Balthasar von Esens

Der Junker-Balthasar-Brunnen in Esens

Balthasar von Esens, genannt Junker Balthasar, war von 1522 bis zu seinem Tod im Jahre 1540 Häuptling der ostfriesischen Herrlichkeiten Esens, Wittmund und Stedesdorf und damit Herrscher des Harlingerlandes. Er war der Sohn von Häuptling Hero Omken und Armgard von Oldenburg, sein Großvater war Sibet Attena. Balthasar war der letzte Häuptling aus dem Geschlecht der Attena.

Die Meinungen über seine Rolle in der Geschichte gehen weit auseinander. Für seine Bewunderer und viele Friesen aus dem Harlingerland war er ein Freiheitskämpfer, der sich gegen die Grafen von Ostfriesland und die Hanse auflehnte und damit dem Gedanken der friesischen Freiheit anhing. In Esens wird er bis heute mit den jährlichen Junker-Balthasar-Tagen geehrt, da er dem Ort angeblich im Jahr 1527 die Stadtrechte verlieh, was aber historisch nicht belegt ist. Auch rechnet man ihm hoch an, dass er, die Unabhängigkeit des Harlingerlandes auf lange Zeit bewaren konnte.

Für seine Kritiker war Balthasar dagegen ein Seeräuber und Schurke, der jede Gelegenheit nutzte, um sich an seinen Nachbarn zu bereichern, sich an keine Vereinbarung hielt und an Querulanz und Renitenz seinesgleichen suchte. Die Allgemeine Deutsche Biographie (1875 - 1912) nennt Balthasar einen der "wildesten Gesellen in jenen wildesten Zeiten der friesischen Lande".

Leben

Wie sein Vater scherte sich der streitlustige Balthasar, nachdem er sein Erbe angetreten hatte, nicht um die Wünsche der Grafen von Ostfriesland und erkannte deren Oberhoheit über seine Herrschaft auch nicht an. Dafür raubte er alle Händler aus, die er zu Lande und zu Wasser in die Finger bekam. Er stellte Kaperbriefe aus und ließ mit Vorliebe die Handelsschiffe der Stadt Bremen aufbringen. In diesen Zeiten der Reformation errang er so auch Unterstützung des Bischofs von Bremen und des Herzogs von Geldern. Nicht, dass Balthasar ein fanatischer oder gar vorbildlicher Katholik gewesen wäre, aber dem Bischof und Geldern war zunächst alles Recht, was dem protestantischen Bremen Schaden zufügen konnte.

Graf Edzard von Ostfriesland aus dem Hause Cirksena versuchte unterdessen nach den landauf landab laut werdenden Klagen über Balthasar, das Harlingerland zur Räson zu bringen. Nach seinem ersten Feldzug gegen den Junker im Jahr 1524 wurde diesem die Seeräuberei verboten und ihm die Gefolgschaft zum ostfriesischen Grafenhaus auferlegt. Da Balthasar, sobald die gräfliche Truppen abgezogen waren, diese Abmachung regelmäßig missachtete, musste Edzard im Jahr 1525 ein weiteres Mal nach Esens ziehen. Anschließend wurde es zunächst etwas ruhiger um Balthasar von Esens.

Als Enno II. als neuer Graf in Ostfriesland die Herrschaft übernommen hatte, wurde im Jahr 1529 zwischen den Parteien eine neue Vereinbarung getroffen, in welcher die gegenseitigen Ansprüche festgelegt wurden. Der hitzköpfige Balthasar suchte aber erneut Streit mit seinen Nachbarn und den Kaufleuten. So zog Enno im Jahr 1530 mit einem Söldnerheer wieder ins Harlingerland, um Balthasar nach eigenem Bekunden "eins aufs Maul zu hauen".

Nach einer langen Belagerung musste der Junker schließlich Esens übergeben und verlor den größten Teil seines Herrschaftsgebietes. Auf Rache sinnend setzte er sich zu seiner Schwester Onna nach Rietberg ab, die mit dem dortigen Grafen verheiratet war. Von dort gelangte er an den katholischen Herzog Karl von Geldern, einem erklärten Feind der protestantischen Cirksena, der ihm seine Unterstützung bei der Rückgewinnung seiner Herrschaft gewährte.

Damit brach Balthasar die so genannte Geldrische Fehde vom Zaun. Mit Gelderns Hilfe fiel er in Ostfriesland ein und richtete im ganzen Land schwere Verwüstungen und großes Leid an (siehe auch: Schlacht von Jemgum). Graf Enno war gezwungen, Balthasar seine alte Herrschaft zurückzugeben und weitere Zugeständnisse zu machen. Das Harlingerland stand allerdings von nun an unter offizieller Lehnshoheit Gelderns und verlor so seine Unabhängigkeit. Mit dieser starken Macht im Rücken schikanierte Balthasar jedoch weiterhin seine Nachbarn, raubte und brandschatzte in ihren Länderreien. Damit brachte er sogar die spinnefeinden Maria von Jever und Graf Enno dazu, sich gegen ihn zu verbünden.

Nach dem Tod Karls von Geldern im Jahr 1538 wollte Graf Enno den Konflikt beilegen und bot Balthasar eine Heirat mit seiner Schwester an. Da Balthasar aber die Rückgabe einiger ihm vor Jahren abgenommenen Kanonen zur Bedingung machte, bevor er die Braut an seinen Hof kommen lassen wollte, verlief auch dieser Einigungsversuch im Sand.

Junker Balthasar fühlte sich in diesen Jahren unantastbar und ließ ab 1537 wieder verstärkt Jagd auf Bremische Handelsschiffe machen. Da sich die Bremer wehrten, führte dies zu einem Konflikt zwischen Balthasars Lehnsmacht, dem katholischen Geldern, und dem protestantischen Schmalkaldischen Bund, dem Bremen angehörte.

Weil sich der Junker aber auch weiterhin an Bremer Schiffen schadlos hielt und zu keiner gütlichen Einigung zu bewegen war, wurde 1538 die Reichsacht über Balthasar verhängt. Das nahmen die Bremer schließlich zum Anlass, dem Seeräuber ein für alle Mal das Handwerk zu legen. Im Jahr 1540 griffen die Bremer Esens an und erhielten dabei tatkräftige Unterstützung von Maria von Jever. Das Edelfräulein war die andauernden Überfälle leid geworden. Noch während der Belagerung von Esens verstarb Balthasar an einer Krankheit. Nach seinem Tod war Bremen rasch bereit, Frieden zu schließen. Da Balthasar keine Kinder hatte, fiel das Harlingerland nach seinem Ableben an die Rietberger.

Literatur und Quellen

  • Franz Kurowski: Das Volk am Meer – Die dramatische Geschichte der Friesen, Türmer-Verlag 1984, ISBN 3-87828-082-9.
  • Ubbo Emmius: Rerum Frisicarum Historia, Leiden 1616.
  • Heinrich Friedrich Wilhelm Perizonius: Geschichte Ostfrieslands, Weener 1868.
  • Gerhard Anton von Halem: Geschichte des Herzogtums Oldenburg, Bremen 1794.
  • Allgemeine/Neue Deutsche Biographie
  • Biographisches Lexikon für Ostfriesland
  • Chronika van den Groten Daden der Graven van Oldenborch, um 1537, veröffentlicht vom Isensee Verlag, Oldenburg 1993.

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