Waschmittelenzym

Die Protease Trypsin war 1914 das erste Waschmittelenzym, wird aber heute nicht mehr verwendet

Ein Waschmittelenzym ist ein Enzym, das in Waschmitteln verwendet wird. Waschmittelenzyme werden in flüssigen und pulverförmigen Waschmitteln eingesetzt, um Verschmutzungen biologischen Ursprungs abzubauen oder den hellen Flaum auf dunkler Wäsche aus Baumwolle zu entfernen. Mit etwa 25–37 % des Umsatzes aller industriell verwendeten Enzyme sind Waschmittelenzyme die am meisten verwendeten.[1][2] Die Umgebungsbedingungen in der Waschmaschine sind ähnlich wie in der Geschirrspülmaschine, weshalb in Maschinengeschirrspülmitteln ähnliche Enzyme (Geschirrspülenzyme) verwendet werden.

Eigenschaften

Einerseits steigt die Aktivität eines Enzyms mit der Temperatur (oben), andererseits gibt es eine Denaturierungstemperatur (Mitte), wodurch sich die untere Kurve ergibt
Enzyme haben, je nach ihrem Wirkort, einen optimalen pH-Wert-Bereich für ihre Aktivität. Enzyme von sauren Wirkungsorten denaturieren bereits bei leicht basischen Bedingungen (blau) und umgekehrt (grün).

Typische biologische Verschmutzungen auf Textilien umfassen Proteine (Eiweiße), Stärke und andere Kohlenhydrate sowie Fette. Daher werden für diese Verschmutzungen Enzyme verwendet, welche diese spalten können. Dies sind:[3][1]

  • für Proteine Proteasen (Proteine kommen in Ei-, Milch-, Fleisch- und Grasflecken vor),
  • für Stärke Amylasen (Stärke kommt in Beilagen wie Kartoffeln, Nudeln und Reis vor),
  • für Kohlenhydrate aus der Gruppe der Mannane Mannanasen (Mannane kommen in Schokolade, Eiscreme, Zahnpasta und Verdickungsmitteln vor) und
  • für Kohlenhydrate aus der Gruppe der Pektine Pektatlyasen (Pektine kommen in Obst, Gemüse und Verdickungsmitteln vor) und
  • für Fette Lipasen (Fette kommen in Speisefetten und Speiseölen vor).
  • Daneben werden in manchen Waschmitteln Cellulasen eingesetzt, um Cellulose abzubauen, wodurch aus dem Garn herausragende Cellulosefasern zerlegt werden. Dadurch gibt es weniger Flaum auf Baumwollstoffen, wodurch weniger Licht vom Flaum reflektiert wird und ein dunkles Kleidungsstück dunkler aussieht. Bei hellen Baumwollstoffen bleibt nach Cellulasebehandlung weniger Staub am Flaum hängen, wodurch Kleidungsstücke weniger vergrauen und somit heller erscheinen.

Während in Vollwaschmitteln und Buntwaschmittel Proteasen verwendet werden, enthalten Wollwaschmittel für proteinbasierte Textilien wie Wolle und Seide keine Proteasen, da diese durch Proteasen beschädigt werden.[4] Da aus Umweltschutzgründen weniger Tenside und Phosphate in Waschmitteln eingesetzt werden sollen, werden zur Erhaltung der Reinigungswirkung mehr Waschmittelenzyme verwendet,[5] die generell als Proteine biologisch abbaubar sind. Mit Enzymen kann bei gleicher Reinigungswirkung mit niedriger Temperatur und kürzeren Umwälzungszyklen gewaschen werden, wodurch die Textilien weniger beansprucht werden und somit eine längere Haltbarkeit aufweisen.[1]

Im Prinzip sind Waschmittelenzyme ähnlich wie Verdauungsenzyme zusammengesetzt, besitzen aber unterschiedliche Umgebungsbedingungen. So werden sie in einem deutlich größeren Temperaturbereich eingesetzt, von 15 °C bis 90 °C. Einerseits müssen sie bei 90 °C thermostabil sein und dürfen nicht schnell denaturieren und dadurch ihre Enzymaktivität verlieren, andererseits müssen sie auch eine ausreichende Enzymaktivität bei 15 °C aufweisen, denn die Enzymaktivität steigt mit der Temperatur. Waschmittel besitzen einen basischen pH-Wert, um Proteine und Fette besser zu lösen. Daher müssen Waschmittelenzyme eine maximale Enzymaktivität bei höherem pH-Wert aufweisen.[1] Auch dürfen sie nicht durch Tenside denaturiert[6][7][1] oder durch Bleichmittel chemisch inaktiviert werden.[2][6] Ebenso sollen sie eine lange Haltbarkeit aufweisen und nicht durch Chelatoren gehemmt werden.[1]

Enzyme

Proteasen sind die größte Gruppe unter den industriellen Enzymen, mit etwa 60 % Anteil des Umsatzes.[1][8] In Waschmitteln werden verschiedene Proteasen eingesetzt.[6][9] Nur Proteasen aus der Gruppe der Serinproteasen sind für den Einsatz in Waschmitteln geeignet.[6] Die meisten Proteasen basieren auf Subtilisin aus Bacillus.[10] Die meisten Proteasen werden auch in Bacillus hergestellt.[11]

Waschmittelproteasen[6]

Handelsname Hersteller Ursprung Wildtyp oder
Protein-Engineering
produziert in Eigenschaften
Alcalase Novozymes B. lichenformis WT B. lichenformis
Savinase Novozymes B. clausii WT B. clausii
Purafect Genencor B. lentus WT B. subtilis höhere Enzymaktivität bei pH 9–12
Everlase Novozymes B. clausii PE B. clausii bleichmittelstabil
Purafect OxP Genencor B. lentus PE B. subtilis höhere Enzymaktivität bei pH 9–12, bleichmittelstabil
Esperase Novozymes B. halodurans WT B. halodurans
Kannase Novozymes B. clausii PE B. clausii
Properase Genencor B. alkalophilus PE B. alkalophilus

Daneben werden auch verschiedene bakterielle Amylasen,[12] Mannanasen,[13][14] Lipasen,[15][16][17] pilzliche[18] und bakterielle Cellulasen[19] in Waschmitteln verwendet.

Geschichte

Die erste Verwendung von Enzymen in Waschmitteln war 1914, als Otto Röhm die Protease Trypsin aus tierischem Ursprung in Waschmitteln einsetzte.[2] Ab 1959 wurden bakterielle Proteasen aus Bacillus vermarktet.[2] Die dänische Firma Novozymes produzierten sie ab 1959 in deutlich größeren Mengen,[2] als Trypsin verfügbar war. Im Jahr 1963 wurde die Protease Subtilisin aus Bacillus licheniformis (unter dem Markennamen Alcalase) mit einer höheren Enzymaktivität bei vergleichsweise weniger hohem pH-Wert vermarktet.[6] Ab 1965 wurden bakterielle Proteasen von großen Waschmittelherstellern eingesetzt.[2] In Folge kamen weitere Proteasen auf den Markt[6] und Enzyme für Waschmittel wurden durch Protein-Engineering verändert,[20][6][21] damit sie stabiler wurden in Gegenwart von höheren Temperaturen (Thermostabilität),[2][6] Basen (Alkalistabilität),[2][6] Bleichmitteln (oxidative Stabilität)[2][6] und Tensiden[6][7] oder eine höhere Enzymaktivität bei niedrigen Temperaturen (in kaltem Wasser) aufwiesen.[22][23] Nachdem in den 1960er und 1970er Jahren über Typ-I-Allergien durch eingeatmete staubförmige Waschmittelpulver berichtet wurde,[24] sind Sensibilisierungen durch Mikroverkapselung und Anpassungen der Zusammensetzung seltener geworden.[25][26]

Literatur

  • L. Vojcic, C. Pitzler, G. Körfer, F. Jakob,. Ronny Martinez, K. H. Maurer, U. Schwane: Advances in protease engineering for laundry detergents. In: New biotechnology. Band 32, Nummer 6, Dezember 2015, S. 629–634, doi:10.1016/j.nbt.2014.12.010, PMID 25579194.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Goutam Brahmachari, Arnold Demain, Jose Adrio: Biotechnology of Microbial Enzymes – Production, Biocatalysis and Industrial Applications. Elsevier, 2016. ISBN 978-0-12-803725-6. S. 2, 35, 283, 352, 353.
  2. a b c d e f g h i Matti Leisola, Jouni Jokela, Ossi Pastinen, Ossi Turunen, Hans E. Schoemaker: Industrial use of enzymes. In: Physiology and Maintenance, Band 2: Enzymes: The Biological Catalysts of Life, Nutrition and Digestion. EOLSS Publications, 2009. ISBN 978-1-84826-040-5.
  3. The role of enzymes in detergent products. In: American Cleaning Institute (ACI). 8. November 2021; (englisch).
  4. Mendel Friedman: Effect of Enzymes and Enzyme-Containing Detergent On Strength of Untreated Woolen Fabrics. In: Textile Research Journal. 1971. doi:10.1177/004051757104100405.
  5. A. Gaubert, J. Jeudy, B. Rougemont, C. Bordes, J. Lemoine, H. Casabianca, A. Salvador: Identification and absolute quantification of enzymes in laundry detergents by liquid chromatography tandem mass spectrometry. In: Analytical and bioanalytical chemistry. Band 408, Nummer 17, Juli 2016, S. 4669–4681, doi:10.1007/s00216-016-9550-8, PMID 27098933.
  6. a b c d e f g h i j k l Julio Polaina, Andrew P. MacCabe: Industrial Enzymes: Structure, Function and Applications. Springer Science & Business Media, 2007. ISBN 978-1-4020-5377-1. S. 202, 203.
  7. a b F. N. Niyonzima, S. S. More: Coproduction of detergent compatible bacterial enzymes and stain removal evaluation. In: Journal of basic microbiology. Band 55, Nummer 10, Oktober 2015, S. 1149–1158, doi:10.1002/jobm.201500112, PMID 26011283.
  8. P. M. de Souza, M. L. Bittencourt, C. C. Caprara, M. de Freitas, R. P. de Almeida, D. Silveira, Y. M. Fonseca, E. X. Ferreira Filho, A. Pessoa Junior, P. O. Magalhães: A biotechnology perspective of fungal proteases. In: Brazilian journal of microbiology : [publication of the Brazilian Society for Microbiology]. Band 46, Nummer 2, Juni 2015, S. 337–346, doi:10.1590/S1517-838246220140359, PMID 26273247, PMC 4507524 (freier Volltext).
  9. F. N. Niyonzima, S. More: Detergent-compatible proteases: microbial production, properties, and stain removal analysis. In: Preparative biochemistry & biotechnology. Band 45, Nummer 3, 2015, S. 233–258, doi:10.1080/10826068.2014.907183, PMID 24678620.
  10. K. H. Maurer: Detergent proteases. In: Current Opinion in Biotechnology. Band 15, Nummer 4, August 2004, S. 330–334, doi:10.1016/j.copbio.2004.06.005, PMID 15296930.
  11. A. Razzaq, S. Shamsi, A. Ali, Q. Ali, M. Sajjad, A. Malik, M. Ashraf: Microbial Proteases Applications. In: Frontiers in bioengineering and biotechnology. Band 7, 2019, S. 110, doi:10.3389/fbioe.2019.00110, PMID 31263696, PMC 6584820 (freier Volltext).
  12. F. N. Niyonzima, S. S. More: Detergent-compatible bacterial amylases. In: Applied biochemistry and biotechnology. Band 174, Nummer 4, Oktober 2014, S. 1215–1232, doi:10.1007/s12010-014-1144-3, PMID 25129040.
  13. A. Dawood, K. Ma: Applications of Microbial β-Mannanases. In: Frontiers in bioengineering and biotechnology. Band 8, 2020, S. 598630, doi:10.3389/fbioe.2020.598630, PMID 33384989, PMC 7770148 (freier Volltext).
  14. S. Dhawan, J. Kaur: Microbial mannanases: an overview of production and applications. In: Critical reviews in biotechnology. Band 27, Nummer 4, 2007 Oct-Dec, S. 197–216, doi:10.1080/07388550701775919, PMID 18085462 (Review).
  15. A. I. Adetunji, A. O. Olaniran: Production strategies and biotechnological relevance of microbial lipases: a review. In: Brazilian journal of microbiology : [publication of the Brazilian Society for Microbiology]. Band 52, Nummer 3, September 2021, S. 1257–1269, doi:10.1007/s42770-021-00503-5, PMID 33904151, PMC 8324693 (freier Volltext).
  16. P. Chandra, Enespa, R. Singh, P. K. A: Microbial lipases and their industrial applications: a comprehensive review. In: Microbial cell factories. Band 19, Nummer 1, August 2020, S. 169, doi:10.1186/s12934-020-01428-8, PMID 32847584, PMC 7449042 (freier Volltext).
  17. N. Patel, D. Rai,. Shivam, S. Shahane, U. Mi: Lipases: Sources, Production, Purification, and Applications. In: Recent patents on biotechnology. Band 13, Nummer 1, 2019, S. 45–56, doi:10.2174/1872208312666181029093333, PMID 30370868.
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  20. O. Kirk, T. V. Borchert, C. C. Fuglsang: Industrial enzyme applications. In: Current Opinion in Biotechnology. Band 13, Nummer 4, August 2002, S. 345–351, doi:10.1016/s0958-1669(02)00328-2, PMID 12323357.
  21. G. Banerjee, A. K. Ray: Impact of microbial proteases on biotechnological industries. In: Biotechnology & genetic engineering reviews. Band 33, Nummer 2, Oktober 2017, S. 119–143, doi:10.1080/02648725.2017.1408256, PMID 29205093.
  22. H. J. Park, C. W. Lee, D. Kim, H. Do, S. J. Han, J. E. Kim, B. H. Koo, J. H. Lee, J. H. Yim: Crystal structure of a cold-active protease (Pro21717) from the psychrophilic bacterium, Pseudoalteromonas arctica PAMC 21717, at 1.4 Å resolution: Structural adaptations to cold and functional analysis of a laundry detergent enzyme. In: PLOS ONE. Band 13, Nummer 2, 2018, S. e0191740, doi:10.1371/journal.pone.0191740, PMID 29466378, PMC 5821440 (freier Volltext).
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  25. Katherine Sarlo, Donald B. Kirchner, Esperanza Troyano, Larry A. Smith, Gregory J. Carr, Carlos Rodriguez: Assessing the risk of type 1 allergy to enzymes present in laundry and cleaning products: Evidence from the clinical data. In: Toxicology. Band 271, Heft 3, S. 87–93. May 2010. doi:10.1016/j.tox.2010.03.007. PMID 20223268.
  26. Katherine Sarlo, E. Cormier, D. MacKenzie, L. Scott: 749 Lack of type I sensitization to laundry enzymes among consumers in the Philippines. In: The Journal of Allergy and Clinical Immunology. 1996. doi:10.1016/s0091-6749(96)80967-5.