Geh aus, mein Herz, und suche Freud (Mauersberger)

Geh aus, mein Herz, und suche Freud (RMWV 11) ist ein abendfüllendes geistliches Werk des Dresdner Kreuzkantors Rudolf Mauersberger. Es trägt den Untertitel Geistliche Sommermusik und entstand nach Worten der Bibel und Kirchenliedern, wie sie in den evangelischen Gesangbüchern veröffentlicht sind.

Entstehungsgeschichte

Die Erstfassung des Werks entstand während Mauersbergers Sommerferien vom 3. bis 15. August 1948. Mauersberger schuf es im heimatlichen Mauersberg im Erzgebirge. Der ursprüngliche Titel des Werks war Liturgische Sommermusik.

Chöre und Instrumente

Das Werk ist für zwei Knabensolostimmen (Sopran und Alt), zwei getrennt aufgestellte gemischte Chöre (vier- bis achtstimmiger Hauptchor auf der Empore, vier- bis sechsstimmiger Altarchor) und Orgel komponiert. Die Altarsänger tragen Kurrendetracht mit weißen Kragen.

Die Aufteilung der Chöre ist ähnlich wie in der Lukaspassion und ansatzweise im Dresdner Te Deum; der Hauptchor trägt die Choräle und der Altarchor die Psalm- und Christusworte vor.

Aufbau, Inhalt, Musik

Mauersberger hat das siebenteilige Werk als Musik für die evangelische Kirche als Gegenstück zu katholischen Maiandachten geschaffen. Es ist eine „kultische Feier, [...] [in der] das sommerliche Geschehen in der Natur geistlich ausgelegt [wird]“.[1][2]

Der von Mauersberger bereits 1925 während seiner Eisenacher Zeit vertonte Liedtext von Paul Gerhardts Geh aus, mein Herz, und suche Freud (RMWV 35) ist der geistig-musikalische Grundklang des Werks. Er wird im Introitus strophisch variiert und als Leitmotiv im Orgelvorspiel und -nachspiel sowie im chorischen Schluss-Amen aufgenommen. Die zahlreichen kleinen Lied- und Choralsätze vermitteln das „natürliche [...] und urwüchsige [...] Fluidum des Erzgebirges“.[3] Die wesentliche Elemente der Geistlichen Sommermusik sind Chöre, Lieder und Choräle. Die Chöre sind die liturgische Gliederung des Werks, in den Liedern wird der Sommer gepriesen und in den Chorälen der Schöpfungsgott gerühmt. In den Sätzen II bis IV wird Gottes Wirken aus Sicht des anbetenden Menschen vom Frühsommer bis zur Ernte durch Lieder gerühmt. Die Lieder sind bewusst volkstümlich gehalten, das „Volksliedhafte“ bleibt auch im mehrstimmigen Satz erhalten. Sie entstanden in der Mehrzahl nicht im Jahr 1948, als Mauersberger die Geistliche Sommermusik komponierte, sondern bereits vorher in Eisenach. In den Sätzen V und VI verschiebt sich die Gewichtung von den Liedern auf die Choräle. Mauersberger setzt die Choräle in Sinnzusammenhang mit den Psalmen und Jesusworten, dabei geht es um alttestamentliches Gotteslob und um die Erfüllung der Schöpfung – um Betrachtung und Anbetung. In den Chorälen nutzt Mauersberger die „konventionell-gemäßigte moderne Setzweise“,[3] er lässt aber in die zweiten und nachfolgenden Strophen die volksliedhafte Leichtigkeit einfließen. Die vom Altarchor gesungenen Psalmen und Christusworte ähneln gregorianischen Sequenzen, sie enthalten responsoriale und vier- bis sechsstimmige Abschnitte.

Den liturgischen Abschluss der Geistlichen Sommermusik bilden in Übereinstimmung zum Introitus Vaterunser, Schlusschoral und Orgelnachspiel. Das Vaterunser war für den Kruzianer Peter Schreier (damals Knabenalt) komponiert.

Struktur

Der Aufbau folgt dem Rudolf-Mauersberger-Werke-Verzeichnis.

RMW 11WerktitelBemerkungen
Teil I. Introitus
1Orgelvorspiel
2Lied: Geh aus, mein Herz, und suche Freudauch RMWV 35
3Herr, wenn ich dich anrufe
4Choral: Komm, laß uns gehnBearbeitung
Teil II. Gottes Werk im Frühsommer
5Ich will nur preisen
6Lied: Die beste Zeit im Jahr ist meinbearbeitet als RMWV 18
Text: Martin Luther
Teil III. Gottes Majestät am Firmament
7Ich machte mich auf
8Choral: Majestätisch WesenBearbeitung
Text: Gerhard Tersteegen, weise aus Johann Michael Müllers Psalm- und Choralbuch 1719
bearbeitet als RMWV 100, RMWV 101 und RMWV 265
Teil IV. Wachstum und Ernte
9Du machst das Land voll Früchte
10Erntelied: Wir pflügen und wir streuenauch RMWV 53
Text: Matthias Claudius
Teil V. Litanei und Trost (alttestamentlich)
11Es wartet alles auf dich
12Choral: O Gott, streck aus, dein milde HandBearbeitung
13O Gott, dessen Majestät
14Des Herren Rat ist wunderbarlichauch RMWV 43
Text: Jesaja 28, 29
15Choral: Wunderanfang, herrlich EndeBearbeitung
auch RMWV 43
Text/Melodie: Heinrich Arnold Stockfleth / Johann Löhner bei Johann Balthasar König 1738
16Bescher’ uns Herr das täglich Brot
17Solange die Erde steht
18Herr, dich rufen wir an
19Fürchte dich nicht, liebes Land
20Choral: Nichts ist es spät und früheBearbeitung
auch RMWV 43
Text/Melodie: unbekannt 15. Jahrhundert bei Bartholomäus Gesius 1605
Teil VI. Verheißung (neutestamentlich)
21Darum sage ich euch
22Choral: Schönster Herr JesuBearbeitung
23Ich bin das Brot des Lebens
24Choral: Wann wird doch einst erscheinenBearbeitung
25Siehe, ich sage euch
26Choral: Nun, komm erwünschtes LebenBearbeitung
Beschluß
27Das Vaterunser: Laßt uns betenfür Knabenaltsolo und achtstimmigen Chor
bearbeitet als RMWV 65
Text: Matthäus 6, 9-13
28Choral: Es ist so still gewordenBearbeitung
29Orgelnachspiel mit Chor: Amen

Aufnahmen/Tonträger

  • Geh’ aus, mein Herz, und suche Freud’. Eine geistliche Sommermusik für Chor, Solostimmen und Orgel. Johannes Unger (Orgel), Thüringischer Akademischer Singkreis, Wolfgang Unger (Leitung). Thorofon, Wedemark 1995 (DNB 35564651X).
  • Rudolf Mauersberger (1889–1971): Geh aus, mein Herz, und suche Freud; Eine Geistliche Sommermusik für zwei Chöre, Soli und Orgel, RMWV 11. Friederike Beykirch (Sopran); Nanora Büttiker (Alt); Markus Kaufmann (Orgel); Singakademie Dresden; Ekkehard Klemm (Leitung). Verlagsgruppe Kamprad 2017 (VKJK 1708).

Ausgaben

  • Rudolf Mauersberger: Geh’ aus, mein Herz, und suche Freud’. Chorsätze aus der „Geistlichen Sommermusik“ (Auswahl). Breitkopf und Härtel, Wiesbaden/Leipzig 1995, ISMN M-004-41180-3.
  • Rudolf Mauersberger: Geh aus, mein Herz, und suche Freud (RMWV 11). Geistliche Sommermusik für 2 Solostimmen und gemischten Chor a cappella (teilw. mit Orgel). Herausgegeben von Gerhardt Uhle (Chormusik in Einzelausgaben, VS 6804/01). Strube, München 2014.

Literatur

  • Matthias Herrmann: Rudolf Mauersberger Werkverzeichnis. 2. Auflage. Sächsische Landesbibliothek, Dresden 1991.
  • Matthias Herrmann: Kreuzkantor zu Dresden Rudolf Mauersberger. Mauersberger Museum, Mauersberg 2004, ISBN 3-00-015131-1.
  • Matthias Grün: Rudolf Mauersberger. Studien zu Leben und Werk. Gustav Bosse Verlag, Regensburg 1986, ISBN 3-7649-2319-9.

Einzelnachweise

  1. Matthias Herrmann: Es bleibt das Werk. In: Erna Hedwig Hofmann, Ingo Zimmermann (Hrsg.): Begegnungen mit Rudolf Mauersberger. 6. Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1977.
  2. Matthias Herrmann: Rudolf Mauersberger Werkverzeichnis. 2. Auflage. Sächsische Landesbibliothek, Dresden 1991.
  3. a b Matthias Grün: Rudolf Mauersberger. Studien zu Leben und Werk. Gustav Bosse Verlag, Regensburg 1986, ISBN 3-7649-2319-9.