„Postverwaltung des Malteserordens“ – Versionsunterschied

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An seinem Sitz in Rom unterhält der [[Souveräner Malteserorden|Souveräne Malteserorden]] seit einigen Jahrzehnten ein eigenes [[Postamt]], das eigene [[Briefmarke]]n ausgibt. Mit einer wachsenden Zahl von Staaten unterhält er postalische Beziehungen.
An seinem Sitz in Rom unterhält der [[Souveräner Malteserorden|Souveräne Malteserorden]] seit einigen Jahrzehnten ein eigenes [[Postamt]], das eigene [[Briefmarke]]n ausgibt. Mit einer wachsenden Zahl von Staaten unterhält er postalische Beziehungen.


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Besondere Bedeutung haben die Postabkommen mit dem Staat der [[Vatikanstadt]] (2008) und der italienischen Post (2004)<ref>8. Köck, Heribert Franz: Völkerrecht, das Recht der universellen Staatengemeinschaft, 6. Aufl., Wien 2004, S. 242, gibt für den Vertragsschluss mit der italienischen Seite das Jahr 1979 an</ref>. Schließlich war es ein päpstliches Tribunal gewesen, dass 1953 die funktionale Souveränität als eine Art beschränkter Souveränität des Ordens im Vergleich zu Staaten feststellte; der Orden anerkannte das Urteil in diesem Punkt vollumfänglich<ref> 9. Hafkemeyer, Georg Bernhard: Der Malteser-Ritter-Orden, Hamburg 1956, S. 107 ff.</ref>. Anscheinend gehen die vatikanischen Stellen davon aus, dass die Posthoheit des Malteserordens Teil seiner (eingeschränkten) Souveränität ist. Ob Italien mit dem Postvertrag die auf seinem Hoheitsgebiet, im Palazzo Malta, tätige melitensische Postverwaltung indirekt anerkennt, kann lediglich vermutet werden. Denn die italienische Post ist schon lange keine staatliche Stelle mehr, sondern privatrechtlich organisiert. Sie ist es, die, nun förmlich anerkennend, den postalischen „Transitverkehr“ von der melitensischen Postverwaltung zum Bestimmungsland übernimmt.
Besondere Bedeutung haben die Postabkommen mit dem Staat der [[Vatikanstadt]] (2008) und der italienischen Post (2004)<ref>8. Köck, Heribert Franz: Völkerrecht, das Recht der universellen Staatengemeinschaft, 6. Aufl., Wien 2004, S. 242, gibt für den Vertragsschluss mit der italienischen Seite das Jahr 1979 an</ref>. Schließlich war es ein päpstliches Tribunal gewesen, dass 1953 die funktionale Souveränität als eine Art beschränkter Souveränität des Ordens im Vergleich zu Staaten feststellte; der Orden anerkannte das Urteil in diesem Punkt vollumfänglich<ref> 9. Hafkemeyer, Georg Bernhard: Der Malteser-Ritter-Orden, Hamburg 1956, S. 107 ff.</ref>. Anscheinend gehen die vatikanischen Stellen davon aus, dass die Posthoheit des Malteserordens Teil seiner (eingeschränkten) Souveränität ist. Ob Italien mit dem Postvertrag die auf seinem Hoheitsgebiet, im Palazzo Malta, tätige melitensische Postverwaltung indirekt anerkennt, kann lediglich vermutet werden. Denn die italienische Post ist schon lange keine staatliche Stelle mehr, sondern privatrechtlich organisiert. Sie ist es, die, nun förmlich anerkennend, den postalischen „Transitverkehr“ von der melitensischen Postverwaltung zum Bestimmungsland übernimmt.


Vertragsgemäß lauten die Wertangaben auf den Ordensbriefmarken nunmehr auf [[Euro]]. Offenbar durfte oder wollte Italien als Mitglied der [[Europäische Währungsunion|Europäischen Währungsunion]] nicht, dass auf seinem Hoheitsgebiet der Einsatz eine weiteren Währung durch den Postvertrag sanktioniert würde, selbst wenn die Briefmarken rein tatsächlich per Euro bezahlt wurden. Der Orden hat damit allerdings den einzigen, formal bestehenden Verwendungszweck für seine Währung aufgegeben; auch in seinem Feld hoheitlicher Betätigung ist er nunmehr vollständig – vermutlich unilateral – euroisiert. In dem Postabkommen gibt es jedenfalls keinen Hinweis auf ein flankierendes Währungsabkommen mit der Europäischen Union oder mit Italien, wie es etwa für den Staat der Vatikanstadt oder [[San Marino]] besteht. Es soll hier offen bleiben, wie einer solcher, unilateraler Akt wirtschaftsvölkerrechtlich zu beurteilen wäre<ref>Ziogas, Alexis: Rechtsfragen der Euroisierung (Magisterarbeit, Universität Saarbrücken 2005). – Wessly, Andreas: The legal and political framework of Euroization, in: Legal issues of economic integration, 2009, S.197-213. – Winkler, Adalbert u.a.: Official Dollarisation/euroisation, motives, features and policy implications of current cases, Frankfurt am Main 2004.</ref>. Mit der Republik Malta schloss der Malteserorden 1998 einen Vertrag über seinen dortigen Sitz auf dem Fort St. Angelo in Birgu ([[Vittoriosa]]). Ins Auge gefasst wurde dort die Idee einer Briefmarkenabgabe des Ordens auf St. Angelo<ref>Barz, Wolf-Dieter: Ein „melitensischer“ Vatikan auf Malta?, in: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg, Heft 99, S. 23-27 (25)</ref>. Ob damit ein zusätzliches Postamt entstehen sollte wir nicht deutlich. Jedenfalls ist bisher ein solches Zusatzabkommen nicht geschlossen worden.
Vertragsgemäß lauten die Wertangaben auf den Ordensbriefmarken nunmehr auf [[Euro]]. Offenbar durfte oder wollte Italien als Mitglied der [[Europäische Währungsunion|Europäischen Währungsunion]] nicht, dass auf seinem Hoheitsgebiet der Einsatz eine weiteren Währung durch den Postvertrag sanktioniert würde, selbst wenn die Briefmarken rein tatsächlich per Euro bezahlt wurden. Der Orden hat damit allerdings den einzigen, formal bestehenden Verwendungszweck für seine Währung aufgegeben; auch in seinem Feld hoheitlicher Betätigung ist er nunmehr vollständig – vermutlich unilateral – euroisiert. In dem Postabkommen gibt es jedenfalls keinen Hinweis auf ein flankierendes Währungsabkommen mit der Europäischen Union oder mit Italien, wie es etwa für den Staat der Vatikanstadt oder [[San Marino]] besteht. Es soll hier offen bleiben, wie einer solcher, unilateraler Akt wirtschaftsvölkerrechtlich zu beurteilen wäre<ref>Ziogas, Alexis: Rechtsfragen der Euroisierung (Magisterarbeit, Universität Saarbrücken 2005). – Wessly, Andreas: The legal and political framework of Euroization, in: Legal issues of economic integration, 2009, S.197-213. – Winkler, Adalbert u.a.: Official Dollarisation/euroisation, motives, features and policy implications of current cases, Frankfurt am Main 2004.</ref>. Mit der Republik Malta schloss der Malteserorden 1998 einen Vertrag über seinen dortigen Sitz auf dem Fort St. Angelo in Birgu ([[Vittoriosa]]). Ins Auge gefasst wurde dort die Idee einer Briefmarkenabgabe des Ordens auf St. Angelo<ref>Barz, Wolf-Dieter: Ein „melitensischer“ Vatikan auf Malta?, in: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg, Heft 99, S. 23-27 (25)</ref>. Ob damit ein zusätzliches Postamt entstehen sollte wird nicht deutlich. Jedenfalls ist bisher ein solches Zusatzabkommen nicht geschlossen worden.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 10. Januar 2011, 14:35 Uhr

An seinem Sitz in Rom unterhält der Souveräne Malteserorden seit einigen Jahrzehnten ein eigenes Postamt, das eigene Briefmarken ausgibt. Mit einer wachsenden Zahl von Staaten unterhält er postalische Beziehungen.

Malta

Noch zu der Zeit, als der Malteserorden Landesherr der heutigen Republik Malta war (1530-1798), richtete er 1571 für die Ordensregierung einen Kurierdienst ein, der als Vorläufer seiner heutigen Poste Magistrali angesehen werden kann. Er diente zunächst ausschließlich der Beförderung von Dokumenten der Ordensregierung, die dann über bereits bestehende Verteilernetze Europas beispielsweise an seine weitverzweigte lokalen Ordenseinheiten gelangten. Erst 1612 öffnete er diesen Postdienst auch amtslosen Ordensangehörigen und der Bevölkerung Maltas. Vermutlich wuchs das Postvolumen insbesondere der Privatpersonen so an, dass er seit der Mitte des 18. Jahrhunderts offenbar eine Beförderungsgebühr erhob[1].

Rom

Im Jahre 1834 verlegte der Orden seinen Sitz nach Rom. Dort, im Palazzo Malta, an der Via Condotti (Zugang über einen Nebeneingang in der Via Bocca di Leone), begründete er eine neue Postverwaltung und gab über sein Postamt ab 1966 eigene Briefmarken aus[2]. Bereits einige Wochen zuvor hatte der Orden das Außenministerium Italiens von dem Vorhaben unterricht und hatte Italien daraufhin per Communiqué kundgetan, die Postwertzeichen des Ordens hätten im Verkehr von oder nach Italien keine Gültigkeit[3]. Ein vom Orden angestrebtes Postabkommen kam nicht zustande.

Der Regierungssitz des Malteserordens ist italienisches Hoheitsgebiet, genießt aber einen völkerrechtlichen Sonderstatus (Exterritorialität), vergleichbar einem Botschaftsgrundstück. Der Funktionsbereich der Postverwaltung war daher äußerst gering: Sie konnte Sendungen nur innerhalb des weitläufigen Palazzo Malta oder aber zu seinem ebenfalls exterritorialen Anwesen auf dem Aventin (Piazza die Cavalieri di Malta) befördern[4]. Offensichtlich ging der Orden davon aus, dass seine beschränkte Souveränität, vielfach als funktionale Souveränität bezeichnet[5], es erlaubte, eine Postverwaltung zu gründen, sie auf italienischem Hoheitsgebiet in Ansehung der exterritorialen Vorrechte mit einem Postamt zu unterhalten und Postsendungen auf/über italienisches Gebiet, auf dem er keine Vorrechte besaß, zu befördern. Die Wertangabe auf den Ordensmarken erfolgte in der Währung des Malteserordens, die er heute noch – eher zu Sammlerzwecken - ausgibt. Diese Art von Postverwaltung mag eher als ein institutioneninterner Postverteildienst mit lediglich fakultativer Frankatur gewesen sein.

Bilaterale Postabkommen

Im Jahre 1975 befreite Malta die Ordenspostverwaltung von ihrer nahezu funktionslosen Bedeutung und machte aus den Marken des Ordens Briefmarken in fast landläufigem Sinne: Malta schloss als erster Staat mit dem Orden ein befristetes, mittlerweile ausgelaufenes, bilaterales Postabkommen. So konnte man Sendungen mit der Frankatur des Orden (sie wurde gegen Lira und im Falle späterer Postabkommen gegen Euro abgegeben) in dessen Postamt nach Malta aufgeben. Die Briefmarken wurden nach einer im Postamt aufgestellten Umrechnungstabelle gegen Lira und später gegen Euro abgegeben. Ob damit die Postverwaltung auch die Funktion einer Zentralbank ausübte, bleibt fraglich. Nach und nach folgten weitere bilaterale Postabkommen, von denen etliche noch in Kraft sind.

Derzeit bestehen postalische Beziehungen mit 56 Staaten bzw. deren Postdiensten[6]. Der Weltpostverein wandte sich schon früh gegen die melitensische (= auf den Malteserorden bezogene) Postverwaltung und anerkennt diese bis heutigen Tage nicht an. Dadurch bleibt der Orden weiterhin auf bilaterale Abkommen verwiesen. Die Verträge unterliegen der Vertraulichkeit; in Sammlerkreisen zirkulieren jedoch Abkommenstexte mit verschiedenen Partnerländern. Österreich hat vermutlich zum Zwecke der Transformation des bilateralen Abkommens in österreichisches Recht dieses im Bundesgesetzblatt für jedermann zugänglich veröffentlicht[7]. Dort ist auch das ungewöhnliche Procedere beschrieben, wie die Postsendungen vom Palazzo Malta über italienisches Hoheitsgebiet nach Österreich gelangen sollten. Es liegen zumindest noch keine größeren Untersuchungen zur Vereinbarkeit dieser Postabkommen mit der funktionalen Souveränität des Ordens als Völkerrechtssubjekt mit ausschließlich medizinisch-karitativem Aufgabenfeld vor.

Besondere Bedeutung haben die Postabkommen mit dem Staat der Vatikanstadt (2008) und der italienischen Post (2004)[8]. Schließlich war es ein päpstliches Tribunal gewesen, dass 1953 die funktionale Souveränität als eine Art beschränkter Souveränität des Ordens im Vergleich zu Staaten feststellte; der Orden anerkannte das Urteil in diesem Punkt vollumfänglich[9]. Anscheinend gehen die vatikanischen Stellen davon aus, dass die Posthoheit des Malteserordens Teil seiner (eingeschränkten) Souveränität ist. Ob Italien mit dem Postvertrag die auf seinem Hoheitsgebiet, im Palazzo Malta, tätige melitensische Postverwaltung indirekt anerkennt, kann lediglich vermutet werden. Denn die italienische Post ist schon lange keine staatliche Stelle mehr, sondern privatrechtlich organisiert. Sie ist es, die, nun förmlich anerkennend, den postalischen „Transitverkehr“ von der melitensischen Postverwaltung zum Bestimmungsland übernimmt.

Vertragsgemäß lauten die Wertangaben auf den Ordensbriefmarken nunmehr auf Euro. Offenbar durfte oder wollte Italien als Mitglied der Europäischen Währungsunion nicht, dass auf seinem Hoheitsgebiet der Einsatz eine weiteren Währung durch den Postvertrag sanktioniert würde, selbst wenn die Briefmarken rein tatsächlich per Euro bezahlt wurden. Der Orden hat damit allerdings den einzigen, formal bestehenden Verwendungszweck für seine Währung aufgegeben; auch in seinem Feld hoheitlicher Betätigung ist er nunmehr vollständig – vermutlich unilateral – euroisiert. In dem Postabkommen gibt es jedenfalls keinen Hinweis auf ein flankierendes Währungsabkommen mit der Europäischen Union oder mit Italien, wie es etwa für den Staat der Vatikanstadt oder San Marino besteht. Es soll hier offen bleiben, wie einer solcher, unilateraler Akt wirtschaftsvölkerrechtlich zu beurteilen wäre[10]. Mit der Republik Malta schloss der Malteserorden 1998 einen Vertrag über seinen dortigen Sitz auf dem Fort St. Angelo in Birgu (Vittoriosa). Ins Auge gefasst wurde dort die Idee einer Briefmarkenabgabe des Ordens auf St. Angelo[11]. Ob damit ein zusätzliches Postamt entstehen sollte wird nicht deutlich. Jedenfalls ist bisher ein solches Zusatzabkommen nicht geschlossen worden.

Einzelnachweise

  1. Barz, Wolf-Dieter: Philatelistische Raritäten, das Postwesen des Malteserordens auf Malta und in Rom, in: Malteser Mitteilungen, Heft 3, 1993, S. 42 f
  2. http://www.orderofmalta.org/emissionen/philatelie/35698/mitgliedslander-des-postabkommens/?lang=de (Stand Januar 2011)
  3. Prantner, Robert: Malteserorden und Völkergemeinschaft, Berlin 1974, S. 79 f
  4. ebd
  5. Georg B. Hafkemeyer: Der Malteserorden und die Völkerrechtsgemeinschaft, in: Wienand, Adam (Hrsg.): Der Johanniterorden, der Malteserorden, der ritterliche Orden des hl. Johannes vom Spital zu Jerusalem, seine Geschichte, seine Aufgaben, 3. Aufl., Köln 1988, S. 427-438 (432 ff.). – Turriziani Colonna, Fabrizio: Sovranita e indipendenza nel Sovrano Militare Ordine di Malta, rapporto con la Santa Sede e soggettiva internazionale, Citta de Vaticano 2006, S. 147 ff. – Hoffmann-Rumerstein, Ludwig: Der Souveräne Malteser-Ritter-Orden von 1945 bis heute, in: Steeb, Christian und Strimitzer, Birgit (Hrsg.): Der Souveräne Malteser-Ritter-Orden in Österreich, Graz 1999, S. 250-271 (260 f.).
  6. 6. http://www.orderofmalta.org/emissionen/philatelie/35698/mitgliedslander-des-postabkommens/?lang=de (Stand Januar 2011).
  7. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, 1989. Nr. 447: http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1989_447_0/1989_447_0.pdf (Stand Januar 2011).
  8. 8. Köck, Heribert Franz: Völkerrecht, das Recht der universellen Staatengemeinschaft, 6. Aufl., Wien 2004, S. 242, gibt für den Vertragsschluss mit der italienischen Seite das Jahr 1979 an
  9. 9. Hafkemeyer, Georg Bernhard: Der Malteser-Ritter-Orden, Hamburg 1956, S. 107 ff.
  10. Ziogas, Alexis: Rechtsfragen der Euroisierung (Magisterarbeit, Universität Saarbrücken 2005). – Wessly, Andreas: The legal and political framework of Euroization, in: Legal issues of economic integration, 2009, S.197-213. – Winkler, Adalbert u.a.: Official Dollarisation/euroisation, motives, features and policy implications of current cases, Frankfurt am Main 2004.
  11. Barz, Wolf-Dieter: Ein „melitensischer“ Vatikan auf Malta?, in: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg, Heft 99, S. 23-27 (25)