Geheimratsecken

Johann Wolfgang von Goethe mit Geheimratsecken. Gemälde von Karl Josef Raabe, 1814
Ausschnitt aus dem Gemälde Die Anatomie des Dr. Tulp von Rembrandt (1632)

Mit Geheimratsecken wird seit dem frühen 20. Jahrhundert[1] umgangssprachlich der Haarausfall am Haaransatz über den Schläfen eines Mannes bezeichnet. Die medizinische Bezeichnung dafür ist Calvities frontalis.[2]

Merkmale

Geheimratsecken sind nicht selten Anzeichen einer beginnenden Glatzenbildung (siehe auch Hamilton-Norwood-Schema), durch Entstehen einer Stirnglatze oder ein Zusammenlaufen mit der Hinterhauptglatze (Tonsur).[3] Sie treten aber auch bei geschlossenem Haarwuchs bis ins hohe Alter regelmäßig auf. Vereinzelt entstehen sie schon in jugendlichem Alter in der Pubertät.[4] Geheimratsecken werden – anders als ein Kahlkopf – im Allgemeinen nicht als verunstaltend gesehen. An altgriechischen Porträts ist überliefert, dass sie schon damals als Zeichen der Würde eines ehrenvollen Alters galten.[5]

Wortvarianten

Die Bezeichnung spielt auf die Ehre und das Alter des frühneuzeitlichen Titels Geheimer Rat an. Sie findet heute noch Verwendung. Ein anderer – besonders im österreichischen Raum verwendeter – Ausdruck für das gleiche Phänomen ist Hofratsecken, weil der vergleichbare Titel Hofrat bis heute existiert. Insbesondere in der Schweiz ist auch die Bezeichnung Ratsherrenecken gebräuchlich. Vergleichbar ist auch Ministerwinkel. Eine weitere, ironische Bezeichnung ist Ehestandswinkel.

Siehe auch

Wiktionary: Geheimratsecke – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Google Ngram Viewer. Abgerufen am 21. Mai 2020.
  2. Theodor H. Schiebler, Walter Schmidt (Hrsg.): Anatomie: Zytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie des Menschen. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-366205733-9, S. 686, Sp. 2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche);
    Calvities ‚Kahlheit‘: Pschyrembel, 259. Auflage, S. 259, Sp. 1.
  3. Behaarung des Menschen. In: R. Volk, F. Winter: Lexikon der Kosmetischen Praxis. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-370915297-3, insb. S. 64 Sp. 2 ff (Eintrag ab S. 63; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Androgenetischer Haarausfall/Haarausfall vom männlichen Typ. In: Petra Jany, Karsten Diekmann, Hanna Lipp-Thoben, Dieter Lück: Friseurfachkunde. Springer-Verlag, 2015, S. 56 ff.
  5. Vergl. Typus „mit Kurzhaarfrisuren und gelichteten Schläfen“ nach Dirk Piekarski: Anonyme griechische Porträts des 4. Jhs. v. Chr: Chronologie und Typologie (= Internationale Archäologie Band 82). (ISSN 0939-561X), Verlag Marie Leidorf, Rahden/Westf. 2004, ISBN 978-389646354-8, S. 76 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).