Pal Kastrioti

Pal Kastrioti oder Paul Kastriota (italienisch Paolo Castriota, bl. 1383–15. Juni 1389 in der Schlacht auf dem Amselfeld) war ein albanischer Adliger, der im 14. Jahrhundert lebte. Er ist der erste der Familie Kastrioti, der in historischen Dokumenten erwähnt wird, und Großvater des berühmten albanischen Fürsten Skanderbeg ist.

Name

Pal Kastrioti führte einen griechischen Nachnamen, Kastriotis für „Burgbewohner“ oder „Burgbefehlshaber“ von kastron, Stadt (aus lateinisch castrum); ein Name, der mit der byzantinischen Kulturwelt in Verbindung steht.[1] Pal Kastriotis Geschlecht war eines der bescheidensten unter den vielfach mit Serbengeschlechtern vergeschwisterten Dynasten Albaniens des 14. Jahrhunderts.[2]

Leben

Herrschaftsgebiete (in Gelb) der lokalen albanischen Herrscher nach 1359
Karte des Balkans um 1400

Die erste Spur der Familie der Kastrioti erscheint möglicherweise am Hofe der Herzöge von Valona, die dort von 1346 bis 1417 erwähnt werden.[3] Der österreichische Historiker und Archivar Heinrich Kretschmayr bestätigt, dass „Paul 1368 als Schloßhauptmann von Kanina bei Valona“ erschien.[2] Ein Kastellan (Hauptmann) wurde 1368 an der Burg Kanina oberhalb von Vlora erwähnt, ob es sich dabei um Pal Kastrioti handelte, wie von Kretschmayr und andernorts behauptet wird,[4] ist gemäß Oliver Jens Schmitt nicht nachgewiesen.[1]

Um 1383 wurde Pal Kastrioti als Herr von zwei Dörfern (Sina und Gard i poshtëm in der Region Dibra) an der Westflanke des Tals des Schwarzen Drins im Nordosten von Albanien aufgeführt.[Anm. 1][5] Nach dem jugoslawischen Historiker Ivan Božić hatte Pals Vater die Gebiete in Albanien vom serbischen Monarchen Stefan Uroš IV. Dušan erhalten, nachdem dieser 1345 Berat, Valona und Kanina eingenommen hatte.[Anm. 2][6]

1359 wurde die erste balkanisch christliche anti-osmanische Koalition geschlossen, also nur fünf Jahre nach der Ankunft der Osmanen in Europa.[7] Am 15. Juni 1389 unterlag die Koalition der balkanischen Völker (Albaner, Bosniaken, Bulgaren, Walachen, Serben, Ungarn und Dalmatiner) in der Schlacht auf dem Amselfeld dem Sultan des Osmanischen Reiches, Murad I. Pal kämpfte an der Seite seines Sohns Gjon I. und fiel in der Schlacht. Die drei albanischen Fürsten Gjergj II. Balšić und Theodor II. Muzaka zogen sich daraufhin unter der Leitung von Gjon I. Kastrioti in ihre Grenzen zurück, waren aber in der Lage, den Osmanen zu widerstehen und eine christliche albanische Entität zu gründen, die sich von der Südgrenze von Ragusa bis zum Golf von Patras erstreckte.[8]

Familie

Über Pals Vorfahren ist so gut wie nichts bekannt. Nach dem deutschen Historiker und Byzantinist Karl Hopf soll Pals Vorfahre der Serbe Branilo (ein slawischer Vorname) gewesen sein.[9] In der Zwischenzeit wurde diese Theorie diskreditiert. Karl Hopf soll bei der Übersetzung eines mittelalterlichen Dokumentes aus dem Jahr 1368 einen Fehler begangen haben. Unter den Unterzeichnern befanden sich ein Branilo von Vlora und ein Castrioti von Kanina. Indem Hopf den einzelnen Buchstaben "i" (was und bedeutet) übersah, brachte er Branilo Castrioti als Scanderbegs serbischen Urgroßvater hervor.[10] Der deutsche Historiker und Orientalist Franz Babinger übernahm die Theorie von Karl Hopf, dass Pals Vater Branilo Kastrioti und serbischer Herkunft war.[11] Der orthodoxe albanische Bischof Fan Stylian Noli dagegen behauptet, dass laut Andrea II. Angelus Flavius Comnenus, angeblicher Fürst von Drisht und Bar, Skanderbegs Urgroßvater und Pal Kastriotis Vater Konstandin Kastrioti gewesen wäre.[12]

Pal soll drei Söhne gehabt haben: Gjon I. Kastrioti (Herr von Matia), der spätere Vater von Gjergj (auch Gjorg oder Georg), bekannt als Skanderbeg,[13] Alexius, der über drei Ortschaften herrschte[14] und Konstantin, der Protosebastos von Sina war.[15] Nach einem venezianischen Dokument wird Konstantin als „dominus Serinae“ (lat.: Eigentümer von Serin) bezeichnet.[16]

Anmerkungen

  1. You should know that the grandfather of Lord Scanderbeg was called Lord Paul Castriota. He ruled over no more than two villages, called Signa (Sina) and Gardi Ipostesi. To this Lord Paul was born Lord John Castriota who became Lord of Mat. And to him was born Lord Scanderbeg. The mother of the said Lord Scanderbeg, i. e. the wife of the said Lord John, was called Lady Voisava Tribalda who was of a noble family.
  2. Njegov pradeda Branilo spominje se 1368. kao upravitelj Kanine […] Pretpostavlja se da je svoje posede u Albaniji dobio od cara Dušana pošto je ovaj 1345. godine osvojio gradove Berat, Valonu i Kaninu […] Njegov sin Pavle, gospodar od Sinje, imao je tri sina: Konstantina, Aleksu i Ivana... Ivan Kastriota, otac Skenderbegov, ozenio se Voislavom koja je

Literatur

  • Dialogos, Volume 5, Edizioni 17-20. Dijalog. 1996 (kroatisch).
  • Franz Babinger: Aufsätze und Abhandlungen zur Geschichte Südosteuropas und der Levante / 3. Südosteuropa-Südosteuropa Verlagsgesellschaft, 1976, S. 333.
  • Franco Demarchi: Minoranze linguistiche tra storia e politica. Gruppo Culturale CIVIS - Biblioteca Cappuccini, Trient 1988, Le minoranze etniche nei Balcani von Adriana Mitescu, S. 175 (italienisch, Version in der Google-Buchsuche).
  • Irvin Faniko: L’evoluzione storico-giuridico della Carta Fondamentale Albanese. Fotokopie Canon sh.p.k., Tirana, 2013, Le popolazioni illiriche (italienisch, uniroma1.it [PDF]).
  • Johann Georg von Hahn: Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar: im Auftrage der K. Akademie der Wissenschaften unternommen im Jahre 1863. Kaiserl.-Königl. Hof- und Staatsdruckerei, 1863, IV. Bena.
  • Carl Hermann Friedrich Johann Hopf: Chroniques gréco-romanes inédites ou peu connues. Weidmann, Berlin 1873 (italienisch, Textarchiv – Internet Archive).
  • Carl Hermann Friedrich Johann Hopf: Geschichte Griechenlands vom Beginn des Mittelalters bis auf unsere Zeit. B. Franklin, New York 1960.
  • Harry Hodgkinson, Bejtullah D. Destani, Westrow Cooper, David Abulafia: Scanderbeg: From Ottoman Captive to Albanian Hero. I.B.Tauris, London 2004, ISBN 978-1-85043-941-7.
  • Heinrich Kretschmayr: Geschichte Von Venedig. 2. Band: Die Blüte. Salwasser Verlag, 2012, ISBN 3-8460-0658-0, S. 375 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Fan Stylian Noli: Vepra të plota: Gjergj Kastrioti Skënderbeu (1405–1468). Rilindija, Prishtinë 1968.
  • Oliver Jens Schmitt: Skanderbeg. Der neue Alexander auf dem Balkan. Friedrich Pustet, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7917-2229-0.
  • Ludwig von Thallóczy: Illyrisch-Albanische Forschungen. München Duncker & Humblot, 1916 (Textarchiv – Internet Archive).
  • John Musachi: Brief Chronicle on the Descendants of our Musachi Dynasty. In: Robert Elsie (Hrsg.): Early Albania: A Reader of Historical Texts, 11th–17th Centuries. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2003, S. 1515; books.google.it

Einzelnachweise

  1. a b Oliver Jens Schmitt: Der neue Alexander auf dem Balkan. S. 27
  2. a b Heinrich Kretschmayr, S. 375
  3. Ludwig von Thallóczy, S. 137
  4. Ludwig von Thallóczy, S. 81.
  5. John Musachi
  6. Dialogos, S. 77
  7. Franco Demarchi, S. 175
  8. Irvin Faniko, S. 29 ff.
  9. Carl Hermann Friedrich Johann Hopf: Chroniques gréco-romanes inédites ou peu connues, S. 533
  10. Harry Hodgkinson, Bejtullah D. Destani, Westrow Cooper, David Abulafia: Scanderbeg: From Ottoman Captive to Albanian Hero, S. 224
  11. Franz Babinger, S. 333
  12. Fan Stylian Noli, Vepra të plota: Gjergj Kastrioti Skënderbeu (1405–1468), S. 67
  13. Chroniques gréco-romanes, S. 201
  14. Geschichte Griechenlands, S. 97
  15. Geschichte Griechenlands, S. 94
  16. Johann Georg von Hahn, S. 23