Erzgebirgisch

Erzgebirgisch (Aarzgebèèrgsch)

Gesprochen in

Deutschland (Sachsen), bis 1945 auch Tschechien (Sudetenland)

Minderheitssprache in:
Niedersachsen (Clausthal-Zellerfeld, St. Andreasberg und Umgebung)
Sprecherca. 500.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache inkeinem Land
Sprachcodes
ISO 639-1

?

ISO 639-2(B) ?(T) ?

Erzgebirgisch (oder auch Aarzgebèèrgsch ([aːɰtskəpɛːɰjkʂ] nach Lichtensteiner Aussprache)) ist ein oberdeutscher Dialekt, der vor allem im mittleren Erzgebirge gesprochen wird. Er ist bisher nur wenig sprachwissenschaftlich erforscht. Aufgrund der hohen Mobilität der Bevölkerung und des damit verbundenen starken Kontakts zum Sächsischen, der großen Abwanderungsrate und nicht zuletzt auch aufgrund seiner geringen Verständlichkeit gegenüber anderen Dialekten verringert sich die Sprecherzahl immer mehr.

Verbreitungsgebiet und Geschichte

Verbreitungsgebiet

Wie in den folgenden Abschnitten deutlich wird, hat das Erzgebirgische die meisten Gemeinsamkeiten mit dem Bairischen. Vermutlich waren es Altbairisch-Sprecher, die vor etwa 1000 Jahren das Erzgebirge besiedelt und die vorher dort ansässigen Slawen verdrängt haben.

Das Erzgebirgische wird heute in einem Gebiet gesprochen, das ungefähr den Landkreisen Mittweida (hier nur noch im äußersten Süden), Stollberg, Mittlerer Erzgebirgskreis, Annaberg-Buchholz und Aue-Schwarzenberg entspricht. Im Landkreis Chemnitzer Land findet man Sprecher in und um Lichtenstein.

Des Weiteren findet man eine Sprechergemeinschaft im Oberharz in der Region von Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen). Die Vorfahren dieser Sprecher waren Bergleute und sind im 16. Jahrhundert aus dem Erzgebirge dorthin ausgewandert.

Bis 1945 war das Erzgebirgische auch im angrenzenden Sudetenland beheimatet. Hier ist vor allem die Region Kaaden-Duppau zu nennen, in deren Mundart eine Sammlung von Wörtern, Redensarten und Anekdoten veröffentlicht wurde (siehe Literatur). Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mussten die Sudetendeutschen jedoch die damalige Tschechoslowakei verlassen und siedelten sich in ganz Deutschland an. Das hatte großteils zur Folge, dass sie ihren Dialekt nur noch innerhalb der eigenen Familie sprechen konnten und daher zu den lokalen Mundarten wechselten.

Es gibt bisher keine offiziellen Bestrebungen, Erzgebirgisch zu verschriftlichen, obgleich es doch zahllose in Mundart verfasste Kurzgeschichten, Gedichte und Lieder gibt. Diese unterliegen jedoch keinerlei orthographischer Norm, sodass eine linguistische Analyse dieser Mundart nur durch Feldforschung am Muttersprachler selbst zu bewerkstelligen sein kann. Auch die weitverbreitete irrige Meinung, Erzgebirgisch sei ein sächsischer Bauern-Slang, kann kaum zu ernsthaften Bestrebungen führen, diesen Dialekt zu pflegen und zu erhalten (vgl. hierzu z. B. die Fehleinordnung des Erzgebirgischen in Ethnologue).

Sprachverwandtschaft

Das Erzgebirgische ist mit Alemannisch (incl. Schwäbisch und Schweizerdeutsch) und Bairisch-Österreichisch zu den oberdeutschen Sprachen zu rechnen.

So ist zum Beispiel in vielen dieser Sprachen, wie auch im Erzgebirgischen die klare Tendenz zu erkennen, das deutsche Verbpräfix er- durch andere Präfixe (der- (im Erzg. und im Bair.) oder ver- (im Bair. und Schwäb.)) zu ersetzen (z. B. werzgeb. derschloong [tɔɰʃloːŋ] ´erschlagen´, derzeeln [tɔɰtseːln] ´erzählen´).

Auch der Gebrauch der Partikel fei [faɪ] ist typisch für das Bairisch-Österreichische und ist auch im Erzgebirgischen weit verbreitet.

Des Weiteren ist auch in allen oben aufgeführten Sprachen die Lautentsprechung des deutschen [o/ɔ] zu dialektalem [u/ʊ] (z. B. werzgeb. huus [huːs] ´Hose´), sowie die starke o-Färbung des deutschen [a] (z. B. werzgeb. hoos [hoːs] ´Hase´) zu finden.

Ein weiterer Punkt ist der Verlust von silbenschließendem [n] nach langen Vokalen, der im Erzgebirgischen nicht ganz konsequent, aber dennoch weit verbreitet auftritt (z. B. Lichtenst. Huuschdee [huːʂʈeː] ´Hohenstein´ (gemeint ist die Stadt Hohenstein-Ernstthal, in der übrigens nicht Erzgebirgisch, sondern Sächsisch gesprochen wird)). Selten tritt dieses Phänomen in einsilbigen kurzvokalischen Wörtern auf, bei denen dann der Vokal gelängt wird (z. B. Lichtenst. màà [mʌː] ´Mann´)

Auch die vor allem im Lichtensteinerischen oft praktizierte Auslassung des Schwa ([ə]) (geschrieben e) und (seltener) auch des /ɪ/ (kurzes i) ist typisch im Oberdeutschen (z. B. Lichtenst. Reedlz [ɣeːtˡl̩ts]] ´Rödlitz´ (der Ort Rödlitz wurde in den 1990er Jahren in die Stadt Lichtenstein eingemeindet)).

Die folgende Tabelle verdeutlicht die Ähnlichkeit des Erzgebirgischen zu den übrigen oberdeutschen Dialekten. Zur Kontrolle wird das Osterländische mit aufgelistet. X steht dafür, dass das entsprechende Merkmal in den meisten Unterdialekten vorhanden ist. x bedeutet, dass es nur in Randgebieten auftritt.

MerkmalErzgeb.Bair.-Österr.Alemann.Osterländ.
Ersetzung von er- durch der-/ver-XXX-
feiXX-?-
o/u-EntsprechungXXX-
n-TilgungXXX-
Schwa-TilgungXXXx
Zusammenfall von ch und schx--X

Unterdialekte

Osterzgebirgische Mundarten verwenden ni(ch) [nɪ(ç)] als Negation, wogegen im Westerzgebirgischen nèt [nɛt] gebraucht wird. Jedoch sind die Gebiete dieser Unterdialekte nicht klar abgrenzbar. So findet man in Lichtenstein, das an der nordwestlichen Sprachgrenze liegt, sowohl die eine als auch die andere Negation (ni ist sogar häufiger anzutreffen). Wie im Osterzgebirgischen wird daneben auch in Lichtenstein standard-deutsches kl... und gl... bzw. kn... und gn... am Wortanfang als [tl...] resp. [tn...] gesprochen (z. B. dlee [tˡleː] ´klein´, dnuchng [tⁿnʊxŋ̍] ´Knochen´).

Auch die Oberharz-Mundarten können nicht eindeutig einer der beiden Gruppen zugeordnet werden.

Weiterhin gibt es vor allem in der Grenzregion zum Sächsischen starke Beeinflussung durch die nichterzgebirgischen Nachbardialekte, die eine Subklassifikation weiter erschwert.

Zusammenfassend lassen sich also vier Dialekte feststellen:

DialektVerbreitungsgebiet
OsterzgebirgischMittlerer Erzgebirgskreis, Landkreise Annaberg-Buchholz, Mittweida, (Sudetenland)
WesterzgebirgischLandkreis Aue-Schwarzenberg, (Sudetenland)
NordwesterzgebirgischLandkreise Chemnitzer Land (Region Lichtenstein), Stollberg
OberharzischRegion Clausthal-Zellerfeld und St. Andreasberg (Niedersachsen)

Wie erwähnt existiert keine einheitliche Rechtschreibung. Um die Sprachdaten in diesem Artikel trotzdem nahe an ihrer tatsächlichen Aussprache niederzuschreiben, muss eine Konvention gefunden werden.

Konsonanten

Die Schreibung der Konsonanten folgt weitgehend den im Bairischen üblichen Notationen. In der folgenden Tabelle werden die in den wichtigsten erzgebirgischen Mundarten vorkommenden Sprachlaute als IPA-Zeichen dargestellt. Dahinter findet sich die Schreibung für den entsprechenden Laut, die in diesem Artikel angewendet wird, sofern sie sich vom IPA-Zeichen unterscheidet.

bilabiallabio-
dental
alveolarpost-
alveolar
retroflexpalatalvelaruvularglottal
stl.sth.stl.sth.stl.sth.stl.sth.stl.sth.stl.sth.stl.sth.stl.sth.stl.sth.
Asp. Plosive (k)
Nicht-asp. Plosivep (b)t (d)k (g)
Affrikatenpfts (z) (tsch)ʈʂ (tsch)
Frikativefv (w)sʃ (sch)ʂ (sch)ç (ch)x (ch)ɣ (r)χ (ch)h
Nasalemnŋ (ng)
laterale Approximantenl
zentrale Approximantenjɰ (r)

In keinem Unterdialekt kommen die postalveolaren ([], [ʃ]) und die retroflexen ([ʈʂ], [ʂ]) Laute im Kontrast vor, d. h. jeder Unterdialekt hat nur entweder postalveolare oder retroflexe Laute, nie aber beide.

Die Unterscheidung zwischen [ʂ/ʃ] und [ç] ist vor allem im Nordwestdialekt nicht gegeben, hier kommt nur [ʂ] vor, das jedoch trotzdem je nach Herkunft als /sch/ oder /ch/ geschrieben wird.

Die stimmlosen unaspirierten Plosive (b, d und g) neigen vor allem zwischen Nasalen (m, n und ng) und Vokalen dazu, stimmhaft zu werden. Dies ist jedoch nur eine Tendenz und wird in der Schreibung nicht ausgedrückt.

Eine wichtige und für Erzgebirgisch typische Lautveränderung betrifft das r. Folgt ihm einer der Laute k, g, ch oder ng (das sind die velaren Konsonanten), so wird zwischen den beiden Lauten ein [j] eingeschoben. So wird zum Beispiel Baarg (dt. Berg) [paːɰjk] gesprochen. Das [j] wird nicht geschrieben, da sein Auftreten vollständig vorhersagbar ist.

Der velare Zentralapproximant ([ɰ]) wird meistens als Velarisierung des davorstehenden Vokals realisiert. In den IPA-Transkriptionen in diesem Artikel wird jedoch aus Übersichtlichkeit konsequent [ɰ] verwendet.

Vokale

Die hier vorgeschlagene Schreibung der Vokale basiert teilweise auf der offiziellen Orthografie des Schweizerdeutschen, teilweise auf der des Bairischen. Hinter dem IPA-Zeichen folgt die Schreibung des entsprechenden Vokals, falls diese sich unterscheiden.

vornefast
vorne
zentralfast
hinten
hinten
ung.ger.ung.ger.ung.ger.ung.ger.ung.ger.
geschlosseniu
fast geschlossenɪ (i)ʊ (u)
halbgeschlosseneo
mittelə (e)
halboffenɛ (è)ʌ (à)ɔ (e/o)
fast offenæ (a)
offena

Alle Unterdialekte haben entweder [a] oder [æ], nie beide. Steht ein Schwa vor einem r in der gleichen Silbe, so wird es als [ɔ] gesprochen, aber weiterhin als e geschrieben.

Die hinteren hohen Vokale ([u/ʊ]) sind oft tendenziell ungerundet.

Länge wird durch Doppeltschreibung des betreffenden Vokals oder Konsonanten ausgedrückt. Es gibt die Langvokale ii, ee, èè, aa, uu, oo und àà.

Neben diesen allgemeinen orthographischen und phonetischen Regeln ist zu beachten, dass die Vokale (außer a und Schwa) deutlich zentralisiert gesprochen werden, d. h. die hinteren Vokale à, o, u werden weiter vorn gesprochen als im Deutschen, die vorderen Vokale ee, è und i werden weiter hinten gesprochen, als es im Deutschen der Fall ist.

Kurze Vokale, die vor einer betonten Silbe stehen, werden in der Aussprache zu Schwa reduziert (z. B. gremàdig [kxəˈmʌtɪk] ´Grammatik´).

Steht in einer Silbe ein kurzer Vokal vor einem r, so wird der Vokal oft lang ausgesprochen (z. B. Aarzgebèèrgsch).

In den Mundarten, die in höheren Lagen gesprochen werden, wird àà oft als oo gesprochen. Die Aussprache als àà ist jedoch vor allem in geschlossenen Silben, also solchen in denen dem Vokal ein oder mehrere Konsonanten folgen, der Normalfall. Da im angrenzenden Sächsischen in den entsprechenden Wörtern auch àà gesprochen wird, ist die Übergeneralisierung in den ans Sächsische angrenzenden Dialekten wohl als Phänomen des Sprachkontakts zu verstehen.

Betonung

Wie im Deutschen variiert die Betonung je nach Herkunft des Wortes. Im Erzgebirgischen ist dabei deutlicher die Tendenz zu erkennen, auch bei Fremdwörtern französischer Herkunft die Betonung auf die erste Silbe zu legen (z. B. biro [ˈpiːɣo] ´Büro´). Zumeist verbleibt bei französischen Lehnwörtern jedoch der Akzent auf der letzten Silbe (z. B. dridewààr [txɪtəˈvʌːɰ] ´Gehsteig´ (von frz. trottoir)). Bei Fremdwörtern lateinischer oder griechischer Abstammung liegt der Akzent entweder auf der vorletzten oder auf der drittletzten Silbe (z. B. gremàdig [kxəˈmʌtɪk] ´Grammatik´).

Grammatisches Geschlecht

Es werden drei grammatische Geschlechter unterschieden. Gemäß der traditionellen germanistischen Grammatiktheorie werden sie männlich, weiblich und sächlich genannt. Diese Zuordnung zu semantischen Gruppen ist jedoch sehr fragwürdig, ist doch das Wort maadl ´Mädchen´ grammatisch nicht weiblich, sondern sächlich. In vielen modernen linguistischen Arbeiten zu germanischen Sprachen werden die grammatischen Geschlechter nur noch nummeriert (I, II bzw. III).

Die folgende Tabelle enthält einige Beispiele. Wie man sehen kann, entspricht die Zuordnung zu einem Geschlecht meist der im Deutschen.

GeschlechtWörterÜbersetzung (Geschlecht im Dt.)
männlichmààMann (m.)
gungJunge (m.)
baamBaum (m.)
weiblichfraaFrau (w.)
subSuppe (w.)
dàschTasche (w.)
sächlichkindKind (s.)
dridewààrGehsteig (m.)
dunlTunnel (m./s.)

Bildung der Fälle

Anders als das Deutsche kennt das Erzgebirgische keinen produktiven Genitiv mehr. Soll ein Besitzverhältnis (das A des B) ausgedrückt werden, müssen andere Konstruktionen verwendet werden. Ist der Besitzer menschlich, oder zumindest belebt, so wird zumeist eine Struktur mit Dativ und Possessivpronomen bevorzugt: (dem B sein A). In den übrigen Fällen kann man nur mit der Präposition f(u)n (Dt. von) arbeiten: (das A von B). Bei nicht-abstrakten Possessoren bildet man auch oft Komposita, wie dt. Haustür für Tür des Hauses.

Beispiele (Nordwestdialekt):

(1)n´Hànsseinehitsch
dem (wörtl. einem) HansseineFußbank
„die Fußbank von Hans“


(2)defansderfundenhaus
dieFenstervondemHaus
„die Fenster des Hauses“

Am Substantiv selbst kann nur der Dativ im Plural ausgedrückt werden. Dies geschieht mit einem Suffix -n, das jedoch mit verschiedenen Konsonanten verschmelzen kann und das bei Substantiven, die bereits ihre Mehrzahl mit -n bilden, entfällt. Nominativ und Akkusativ sowie der Dativ in der Einzahl sind endungslos. Jedoch kann an Artikeln, Adjektiven und Possessivpronomen der Fall oft eindeutig bestimmt werden. Auch Personalpronomen bilden zumeist für jeden der drei Fälle eigene Formen.

Die folgende Tabelle zeigt einige Paradigmen erzgebirgischer Substantive mit einem bestimmten Artikel.

Fall/Zahldt. Baumdt. Taschedt. Kind
Nominativ Einzahlder baamde dàschs kind
Dativ Einzahln baamder dàschn kind
Akkusativ Einzahln baamde dàschs kind
Nominativ Mehrzahlde beemede dàschnde kiner
Dativ Mehrzahln beemmn dàschnn kinern
Akkusativ Mehrzahlde beemede dàschnde kiner

Näheres zu den Artikeln des Erzgebirgischen steht im entsprechenden Abschnitt weiter unten.

Bildung der Mehrzahl

Wie im Deutschen gibt es viele verschiedene Formen der Mehrzahlbildung. Verschiedene Endungen wie -e, -er, -n und -s kommen ebenso zum Einsatz wie eine Ablautbildung, das heißt eine Änderung des Stammvokals. Einige der Endungen gehen mit einer Umlautbildung einher.

Einige Substantive bilden im Erzgebirgischen ihren Plural anders als im Deutschen. So verwendet man meistens die Endung -n (ohne Umlautbildung), um Nomen auf -(e)l in den Plural zu setzen. Aber auch andere Wörter unterscheiden sich in der Wahl ihrer Pluralendung.

Beispiele (Nordwestdialekt):

Einzahl (Erzg.)Einzahl (Dt.)Mehrzahl (Erzg.)Mehrzahl (Dt.)
fuuchlVogelfuuchl-nVögel
nààchlNagelnààchl-nNägel
maadlMädchenmaadl-nMädchen
màstMastmasd-e (neben mosd-n)Masten
kindKindkin-erKinder
bàrgParkbààrg-sParks
fuusFußfiisFüße
wààngWagenweeng(-e)Wagen

Das Erzgebirgische unterscheidet drei Arten von Artikeln. Die emphatischen (betonten) definiten (bestimmten) Artikel werden verwendet, um auf ein oder mehrere bestimmte Individuen hinzuweisen. Im Deutschen werden hierfür die Demonstrativpronomen dies- bzw. jen- verwendet. Die unbetonten bestimmten Artikel entsprechen in ihrer Bedeutung fast denen im Deutschen. In der Einzahl kommen wie im Deutschen außerdem indefinite (unbestimmte) Artikel zur Anwendung. Anders als im Deutschen werden für männliche Personennamen im Dativ und Akkusativ obligatorisch die unbestimmten Artikel verwendet, für alle anderen Personennamen jedoch die unbetonten bestimmten. Alle Artikel kongruieren in Kasus, Numerus und Genus mit ihrem Bezugswort. Die betonten bestimmten Artikel können auch ohne Bezugswort vorkommen und können dann die nur sehr selten gebrauchten Personalpronomen der dritten Person ersetzen.

Wie das Deutsche verwendet auch das Erzgebirgische Negativ-Artikel (kein-). Sie ähneln den unbestimmten Artikeln jedoch nicht so sehr wie das im Deutschen der Fall ist.

Die Formen der Artikel lauten im Nordwestdialekt wie folgt:

Formmännlichweiblichsächlich
unbestimmte Artikel
Nominativ Singularenee
Dativ Singularnnern
Akkusativ Singularnnee
unbetonte bestimmte Artikel
Nominativ Singularderdes
Dativ Singular(de)nder(de)n
Akkusativ Singular(de)ndes
Nominativ Pluralde
Dativ Pluraln
Akkusativ Pluralde
betonte bestimmte Artikel
Nominativ Singulardaardiidàs
Dativ Singulardaan/dèèndaardaan/dèèn
Akkusativ Singulardaan/dèèndiidàs
Nominativ Pluraldii
Dativ Pluraldaann/dèènn
Akkusativ Pluraldii
negative Artikel
Nominativ Singularkeekeenekee
Dativ Singularkeenkeenerkeen
Akkusativ Singularkeenkeenekee
Nominativ Pluralkeene
Dativ Pluralkeenn
Akkusativ Pluralkeene

Der Artikel n passt sich davorstehenden Konsonanten in der Aussprachestelle an. Nach p, pf, f, w und m verändert er sich zu m, nach k, g, ch (wenn als [x] oder [χ] gesprochen) und ng lautet er ng.

Beispiele:

(3)SkindhàdsnHànsgesààd
[skʰɪnt][hʌtsn̩][hʌns][kəsʌːt]
DasKindhates/dieseseinemHansgesagt.


(4)DerHànshàddàsbuuchngmààgaam
[tɔɰ][hʌns][hʌt][tʌs][puːxŋ̍][mʌː][kæːm]
DerHanshatdiesesBucheinemManngegeben.


(5)Eschiinsdleedlhàddiiàà
[ə][ʂiːns][tˡleːtˡl̩][hʌt][tiː][ʌː]
EinschönesKleidchenhatsie/diesean.


(6)Chhàbmkinernkeegaldgaam
[ʂhʌpm̩][kʰɪnɔɰn][kʰeː][kælt][kæːm]
IchhabedenKindernkeinGeldgegeben.

Personalpronomen

Wie bei den bestimmten Artikeln werden auch bei den Personalpronomen betonte und unbetonte Formen unterschieden. Die betonten Formen werden verwendet, wenn der betreffende Handlungsteilnehmer besonders hervorgehoben werden soll. Phonologisch sind die betonten Pronomen eigenständige Wörter, wogegen die unbetonten Formen meist nur aus einem einzelnen Konsonanten oder Vokal bestehen. Für die dritte Person gibt es keine betonte Form, stattdessen müssen die betonten Formen des bestimmten Artikels verwendet werden. Dies erscheint für Außenstehende oft unhöflich. Anders als bei Substantiven werden bei den Personalpronomen die Fälle sowohl im Singular als auch im Plural noch unterschieden. Sie lauten:

Person/Zahl/GenusNominativDativAkkusativ
betonte Personalpronomen
1. Person Singulariichmiirmiich
2. Person Singularduudiirdiich
3. Person Singular männl.daardaan/dèèndann/dèèn
3. Person Singular weibl.diidaardii
3. Person Singular sächl.dàsdaan/dèèndàs
1. Person Pluralmiirunsuns
2. Person Pluraliireicheich
3. Person Pluraldiidaann/dèènndii
Höflichkeitsformsiiiinnsii
unbetonte Personalpronomen
1. Person Singular(i)chmermich
2. Person Singularde/duderdich/tsch
3. Person Singular männl.ernn
3. Person Singular weibl.seerse
3. Person Singular sächl.sns
1. Person Pluralmerunsuns
2. Person Pluralereicheich
3. Person Pluralsense
Höflichkeitsformseiin(n)se

Die Pronomen, die ch enthalten, haben stattdessen im Nordwestdialekt sch. Das unbetonte Pronomen der zweiten Person Singular lautet de, wenn es nach dem Verb steht und du, wenn es davor steht. Anders als im Deutschen werden für die Höflichkeitsform eigene Pronomen verwendet.

Beispiele:

(7)Hàd-er-s-nschuugesààd
[hʌtɔɰsn̩][ʂuː][kəsʌːt]
Hateresihmschongesagt?


(8)Chhàbdèènnnischdgaam
[ʂhʌp][tɛːnn̩][nɪʂt][kæːm]
Ichhabedenen/ihnennichtsgegeben.

Possessivpronomen

Die Possessivpronomen werden nach Fall, Zahl und Geschlecht des Substantivs dekliniert, das sie näher bestimmen. Ihre Stämme lauten:

Person/GenusSingularPlural
1. Personmei(n)-un(s)(e)r-
2. Persondei(n)-ei(e)r-
3. Person männl.sei(n)-iir-
3. Person weibl.iir-iir-
3. Person sächl.sei(n)-iir-

In den Pronomen des Singulars entfällt das /n/, wenn keine Endung () oder die Endung -n antritt. In der ersten Person Plural entfällt das /s/ außer im Nordwestdialekt. In der ersten und zweiten Person Plural entfällt das /e/ zumeist, wenn eine vokalisch anlautende Endung antritt. Die Deklinationsendungen lauten:

Formmännlichweiblichsächlich
Nominativ Singular-e
Dativ Singular-n-er-n
Akkusativ Singular-n-e
Nominativ Plural-e
Dativ Plural-n
Akkusativ Plural-e

Auffällig ist, dass dieses Paradigma mit drei Buchstaben auskommt, nämlich e, n und r.

Beispiele:

(9)meihund
[maɪ][hʊnt]
meinHund


(10)eirerschwasder
[aɪɣɔɰ][ʂvastɔɰ]
eurerSchwester


Bei den Pronomen der dritten Person setzt sich wie bei den Substantiven die Dativ-Konstruktion immer mehr durch:

(11)daariiredàsch
[taːɰ][iːɣə][tʌʂ]
dieser/ihrihreTasche
„ihre Tasche“


vgl.:

(12)daarfraaiiredàsch
„die Tasche dieser Frau“

Vor allem im Westerzgebirgischen, aber auch in Lichtenstein findet man folgende Konstruktion:

(13)nei(n)derschdàd
hineininderStadt
„in die Stadt (hinein)“

Die eigentliche Präposition n (dt. in) entfällt in Lichtenstein nie, im Westerzgebirgischen durch noch konsequenteren [n]-Schwund jedoch meistens. Dadurch sieht es aus, als wäre nei die Präposition. Zu beachten ist auch, dass das betreffende Ziel nicht wie im Deutschen mit dem Akkusativ steht, sondern mit dem Dativ. Dass eine Bewegung gemeint ist, wird durch nei ausgedrückt.

Diese Konstruktion ist auch mit vielen anderen Präpositionen möglich: dràà der kèrch („an der Kirche“, „bei der Kirche“).

Kongruenz

Adjektive kongruieren in Kasus, Numerus, Genus und Definitheit mit ihrem Bezugswort. Anders als im Deutschen unterscheiden jedoch sich im Erzgebirgischen die Formen ohne Artikel nicht von denen mit unbestimmtem Artikel.

DeutschErzgebirgisch
teur-em Schmuckdeier-n schmuk
einem teur-en Ringn´deier-n ring

Die folgende Tabelle enthält alle Kongruenzsuffixe an Adjektiven.

Formmännlichweiblichsächlich
ohne Artikel/mit unbestimmtem Artikel
Nominativ Singular-er-e-(e)s
Dativ Singular-n-er-n
Akkusativ Singular-n-e-(e)s
Nominativ Plural-e
Dativ Plural-n
Akkusativ Plural-e
mit bestimmtem Artikel
Nominativ Singular-e-e-e
Dativ Singular-n-n-n
Akkusativ Singular-n-e-e
Nominativ Plural-n
Dativ Plural-n
Akkusativ Plural-n

Weitere Beispiele:

(14)egruus-ermàà
[ə][kxuːsɔɰ][mʌː]
eingroßerMann


(15)daarschiin-nfraa
[taːɰ][ʂiːnn̩][fxaː]
dieserschönenFrau

Steigerung

Der Komparativ wird mit dem Suffix -er gebildet. Der Vergleichsgegenstand erhält dabei jedoch anders als im Deutschen die Präposition wii (wie).
Der Superlativ entsteht mit der Endung -(e)sd. An beide Endungen werden dann die Kongruenzsuffixe angefügt.

Beispiele:

(16)egrès-(e)r-ermààwiidaar
[ə][kxɛsɔɣɔɰ][mʌː][viː][taːɰ]
eingröß-er-erMannalser/dieser


(17)derschèn-sd-nfraa
[tɔɰ][ʂɛnstn̩][fxaː]
derschönstenFrau

Das Verb

Wie auch im Deutschen kongruiert das finite Verb im Erzgebirgischen mit dem Subjekt des Satzes nach Person und Zahl. Wird die Verbform mit einem Hilfsverb gebildet, ist dieses Hilfsverb das finite Verb im Satz und unterliegt der Kongruenz.

Morphologisch werden zwei Zeitformen unterschieden, Präsens und Präteritum. Das Präteritum wird produktiv allerdings fast nur bei stark gebeugten Verben verwendet. Die übrigen Zeitformen, nämlich Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I und Futur II, müssen mit Hilfsverben gebildet werden. Dabei werden Präteritum und Perfekt gleichwertig verwendet. Das Plusquamperfekt drückt die Vorzeitigkeit einer Handlung gegenüber einer anderen in der Vergangenheit aus. Das Futur II kommt hauptsächlich dann zur Anwendung, wenn eine Vermutung über eine vergangene Handlung abgegeben wird, wie z. B. im Deutschen: Er wird wohl wieder nicht da gewesen sein.

Infinitiv, Partizipien

Der Infinitiv, das Partizip I und das Partizip II werden im Erzgebirgischen mit folgenden Endungen gebildet:

Formschbiil- (Dt. spiel-) (schwach gebeugt)gii- (Dt. geh-) (stark gebeugt)sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig)hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig)wèèr- (Dt. werd-) (unregelmäßig)
Infinitivschbiil-ngii-nsei(-n)-mwèèr-n
Partizip Ischbiil-endgii-endsei-endhàà-mdwèèr-nd
Partizip IIge-schbiil-d(ge-)gàng-ngge-waas-nge--dge-wur-n

Präsens

Wie auch im Deutschen muss man im Erzgebirgischen zwischen stark und schwach gebeugten Verben unterscheiden. Im Präsens, das gegenwärtige oder zukünftige Handlungen ausdrücken kann, werden für die beiden Klassen folgende Endungen verwendet:

Person/Zahlschbiil- (Dt. spiel-) (schwach gebeugt)gii- (Dt. geh-) (stark gebeugt)sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig)hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig)wèèr- (Dt. werd-) (unregelmäßig)
1. Person Singularschbiilgiibiihàbwèèr
2. Person Singularschbiil-sdgi(i)-sdbi-sd-sdwèr-sd
3. Person Singularschbiil-dgi(i)-dis-dwèr-d
1. Person Pluralschbiil-ngii-nsei-mwèèr-n
2. Person Pluralschbiil-dgii-dsei-dhàb-dwèèr-d
3. Person Pluralschbiil-ngii-nsei-mwèèr-n

Wie am Beispiel des Hilfsverbs hàm (Dt. haben) ersichtlich, verschmelzen die Suffixe -n auch hier mit einigen Konsonanten des Stammes.

Präteritum

Wie erwähnt wird das Präteritum produktiv nur von den stark gebeugten Verben gebildet. Für die schwach gebeugten muss stattdessen Perfekt verwendet werden, was sich jedoch auch bei den starken Verben immer mehr durchsetzt.

In der Bildung des Präteritums unterscheiden sich einige Wörter zum Deutschen. So ist zum Beispiel schmègng (dt. schmecken) ein stark gebeugtes Verb im Erzgebirgischen: schmoog (dt. schmeckte). Auch das Verb frààn (dt. fragen) bildet ein starkes Präteritum: fruuch (dt. fragte).

Folgende Endungen werden verwendet, um die Kongruenz zum Subjekt anzuzeigen:

Person/Zahlgii- (Dt. geh-) (stark gebeugt)sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig)hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig)wèèr- (Dt. werd-) (unregelmäßig)
1. Person Singulargingwààrhàdwurd
2. Person Singularging-sdwààr-sdhàd-sdwurd-sd
3. Person Singulargingwààrhàd-ewurd-e
1. Person Pluralging-ngwààr-nhàd-nwurd-n
2. Person Pluralging-dwààr-dhàd-edwurd-ed
3. Person Pluralging-ngwààr-nhàd-nwurd-n

Perfekt, Plusquamperfekt

Perfekt und Plusquamperfekt werden mit einer gebeugten (finiten) Form von sei- oder hàb- und dem Partizip II des Hauptverbs gebildet.

Beispiele:

(18)Miirseigasdern(a)fderkèèrmsgàngng
[miːɰ][saɪ][kæstɔɰn][(a/ə)f][tɔɰ][kʰɛːɰms][kʌŋŋ̍]
WirsindgesternaufdasVolksfestgegangen.


(19)Chhàd-s-nààwergesààd
[ʂhʌtsn̩][ʌːvɔɰ][kəsʌːt]
Ichhatteesihmabergesagt.

Futur

Sowohl Futur I als auch Futur II werden mit Präsens-Formen des Hilfsverbs wèèr- (Dt. werden) gebildet. Im Futur I steht dabei der Infinitiv des Hauptverbs, im Futur II jedoch das Partizip II und der Infinitiv von sei- (Dt. sein) oder hab- (Dt. haben).

Beispiele:

(20)MurngwèrdderHànsnààchKamsfààrn
[moːɰjŋ][vɛɰt][tɔɰ][hʌns][nʌːχ][kʰæms][fʌːɰn]
MorgenwirdderHansnachChemnitzfahren.


(21)Erwèrdwuuwiidernèddoogewaasnsei
[ɔɰ][vɛɰt][vuː][viːtɔɰ][nɛt][toː][kəvaːsn̩][saɪ]
Erwirdwohlwiedernichtdagewesensein.

Konjunktiv

Ein produktiver Konjunktiv (Möglichkeitsform) wird nur von den meisten Hilfsverben (außer von wèèr- (Dt. werden)) sowie von einigen häufig gebrauchten stark gebeugten Verben gebildet. Bei allen anderen Verben muß der Konjunktiv des Hilfsverbs duun (Dt. tun) mit dem Infinitiv des Vollverbs verwendet werden. Die Formen unterscheiden sich von denen des Präteritums nur durch den Umlaut und lauten wie folgt:

Person/Zahlgii- (Dt. geh-) (stark gebeugt)sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig)hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig)duu- (Dt. tu-) (unregelmäßig)
1. Person Singulargèngwaarhèddaad
2. Person Singulargèng-sdwaar-sdhèd-sddaad-sd
3. Person Singulargèngwaarhèd-edaad
1. Person Pluralgèng-ngwaar-nhèd-ndaad-n
2. Person Pluralgèng-dwaar-dhèd-eddaad-ed
3. Person Pluralgèng-ngwaar-nhèd-ndaad-n

Imperativ

Die Befehlsform (Imperativ) lautet in der Einzahl bei allen Verben wie die erste Person im Präsens. Um den Plural zu bilden, wird ein -d an diese Form angefügt.

Beispiel:

(22)Biinurmààruich!
[piː][nəɰ][mʌː][ɣʊɪʂ]
Seiendlichruhig!

Passiv

Die Passivformen werden wie im Deutschen mit dem Hilfsverb wèèr- (Dt. werden) und dem Partizip II des Vollverbs gebildet. wèèr- kann dann in alle Formen auch mit weiteren Hilfsverben gebracht werden.

Beispiel:

(23)Wiiwèrddèèdàsgemàchd
[viː][vɛɰt][tɛː][tʌs][kəmʌχt]
Wiewirddenndasgemacht?


Ein weiteres Sprachbeispiel

(Dialekt von Lichtenstein)

(24)Wuukimsddeeduuizehaar?
[vuː][kʰɪmst][teː][tuː][ɪtsə][haːɰ]
Wokommstdenndujetzther?
(25)Dàskàà(i)chderfeinisààn.
[tʌs][kʰʌː][(ɪ)ʂ][tɔɰ][faɪ][][sʌːn]
DaskannichdirPTCLnichtsagen.

Bemerkungen zu Satz (25):

Wie in allen Beispielen in diesem Artikel wurde auch hier die oben erläuterte Orthographie angewendet. Man spricht also kàà nicht wie man im Deutschen Co-... (z. B. in Co-Trainer) ausspricht, sondern der Vokal ist eher ein sehr weit hinten gesprochenes a. Das gleiche gilt natürlich für sààn.

Das Personalpronomen (i)ch lautet in der schnellen Aussprache meist nur ch. Schnell gesprochen könnte man den Satz B auch so schreiben: S-kàà-ch-der fei ni sààn. Dabei klingt der Anfang wie ein zweisilbiges Wort [skʰʌːʂtɔɰ].

kumm (dt. kommen) ist im Erzgebirgischen ein Ablautverb, das heißt, dass in der zweiten und dritten Person Singular im Präsens ein anderer Stammvokal verwendet wird, als in den übrigen Formen (vgl. [ɪmst] (Dt. kommst)). Auch dies ist ein Fakt, der für eine nahe Verwandtschaft mit dem Bairischen spricht. Die Aussprache mit [ɪ] ist dort wie auch in einigen anderen oberdeutschen Mundarten verbreitet.

Wortschatz

Wie in allen Dialekten gibt es auch im Erzgebirgischen Wörter, die man als Außenstehender nicht oder nur sehr schwer verstehen kann. Dazu gehören Verkürzungen langer Wörter, aber auch viele Wörter, die andere Dialekte, ja sogar einige erzgebirgische Unterdialekte nicht kennen. Die folgenden Tabellen enthalten einige Beispiele.

Substantive

WortAussprache
(Nordwestdial.)
ÜbersetzungBemerkungen
aarbwerzg. [ˈaːɰp]Arbeitnur im Westdialekt
aardabl[ˈaːɰˌtæpl̩]Kartoffelwörtl.: Erdapfel
ààziizeich[ˈʌːˌtsiːˌtsaɪ̯ʂ]Kleidungwörtl.: Anziehzeug
àbort[ˈʌpɔɰt]Toilette
bèg[ˈpɛk]Bäcker
bèremèd[ˌpɛɣəˈmɛt]Weihnachtspyramide
bèrschd[ˈpɛɰʂʈ]Bürste
burschdwich[ˈpʊɰʂʈvɪʂ]Besen
dibl[ˈtɪpl̩]Tassewörtl.: Töpfchen
dridewààr[ˌtxɪtəˈvʌːɰ]Gehsteigvgl. frz. trottoir
fauns[ˈfaʊ̯ns]Ohrfeige
fuuchlbaarbaam[ˈfuːxl̩ˌpaːɰˌpaːm]Eberesche
gaacher[ˈkæːχɔɰ]Jäger
hèm[ˈhɛm]Hemd
hiidrààbradl[ˈhiːˌdɣʌːˌbɣætl̩]Serviertablettwörtl.: Hintragebrettchen
hitsch[ˈhɪʈʂ]Fußbank
huchtsch[ˈhʊxʈʂ]Hochzeit
nààmitsch[ˈnʌːmɪʈʂ]Nachmittag
pfaar[ˈpfaːɰ]Pferd
reeng[ˈɣeːŋ]Regen
schdagng[ˈʂʈækŋ̍]Stecken, Stock
(scheier)hààder[ˈʂaɪ̯ɔɰˌhʌːtɔɰ]Wischtuch
schmiich[ˈʂmiːʂ]Zollstock
zemitschasn[tsəˈmɪʈʂˌasn̩]Mittagessenwörtl.: Zumittagessen
zèrwànsd[ˈtsɛɰˌvʌnst]Akkordeon

Verben

Das Erzgebirgische hat besonders viele lautmalerische Verben. Die folgende Tabelle enthält einige Beispiele dafür, insbesondere wird jedoch auf die umfangreiche Sammlung von I. Susanka (siehe Literatur) verwiesen. Da das Erzgebirge ein sehr niederschlagreiches Gebiet ist, gibt es zahlreiche Wörter für verschiedene Formen des Regnens.

WortAussprache
(Nordwestdial.)
ÜbersetzungBemerkungen
besuudln[pəˈsuːtl̩n]beschmutzen 
blààtschn[ˈplʌːʈʂn̩]stark regnen (Platzregen)
blèègng[ˈplɛːkŋ̍]laut schreien
deebern[ˈteːpɔɰn]toben, schimpfen
derlaamwerzg. [tɔɰˈlaːm]erlebennicht im Nordwestdial.
drààschn[ˈtxʌːʂn̩]stark regnen (Dauerregen)
eisàgng[ˈaɪ̯sʌkŋ̍]einfüllen, einpackenwörtl.: einsacken
gwèstern[ˈkvɛstɔɰn]immer wieder rein und raus gehen
siifern[ˈsiːfɔɰn]leicht nieseln

Sonstige Wörter

Wie viele deutsche Dialekte ist auch das Erzgebirgische sehr reich an Adverben. Die Verwendung und Übersetzung von fei ist sehr komplex und bedarf weiterer Untersuchung. Es kommt sowohl in Aufforderungen (Gii fei wag!, dt. „Geh endlich weg!“) als auch in Aussagen (S´reengd fei., dt. „Es regnet übrigens.“) zum Einsatz.

WortAussprache
(Nordwestdial.)
ÜbersetzungBemerkungen
dingenauf[ˌtɪŋəˈnaʊ̯f]bergauf, nach oben 
emènde[əˈmɛndə]möglicherweisewörtl.: am Ende
feeder[ˈfeːtɔɰ]vorwärts, weitervgl. engl. further
fei[ˈfaɪ̯]aber, nämlich, endlich, ziemlich
fiir[ˈfiːɰ]vorauch in Zusammensetzungen
gaaling[ˈgæːlɪŋ]heftig, vehement
heier[ˈhaɪ̯ɔɰ]dieses Jahr
hèm[ˈhɛm]nach Hausewörtl.: heim
hiimundriim[ˌhiːmʊnˈtxiːm]auf beiden Seitenwörtl.: hüben und drüben
hinewiider[ˌhɪnəˈviːtɔɰ]hin und her
ize[ˈɪtsə]jetzt
nààchert[ˈnʌːxɔɰt]nachher
zàm[ˈtsʌm]zusammen

Ausrufe

Die im Erzgebirgischen verwendeten Interjektionen unterscheiden sich teilweise stark von denen im Deutschen. Aufgrund des vom Bergbau geprägten Sprachgebiets wird im alltäglichen Gebrauch auch heute noch sehr verbreitet der Bergmannsgruß Glig auf! (dt. „Glück auf!“) verwendet. Soll eine negative Aussage bejaht werden, sagt man Ujuu! [ˈʊjuː] (dt. „Doch!“). Wird eine positive Aussage verneint, verwendet man È(schà)! [ˈɛ(ˌʂʌ)] (dt. „Nein!“). Dieser Ausruf wird auch, allerdings mit einer anderen Intonation, zum Ausdruck der Überraschung eingesetzt.

Literatur

Grammatiken und andere sprachwissenschaftliche Veröffentlichungen

  • Erich Borchers: Sprach- und Gründungsgeschichte der erzgebirgischen Kolonie im Oberharz. Marburg 1927.

Sonstige Literatur

  • Irmtraud Susanka: Wie mir drham geredt homm. Unsere Mundart im Bezirke Kaaden-Duppau. Verlag des Kaadener Heimatbriefs, Bayreuth o.J., ohne ISBN.
Wiktionary: erzgebirgisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen