Amoklauf an der Virginia Tech

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Norris Hall, Tatort der zweiten Schießerei

Beim Amoklauf an der Virginia Tech am Morgen des 16. April 2007 auf dem Campus der Virginia Polytechnic Institute and State University (kurz: Virginia Tech) in Blacksburg wurden 32 Menschen getötet und 15 weitere verletzt. Der Täter erschoss sich danach selbst.[1] Es handelt sich nach dem Schulmassaker von Bath im Jahre 1927 um den folgenschwersten Amoklauf in der Geschichte der Vereinigten Staaten, gefolgt vom Columbine-Massaker.

Tathergang

Lageplan

Die Tat wurde vom 23-jährigen südkoreanischen Studenten Cho Seung-hui (Schreibweise Hangeul: 조승희) [2] verübt, der etwa 1992 mit seinen Eltern von Südkorea nach Virginia einwanderte und zuletzt in einem der Wohnheime der Virginia Tech lebte.

Der erste Amoklauf wurde um 7:15 Uhr (13:15 Uhr MESZ) im Studentenwohnheim West Ambler Johnston Hall, in dem 895 Studenten leben, ausgeführt und forderte zwei Tote und drei Verletzte. Die Polizei untersuchte noch den Tatort, während zwei Stunden später (9:00–9:30 Uhr) etwa 600 Meter nördlich in der Norris Hall auf dem Campus eine zweite Schießerei mit deutlich mehr Opfern begann. Der Täter schoss mit zwei legal erworbenen Pistolen, einer Glock 19 im Kaliber 9mm Para und einer Kleinkaliberpistole vom Typ Walther P22.[3]

Studenten verstecken sich in einem verschlossenen Klassenzimmer

Unter den Toten befinden sich auch fünf Lehrkräfte (professors bezeichnet im US-amerikanischen Sprachgebrauch Professoren oder Dozenten): Deutschdozent Christopher James Bishop, welcher der Sohn von Michael Bishop war und als Fulbright-Stipendiat in Kiel studiert hatte und das erste Opfer des Amokläufers wurde;[4] der aus Rumänien stammende Luftfahrttechniker Liviu Librescu, der sich in einen Türrahmen stellte und so dem Täter den Zugang zum Raum versperrte, wodurch mehreren Studenten zur Flucht durch die Fenster verholfen wurde; der Experte für Orthopädie und Biomechanik Kevin Granata;[5] der aus Indien stammende G. V. Loganathan;[6] sowie Jocelyne Couture-Nowak.[7] Beim Eintreffen der Polizei nahm sich der Täter selbst das Leben.

Cho hatte zwischen den beiden Schießereien per Post ein Paket mit einer DVD, auf der 37 Videos und 43 Fotos waren, sowie Seiten mit einem 1800 Worte umfassenden „Manifest“ an den US-Fernsehsender NBC geschickt. Der Zeitstempel (9:01 Uhr Ortszeit) zeigt, dass Cho das Paket am Montag nach seinen ersten Schüssen in einem am Uni-Campus angrenzenden Postamt aufgegeben hat. [8] Darin erklärte er unter anderem seinen Hass gegen Reiche und Christen und äußerte weiter, seine Tat wäre vermeidbar gewesen. Der Sender informierte das FBI und strahlte am Abend (Ortszeit) Ausschnitte aus dem Video aus. Der Täter sagte unter anderem, „Ihr habt mich in eine Ecke gedrängt. Jetzt müsst ihr damit leben, dass Blut an euren Händen klebt.“ Auf elf Fotos ist Cho mit zwei Handfeuerwaffen zu sehen.[9]

Der Sender CNN berichtete, dass Cho 2005 von einem Sonderrichter des US-Bundesstaates Virginia für „geistesgestört“ [10] erklärt wurde. Der Richter habe zudem festgestellt, dass Cho eine Gefahr für sich selbst darstelle. Bereits zuvor war bekannt geworden, dass sich Cho im selben Jahr in einer Psychiatrischen Klinik aufgehalten hatte.[11] Aufgrund der Tatsache, dass er die Psychiatrie freiwillig aufsuchte, konnte er legal Waffen erwerben. [12]

Reaktionen

Der Präsident der Hochschule, Charles W. Steger, sagte über die Ereignisse: „The university was struck today with a tragedy of monumental proportions.“[13] (dt. „Die Universität wurde heute von einer Tragödie ungeheuren Ausmaßes getroffen.“) Virginias Gouverneur Tim Kaine erklärte nach der Tat den Notstand.

Von einigen Studenten und Lehrkräften wurden die Hochschulleitung und vor allem die Einsatztaktik der Polizei kritisiert, die nach dem Vorfall im Studentenwohnheim von einer Einzeltat ausging. Weder wurden die Angehörigen der Universität gewarnt, noch wurde die Hochschule evakuiert.[14] Zudem ist erneut eine Diskussion um die liberalen Waffenrechte in den Vereinigten Staaten entbrannt. In Virginia kann jeder unbescholtene Bürger über 18 Jahren Handfeuerwaffen erwerben. US-Präsident George W. Bush hielt in einer ersten Stellungnahme an seiner Meinung fest, dass jeder Bürger der USA das Recht habe, eine Waffe zu tragen. Allerdings müssten sie alle Gesetze beachten.[15] Der republikanische Präsidentschaftskandidaturbewerber John McCain schloss sich dieser Einschätzung an.[16] Die Bewertungen des Amoklaufs durch die amerikanische und internationale Presse gingen stark auseinander und erzeugten ein breites Echo im Internet.[17]

Studenten trauern bei einer Mahnwache um die Opfer des Amoklaufs.


Reaktion der NRA

Die National Rifle Association fasst sich zu dem Thema momentan noch sehr kurz: „The National Rifle Association joins the entire country in expressing our deepest condolences to the families of Virginia Tech University and everyone else affected by this horrible tragedy. Our thoughts and prayers are with the families. We will not have further comment until all the facts are known.“[18] (Übers.: „Die National Rifle Association drückt wie das gesamte Land sein tiefstes Beileid mit den Familien der Virginia Tech University und jedem anderen, der von dieser schrecklichen Tragödie betroffen war, aus. Bevor nicht alle Fakten bekannt sind, werden wir keine weiteren Kommentare abgeben.“)

Commons: Amoklauf an der Virginia Tech – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Spiegel online: „Amokschütze tötet Dutzende – dann sich selbst“, 16. April 2007
  2. CNN: „Police: Virginia Tech shooter an English major, 23“, 17. April 2007 (englisch)
  3. Spiegel Online „Wie ein Einzelgänger zum Massenmörder wurde“ 18. April 2007
  4. (18. April 2007). Virginia Tech Massacre: The Victims auf Fox News; David Vickrey (17. April 2007). Professor of German Killed in Virginia Tech Massacre. Beitrag auf www.dialoginternational.com (engl.; abgerufen 18. April 2007)
  5. Spiegel Online „Der Held von Norris Hall“, 17. April 2006
  6. BBC: „Virginia massacre gunman is named“, 17. April 2007 (englisch);
  7. Fox News: „Virginia Tech Massacre: The Victims“, 18. April 2007 (englisch)
  8. N24: „Ihr habt entschieden, mein Blut zu vergießen“, 19. April 2007
  9. Spiegel Online: „Todesschütze schickte US-Sender zwischen den Morden Videos und Fotos“, 19. April 2007
  10. FAZ: „Ihr habt entschieden, mein Blut zu vergießen“, 19. April 2007
  11. Spiegel Online: „Amokläufer war in psychiatrischer Behandlung“, 18. April 2007
  12. Tagesschau: „Amokläufer schickte ‚Manifest‘ an Sender“
  13. Charles W. Steger: Tragedy at Virginia Tech, offizielle Statements auf der Website der Virginia Tech, abgerufen am 17. April 2007
  14. Netzeitung: „Entsetzen nach blutigstem Amoklauf in den USA“, 17. April 2007
  15. Tagesschau „Täter studierte an Virginia Tech“, 17. April 2007
  16. RP Online: USA diskutiert über schärfere Waffengesetze, 17. April 2007
  17. Der Spiegel: Pressestimmen und die unterschiedliche Reaktion europäischer und amerikanischer Internetnutzer, 18. April 2007
  18. National Rifle Association: Statement from the NRA, Statement auf der offiziellen Website der National Rifle Association (englisch, abgerufen am 19. April 2007)