaftlichen Schaden verursacht.[2] Ein weiteres Beispiel sind giftige Kegelschnecken, die Nervengifte ausstoßen, welche auch dem Menschen gefährlich werden können.[3]

Organisationen

Ähnlich wie andere wissenschaftliche Spezialgebiete sind auch die Conchologen in verschiedenen lokalen, regionalen sowie internationalen Vereinen und Verbänden organisiert. Zu den großen Vereinigungen gehören:

Museen

Es gibt zahlreiche Museen, die sich hauptsächlich oder zumindest zum Teil dem Thema Conchologie widmen. Hier eine Auswahl derer im deutschsprachigen Raum:

Museen in Deutschland

Museen in Österreich

Museen in der Schweiz

Trivia

  • Auch Edgar Allan Poe hat im Jahr 1839 mit The Conchologist's First Book als Coautor mit seinem Freund Thomas Wyatt ein als Schulbuch gedachtes Werk über Weichtiere und deren Schalen verfasst. [7]

Literatur

  • Abbott,R.T./Dance,S.P.: Compendium of Seashells, Dutten, 2000 ISBN 978-0-5259-3269-7
  • Ardovini, R./Cossignani, T.: West African Seashells. Ancona, 2004 ISBN 88-860-70-11-X
  • Frýda, J., et al.: Classification and nomenclator of gastropod families, 2005 ISBN 978-3-9259-1972-5
  • Lindner, Gert: Muscheln und Schnecken sammeln und bestimmen., München, 2008 ISBN 978-3-8354-0374-1
  • Reeve, Lovell.: Elements of Conchology: An Introduction to the Natural History of Shells and of the Animals Which Form Them. London, 1860

Fachzeitschriften und Periodika

Quellenangaben

  1. http://www.bnb.be/pub/07_00_00_00_00/07_07_00_00_00/07_07_08_00_00/07-07-08-01-10.htm?l=de&t=bu
  2. http://www.nhm-wien.ac.at/NHM/3Zoo/mollcoll.htm

Siehe auch

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