„Philister“ – Versionsunterschied

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|NAME2-TRANSKRIPTION = ''Prwsṯ / Pw-r-s3-ṯ''<ref>{{Literatur |Autor=[[Frederik Christiaan Woudhuizen]] |Titel=The Ethnicity of the Sea Peoples |Verlag=Erasmus Universiteit |Ort=Rotterdam |Datum=2006 |Kapitel=A Historiographic Outline |Seiten=36 |Online=[https://www.yumpu.com/en/document/view/15569339/the-ethnicity-of-the-sea-peoples-repub-erasmus-universiteit-/36 Digitalisat] |Abruf=2016-04-13}}</ref>
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|BILD1-BESCHREIBUNG = Die fünf Städte der [[Pentapolis (Palästina)|Pentapolis]] der Philister (rot)
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Als „'''Philister'''“ (auch '''Pelischti'''; {{heS|פְּלִשְׁתִּים&lrm;|'''pəlištīm'''}}; [[Neuägyptische Sprache|neuägyptisch]] '''Peleset''') bezeichnet man heute häufig ein [[Volk]] oder mehrere Volksgruppen, die ab dem 12.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. die südliche Küste des [[Palästina (Region)|historischen Palästina]] bewohnten.
Die „'''Philister'''“ ({{heS|פְּלִשְׁתִּים&lrm;|'''pəlištīm'''}}; [[Neuägyptische Sprache|neuägyptisch]] '''Peleset''') sind ein [[Volk]], das vor allem aus der [[Bibel]] und jüngeren [[Judentum|jüdischen]] und [[Christentum|christlichen]] Schriften bekannt ist. Das Gebiet an der südwestlichen Küste des historischen [[Palästina (Region)|Palästina]], das in diesen Texten am häufigsten als ihr Siedlungsgebiet erscheint, nennt man „Philistäa“.


[[Archäologie|Archäologisch]] lässt sich v.&nbsp;a. vom 12. bis zum 8.&nbsp;Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr. eine „typisch philistäische“ Kultur identifizieren, für die besonders charakteristisch die [[Keramik der Philister|philistäische Keramik]] ist. Für die Zeit danach spricht man gelegentlich stattdessen von „Post-Philistern“, da ab dem 7.&nbsp;Jhd. weitere Völker mit anderen Kulturen in die Philistäa eindringen.
== Geschichte ==


Die [[Geschichte der Philister]] ist aktuell stark ideologisch aufgeladen, da im Zusammenhang mit dem [[Nahostkonflikt]] bisweilen [[Palästinenser]] für sich in Anspruch nehmen, die direkten Nachfahren der Philister zu sein.
=== Traditionelles Paradigma ===
[[Datei:Bas relief de prisonniers philistins sur la facade sud du deuxième pylône (2).JPG|mini|Relief: Gefangene Philister]]


== Herkunft ==
Bevor sich auch in der Erforschung Palästinas die moderne Archäologie durchgesetzt hatte, waren „Philister“ vor allem bekannt aus der [[Bibel]] und ägyptischen Schriftquellen: In der Bibel werden sie dargestellt als eine homogene Ethnie (v.&nbsp;a. {{B|Gen|10|14}}), die vor allem im Fünf-Städte-Bund ([[Pentapolis (Palästina)|Pentapolis]]) der Stadtstaaten [[Aschdod]], [[Aschkelon]], [[Ekron]], [[Gat (Bibel)|Gat]] (vgl. [[Tell es-Safi]]) und [[Gaza (Stadt)#Geschichte|Gaza]] lebten ({{B|Jos|13|3}}; {{B|1 Sam|6|17}}). In der [[Abraham]]s-Erzählung tritt außerdem ein philistäischer König von [[Gerar]] auf, zu dessen Gebiet noch [[Be’er Scheva]] gehört haben soll ({{B|Gen|20}}), und in der [[Simson]]-Erzählung wird prominent von der Philister-Stadt [[Timna (Tel Batasch)|Timna]] erzählt. Nach Abraham gelten sie durchweg als Feinde der Israeliten: Vor allem die Könige [[Saul]] und [[David]] sollen häufig heroisch gegen sie Krieg geführt haben – in Sauls Fall bis hinauf zum Berg [[Gilboa]] ({{B|1 Sam|31|1}}).
[[Datei:AlterOrient2.png|mini|hochkant=1.5|Mykenischer Kulturkreis, hethitisches Großreich und ägyptisches Großreich um 1230/20 v. Chr.]]


Wegen ägyptischer Inschriften nimmt man heute i.&nbsp;d.&nbsp;R. an, dass die Philister nicht ursprünglich aus [[Palästina (Region)|Palästina]] stammen, sondern eines von mehreren [[Seevölker]]n waren. Ihre genaue Herkunft jedoch ist wie bei den meisten Seevölkern sehr strittig. Heute beschränkt man sich daher meist darauf, sie wegen deutlicher [[Keramik|keramischer]] Parallelen sehr grob in den [[Mykenische Kultur|mykenischen Kulturkreis]] zu verorten.<ref>Aren M. Maeir (2022): [https://muse.jhu.edu/article/874210/pdf?casa_token=2ljt2_gS0dQAAAAA:FdnGl942Pciqaj_KV0b12bk-ygbN6Tz1AKBqVwSLwu_nWy8lWkDUDa5rYV_d7rM9XZxmAd1XXQ ''You've Come a Long Way, Baby! Changing Perspectives on the Philistines.''] In: ''Journal of eastern mediterranean archaeology and heritage studies.'' (JEMAHS) Band 10, Nr. 3–4, 2022, S. 216–239, hier 216 f.</ref>
Aus {{B|Am|9|7}} wurde außerdem oft der Herkunftsort der Philister abgeleitet. Dort spricht Gott: „Habe ich Israel nicht heraufgeführt aus dem Land Ägypten und ebenso die Philister aus [[Kaphtor|Kaftor]] und Aram aus [[Kir (Land)|Kir]]?“ (ähnlich {{B|Jer|47|4}}). Dieses „Kaftor“ wird für gewöhnlich mit dem ägyptischen ''[[Keftiu]]'' gleichgesetzt und bedeutet [[Kreta]]. Als Hinweis für eine kretische Herkunft der Philister wurde in der früheren Forschung auch ein [[Piktogramm]] auf dem [[Diskos von Phaistos]] gesehen.<ref>Beispielsweise [[Eduard Meyer]]: ''Der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta.'' Sitzungsberichte der königlichen preußischen Akademie der Wissenschaften, 1909, S. 1022–1029.</ref> Das Piktogramm, das auf dem Diskos mehrfach erscheint, stellt einen Kopf mit möglicherweise einem Kopfschmuck dar, der Ähnlichkeit mit dem Kopfschmuck der Peleset aufweisen soll, die auf den Seevölker-Reliefs des Totentempels [[Ramses III.]] in [[Medinet Habu]] dargestellt sind.


Auch eine weitere Kultur, die sich ebenfalls etwa ab dem 12.&nbsp;Jahrhundert weiter nördlich an der Küste Palästinas nachweisen lässt, hält man oft für ein eingewandertes Volk und bezeichnet es traditionell als [[Phönizier]]. Einigkeit besteht heute allerdings darin, dass die Einteilung der Küstenbewohner Palästinas in die zwei Gruppen „Philister“ und „Phönizier“ als zwei unterschiedliche und in sich [[Homogenität (Soziologie)|homogene]] [[Ethnie]]n künstlich ist, da beide sich vielmehr aus diversen Gruppen von Seehändlern, Piraten und Übersee-Migranten aus unterschiedlichen Regionen zusammensetzten,<ref>Tristan Barako (2000): [https://www.academia.edu/12405349/The_Philistine_Settlement_as_Mercantile_Phenomenon ''The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon?''] In: ''American Journal of Archaeology.'' (AJA). Band 104, S. 513–530.</ref><ref>Louise A. Hitchcock, [[Aren Maeir|Aren M. Maeir]] (2016): ''A Pirate’s Life for Me: The Maritime Culture of the Sea People.'' In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' (PEQ). Band 148, Nr. 4, 2016, S. 245–264, hier S. 255, 259 ([[doi:10.1080/00310328.2016.1250358]]).</ref><ref>Aren M. Maeir: ''[https://www.academia.edu/38240503/Maeir_Philistines_in_Iron_I_In_Yasur_Landau_et_al_The_Social_Archaeology_of_the_Levant_2019_CUP_pdf Iron Age I Philistines: Entangled Identities in a Transformative Period.]'' In: A. Yasur-Landau, E. Cline, Y. Rowan (Hrsg.): ''The Social Archaeology of the Levant: From Prehistory to the Present.'' Cambridge University Press, Cambridge 2018, [[doi:10.1017/9781316661468.018]], S. 310–323.</ref><ref>[[Ernst Axel Knauf]], [[Hermann Michael Niemann]]: [https://www.academia.edu/84217150/Geschichte_Israels_und_Judas_im_Altertum ''Geschichte Israels und Judas im Altertum.''] De Gruyter, Berlin / Boston 2021, ISBN 978-3-11-014543-4, S. 94.</ref> unter denen die Philister wohl erst im Laufe der Zeit zu einem „Volk“ zusammengewachsen sind.
Die Lücke zwischen Herkunft von Kreta und Ansiedlung in Palästina schließlich hat man lange mit einem ägyptischen Bericht im [[Papyrus Harris I]] gefüllt, indem man annahm, dass Pharao [[Ramses III.]] (1187-1156 v.&nbsp;Chr.) darin von sich selbst berichtet hätte, er habe die auch in Ägypten einfallenden Philister heldenhaft besiegt und dann als seine Untertanen in den ägyptischen Festungen Palästinas angesiedelt.


Gelegentlich versucht man in der Forschung nun stattdessen, das palästinische Küstengebiet sauber auf einzelne der bekannten Seevölker aufzuteilen. In der Regel orientiert man sich dabei
Doch von einer Ansiedlung der Philister in Palästina ist in Papyrus Harris gar nicht die Rede – sondern von einer Ansiedlung in Ägypten.<ref>Dan'el Kahn (2011): [https://www.academia.edu/1056837/The_Campaign_of_Ramesses_III_against_Philistia ''The Campaign of Ramesses III against Philistia.''] In: ''Journal of Ancient Egyptian Interconnections.'' Band 3, Nr. 4, 2011, S. 1–11, hier 2.</ref><ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268.</ref> Ähnlich ist Am 9,7 nach der traditionellen Deutung gewiss missverstanden: Ägypten und Kir sind in der Bibel nicht Herkunftsorte, sondern Exilsorte von Israeliten und Aramäern (zu Kir s. {{B|Am|1|5}}), was man dann entsprechend auch für Kreta annehmen müsste. Auch in {{B|Zef|2|5}} werden die Philister zwar als ''Kretim'' bezeichnet; gleichzeitig werden sie aber in der häufigen biblischen Phrase „Kreti und Pleti“ gerade von den Kretern unterschieden,<ref>Christina Duncker (2019): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/24096/ ''Kreter und Pleter.''] In: WiBiLex; abgerufen am 18. Januar 2024.</ref> wie ähnlich auch {{B|Gen|10|14}} die Philister von den „Kaftoritern“ unterscheidet. Auch sonst gilt dieses traditionelle Paradigma im Mainstream der Archäologie und Geschichtsschreibung Palästinas heute als überholt.
* am [[Onomastikon des Amenope]], in dem in einer Namensliste als einzelne Namen auch „[die philistäischen Städte] (…) Aschkelon, Aschdod, Gaza (…) [und die Seevölker] [[Scherden]], [[Tjeker]], Philister (…)“ aufgelistet werden,
* am [[Reisebericht des Wenamun]], in dem [[Dor (Stadt)|Dor]] als Tjeker-Stadt erscheint,
* und am ähnlichen Namen des Seevolks der [[Dananu]] und des biblischen Stammes [[Dan (Bibel)|Dan]], der laut {{B|Jos|19|40–46}} ursprünglich u.&nbsp;a. in der Philisterstadt Ekron leben sollte.


Peckham zum Beispiel glaubt hiernach, von Süd nach Nord hätten bis hinauf nach Aschdod und Gat die Philister gelebt, bis nach Ekron und Timna die Dananu, bis nach Dor die Tjeker und bis nach Akko die Scherden.<ref>J. Brian Peckham: ''Phoenicia. Episodes and Anecdotes from the Ancient Mediterranean.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2014, ISBN 978-1-57506-181-8, S. 47.</ref> Archäologisch gut auseinanderhalten lassen sich Philister vs. Dananu und Tjeker vs. Scherden (vs. Phönizier) aber nicht.<ref>Ayelet Gilboa (2007): [https://www.academia.edu/2393668/Fragmenting_the_Sea_People_With_an_Emphasis_on_Cyprus_Syria_and_Egypt_A_Tel_Dor_Perspective ''Fragmenting the Sea People. With an Emphasis on Cyprus, Syria and Egypt: A Tel Dor Perspective.''] In: ''Scripta Mediterranea.'' XXVII–XXVIII, 2007, S. 209–244, hier 210&nbsp;f.</ref><ref>Jeffrey P. Emanuel (2012): [https://www.academia.edu/1716293/%C5%A0rdn_of_the_Strongholds_%C5%A0rdn_of_the_Sea_The_Sherden_in_Egyptian_Society_Reassessed_63rd_Annual_Meeting_of_the_American_Research_Center_in_Egypt_Providence_2012. ''‘Šrdn of the Strongholds, Šrdn of the Sea‘. The Sherden in Egyptian Society, Reassessed.''] Vortrag; abgerufen am 19. Januar 2024.</ref>
=== Herkunft ===


Auf eine neue Spur zur Herkunft der Philister führten 2016 Ausgrabungen in [[Ashkelon|Aschkelon]], bei denen ein Friedhof mit mutmaßlich philistäischen Skeletten gefunden wurde, von denen zehn eine [[aDNA]]-Analyse zuließen. Dabei zeigte sich, dass die Philister ab der Eisenzeit II (ab ~10. Jhd.) genetisch von den anderen Völkern der Levante nicht zu unterscheiden waren. Bei den Proben der älteren Skelette aus der Eisenzeit I (ab ~12. Jahrhundert) dagegen fanden sich genetische Signale, die auch von anderen Völkern am Mittelmeer bekannt sind – die meisten Übereinstimmungen gab es mit den [[Kreta|Kretern]] der griechischen Welt, sowie den alten [[Iberer]]n und den modernen [[Sarden]].<ref>Laura Geggel: [https://www.livescience.com/65867-philistines-ancient-dna-europe.html ''Philistines, Biblical Enemies of the Israelites, Were European, DNA Reveals.''] Auf: ''livescience.com'' vom 3. Juli 2019; zuletzt abgerufen am 23. Februar 2023.</ref> Eine genauere Eingrenzung ist noch nicht möglich. Das [[Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte]] in Jena kam damit 2019 zu dem Schluss, dass die DNA-Analyse zumindest die Theorie stützt, dass die Philister als europäische Einwanderer über das Mittelmeer nach Palästina kamen.<ref>{{Internetquelle |url=https://advances.sciencemag.org/content/5/7/eaax0061 |titel=Ancient DNA sheds light on the genetic origins of early Iron Age Philistines (Originalstudie) |datum=2019-07-08 |sprache=en |abruf=2019-07-08}} {{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/news/philister-kamen-lebten-sich-ein-und-verschwanden/1657574 |titel=Philister kamen, lebten sich ein und verschwanden |hrsg=Spektrum der Wissenschaft |datum=2019-07-08 |sprache=de |abruf=2019-07-08}} {{Internetquelle |url=https://www.israelnetz.com/gesellschaft-kultur/wissenschaft/2019/07/05/die-philister-kamen-aus-europa/ |titel=Die Philister kamen aus Europa |werk=[[Israelnetz]].de |datum=2019-07-05 |abruf=2019-07-22}}</ref>
==== Ältere Hypothesen ====
Klar ist, dass die Philister eines von mehreren [[Seevölker]]n waren. Ihre genaue Herkunft jedoch ist wie bei den übrigen Seevölkern sehr strittig. Einzig die Luka lassen sich ziemlich sicher mit Bewohnern der [[Lukka-Länder]] in Südwest-Kleinasien (der antiken Landschaft [[Lykien]]) identifizieren. Auch bei den [[Scherden]] herrschte längere Zeit wegen des ähnlichen Namens der Konsens, dass sie aus Sardinien stammten. Heute hält man diese zweite Zuordnung jedoch d.&nbsp;Ö. für zu spekulativ.<ref>{{Literatur |Autor=[[Frederik Christiaan Woudhuizen]] |Titel=The Ethnicity of the Sea Peoples |Verlag=Erasmus Universiteit |Ort=Rotterdam |Datum=2006 |Kapitel=A Historiographic Outline |Seiten=112 |Online=[https://www.yumpu.com/en/document/view/15569339/the-ethnicity-of-the-sea-peoples-repub-erasmus-universiteit-/112 Digitalisat] |Abruf=2024-01-19}}</ref>


== Aussehen ==
{{Belege fehlen||Der folgende Absatz}}
[[Datei:Philister.png|mini|Inschrift: „Anführer der Philister“]]
Zur Herkunft der Philister haben sich neben der oben genannten „Kreter-Hypothese“ vor allem vier weitere Hypothesen entwickelt:


<div class="tright" style="clear:none">[[Datei:Types philistins sur le monuments égyptiens de Médinet-Abou-Vigouroux-DB-vol5.jpg|mini|Federkronenträger]]
(1) Nach der „'''ägäischen Hypothese'''“ sind die Philister von den ägäischen Inseln und vom griechischen Festland gekommen und mit den [[Pelasger]]n zu identifizieren. Eine Gleichsetzung mit den Pelasgern birgt jedoch bereits etymologisch große Probleme, worauf u.&nbsp;a. Lochner-Hüttenbach hinwies.<ref>Fritz Lochner-Hüttenbach: ''Die Pelasger. Arbeiten aus dem Institut für vergleichende Sprachwissenschaft in Graz.'' Wien 1960, S.&nbsp;141&nbsp;ff.</ref><br />Die 2007 von Frank Moore Cross und Lawrence E. Stager gefundenen Schrifttafeln aus [[Aschkelon]] tragen Inschriften in einer unbekannten Schrift, die beide als verwandt mit dem [[Kypro-minoische Schrift|kypro-minoischen Schrifttypus]] ansahen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nytimes.com/2007/03/13/science/13phil.html |titel=Philistines, but Less and Less Philistine |werk=The New York Times |datum=2007-03-13 |abruf=2009-11-06}}</ref> Ist diese sehr spekulative Hypothese richtig, könnte dies eine ägäische Herkunft der Philister zusätzlich bekräftigten.
</div>


Auf den Reliefs von [[Medinet Habu]] sind mehrere Angehörige der Seevölker zu sehen. Traditionell hält man unter diesen eine auf Bild 1 abgebildete glattrasierte Gruppe mit Federkrone für die Philister, obwohl es sich laut Inschriften auch um Tjeker oder Dananu handeln könnte.<ref>[[Edward Noort]]: ''Die Seevölker in Palästina'' (= ''Palaestina antiqua.'' Neue Serie. Band 8). Kok Pharos Publishing House/ Peeters Publishers, Kampen (NL)/ Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3, S. 77.</ref> [[Ann E. Killebrew]] hat nun aber darauf hingewiesen, dass ein Angehöriger einer anderen Gruppe mit einer anderen Kopfbedeckung explizit als „Anführer der Philister“ bezeichnet wird (Bild 2).<ref>Ann E. Killebrew: [https://www.academia.edu/45145809/The_Philistines_during_the_Period_of_the_Judges_by_Ann_E_Killebrew_2017 ''The Philistines during the Period of the Judges.''] In: Jennie Ebeling u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The Old Testament in Archaeology and History.'' Baylor University Press, Waco 2017, S. 321&nbsp;f.</ref>
(2) Bei der „'''Karer-Hypothese'''“ wurde der Kopfschmuck der Philister auf ägyptischen Darstellungen mit dem Kopfschmuck der [[Karer]] oder einem [[Irokesenschnitt]]<ref>{{Literatur |Autor=Costis Davaras, Wolfgang Schürmann (Übersetzer) |Titel=Phaistos – Hagia Triada – Gortyn. Kurzer archaologischer fuhrer |Verlag=Verlagshaus Hannibal |Ort=Athen |Datum=1990 |Kapitel=''Der Palast von Phaistos.'' |Seiten=21}}</ref> verglichen. Bereits antike Historiker verwiesen auf die Ähnlichkeit des Kopfschmucks der Karer und der Philister.


Sofern es sich bei dieser Darstellung nicht nur um ein Stilmittel ägyptischer Bildhauerei handelt, wäre dann für Philister(-Anführer) eine spitz zulaufende Kappe und Spitzbart charakteristisch.
(3) Die „'''anatolische Hypothese'''“ betrachtet die West- und Südküste Kleinasiens als das Herkunftsland der Philister. Man versucht dies einerseits durch die griechische Sage zu belegen, wonach [[Perseus (Mythologie)|Perseus]] und [[Mopsos (Sohn der Manto)|Mopsos]], die mit den [[Danäer|Danaërn]] und Kleinasien verbunden sind, mit den Küstenstädten Palästinas Krieg führten. Danach kämpfte Perseus vor [[Jaffa]] mit einem Seeungeheuer, und Mopsos eroberte [[Askalon]].


== Gebiet ==
(4) Als eine vierte Möglichkeit der [[Ethnogenese]] wurde schließlich noch diskutiert, dass die einheimischen Bewohner der palästinensischen Küste unter starkem Einfluss zypriotischer Kaufleute eine neue Identität entwickelten und sich auch politisch stärker zusammenschlossen.
Als das Siedlungsgebiet der Philister erscheinen in der Bibel am prominentesten die fünf [[Stadtstaat|Stadtstaaten]] [[Gaza (Stadt)|Gaza]], [[Geschichte der Stadt Aschkelon|Aschkelon]], [[Aschdod]], [[Gat (Bibel)|Gat]] und [[Ekron]]. Sie werden auch heute noch als das Kerngebiet der Philister in der Philistäa betrachtet, um das herum sich im Laufe der Zeit viele weitere kleinere Orte gruppiert haben. Von dem unten auf Karte 1 abgebildeten Ausbreitungsgebiet geht man etwa ab dem 11.&nbsp;Jhd. aus.


In der Forschung wurde lange angenommen, diese fünf Stadtstaaten hätten sich zum Fünf-Städte-Bund der „[[Pentapolis (Palästina)|Pentapolis]]“ zusammengeschlossen. Aktuell ist man seltener dieser Ansicht, da die fünf Städte nicht häufig gleichzeitig groß und bedeutsam waren.<ref>Walter Dietrich: [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/30687/ ''Pentapolis'']. In: WiBiLex; abgerufen am 21. Februar 2024.</ref>
==== Aktuelle Mehrheitsmeinung ====
[[Datei:AlterOrient2.png|mini|hochkant=2|Mykenischer Kulturkreis, hethitisches Großreich und ägyptisches Großreich um 1230/20 v. Chr.]]


Die philistäische Kultur lässt sich in noch weiteren Regionen in und um Palästina feststellen. Auf Karte 2 zu sehen ist die Gegend um das [[Jesreelebene|Jesreel]]-Tal weiter nördlich: Eine wachsende Gruppe von Forschern<ref>Avner Raban: ''The Philistines in the Western Jezreel Valley.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 284, 1991, S. 17–27.</ref><ref>Itamar Singer: ''Egyptians, Canaanites, and Philistines in the Period of the Emergence of Israel.'' In: Israel Finkelstein, Nadav Na'aman (Hrsg.): ''From Nomadism to Monarchy. Archaeological and Historical Aspects of Early Israel.'' Yad Izhak ben-Zvi, Jerusalem 1994, S. 318 f.</ref><ref>Ephraim Stern: ''The Material Culture of the Northern Sea Peoples in Israel.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2013, ISBN 978-1-57506-946-3, S. 20–25.</ref><ref>Peter M. Fischer, Teresa Bürge: ''Cultural Influences of the Sea Peoples in Transjordan. The Early Iron Age at Tell Abū Ḫaraz.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins.'' (ZDPV). Band 129, Nr. 2, 2013, S. 132–170.</ref><ref>Robert D. Miller: ''The Judges and the Early Iron Age.'' In: Bill T. Arnold, Richard S. Hess (Hrsg.): ''Ancient Israel's History. An Introduction to Issues and Sources.'' Baker Academic, Grand Rapids 2014, ISBN 978-1-4412-4634-9, S. 188.</ref><ref>Jeffrey P. Emanuel (2015/2016): ''„Sea Peoples“ in Egyptian Garrisons in Light of Beth-Shean, (Re-)Reconsidered.'' In: ''Mediterranean Archaeology.'' Band 28/29, 2015/2016, S. 1–22.</ref><ref>Josette Elayi: ''The History of Phoenicia.'' Lockwood Press, Atlanta 2018, ISBN 978-1-937040-81-9, S. 91.</ref> glaubt, dass auch in den auf dieser zweiten Karte schwarz markierten Orten entweder Philister oder ein ähnliches Seevolk lebte (die grün markierten Orte stehen exemplarisch für die Orte der Phönizier, die hier und weiter nördlich bis hinauf nach [[Tripolis]] siedelten).
Diese älteren Hypothesen spielen in der aktuellen Forschung kaum noch eine Rolle; sie entstanden auch zu einer Zeit, zu der man noch keine archäologische Kenntnis von der materiellen Kultur der Philister hatte.<ref>Tristan Barako (2001): [https://www.academia.edu/12405646/The_Seaborne_Migration_of_the_Philistines ''The Seaborne Migration of the Philistines'']. Dissertation. S. 38f.</ref> Meist beschränkt man sich heute darauf, sie unter die [[Seevölker]] zu rechnen und dabei wegen klarer keramischer Parallelen sehr grob in den ägäischen/mykenischen Kulturkreis (inklusive Zypern) zu verorten.<ref>Aren M. Maeir (2022): [https://muse.jhu.edu/article/874210/pdf?casa_token=2ljt2_gS0dQAAAAA:FdnGl942Pciqaj_KV0b12bk-ygbN6Tz1AKBqVwSLwu_nWy8lWkDUDa5rYV_d7rM9XZxmAd1XXQ ''You've Come a Long Way, Baby! Changing Perspectives on the Philistines.''] In: ''Journal of eastern mediterranean archaeology and heritage studies'' (JEMAHS). Band 10, Nr. 3–4, 2022, S. 216–239, hier 216f.</ref>


Auf Karte 3 sieht man Teile des heutigen Libanon und Syrien: Erst seit kurzem ist bekannt, dass es ab dem 12. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. zwischen dem Zerfall des [[Hethiter|hethitischen Großreichs]] und der Neugründung der [[Neo-hethitische Staaten|neo-hethitischen Königreiche]] in dieser Gegend ein Großkönigreich ''Palastin'' gab. Wegen des ähnlichen Namens<ref>{{heS|פְּלִשְׁתִּים&lrm;|''pəlištīm''}} lautete ursprünglich vor den Lautwandeln der Vortonreduktion (''p'''ə'''lištīm'' < ''p'''a'''lištīm'') und Attenuation (''pal'''i'''štīm'' < ''pal'''a'''štīm'') fast sicher ''palaštīm''; siehe auch die verwandte persische Bezeichnung ''Palastai'' bzw. ''Palasti'' und die Bezeichnung ''Palastu'' in assyrischen Inschriften. Siehe dazu noch [[Heike Sternberg-el Hotabi]]: ''Der Kampf der Seevölker gegen Pharao Ramses III.'' Rahden 2012, S. 51.</ref> ähnlicher Keramik und einem ähnlichen Totenkult ist es „mittlerweile allgemein anerkannt“,<ref>Ann E. Killebrew (2017): [https://www.academia.edu/45145809/The_Philistines_during_the_Period_of_the_Judges_by_Ann_E_Killebrew_2017 ''The Philistines during the Period of the Judges.''] In: Jennie Ebeling u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The Old Testament in Archaeology and History.'' Baylor University Press, Waco 2007, S. 324.</ref> dass dies ein drittes und das größte philistäische Siedlungsgebiet war.<ref>John D. Hawkins: ''Cilicia, the Amuq, and Aleppo. New Light in a Dark Age.'' In: ''Near Eastern Archaeology.'' (NEA). Band 72, Nr. 4, 2009, S. 164–173.</ref><ref>David Kaniewski u.&nbsp;a.: [https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0020232 ''The Sea Peoples, from Cuneiform Tablets to Carbon Dating.''] In: ''PLoS One.'' Band 6, Nr. 6, 2011.</ref><ref>Amir Gilan (2013): [https://www.academia.edu/12135912/Pirates_of_the_Mediterranean_A_View_from_the_Bronze_Age_In_N_Jaspert_and_S_Kolditz_eds_Seeraub_im_Mittelmeerraum_Piraterie_Korsarentum_und_maritime_Gewalt_von_der_Antike_bis_zur_Neuzeit_Padeborn_Verlag_Wilhelm_Fink_2013_pp_49_66 ''Pirates of the Mediterranean – A View from the Bronze Age.''] In: Nikolas Jaspert, Sebastian Kolditz (Hrsg.): ''Seeraub im Mittelmeerraum. Piraterie, Korsarentum und maritime Gewalt von der Antike bis zur Neuzeit.'' Schöningh, Paderborn 2013, ISBN 978-3-506-77869-7, S. 63 f.</ref><ref>Mark Weeden (2013): [https://core.ac.uk/download/pdf/19090558.pdf ''After the Hittites: The Kingdoms of Karkamish and Palistin in Northern Syria.''] In: ''Bulletin of the Institute of Classical Studies.'' (BICS). Band 56, Nr. 2, 2013, S. 1–20.</ref><ref>Marina Pucci (2020): [https://www.academia.edu/44542477/The_Amuq_region_during_the_Iron_Age_I_II_Formation_Organization_and_Development_of_a_Community ''The Amuq region during the Iron Age I-II: Formation, Organization and Development of a Community.''] In: Alexander E. Sollee (Hrsg.): ''Formation, Organisation and Development of Iron Age Societies. A Comparative View. Proceedings of the Workshop held at the 10th ICAANE in Vienna, April 2016.'' Austrian Academy of Sciences Press, Wien 2020, ISBN 978-3-7001-8401-0, S. 137 f.</ref> Wie weit genau es sich erstreckte, ist allerdings noch unsicher: In [[Hama (Syrien)|Hamath]] etwa wurde nur wenig philistäische Keramik nachgewiesen; gleichzeitig könnte es sich noch weiter nach Norden und Osten erstreckt haben.<ref>Brian Janeway (2017): [https://www.academia.edu/38648258/Sea_Peoples_of_the_Northern_Levant ''Sea Peoples of the Northern Levant? Aegean Style Ceramic Evidence for the Sea Peoples from Tell Tayinat'']. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2017, S. 20–24.121–123.</ref>
Einigkeit besteht heute außerdem darin, dass die Einteilung in „Philister“ vs. die an der nördlichen Küste Palästinas siedelnden „[[Phönizier]]“ als zwei unterschiedliche und in sich homogene Ethnien eine künstliche ist, da beide sich vielmehr aus unterschiedlichsten Völkern und Gruppen von reisenden Seehändlern und marodierenden Banden mit differenten geographischen, kulturellen und soziopolitischen Hintergründen zusammensetzten,<ref>Tristan Barako (2000): [https://www.academia.edu/12405349/The_Philistine_Settlement_as_Mercantile_Phenomenon ''The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon?''] In: ''American Journal of Archaeology'' (AJA). Band 104, S. 513–530.</ref><ref>Louise A. Hitchcock, [[Aren Maeir|Aren M. Maeir]] (2016): ''A Pirate’s Life for Me: The Maritime Culture of the Sea People.'' In: ''Palestine Exploration Quarterly'' (PEQ). Band 148, Nr. 4, 2016, S. 245–264, hier S. 255, 259 ([[doi:10.1080/00310328.2016.1250358]]).</ref><ref>Aren M. Maeir: ''[https://www.academia.edu/38240503/Maeir_Philistines_in_Iron_I_In_Yasur_Landau_et_al_The_Social_Archaeology_of_the_Levant_2019_CUP_pdf Iron Age I Philistines: Entangled Identities in a Transformative Period.]'' In: A. Yasur-Landau, E. Cline, Y. Rowan (Hrsg.): ''The Social Archaeology of the Levant: From Prehistory to the Present.'' Cambridge University Press, Cambridge 2018, [[doi:10.1017/9781316661468.018]], S. 310–323.</ref><ref>[[Ernst Axel Knauf]], [[Hermann Michael Niemann]]: [https://www.academia.edu/84217150/Geschichte_Israels_und_Judas_im_Altertum ''Geschichte Israels und Judas im Altertum.''] De Gruyter, Berlin/ Boston 2021, ISBN 978-3-11-014543-4, S. 94.</ref> die ''vielleicht'' im Laufe der Zeit wirklich zu zwei Großgruppen zusammengewachsen sind.

Gelegentlich versucht man in der Forschung nun stattdessen – meist mithilfe des [[Onomastikon des Amenope]], in dem in einer Namensliste als einzelne Namen auch „(...) Aschkelon, Aschdod, Gaza (…) Scherden, Tjeker, Philister (…)“ aufgelistet werden, und dem [[Reisebericht des Wenamun]], in dem [[Dor (Stadt)|Dor]] als Tjeker-Stadt erscheint –, das Küstengebiet sauber auf einzelne der bekannten Seevölker aufzuteilen. Peckham zum Beispiel glaubt, von Süd nach Nord hätten bis hinauf nach Aschdod und Gat die ''Peleset'' (=die Philister)<ref>[[Heike Sternberg-el Hotabi]]: ''Der Kampf der Seevölker gegen Pharao Ramses III.'' (= ''Archäologie, Inschriften und Denkmäler Altägyptens.'' Band 2). Leidorf, Rahden 2012, ISBN 978-3-86757-532-4, S. 50 f.</ref> gelebt, bis nach Ekron und Timna die ''[[Dananu]]'', bis nach Dor die ''[[Tjeker]]'' und bis nach Akko die ''[[Scherden]]''.<ref>J. Brian Peckham (2014): ''Phoenicia. Episodes and Anecdotes from the Ancient Mediterranean.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2012, ISBN 978-1-57506-181-8, S. 47.</ref> Archäologisch gut auseinanderhalten lassen sich Philister vs. Dananu und Tjeker vs. Scherden (vs. Phönizier) aber nicht.<ref>Ayelet Gilboa (2007): [https://www.academia.edu/2393668/Fragmenting_the_Sea_People_With_an_Emphasis_on_Cyprus_Syria_and_Egypt_A_Tel_Dor_Perspective ''Fragmenting the Sea People. With an Emphasis on Cyprus, Syria and Egypt: A Tel Dor Perspective.''] In: ''Scripta Mediterranea'' XXVII–XXVIII, 2007, S. 209–244, hier 210&nbsp;f.</ref><ref>Jeffrey P. Emanuel (2012): [https://www.academia.edu/1716293/%C5%A0rdn_of_the_Strongholds_%C5%A0rdn_of_the_Sea_The_Sherden_in_Egyptian_Society_Reassessed_63rd_Annual_Meeting_of_the_American_Research_Center_in_Egypt_Providence_2012. ''‘Šrdn of the Strongholds, Šrdn of the Sea‘. The Sherden in Egyptian Society, Reassessed.''] Vortrag; abgerufen am 19. Januar 2024.</ref>

==== Genetische Hinweise ====
2016 wurde bei Ausgrabungen in [[Ashkelon|Aschkelon]] ein Friedhof gefunden, von denen zehn eine [[aDNA]]-Analyse zuließen. Dabei zeigte sich, dass die Philister ab der Eisenzeit II (ab ~10. Jhd.) genetisch von den anderen Völkern der Levante nicht zu unterscheiden waren, in den früheren Proben aus Eisenzeit I (ab ~12. Jahrhundert = Ansiedlungszeit der Philister) finden sich jedoch genetische Signale, die auch von anderen Völkern am Mittelmeer bekannt sind – die meisten Übereinstimmungen gibt es mit den [[Kreta|Kretern]] der griechischen Welt, sowie den damaligen [[Iberer]]n und den modernen [[Sarden]].<ref>Laura Geggel: [https://www.livescience.com/65867-philistines-ancient-dna-europe.html ''Philistines, Biblical Enemies of the Israelites, Were European, DNA Reveals.''] Auf: ''livescience.com'' vom 3. Juli 2019; zuletzt abgerufen am 23. Februar 2023.</ref> Eine genauere Eingrenzung ist noch nicht möglich. Das [[Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte]] in Jena kam damit 2019 zu dem Schluss, dass die DNA-Analyse zumindest die Theorie stützt, dass die Philister im 12. Jahrhundert vor Christus als europäische Einwanderer über das Mittelmeer in den Süden kamen.<ref>{{Internetquelle |url=https://advances.sciencemag.org/content/5/7/eaax0061 |titel=Ancient DNA sheds light on the genetic origins of early Iron Age Philistines (Originalstudie) |datum=2019-07-08 |sprache=en |abruf=2019-07-08}} {{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/news/philister-kamen-lebten-sich-ein-und-verschwanden/1657574 |titel=Philister kamen, lebten sich ein und verschwanden |hrsg=Spektrum der Wissenschaft |datum=2019-07-08 |sprache=de |abruf=2019-07-08}} {{Internetquelle |autor= |url=https://www.israelnetz.com/gesellschaft-kultur/wissenschaft/2019/07/05/die-philister-kamen-aus-europa/ |titel=Die Philister kamen aus Europa |werk=[[Israelnetz]].de |datum=2019-07-05 |abruf=2019-07-22}}</ref>

=== Gebiet ===
Es ist heute weiterhin klar, dass die Seevölker über weit größere Gebiete herrschten und im alten Palästina weit mächtiger waren, als die Bibel es darstellt. Auf der ersten Karte unten sind in schwarz die Orte markiert, von denen man heute sehr einheitlich annimmt, dass sie mindestens im 11. bis 10. Jahrhundert „philistäisch“ waren (zu den orange markierten Orten s. im nächsten Abschnitt). Auf der zweiten Karte zu sehen ist die Gegend um das [[Jesreelebene|Jesreel]]-Tal weiter nördlich: Eine wachsende Gruppe von Forschern glaubt wegen der ausgegrabenen Keramik, Grabfunden, dem nachgewiesenen Verzehr von Schweinefleisch<ref>Vgl. z.&nbsp;B. Philippe Guillaume (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331666379_Debunking_the_Latest_Scenario_on_the_Rise_of_the_Pork_Taboo ''Debunking the Latest Scenario on the Rise of the Pork Taboo.''] In: ''Études et Travaux''. Band XXXI, 2018, S. 145–166, hier 148.</ref> und Überresten von zur fraglichen Zeit neu importierter pflanzlicher Nahrung,<ref>Z.&nbsp;B. Suembikya Frumin (2015): [https://www.nature.com/articles/srep13308 ''Studying Ancient Anthropogenic Impacts on Current Floral Biodiversity in the Southern Levant as reflected by the Philistine Migration.''] In: ''Scientific Reports.'' Nr. 5, 2015.</ref> dass auch in den auf dieser zweiten Karte schwarz markierten Orten entweder Philister oder ein ähnliches Seevolk lebte (die grün markierten Orte stehen exemplarisch für die Orte der „Phönizier“, die hier und weiter nördlich bis hinauf nach [[Tripolis]] siedelten).<ref>Avner Raban (1991): ''The Philistines in the Western Jezreel Valley.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research'' (BASOR). Band 284, 1991, S. 17–27.</ref><ref>Itamar Singer (1994): ''Egyptians, Canaanites, and Philistines in the Period of the Emergence of Israel.'' In: Israel Finkelstein, Nadav Na'aman (Hrsg.): ''From Nomadism to Monarchy. Archaeological and Historical Aspects of Early Israel.'' Yad Izhak ben-Zvi, Jerusalem 1994, S. 318f.</ref><ref>Ephraim Stern (2013): ''The Material Culture of the Northern Sea Peoples in Israel.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2013, ISBN 978-1-57506-946-3, S. 20–25.</ref><ref>Peter M. Fischer, Teresa Bürge (2013): ''Cultural Influences of the Sea Peoples in Transjordan. The Early Iron Age at Tell Abū Ḫaraz.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins'' (ZDPV). Band 129, Nr. 2, 2013, S. 132–170.</ref><ref>Robert D. Miller (2014): ''The Judges and the Early Iron Age.'' In: Bill T. Arnold, Richard S. Hess (Hrsg.): ''Ancient Israel's History. An Introduction to Issues and Sources.'' Baker Academic, Grand Rapids 2014, ISBN 978-1-4412-4634-9, S. 188.</ref><ref>Jeffrey P. Emanuel (2015/2016): ''„Sea Peoples“ in Egyptian Garrisons in Light of Beth-Shean, (Re-)Reconsidered.'' In: ''Mediterranean Archaeology.'' Band 28/29, 2015/2016, S. 1–22.</ref><ref>Josette Elayi (2018): ''The History of Phoenicia.'' Lockwood Press, Atlanta 2018, ISBN 978-1-937040-81-9, S. 91.</ref> Auf der dritten Karte sieht man Teile des heutigen Libanon und Syrien: Erst seit kurzem ist bekannt, dass es ab dem 12. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. zwischen dem Zerfall des [[Hethiter|hethitischen Großreichs]] und der Neugründung der [[Neo-hethitische Staaten|neo-hethitischen Königreiche]] in dieser Gegend ein Großkönigreich ''Palastin'' gab, das man wegen des ähnlichen Namens<ref>{{heS|פְּלִשְׁתִּים&lrm;|''pəlištīm''}} lautete ursprünglich vor den Lautwandeln der Vortonreduktion (''p'''ə'''lištīm'' < ''p'''a'''lištīm'') und Attenuation (''pal'''i'''štīm'' < ''pal'''a'''štīm'') fast sicher ''palaštīm''; vgl. auch die verwandte persische Bezeichnung ''Palastai'' bzw. ''Palasti'' und die Bezeichnung ''Palastu'' in assyrischen Inschriften. Vgl. dazu noch [[Heike Sternberg-el Hotabi]]: ''Der Kampf der Seevölker gegen Pharao Ramses III.'' Rahden 2012, S. 51.</ref> und ähnlicher Keramik heute zunehmend für ein drittes und das größte philistäische Siedlungsgebiet hält (man beachte den anderen Maßstab; markiert sind nur sehr große oder besser erforschte Orte).<ref>John D. Hawkins (2009): ''Cilicia, the Amuq, and Aleppo. New Light in a Dark Age.'' In: ''Near Eastern Archaeology'' (NEA). Band 72, Nr. 4, 2009, S. 164–173.</ref><ref>David Kaniewski u.&nbsp;a.: [https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0020232 ''The Sea Peoples, from Cuneiform Tablets to Carbon Dating.''] In: ''PLoS One.'' Band 6, Nr. 6, 2011.</ref><ref>Amir Gilan (2013): [https://www.academia.edu/12135912/Pirates_of_the_Mediterranean_A_View_from_the_Bronze_Age_In_N_Jaspert_and_S_Kolditz_eds_Seeraub_im_Mittelmeerraum_Piraterie_Korsarentum_und_maritime_Gewalt_von_der_Antike_bis_zur_Neuzeit_Padeborn_Verlag_Wilhelm_Fink_2013_pp_49_66 ''Pirates of the Mediterranean – A View from the Bronze Age.''] In: Nikolas Jaspert, Sebastian Kolditz (Hrsg.): ''Seeraub im Mittelmeerraum. Piraterie, Korsarentum und maritime Gewalt von der Antike bis zur Neuzeit.'' Schöningh, Paderborn 2013, ISBN 978-3-506-77869-7, S. 63f.</ref><ref>Mark Weeden (2013): [https://core.ac.uk/download/pdf/19090558.pdf ''After the Hittites: The Kingdoms of Karkamish and Palistin in Northern Syria.''] In: ''Bulletin of the Institute of Classical Studies'' (BICS). Band 56, Nr. 2, 2013, S. 1–20.</ref><ref>Marina Pucci (2020): [https://www.academia.edu/44542477/The_Amuq_region_during_the_Iron_Age_I_II_Formation_Organization_and_Development_of_a_Community ''The Amuq region during the Iron Age I-II: Formation, Organization and Development of a Community.''] In: Alexander E. Sollee (Hrsg.): ''Formation, Organisation and Development of Iron Age Societies. A Comparative View. Proceedings of the Workshop held at the 10th ICAANE in Vienna, April 2016.'' Austrian Academy of Sciences Press, Wien 2020, ISBN 978-3-7001-8401-0, S. 137f.</ref> Wie weit genau es sich erstreckte, ist noch unklar: In Hamath etwa wurde nur wenig philistäische Keramik nachgewiesen; gleichzeitig könnte es sich noch weiter nach Norden und Osten erstreckt haben.<ref>Brian Janeway (2017): [https://www.academia.edu/38648258/Sea_Peoples_of_the_Northern_Levant ''Sea Peoples of the Northern Levant? Aegean Style Ceramic Evidence for the Sea Peoples from Tell Tayinat'']. Eisenbrauns, Winona Lake 2017, S. 20–24.121–123.</ref>


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Philister Süd.jpg|Philistäa |alternativtext=Eine Ortskarte des südlichen Palästina. Im Westen sieht man mutmaßlich philistäische Orte von Aphek im Norden bis nach Rafah im Süden. Östlich davon auf viel kleinerer Fläche sind wenige Orte orange markiert, die entweder Kanaanäer oder Judäer ab dem 11./10. Jhd. wahrscheinlich als Grenzorte befestigt haben.
Philistäa.jpg|Philistäa |alternativtext=Eine Ortskarte des südlichen Palästina. Im Westen sieht man mutmaßlich philistäische Orte von Aphek im Norden bis nach Rafah im Süden.
Philister Zentrum.jpg|Jesreel-Tal |alternativtext=Eine Karte des Jesreel-Tals und der näheren Umgebung. Man sieht besonders im Westen des Tals eine Konzentration von Orten, in denen größere Mengen philistäischer Keramik gefunden wurde. Oft nimmt man auch Bet Scheʾan im Westen als philistäisch an; auch transjordanisch sind noch drei Orte abgebildet, von denen z.&nbsp;B. Fischer ähnliches annimmt.
Philister Zentrum.jpg|Jesreel-Tal |alternativtext=Eine Karte des Jesreel-Tals und der näheren Umgebung. Man sieht besonders im Westen des Tals eine Konzentration von Orten, in denen größere Mengen philistäischer Keramik gefunden wurde. Oft nimmt man auch Bet Scheʾan im Westen als philistäisch an; auch transjordanisch sind noch drei Orte abgebildet, von denen z.&nbsp;B. Fischer ähnliches annimmt.
Philister Nord.jpg|Palastin (?) |alternativtext=Karte von Teilen des heutigen Libanon und Syrien. Das markierte mutmaßlich philistäische Gebiet ist so groß, dass es später in drei unterschiedliche Königreiche zerfallen sollte.
Philister Nord.jpg|Palastin (?) |alternativtext=Karte von Teilen des heutigen Libanon und Syrien. Das markierte mutmaßlich philistäische Gebiet ist so groß, dass es später in drei unterschiedliche Königreiche zerfallen sollte.
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== Verhältnis der alten Philister zu ihren Nachbarvölkern ==
Hier lebten sie auch nicht erst seit dem frühen 12. Jahrhundert: In den [[Amarna-Briefe]]n (EA) sind bereits im 14. Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr. die Scherden in [[Byblos]] (EA 81; 122; 123), die Dananu irgendwo in „[[Kanaan]]“ (EA 151: „[…] Was hörst du über Kanaan? […] – Der König des Landes der ''DNNYM'' ist tot […]!“) und die Lukka in [[Alašija]] (=Zypern) belegt (EA 38). Pharao [[Ramses III.]] berichtet über Kämpfe gegen die Seevölker, die Anfang des 12. Jahrhunderts in ausgedehnten Gebieten nördlich von Byblos in „deren Land“ stattgefunden haben sollen, was man gewiss so deuten muss, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt dort schon weit ausgebreitet hatten.<ref>Dan'el Kahn (2011): [https://www.academia.edu/1056837/The_Campaign_of_Ramesses_III_against_Philistia ''The Campaign of Ramesses III against Philistia.''] In: ''Journal of Ancient Egyptian Interconnections.'' Band 3, Nr. 4, 2011, S. 1–11, hier 3–5.</ref> Auch in der Philistäa in Palästina lässt sich durch [[Radiokarbonmethode|Radiokarbon-Daten]] die Präsenz von Philistern mindestens schon im 13. Jhd. in Gat nachweisen.<ref>Yotam Asscher u.&nbsp;a. (2015): ''Radiocarbon Dating Shows an Early Appearance of Philistine Material Culture in Tell es-Safi/Gath, Philistia.'' In: ''Radiocarbon.'' Band 57, Nr. 5, 2015, S. 825–850.</ref><ref>Elisabetta Boaretto u.&nbsp;a. (2018): [https://rest.neptune-prod.its.unimelb.edu.au/server/api/core/bitstreams/11fc32ea-ce8c-5384-87e9-dabe96257df5/content ''The Chronology of the Late Bronze (LB)-Iron Age (IA) Transition in the Southern Levant: A Response to Finkelstein's Critique.''] In: ''Radiocarbon.'' Band 61, Nr. 1, 2018, S. 1–11.</ref><ref>Aren M. Maeir (2019): [https://www.academia.edu/96611855/Phiistine_and_Israelite_Identities_Some_Comparative_Thoughts ''Philistine and Israelite Identities: Some Comparative Thoughts.''] In: ''Die Welt des Orients'' (WdO). Band 29, Nr. 2, 2019, S. 151–160, hier 152.</ref> Sollte es sich bei den Bewohnern des Jesreel-Tals wirklich um Philister gehandelt haben, scheinen sie dorthin aber erst im späten 12. oder frühen 11. Jhd. vorgedrungen zu sein,<ref>Elisabetta Boaretto u.&nbsp;a. (2018): [https://rest.neptune-prod.its.unimelb.edu.au/server/api/core/bitstreams/11fc32ea-ce8c-5384-87e9-dabe96257df5/content ''The Chronology of the Late Bronze (LB)-Iron Age (IA) Transition in the Southern Levant: A Response to Finkelstein's Critique.''] In: ''Radiocarbon.'' Band 61, Nr. 1, 2018, S. 1–11.</ref><ref>Israel Finkelstein (2020): [https://www.academia.edu/69196567/Finkelstein_I_2020_Iron_Age_Chronology_and_Biblical_History_Rejoinders_The_Late_Bronze_Iron_Age_Transition_Tel_Eton_and_Lachish_PEQ_152_82_93 ''Iron Age Chronology and Biblical History Rejoinders: The Late Bronze/Iron Age Transition, Tel 'Eton and Lachish.''] In: ''Palestine Exploration Quarterly'' (PEQ). Band 152, Nr. 2, 2020, S. 82–93, hier 85.</ref> und unumstritten ist auch, dass sich größere Mengen philistäischer materieller Kultur wirklich erst ab dem 12. Jahrhundert in Palästina nachweisen lassen.
Über die Philistäa nimmt man an, dass dort bis zum 13./12.&nbsp;Jhd. die [[Altes Ägypten|Ägypter]] über die dort eingeborenen Völker herrschten, die man nach der Bibel mit der Sammelbezeichnung „[[Kanaanäer]]“ zusammenfasst. Laut biblischem Zeugnis wanderten außerdem ab dem 12.&nbsp;Jhd. die [[Israeliten]] von Ägypten nach Palästina ein. Welches Verhältnis die Seevölker in Palästina zu Ägyptern einerseits und Kanaanäern und Israeliten andererseits hatten, ist in der Forschung umstritten.


Recht sicher ist zunächst, dass es keine zeitliche Überschneidung der Präsenz von Ägyptern und Philistern gab: Wo sich Philister in einst ägyptisch regierten Orten niederließen, ''folgt'' stets die philistäische Besiedlungsphase auf die ägyptische. Ob das heißt, dass die Philister die Ägypter besiegt und vertrieben haben, oder dass zunächst die Ägypter sich aus anderen Gründen aus Palästina zurückzogen und die Philister nur die Gunst der Stunde nutzten und sich in den politisch frei gewordenen Regionen ansiedelten, ist unsicher. Neuerdings wird in der Forschung zunehmend betont, dass es in vielen philistäischen Orten keine klaren Anzeichen für gewaltsame Auseinandersetzungen in der vor-philistäischen Phase gibt, was für die zweite Option sprechen würde.<ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268 f.</ref><ref>Jesse M. Millek (2021): [https://www.academia.edu/64785828/Millek_J_M_2021_Just_What_did_They_Destroy_The_Sea_Peoples_and_the_End_of_the_Late_Bronze_Age_In_J_Kamlah_and_A_Lichtenberger_eds_The_Mediterranean_Sea_and_the_Southern_Levant_Wiesbaden_Harrassowitz_Verlag_59_98 ''Just What did They Destroy? The Sea Peoples and the End of the Late Bronze Age.''] In: Jens Kamlah, Achim Lichtenberger (Hrsg.): ''The Mediterranean Sea and the Southern Levant. Archaeological and Historical Perspectives from the Bronze Age to Medieval Times.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2021, ISBN 978-3-447-11742-5.</ref> In Aphek, Jaffa, Aschdod, Geser und Tell Sera lassen sich allerdings doch Auseinandersetzungen archäologisch nachweisen.<ref>Siehe beispielsweise auch Tristan Barako (2013): [https://www.academia.edu/12430328/Philistines_and_Egyptians_in_Southern_Canaan_during_the_Early_Iron_Age ''Philistines and Egyptians in Southern Canaan during the Early Iron Age.''] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-129-2.</ref><ref>Jonathon Wylie, Daniel Master: ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' In: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 560.</ref>
=== Verhältnis zu Nachbarvölkern ===
Welches Verhältnis die Seevölker in Palästina zu Ägyptern einerseits und „Kanaanäern“ und „Israeliten“ andererseits hatten, ist in der Forschung umstritten. Recht sicher ist zunächst, dass es keine zeitliche Überschneidung der Präsenz von Ägyptern und Philistern gab (wie man erwarten würde, wenn die Ägypter die Philister in Palästina angesiedelt hätten): Wo sich Philister in einst ägyptisch regierten Orten niederließen, ''folgt'' stets die philistäische Besiedlungsphase auf die ägyptische. Ob das heißt, dass die Philister die Ägypter besiegt und vertrieben haben, oder dass zunächst die Ägypter sich aus anderen Gründen aus Palästina zurückzogen und die Philister nur die Gunst der Stunde nutzten und sich in den politisch frei gewordenen Regionen ansiedelten, ist unsicher. Neuerdings wird in der Forschung zunehmend betont, dass es in vielen philistäischen Orten keine klaren Anzeichen für gewaltsame Auseinandersetzungen in der vor-philistäischen Phase gibt, was für die zweite Option sprechen würde.<ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268f.</ref><ref>Jesse M. Millek (2021): [https://www.academia.edu/64785828/Millek_J_M_2021_Just_What_did_They_Destroy_The_Sea_Peoples_and_the_End_of_the_Late_Bronze_Age_In_J_Kamlah_and_A_Lichtenberger_eds_The_Mediterranean_Sea_and_the_Southern_Levant_Wiesbaden_Harrassowitz_Verlag_59_98 ''Just What did They Destroy? The Sea Peoples and the End of the Late Bronze Age.''] In: Jens Kamlah, Achim Lichtenberger (Hrsg.): ''The Mediterranean Sea and the Southern Levant. Archaeological and Historical Perspectives from the Bronze Age to Medieval Times.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2021, ISBN 978-3-447-11742-5.</ref> Aber das dürfte zu weit gehen; im philistäischen Gebiet lassen sich zumindest in Aphek, Jaffa, Aschdod, Geser und Tell Sera sehr wohl Auseinandersetzungen archäologisch nachweisen.<ref>Vgl. z.&nbsp;B. auch Tristan Barako (2013): [https://www.academia.edu/12430328/Philistines_and_Egyptians_in_Southern_Canaan_during_the_Early_Iron_Age ''Philistines and Egyptians in Southern Canaan during the Early Iron Age.''] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-129-2.</ref><ref>Jonathon Wylie, Daniel Master (2020): ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' In: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 560.</ref>


Philister einerseits und Kanaanäer und Israeliten andererseits hält man auch heute noch meist für verfeindet. Es ist aber zunächst fast unmöglich, dass „Judäer“ gegen die Philister bestehen hätten können, wie es die Bibel berichtet und das traditionelle Paradigma annimmt: In der „Richterzeit“ (frühe Eisenzeit: 12.–10. Jhd.) maßen etwa Ekron und Gat jeweils über 20 ha; allein in diesen beiden Städten lebten damit mehr Menschen als im gesamten judäischen Bergland zusammengenommen. In der darauf folgenden „frühen Königszeit“ war Gat noch weiter auf 45–50 ha angewachsen; Aschkelon maß im 8./7. Jhd. ganze 60 ha. Gaza könnte sogar noch größer gewesen sein.<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9. (PDF)</ref><ref>Tristan Barako (2001): [https://www.academia.edu/12405646/The_Seaborne_Migration_of_the_Philistines ''The Seaborne Migration of the Philistines'']. Dissertation. 2001, S. 85&nbsp;f.</ref><ref>Aren M. Maeir (2023): ''Philistines and Israelites/Judahites. Antagonism and Interaction'' In: Kyle H. Keimer, George A. Pierce (Hrsg.): ''The Ancient Israelite World.'' Routledge, London / New York 2023, ISBN 978-1-032-34973-2, S. 556.</ref> Weiters betont zum Beispiel [[Aren Maeir]] neuerdings häufiger, dass es auch hier erstens wenig archäologische Evidenz für Kriege gebe, sondern dass sich zweitens nicht einmal klare Grenzen zwischen dem philistäischen Küstengebiet und der [[Schefela]] ziehen lassen, weil vielmehr drittens in beiden Regionen die materiellen und realen Kulturen fließend von „mehr philistäisch“ zu „mehr kanaanäisch“ übergingen.<ref>Aren M. Maeir (2019): [https://www.academia.edu/96611855/Philistine_and_Israelite_Identities_Some_Comparative_Thoughts ''Philistine and Israelite Identities: Some Comparative Thoughts.''] in: ''Die Welt des Orients'' (WdO). Band 29, Nr. 2, 2019, S. 151–160, hier 151–155.</ref><ref>Aren M. Maeir (2023): ''Philistines and Israelites/Judahites. Antagonism and Interaction'' In: Kyle H. Keimer, George A. Pierce (Hrsg.): ''The Ancient Israelite World.'' Routledge, London / New York 2023, ISBN 978-1-032-34973-2, S. 559.</ref> Aber auch das dürfte zu weit gehen; die Befestigung der oben orange markierten kanaanäischen oder judäischen Grenz-Orte Beth-Schemesch, Khirbet Qeiyafa, Tell Burna, Tell Scheqef, Tell el-Hesi, Lachisch und Tell Milḥa ab dem 10. Jhd.<ref>Zu Burna, Scheqef, el-Hesi und Milḥa vgl. Jeffrey A. Blakely u.&nbsp;a. (2014): [https://www.academia.edu/30542734/The_Southwestern_Border_of_Judah_in_the_Ninth_and_Eighth_Centuries_BCE ''The Southwestern Border of Judah in the Ninth and Eighth Centuries B.C.E.''] In: John R. Spencer u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material Culture Matters. Essays on the Archaeology of the Southern Levant in Honor of Seymour Gitin.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2014.</ref><ref>Zu Lachisch vgl. z.&nbsp;B. Hoo-Goo Kang u.&nbsp;a. (2023): [https://www.academia.edu/97605772/The_Level_V_City_Wall_at_Lachish ''The Level V City Wall at Lachish.''] In: ''Palestine Exploration Quarterly'' (PEQ). Band 155, Nr. 2, 2023, S. 135–145.</ref> sind ein recht deutliches Indiz für wenigstens kurzzeitige politische Spannungen zwischen Philistern und den Bewohnern der Schefela. Mindestens muss man aber heute dennoch festhalten, dass Philister und die ursprünglichen Bewohner des Landes Palästina nicht radikal verfeindet gewesen sein können.
Philister einerseits und Kanaanäer und Israeliten andererseits hält man auch heute noch meist nach dem Zeugnis der Bibel für verfeindet. Es ist aber zunächst fast unmöglich, dass Israeliten und Kanaanäer gegen die Philister bestehen hätten können, wie es die Bibel über die Israeliten berichtet: Allein die Städte Ekron<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 75. (PDF).</ref> und Gat<ref>Z.B. Andrew T. Creekmore III, Aren M. Maeir: ''Philistine urban form at Tell es-Safi/Gath, Israel: a magnetometric perspective.'' In: ''Levant.'' Band 53, Nr. 2, 2021, S. 164–185, hier 168.</ref> waren im 12.–10.&nbsp;Jhd. dichter besiedelt als das gesamte judäische Bergland (ohne Jerusalem).<ref>Avi Ofer: ''The Monarchic Period in the Judaean Highland: A Spatial Overview.'' In: Amihai Mazar (Hrsg.): ''Studies in the Archaeology of the Iron Age in Israel and Jordan.'' Sheffield Academic Press, Sheffield 2001, ISBN 1-84127-203-5, S. 19.</ref>


Auch zum Verhältnis Philister – Kanaanäer betont z.&nbsp;B. [[Aren Maeir]] neuerdings häufiger, dass es auch hier erstens wenig archäologische Evidenz für Kriege gebe, sondern dass sich zweitens nicht einmal klare Grenzen zwischen dem philistäischen Küstengebiet und der [[Schefela]] ziehen lassen, weil vielmehr drittens in beiden Regionen die materiellen und realen Kulturen fließend von „mehr philistäisch“ zu „mehr kanaanäisch“ übergingen.<ref>Aren M. Maeir (2019): [https://www.academia.edu/96611855/Philistine_and_Israelite_Identities_Some_Comparative_Thoughts ''Philistine and Israelite Identities: Some Comparative Thoughts.''] in: ''Die Welt des Orients'' (WdO). Band 29, Nr. 2, 2019, S. 151–160, hier 151–155.</ref><ref>Aren M. Maeir: ''Philistines and Israelites/Judahites. Antagonism and Interaction.'' In: Kyle H. Keimer, George A. Pierce (Hrsg.): ''The Ancient Israelite World.'' Routledge, London / New York 2023, ISBN 978-1-032-34973-2, S. 559.</ref> Ab dem 10.&nbsp;Jhd. kann man allerdings archäologisch feststellen, dass in der Schefela die nicht-philistäischen Grenzorte Bet Schemesch, Khirbet Qeiyafa, Tell Burna, Tell Scheqef, Tell el-Hesi, Lachisch und Tell Milḥa<ref>Zu Burna, Scheqef, el-Hesi und Milḥa ; siehe Jeffrey A. Blakely u.&nbsp;a. (2014): [https://www.academia.edu/30542734/The_Southwestern_Border_of_Judah_in_the_Ninth_and_Eighth_Centuries_BCE ''The Southwestern Border of Judah in the Ninth and Eighth Centuries B.C.E.''] In: John R. Spencer u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material Culture Matters. Essays on the Archaeology of the Southern Levant in Honor of Seymour Gitin.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2014.</ref><ref>Zu Lachisch siehe beispielsweise Hoo-Goo Kang u.&nbsp;a.: [https://www.academia.edu/97605772/The_Level_V_City_Wall_at_Lachish ''The Level V City Wall at Lachish.''] In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' (PEQ). Band 155, Nr. 2, 2023, S. 135–145.</ref> befestigt werden, was ein recht deutliches Indiz für wenigstens kurzzeitige politische Spannungen zwischen Philistern und den Bewohnern der Schefela ist.
=== Niedergang ===
Ab dem 10. Jhd. beginnt dennoch ein langsamer, aber steter Niedergang: Im frühen 10. Jhd. scheinen im Norden der südlichen Philistäa die Orte Geser und kurzzeitig auch Timna – und damit vermutlich auch Ajalon und Rabbah – unter die Kontrolle der Bewohner der Schefela gekommen zu sein, während Ekron aus noch unbekannten Gründen von 24 ha auf 4 ha zusammenschrumpfte. Mitte oder Ende desselben Jahrhunderts fiel Pharao [[Scheschonq I.]] in Palästina ein; er berichtet von einem Sieg mindestens über die südlichen Orte Rafa und Gaza (die Identifikation weiterer südlicher Orte ist umstritten) sowie der Orte im Jesreel-Tal.<ref>Eero Junkkaala (2006): [https://core.ac.uk/download/pdf/39937804.pdf ''Three Conquests of Canaan. A Comparative Study of Two Egyptian Military Campaigns and Joshua 10–12 in the Light of Recent Archaeological Evidence.''] Åbo Akademi University Press, Åbo 2006, S. 175–182.187–190.196–198.214.223.</ref> Was das für diese Städte genau hieß, ist archäologisch nicht immer klar: Bet Scheʾan etwa wurde wahrscheinlich zerstört, Megiddo dagegen nicht. Gaza und Rafa wurden noch nicht ausgegraben, so dass die Auswirkungen auf den Süden noch unbekannt sind. Kurze Zeit später lassen sich aber sicher die benachbarten Orte Umm al-Baqar und Nahal Patisch nicht mehr nachweisen. Mitte des 9. Jahrhunderts kommt auch noch vom Norden her der aramäische König Hazael unter anderem über die Philister, macht dabei das gigantische Gat dem Erdboden gleich und scheint danach den Nordosten der Philistäa unter judäische Kontrolle gegeben zu haben.<ref>Yigal Levin (2017): [https://www.academia.edu/35891399/Gath_of_the_Philistines_in_the_Bible_and_on_the_Ground_The_Historical_Geography_of_Tell_e%E1%B9%A3_%E1%B9%A2%C3%A2fi_Gath ''The Gath of the Philistines in the Bible and on the Ground: The Historical Geography of Tell eṣ-Ṣâfi/Gath.''] In: ''Near Eastern Archaeology'' (NEA). Band 80. Nr. 4, 2017, S. 232–240, hier 235f.</ref> Ende des 8. Jahrhunderts schließlich bereiten die [[Assyrer]] der philistäischen Herrschaft in Südpalästina ganz ein Ende: Von da an sind sie zunächst assyrische Untertanen, dann ägyptische, bevor schließlich im 6. Jhd. große Zahlen an Philistern von den Babyloniern deportiert werden.<ref>Trude Dothan, Moshe Dothan (1991): ''People of the Sea. The Search for the Philistines''. Maxwell Macmillan, New York / Toronto 1991, S. 187f.</ref> Ab dem 6. Jahrhundert herrschen in der Philistäa stattdessen die als persische Vasallen nach Süden expandierten Phönizier über eine Restbevölkerung, in der sich über viele Jahrhunderte hinweg Seevölker, Kanaanäer und Judäer zu einem Mischvolk vermengt haben.<ref>S. Rebecca Martin, Yiftah Shalev (2022): [https://www.academia.edu/81569923/The_Reoccupation_of_Southern_Phoenicia_in_the_Persian_Period_Rethinking_the_Evidence ''The Reoccupation of southern Phoenicia in the Persian Period: Rethinking the Evidence.''] In: Uri Davidovich u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material, Method and Meaning Papers in Eastern Mediterranean Archaeology in Honor of Ilan Sharon.'' Zaphon, Münster 2022, ISBN 978-3-96327-176-2.</ref>


Mindestens muss man aber heute dennoch festhalten, dass Philister und die ursprünglichen Bewohner des Landes Palästina nicht radikal verfeindet gewesen sein können. Wahrscheinlich ist es sogar umgekehrt so, dass große Anteile der Bevölkerung in philistäischen Städten Kanaanäer waren. Dies wird erstens daraus erschlossen, dass auch in mutmaßlich philistäischen Städten immer auch nicht nur philistäisch, sondern auch kanaanäisch gebaut und immer auch nicht nur philistäische, sondern auch kanaanäische Keramik verwendet wurde. Zweitens legt es die Siedlungsgeschichte des 12.&nbsp;Jhds. nahe. Wie Ausgrabungen zeigen, entwickelten sich im Süden Palästinas die Küste und die Schefela so, dass immer mehr in Küstennähe gelegene Ortschaften immer größer und „immer philistäischer“ wurden, während gleichzeitig in der Schefela rasant Ortschaften aufgegeben wurden – und meistens eben so, dass sich keine Indizien für kriegerische Auseinandersetzungen feststellen lassen. Beides zusammen wird so gedeutet, dass die Philistäer eine Politik des [[Synoikismos]] praktizierten, bei der die kanaanäischen Bewohner der kleineren Orte in der Küstenregion und der Schefela dazu angeregt wurden, in die philistäischen Großstädte in spe zu ziehen.<ref>Shlomo Bunimovitz: ''Sea Peoples in Cyprus and Israel: A Comparative Study of Immigration Processes.'' In: Seymour Gitin u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Mediterranean Peoples in Transition: Thirteenth to Early Tenth Centuries BCE.'' Israel Exploration Society, Jerusalem 1998, S. 107 f.</ref><ref>Avraham Faust, Hayah Katz (2011): [https://www.academia.edu/44288747/Philistines_Israelites_and_Canaanites_in_the_Southern_Trough_Valley_during_the_Iron_Age_I ''Philistines, Israelites and Canaanites in the Southern Trough Valley during the Iron Age I.''] In: ''Ägypten und Levante.'' Band 21, S. 231–247, hier 235 f.</ref><ref>Alon Shavit: ''Settlement Patterns of Philistine City-States.'' In: Alexander Fantalkin, Assaf Yasur-Landau (Hrsg.): ''Bene Israel. FS Israel Finkelstein.'' Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-15282-3, S. 160.</ref><ref>Ähnlich Ido Koch (2017): [https://www.researchgate.net/publication/338170163_Settlements_and_Interactions_in_the_Shephelah_during_the_Late_Second_through_Early_First_Millennia_BCE ''Settlements and Interactions in the Shephelah during the Late Second through Early First Millennia BCE.''] In: Oded Lipschits, Aren M. Maeir (Hrsg.): ''The Shephelah during the Iron Age. Recent Archaeological Studies''. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2017, ISBN 978-1-57506-486-4, S. 189.</ref> Gelegentlich spricht man daher nicht von einer „philistäischen“, sondern von einer „philisto-kanaanäischen“ Kultur.
Die philistäische Prägung der Region scheint dennoch auch danach noch so stark gewesen zu sein, dass noch Mitte des 5. Jhds. v.&nbsp;Chr. [[Herodot]] den ganzen Süden Palästinas nach den „''palaštīm''“ als „''Syria Palaistinē''“ bezeichnete (Hdt 1,105; 2,104.106; 3,5.91; 4,39; 7,89). Als nach dem [[Bar-Kochba-Aufstand]] (132–135) die mittlerweile das Land beherrschenden [[Römisches Reich|Römer]] die Provinzen [[Syria]] und [[Judaea]] zusammenlegten, gaben sie der ganzen neu entstandenen Großprovinz diesen Namen: „[[Syria Palaestina]]“. Im Jahr 193/194 wurde diese wieder geteilt und dabei unter anderem die Provinz [[Palaestina]] geschaffen. Dieser Name hat sich für die Region durch die [[Byzantinisches Reich|byzantinische]], [[Islamische Expansion|arabische]] und [[Osmanisches Reich|osmanische]] Zeit gehalten.<ref>{{Literatur |Hrsg=[[Erwin Fahlbusch]], [[Jan Milič Lochman]], [[John Mbiti]] |Titel=The Encyclopedia of Christianity |Band=4 |Verlag=Brill |Ort=Leiden (NL)/ Boston (USA) |Datum=2005 |ISBN=0-8028-2413-7 |Seiten=<!-- ??? --> |Sprache=en |Kommentar=Set Band 1–5}}</ref> Auch die heutigen [[Palästinenser]] tragen ihren Namen nach dieser Region.


== Philister in der Bibel ==
== Weitere Geschichte ==
{{Hauptartikel|Geschichte der Philister}}
[[Datei:02010 Sea People, Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand cropped.jpg|mini|hochkant|Krieger eines Mitglieds der Seevölker (Mitte, mit Bürstenhelm; rechts Helm mit hornartigen Verzierungen); abgebildet auf Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand]]


{| class="wikitable"
Die Siedlungstätigkeit im fruchtbaren Süden Palästinas stand zunächst unter der Schirmherrschaft Ägyptens. Die Küstenstädte [[Gaza (Stadt)|Gaza]], [[Aschkelon]] und [[Aschdod]] waren Ende des 12. Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. noch [[Ägypten|ägyptische]] Zentren. Die Philister gründeten einen Fünf-Städte-Bund ([[Pentapolis (Palästina)|Pentapolis]]) der Stadtstaaten Aschdod, Aschkelon, [[Ekron]] (oder Akkaron, heute: Kiryat Ekron), [[Gat (Bibel)|Gat]] (vgl. [[Tell es-Safi]]) und Gaza; diese wurden von [[Fürst]]en regiert. Diese [[Konföderation]] war wahrscheinlich nicht statisch organisiert; ihr Schwerpunkt wechselte von Stadt zu Stadt. Mit dem Schwinden der ägyptischen Macht übernahmen die Philister die Vormacht in der Region, die sie – so die [[Bibel]] – bis zu König [[David]]s Herrschaft auch behielten.
|+ Zeittafel der Geschichte der Philister
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! Zeitraum !! Ereignisse
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| Bis 11.&nbsp;Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr. || Ansiedlung und Ausbreitung in Palästina
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| 10.–9.&nbsp;Jhd. || Unter [[Scheschonq I.]] fallen die [[Altes Ägypten|Ägypter]] und unter [[Hasael (Damaskus)|Hasael]] die [[Aram (Damaskus)|Aramäer]] in Palästina ein. Während Hasaels Eroberung den Aufschwung des benachbarten Reichs [[Juda (Reich)|Juda]] einläutet, sind danach die Philister militärisch geschwächt.
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| 8.–7.&nbsp;Jhd.|| Die [[Assyrer]] unterwerfen alle Völker Palästinas. Unter assyrischer Herrschaft wächst das Gebiet der Philister und sie erleben einen wirtschaftlichen Aufschwung.
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| 7.&nbsp;Jhd. || Nach dem Abzug der Assyrer gerät die Philistäa wieder unter den Einfluss der Ägypter, die sie vielleicht auch für kurze Zeit zu ägyptischen Vasallen machen.
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| frühes 6.&nbsp;Jhd. || Die [[Babylon|Babylonier]] fallen in Israel ein, zerstören viele Orte und verschleppen sowohl Philister als auch [[Juda (Reich)|Judäer]] ins Exil. Wie viele Philister in der Philistäa übrig blieben und aus dem Exil zurückkehrten, ist umstritten.
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| spätes 6. bis 2.&nbsp;Jhd. || Die [[Achämenidenreich|Perser]] erobern Palästina; später siegt [[Alexander der Große]] über die Perser und Palästina wird Teil des [[Alexanderreich]]s. Die Städte in der Philistäa wachsen wieder stark. Zunächst stehen im Norden v.&nbsp;a. die Städte [[Tel Aviv-Jaffa|Jaffa]] und [[Geschichte der Stadt Aschkelon|Aschkelon]] stark unter dem Einfluss der [[Phönizier]] und die Orte südlich und östlich von [[Gaza]] werden Teil des Reichs der [[Idumäa|Idumäer]]. Später werden alle drei Völker [[Hellenisierung|hellenisiert]] und die phil. Städte wandeln sich zu griechischen [[Polis|''Poleis'']]; auch die [[Religion der Philister#Griechische Gottheiten ab dem 4.&nbsp;Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr.|Religion]] wird griechisch.
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| 2.–1.&nbsp;Jhd. || Die judäischen [[Makkabäer]] führen Krieg auch gegen die Philister, zerstören [[Javne (Stadt)|Javne]] und erobern [[Gezer]]. Wie sehr die philistäischen Orte weiter südlich geschädigt werden, ist unklar; laut den [[1. Buch der Makkabäer|Makkabäerbüchern]] und [[Flavius Josephus]] werden bis auf Aschkelon alle Städte erobert oder zerstört.
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| 1.&nbsp;Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr. – 4.&nbsp;Jhd.&nbsp;n.&nbsp;Chr. || Unter [[Gnaeus Pompeius Magnus|Pompejus]] erobern die [[Römisches Reich|Römer]] auch Palästina. Die philistäischen Städte werden zunächst wieder zu autonomen Poleis, dann teilweise Teil der [[Römisches Palästina|römischen Provinz Judäa]], die später nach dem griechischen Namen der Philister in „''Palaistina''“ umbenannt wird. Ganz Palästina wächst massiv.
|-
| 5.–6. Jhd.|| Aus dem Römischen Reich geht u.&nbsp;a. das [[Byzantinisches Reich|Byzantinische Reich]] hervor. Unter byzantinischer Herrschaft wird das Küstengebiet [[Christianisierung|christlicher]], die Städte verlieren teilweise ihren urbanen Charakter und die Gesellschaft wird insgesamt ländlicher.
|-
| 7.&nbsp;Jhd. || [[Islam|Muslimische]] [[Araber]] [[Islamische Eroberung der Levante|erobern Palästina]]. Die Desurbanisierung setzt sich fort. Das Küstengebiet bekehrt sich nur langsam zum Islam, die Kultur der Küstenstädte geht aber nach und nach auf in der [[Geschichte der arabischen Bevölkerung in Palästina#Palästina als Teil des Islamisch-Arabischen Reiches|immer arabischeren]] Kultur Palästinas.
|}


== Ökonomie und Haushalt ==
Bei ihrer Ausdehnung ins Landesinnere lieferten sich die Philister nach biblischer Darstellung mit [[Israeliten]] und [[Kanaaniter]]n jahrhundertelang immer wieder erbitterte Kämpfe – von der [[Richterzeit]] bis zur frühen [[Geschichte Israels#Das Königtum bis zu der Zerstörung des ersten Tempels|Königszeit]]. Dahingehende Berichte werden jedoch nicht durch Ausgrabungsergebnisse gestützt. Laut Bibel krönten die Israeliten in einer Stunde der Bedrängnis [[Saul]] zu ihrem ersten König. Er erzielte einige Erfolge, wurde aber letztlich von den Philistern geschlagen. Seinem Nachfolger David gelang es, diese zurückzudrängen. Legendär ist die Geschichte vom Kampf König Davids gegen den riesigen Philister-Krieger [[Goliat]] im [[1. Buch Samuel]]. Goliats Ausrüstung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu:
Archäologische Ausgrabungen legen nahe, dass die Kultur der Philister weit urbaner war als die der Israeliten, Judäer und Kanaanäer: Bevor Ende des 8.&nbsp;Jhd. die Assyrer die Regionalgeschichte neu schrieben, maßen bei jeweils größter Ausdehnung die Städte Ekron 24&nbsp;ha,<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 75. (PDF).</ref> Aschkelon 40–60&nbsp;ha,<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 76. (PDF).</ref> Gat 45–50&nbsp;ha und Aschdod und Aschdod Yam zusammen über 55 ha,<ref>Zu Aschdod siehe Magen Broshi, Israel Finkelstein: ''The Population of Palestine in Iron Age II.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 287, 1992, S. 47–60, hier 53.</ref><ref>Zu Aschdod Yam siehe Alexander Fantalkin (2014): [https://www.academia.edu/12142332/Ashdod_Yam_on_the_Israeli_Mediterranean_Coast_A_First_Season_of_Excavations ''Ashdod-Yam on the Israeli Mediterranean Coast: A First Season of Excavations.''] In: ''Skyllis.'' Band 14, Heft 1, 2014, S. 45–57, hier 46.</ref> Gaza könnte sogar noch gewaltiger gewesen sein.<ref>Tristan Barako (2001): [https://www.academia.edu/12405646/The_Seaborne_Migration_of_the_Philistines ''The Seaborne Migration of the Philistines'']. Dissertation. 2001, S. 85&nbsp;f.</ref> Zum Vergleich: Unter Absehung vom noch nicht ausreichend ausgegrabenen Samaria und vom wahrscheinlich aramäischen Dan waren bis zum 8.&nbsp;Jhd. die größten israelitischen, judäischen und kanaanäischen Städte Jerusalem mit 16&nbsp;ha und im Norden Hazor, Rehov und Schimron mit&nbsp;12–13 ha (auch Megiddo und Geser hatten beide 12–13&nbsp;ha). In der Nachbarschaft der Philistäa im Süden folgen nach Jerusalem schon Eton, Gibeon, Lachisch und Socoh mit nur noch 6–7&nbsp;ha.<ref>Zahlen nach Avraham Faust: ''The Archaeology of Israelite Society in Iron Age II''. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2012, S. 200–203.</ref><ref>Zu Jerusalem siehe Hillel Geva (2014): [https://www.academia.edu/13037871/Jerusalems_Population_in_Antiquity_A_Minimalist_View_Tel_Aviv_41_2014_131_160 ''Jerusalem's Population in Antiquity: A Minimalist View.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 41, 2014, S. 131–160, hier 137.</ref> Im Schnitt waren die philistäischen Großstädte damit zeitweise mehr als viermal so groß wie die Großstädte ihrer Nachbarn.


[[Datei:Revadim Archeological finds from Ekron 106.jpg|mini|hochkant|Ebenfalls typisch philistäisch: Der Herd aus kleinen Feldsteinen, oft neben der zentralen Säule.]]
{{Zitat
|Text=Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat aus Gat hervor. Er war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus [[Bronze]] und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der 5000&nbsp;[[Schekel (Einheit)|Schekel]] wog. Er hatte bronzene Schienen an den Beinen und zwischen seinen Schultern hing ein [[Chepesch|Sichelschwert]] aus Bronze. Der Schaft seines Speeres war (so dick) wie ein [[Weberbaum]] und die eiserne Speerspitze wog 600&nbsp;Schekel. Sein [[Schildträger]] ging vor ihm her.
|Autor={{B|1 Sam|17|4–7}}}}


<div class="tright" style="clear:none">[[Datei:Haustypen.png|mini|hochkant|alt=Abbildung der beiden Haustypen, wie sie im Fließtext beschrieben werden.|Links: T-förmiges Haus und (gestrichelt:) lineares Haus. Rechts: Vierraumhaus<ref>Alle Haustypen sind stark abstrahiert und finden sich in vielen Variationen. Für einige Varianten des linearen Hauses s. Adam J. Aja (2009): [https://www.proquest.com/openview/ef531b0d4b04f13f85df925fe8d42a04/1?pq-origsite=gscholar&cbl=18750 ''Philistine Domestic Architecture in the Iron Age 1'']. Dissertation. (PDF), S. 261. Für einige Varianten des Vierraumhauses s. Shlomo Bunimovitz, Avraham Faust (2003): [https://www.academia.edu/2478047/Bunimovitz_S_and_Faust_A_2003_Building_Identity_The_Four_Room_House_and_the_Israelite_Mind_in_Gitin_S_ed_Symbiosis_Symbolism_and_the_Power_of_the_past_Ancient_Israel_and_its_Neighbors_from_the_Late_Bronze_Age_through_Roman_Palestineae_Winona_Lake_Eisenbrauns_pp_411_423 ''Building Identity: The Four-Room House and the Israelite Mind.''] In: William G. Dever, Seymour Gitin (Hrsg.): ''Symbiosis, Symbolism, and the Power of the Past. Canaan, Ancient Israel, and Their Neighbors from the Late Bronze Age through Roman Palaestina. Proceedings of the Centennial Symposium W. F. Albright Institute of Archaeological Research and American Schools of Oriental Research. Jerusalem, May 29–31, 2000.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2003, ISBN 1-57506-081-7, S. 413, Nr. 3−9.</ref> ]]</div>
Die Beschreibung der Ausrüstung Goliats ist ausdrücklich außergewöhnlich. Während der [[Schuppenpanzer]] einem damaligen ägyptischen Stand der Wehrtechnik entspricht, passen die Angriffswaffen zu den [[Seevölker#Darstellungen in Medinet Habu|Seevölkern]], wie sie mehr als 150 Jahre zuvor von [[Ramses III.]] beschrieben wurden. Allein Beinschienen könnten bis dahin unbekannt gewesen sein. Allerdings passen die bei Samuel beschriebenen körperlichen Merkmale Goliats zu einer [[Akromegalie]], die zusammen mit einer ausgeprägten Fehlsichtigkeit ursächlich für einen untypischen Kampfstil und darauf abgestimmte Ausrüstung gewesen sein kann. Die Ausrüstung Goliats bestand seiner Zeit entsprechend aus [[Bronze]] ({{hbo|נְחֹשֶׁת&lrm;}}). Allein für die Lanzenspitze wird als Material [[Eisen]] ({{hbo|בַּרְזֶל&lrm;}}) angegeben, wie auch die [[Eisenzeit#Levante|Eisenzeit]] in der [[Levante]] bereits begonnen hatte.


Dieser urbanere Charakter schlägt sich auch in der für Philister charakteristischen Wohnarchitektur nieder. Typisch für eisenzeitliche Wohnhäuser ist die Grundstruktur mit einem zentralen und größeren Raum oder Hof und mehreren kleineren daran anschließenden Räumen. Im Bergland allerdings haben diese besonders häufig genauer die Grundstruktur, dass die zentrale Fläche an den Seiten von zwei oft nur durch Säulen abgetrennten kleineren und niedrigen Räumen flankiert wird, während an der Küste der zentrale Raum die gesamte Breite des Wohnhauses einnimmt. Bisweilen sind die philistäischen Häuser außerdem nicht aus bloßem Feldstein, sondern aus grob behauenem Stein gebaut und (stellenweise) mit [[Kalkmörtel|hydraulischem Kalkputz]] verputzt – zwei Techniken, die die Philister vielleicht wie die Grundstruktur ihrer Häuser aus dem mykenischen Kulturkreis nach Palästina importiert haben.<ref>Aren M. Maeir u.&nbsp;a. (2013): [https://www.researchgate.net/publication/264371313_On_the_Constitution_and_Transformation_of_Philistine_Identity ''On the Constitution and Transformation of Philistine Identity'']. In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 32, Nr. 1, 2013, S. 1–38, hier 9.</ref><ref>Aren M. Maeir u. a.: ''Technological Insights on Philistine Culture: Perspectives from Tell es-Safi/Gath.'' In: ''Journal of Eastern Mediterranean Archaeology & Heritage Studies.'' Band 7, Nr. 1, 2019, S. 76–118, hier 84–86.</ref> Der Hintergrund dieser unterschiedlichen Bauweisen ist hauptsächlich der, dass die Seitenräume des sog. „[[Vierraumhaus]]es“ im Bergland i.&nbsp;d.&nbsp;R. als Ställe für Kleinvieh dienten.<ref>Peter Riede (2020): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/30322/ ''Stall'']. In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 24. Januar 2024.</ref><ref>Dieter Viehweger (o.D.): [https://www.theologie-online.uni-goettingen.de/at/vieweger2.htm ''Häuser und Hausbau in alttestamentlicher Zeit'']; abgerufen am 24. Januar 2024.</ref> Das typische Haus von Israeliten und Judäern ist damit das antike Pendant eines Bauernhauses von Selbstversorgern, das philistäische und phönizische Haus eines von Städtern, die keine [[Subsistenzwirtschaft]] betreiben mussten, weil sie anders wirtschafteten.
[[Datei:Hoplite1.gif|mini|hochkant|Griechischer Hoplit]]


[[Datei:Handelsrouten der Philister.jpg|mini|hochkant|Ausgewählte Orte der Philister und ausgewählte Handelsrouten.<ref>Die Karte ist anachronistisch: Nicht alle Orte existierten zur selben Zeit und einige wechselten mehrfach die politische Zugehörigkeit. Routen nach: David A. Dorsey (1991): ''The Roads and Highways of Ancient Israel''. Johns Hopkins University Press, Baltimore / London 1998.</ref> ]]
Bei einigen Wissenschaftlern herrscht allerdings die Ansicht, dass die alttestamentliche Rüstungsbeschreibung kaum etwas mit den Philistern der früheren Zeiten gemeinsam habe. Die erwähnten schweren Rüstungen waren vor dem 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. sehr selten, gehörten danach jedoch zum Standard der [[Antikes Griechenland|griechischen]] [[Hoplit]]en. Der alttestamentliche Bericht über Goliat wird daher nach deren Ansicht [[Anachronismus|anachronistisch]] in die biblische Überlieferung gelangt sein und frühestens aus dem 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. stammen.<ref>[[Israel Finkelstein]], [[Neil A. Silberman|Neil Asher Silberman]]: ''David und Salomo: Archäologen entschlüsseln einen Mythos.'' Beck, München 2006, ISBN 3-406-54676-5, S.&nbsp;174–175.</ref>
[[Datei:Terracotta loom weight MET DP130743.jpg|mini|hochkant|Zylindrisches Webgewicht]]


Zu dieser anderen Wirtschaftsweise gehörte sicher vor allem der Handel. Mehrere der größten philistäischen Städte (Gaza, Aschdod, Aschkelon) waren Hafenstädte an der Küste; weitere wichtige Hafen waren in Javne, in [[Tel Aviv-Jaffa#Geschichte Jaffas|Jaffa]] und in Tell Qasile. Diese Orte waren auch Stationen auf der wichtigen Handelsroute „[[Via Maris]]“, die südlich von Tell Rafa über Land nach Ägypten führte.
{{B|1 Sam|13|19-20}} berichtet von militärischer Überlegenheit der Philister, die sich auf technische Fortschrittlichkeit und eine gute Ausrüstung gründete (was man lange für historisch zutreffend hielt.<ref>James D. Muhly (1982): ''How Iron Technology Changed the Ancient World and Gave the Philistines a Military Edge.'' In: ''Biblical archaeology review'' (BAR). Band 8, Nr. 6, 1982, S. 40–52.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Mechthild Lütjen-Podzeit |Titel=Die Pentapolis der Philister. Die Stadt im Alten Israel. Thema rund um die Seevölker |Verlag=GRIN |Ort=München |Datum=2013 |ISBN=978-3-656-38063-4}}</ref> Archäologisch stützen lässt sich diese Darstellung jedoch nicht.<ref>Paula M. McNutt (1990): ''The Forging of Israel: Iron Technology, Symbolism and Tradition in Ancient Society.'' Almond Press, Sheffield 1990, S. 200.</ref><ref>Naama Yahalom-Mack (2021): [https://www.thetorah.com/article/the-history-of-iron-in-ancient-israel ''The History of Iron in Ancient Israel.''] Auf: ''TheTorah.com''; abgerufen am 18. Januar 2024.</ref>).


Südöstlich von [[Tell el-Fār'a (Süd)]] und Nahal Patisch verlief durch das Be’er-Scheva-Tal eine weitere wichtige Handelsroute. Von der engen Beziehung der Bewohner der Philistäa und des Be’er-Scheva-Tals zeugen sehr große Mengen an philistäischer Keramik besonders in Be’er Scheva, aber auch in Tell Masos und Tell Malhata; außerdem bis ins 10.&nbsp;Jhd. eine Reihe kleiner Gehöfte (sog. „Hatserim“), die ungeschützt Nahal Patisch und Be’er Scheva verbanden. Die politische Zugehörigkeit dieser Hatserim ist umstritten. Meist rechnet man sie politisch zu den Orten im Be’er-Scheva-Tal; manche Historiker halten aber auch sie noch für philistäisch.<ref>siehe beispielsweise Gunnar Lehmann u.&nbsp;a. (2009): [https://www.academia.edu/1772887/Ausgrabungen_in_Qub%C5%ABr_el_Wal%C4%93yide_Israel_2007_2008_Vorbericht_ZDPV_125_2009 ''Ausgrabungen in Qubūr el-Walēyide, Israel, 2007–2008. Vorbericht.''] In: ''Zeitschrift des deutschen Palästinavereins.'' Band 125, Nr. 1, 2009, S. 1–28, hier 24 f; beispielsweise auch: Detlef Jericke (2011): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/29115/ ''Negev''.] In: ''WiBiLex.'' Kapitel 3.6, Absatz 2; abgerufen am 25. Januar 2024.</ref> Diese zweite Handelsroute führte erstens ins Negev-Gebirge, wo die Betreiber der Kupferminen von [[Khirbet en-Nahas]] und – noch weiter südlich – Timna in der [[Arava]]-Senke lebten.<ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/38197660/Follow_the_Negebite_Ware_Road ''Follow the Negebite Ware Road'']. In: Oded Lipschits u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Rethinking Israel. Studies in the History and Archaeology of Ancient Israel in Honor of Israel Finkelstein''. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2017, ISBN 978-1-57506-787-2.</ref><ref>Nadav Na'aman (2019): [https://repositorio.uca.edu.ar/bitstream/123456789/14540/1/biblical-archeaology-emergence.pdf ''Biblical Archaeology and the Emergence of the Kingdom of Edom'']. In: ''Antiguo Oriente.'' Band 19, 2019, S. 11–40.</ref><ref>Christian Frevel (2019): [https://hcommons.org/deposits/objects/hc:30232/datastreams/CONTENT/content ''State Formation in the Southern Levant – The Case of the Aramaeans and the Role of Hazael's Expansion'']. In: Angelika Berlejung, Aren M. Maeir (Hrsg.): ''Research on Israel and Aram: Autonomy, Interdependence and Related Issues.'' Proceedings of the First Annual RIAB Center Conference, Leipzig, June 2016 (RIAB I). Mohr Siebeck, Tübingen 2019, ISBN 978-3-16-157719-2, S. 364 f. (PDF).</ref><ref>Israel Finkelstein (2020): [https://www.academia.edu/69282828/I_Finkelstein_The_Arabah_Copper_Polity_and_the_Rise_of_Iron_Age_Edom_A_Bias_in_Biblical_Archaeology_Antiguo_Oriente_18_2020_pp_11_32 ''The Arabah Copper Polity and the Rise of Iron Age Edom: A Bias in Biblical archaeology?'']. In: ''Antiguo Oriente.'' Band 18, 2020, S. 11–32.</ref> Sie führte zweitens nach [[Arabische Halbinsel|Arabien]] und war so ein Vorläufer der späteren [[Weihrauchstraße]]. Barako vermutet, dass auch schon die Philister vor allem Weihrauch von den Arabern erhandelten,<ref>Tristan J. Barako: ''The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon?'' In: ''American Journal of Archaeology.'' Band 104, Nr. 3, 2000, S. 513–530, hier 517, 519.</ref> den sie für ihren religiösen Kult benötigten (s. die Seite [[Keramik der Philister]]).
{{Belege fehlen||Der folgende Absatz}}


Die Be’er-Scheva-Route verband außerdem Palästina mit der [[Königsstraße (Jordanien)|Königsstraße]], einer dritten wichtigen Handelsroute, die auf der anderen Seite des Jordan gen Norden durch [[Moab (Staat)|Moab]] und [[Ammon (Staat)|Ammon]] über [[Aram (Land)|Aram]] bis nach [[Mesopotamien]] führte. Die zweite palästinische Handelsroute, die Palästina mit der Königsstraße verband, verlief von [[Antipatris|Aphek]] und [[Dor (Stadt)|Dor]] aus durch das Jesreel-Tal, wo man heute ebenfalls Philister vermutet (s.&nbsp;o.). Sie führte außerdem nach [[Tell es-Sa'idiyeh]] und von dort zu den benachbarten Eisenminen bei [[Mugharet el-Wardeh]] im Norden Ammons.<ref>Z.B. Harald A. Veldhuizen, Thilo Rehren (2007): [https://www.academia.edu/22146690/Slags_and_the_city_early_iron_production_at_Tell_Hammeh_Jordan_and_Tel_Beth_Shemesh_Israel_Veldhuijzen_and_Rehren_2007_ ''Slags and the city: early iron production at Tell Hammeh, Jordan, and Tel Beth-Shemesh, Israel'']. In: ''Metal and Mines: Studies in Archaeometallurgy.'' Band 189, 2007, S. 189–201.</ref>
Sie unterhielten kleine Garnisonen an strategisch wichtigen Orten und bewegliche Kommandos, die von philistäischen Basen aus Streifzüge und [[Strafexpedition]]en unternahmen. Dieses System übernahmen sie von den Ägyptern. [[Streitwagen]] und Bogenschützen gewährten den Philistern lange Zeit die Vormacht über die Region. Sie erzwangen Abgaben und erstickten jeden Widerstand im Keim.


Über diese beiden Routen durch das Jesreel-Tal und das Be’er-Scheva-Tal hatten die Philister nicht nur Zugang zu Eisen und Kupfer: Archäologische Funde in Aschkelon, Gat und – sofern es denn philistäisch war – Tell es-Sa'idiyeh zeigen, dass sie auch selbst in der Eisenverarbeitung tätig waren.<ref>Nathaniel L. Erb-Satullo, Joshua T. Walton (2017): [https://www.academia.edu/33834057/Iron_and_copper_production_at_Iron_Age_Ashkelon_Implications_for_the_organization_of_Levantine_metal_production ''Iron and copper production at Iron Age Ashkelon: Implications for the organization of Levantine metal production'']. In: ''Journal of Archaeological Science: Reports.'' Band 15, 2017, S. 8–19.</ref><ref>Adi Eliyahu-Behar, Vanessa Workman: ''Iron Age Metal Production at Tell eṣ-Ṣâfi/Gath.'' In: ''Near Eastern Archaeology.'' Band 81, Nr. 1, 2018, S. 34–36.</ref><ref>Maria L. Mascelloni: [https://www.scirp.org/pdf/ahs_2020112716242164.pdf ''Testing Evidence for Local Metalworking at Tell es-Sa´idiyeh, Jordan'']. In: ''Advances in Historical Studies.'' Band 9, 2020, S. 211–228.</ref> Dass Eisenprodukte dennoch nicht häufiger in philistäischen Orten gefunden wurde als in der Umgebung,<ref>Paula M. McNutt: ''The Forging of Israel: Iron Technology, Symbolism and Tradition in Ancient Society.'' Almond Press, Sheffield 1990, S. 200.</ref><ref>Naama Yahalom-Mack (2021): [https://www.thetorah.com/article/the-history-of-iron-in-ancient-israel ''The History of Iron in Ancient Israel.''] Auf: ''TheTorah.com''; abgerufen am 18. Januar 2024.</ref> macht wahrscheinlich, dass Metalle und Eisenwaren ein Wirtschaftszweig des philistäischen Handels war.<ref name="Bauer">Alexander A. Bauer (1998): [https://qcpages.qc.cuny.edu/anthro/Web_Pages/bauer/Bauer1998OJA.pdf ''Cities of the Sea: Maritime Trade and the Origin of Philistine Settlement in the Early Iron Age Southern Levant.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 17, Nr. 2, 1998, S. 149–168, hier 160 f.</ref>
Nach biblischer Darstellung (ab 1 Sam 13) trug die Bedrohung durch die sich ausbreitenden Philister und die dadurch notwendige Zentralisation der Regierung wesentlich zur Entstehung des [[König]]tums im vorher hauptsächlich nach Stämmen organisierten Land Israel bei.<ref>{{Internetquelle |autor=Carl Ehrlich |url=https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/philister-2/ch/cd77f0f88720e1449492bb2f7219b745/ |titel=Philister |werk=Wibilex |datum=2007-05 |sprache=de |abruf=2021-10-25}}</ref> Ab der mittleren Königszeit (etwa 9.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.) ist in der Bibel, relativ plötzlich und ohne genaue Erklärung, von den Philistern nur noch ganz vereinzelt die Rede, während andere Nachbarvölker in den Vordergrund rücken.


Eine zweite große Gruppe von Handelsgütern war gewiss die [[Keramik der Philister|philistäische Keramik]],<ref name="Bauer" /> die besonders in Aschdod produziert wurde, eine dritte Textilien. Aus den typisch philistäischen zylindrischen (statt: doughnut-förmigen) Webgewichten<ref>Justin S. E. Lev-Tov (2000): [https://core.ac.uk/download/pdf/268791271.pdf ''Pigs, Philistines, and the Ancient Animal Economy of Ekron from the Late Bronze Age to the Iron Age II'']. Dissertation, S. 182, 185 (PDF; 23&nbsp;MB).</ref> kann man etwa die Präsenz eines eisenzeitlichen Textilverarbeitungszentrums in Gat erschließen.<ref>Deborah Cassuto: ''Textile Production at Iron Age Tell eṣ-Ṣâfi/Gath.'' In: ''Near Eastern Archaeology.'' Band 81, Nr. 1, 2018, S. 55–58.</ref>
In {{B|Amos|1|8}} wird dem Volksstamm die endgültige Vernichtung angedroht: „Und ich will die Einwohner aus Aschdod und den, der das Zepter hält, aus Askalon ausrotten und meine Hand wider [[Ekron]] kehren, dass umkommen soll, was von den Philistern noch übrig ist, spricht der HERR“. Das Wirken des Amos ist nur schwer datierbar, es kann grob etwa um 760 v. Chr. angesetzt werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/10045/ |titel=Amos / Amosbuch |datum=2006-09-01 |sprache=de |abruf=2021-10-25}}</ref> 732 v.&nbsp;Chr. wurde der Städtebund durch die Assyrer unter König [[Tiglat-Pileser III.]] unterworfen.


Nach der Eroberung durch die Assyrer im 7.&nbsp;Jhd. entwickelte sich Ekron gleich doppelt zu einem Zentrum für Textilverarbeitung und für Olivenöl-Produktion,<ref>Justin S. E. Lev-Tov (2000): [https://core.ac.uk/download/pdf/268791271.pdf ''Pigs, Philistines, and the Ancient Animal Economy of Ekron from the Late Bronze Age to the Iron Age II'']. Dissertation, S. 182, 185.</ref><ref>David Eitam: [https://books.openedition.org/editionscnrs/8184?lang=de ''Textile and olive oil production in ancient Israel during the Iron Age period'']. In: Institut de recherche et d'histoire des textes u.&nbsp;a. (Hrsg.): '' Pigments et colorants de l’Antiquité et du Moyen Âge: Teinture, peinture, enluminure, études historiques et physico-chimiques''. CNRS Éditions, Paris 2002.</ref> an das wohl auch Gat angeschlossen war, und Aschkelon zu einem Zentrum für Weinherstellung.<ref>Z.B. Daniel Master (2018): [https://www.academia.edu/44248623/Nebuchadnezzar_at_Ashkelon ''Nebuchadnezzar at Ashkelon.''] In: ''Hebrew Bible and Ancient Israel.'' Band 7, Nr. 1, 2018, S. 79–92, hier 84.</ref> Auch in den Orten Tell Qasile und Jaffa, bei den benachbarten Orten [[Lod]] und [[Rischon LeZion]]<ref>Alexander Fantalkin: [https://www.academia.edu/472589/Navigating_Between_the_Powers_Joppa_and_Its_Vicinity_in_the_1st_Millennium_B_C_E ''Navigating Between the Powers: Joppa and Its Vicinity in the 1st Millennium B.C.E.''] In: ''Ugarit-Forschungen.'' Band 40, 2008, S. 229–276, hier 234.</ref> sowie bei [[Tell Hadid]],<ref>Shawn Z. Aster (2015): [https://www.academia.edu/21769019/_An_Assyrian_Bit_Mardite_Near_Tel_Hadid_Journal_of_Near_East_Studies_74_2015_281_288?rhid=26432804113&swp=rr-rw-wc-43081909&nav_from=6dd4a086-7e66-409d-afdd-62ea7dbe460f&rw_pos=19 ''An Assyrian ''bīt mardīte'' Near Tel Hadid?''] In: ''Journal of Near Eastern Studies.'' Band 74, Nr. 2, 2015, S. 281–288, hier 286.</ref> die mindestens im 8.&nbsp;Jhd. politisch alle zu Aschkelon gehört hatten, wurden Weinpressen größtenteils schon aus der Eisenzeit II (10.–8.&nbsp;Jhd.) gefunden – nach der Eroberung durch die Assyrer hatte demnach der ganze nördliche Part der zentralen Küstenebene Palästinas Teil an einer komplexen Weinindustrie. Auch nach der Zeitenwende wurde bis zum Ende des 7.&nbsp;Jhds. v.&nbsp;a. in Gaza, Aschkelon und Javne der sog. „Gaza-Wein“ produziert und exportiert.<ref>Jon Seligman u.&nbsp;a.: [https://www.academia.edu/109941910/Yavne_and_the_Industrial_Production_of_Gaza_and_Ashqelon_Wines?uc-sb-sw=59391303 ''Yavne and the industrial production of Gaza and Ashqelon wines.''] In: ''Levant.'' Band 55, Nr. 3, 2023. S. 1–24.</ref>
== Kultur ==
{{Überarbeiten}}


== Religion der alten Philister ==
=== Aussehen ===
{{Hauptartikel|Religion der Philister}}
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Description of Israelites and Judean war prisoners from Shoshenq I's (Biblical Shishak) campign to Canaan. Karnak (926-5 BCE). Niv Lugassi.png|Israeliten
File:Relief_Sherden_Breasted.jpg|Scherden
Relief Sherden Breasted 2.jpg| Scherden – Rekonstruktion
Medinet Habu Ramses III14.JPG| Philister?
Types philistins sur le monuments égyptiens de Médinet-Abou-Vigouroux-DB-vol5.jpg | Philister? − Rekonstruktion
Sarcófago filisteo.JPG | Seevölker-Sarkophag
Pulasti (Philistine) and Tsakkaras (painting).png | Philister (?) und Scherden im Krieg
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Die [[Hauptgottheit]] der alten Philister war [[Dagān]]. Archäologie und biblische Zeugnisse legen außerdem nahe, dass die alten Philister daneben auch [[Astarte]], [[Aschera]] und [[Ba’al]] verehrten. Eine [[Weihinschrift von Ekron|im Tempel von Ekron gefundene Weihinschrift]] bezeugt außerdem die Verehrung einer Göttin ''Ptgy.h ˀdt(h)''. Die Identität dieser Göttin ist umstritten; am wenigsten problembehaftet ist aber die Interpretation von [[Christa Schäfer-Lichtenberger]], gemeint sei die Göttin „[[Gaia (Mythologie)|Gaia]] von [[Delphi]]“. Demnach war die Religion der Philister ein reiner [[Polytheismus]].
Auf den Reliefs von [[Medinet Habu]] sind mehrere Angehörige der Seevölker zu sehen. Charakteristisch ist für alle der kurze Rock. Einen solchen tragen auf ägyptischen Reliefs zum Beispiel auch [[Schasu]], typische „Asiaten“ wie die Israeliten dagegen werden gelegentlich mit Ganzkörper-Gewand abgebildet wie auf [https://www.britishmuseum.org/collection/object/Y_EA37991 diesem Wandgemälde]. Aber auch diese können kurzen Rock tragen; unterschiedliche Völker wie u.&nbsp;a. auch die einzelnen Seevölker werden in der ägyptischen Symbolik stattdessen durch unterschiedliche Kopfbedeckungen und Frisuren differenziert: Israeliten tragen ein Haarband wie auf Bild 1. Unter den Seevölkern relativ sicher identifizieren lassen sich nur die Scherden mit ihrem gehörnten Helm wie auf Bildern 2–3. Am häufigsten hat man in der Forschung eine glattrasierte Gruppe mit Federkrone für die Philister gehalten (Bilder 4–5); ob es sich bei ihnen wirklich um Philister oder stattdessen um Tjeker oder Dananu handelt, ist aber ungewiss.<ref>[[Edward Noort]]: ''Die Seevölker in Palästina'' (= ''Palaestina antiqua.'' Neue Serie, Band 8). Kok Pharos Publishing House/ Peeters Publishers, Kampen (NL)/ Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3. S. 77.</ref> Ebenso ungewiss ist, ob diese Darstellung historisch realistisch oder nur ein künstlerisches Stilmittel ist. Eine leichte Stütze erhält diese Darstellung durch die bei [[Bet Scheʾan]] gefundenen Sarkophage wie den auf Bild 6: Waren die Bewohner von Bet Sche'an wirklich Philister (s.&nbsp;o.), sind dies am ehesten Philister-Sarkophage, auf denen dann die begrabenen Philister ebenfalls glattrasiert dargestellt werden. Sind also die Federkronenträger die Philister, lassen sich aus Bild 7 (ebenfalls aus Medinet Habu) auch Rückschlüsse über ihre Waffen ziehen: Typisch für Philister wären dann Speer, Kurzschwert und Rundschild, was einigermaßen gut zur biblischen Darstellung des Philisters [[Goliat]] passt.


Im öffentlichen [[Kult]] wurden diese Götter in sog. „nicht-monumentalen Knickachs-Tempeln“ verehrt, was ungewöhnlich für Palästina ist. Daneben wurde die Religion der Philister aber auch zu Hause und bei industriellen Anlagen praktiziert.
=== Keramik ===
<gallery mode="packed">
Späthelladisch IIIb.jpg | mykenisch IIIB
Stirrup_vase_Rhodes_Louvre_CA2906.jpg | mykenisch IIIC
Bowl Tell Fara Philistine 1 BM.jpg | monochrom
Ashdod-Philistine-Culture-Museum-31855.jpg | bichrom
{{Bilderwunsch|Koordinaten|Aschdod-Ware, Museum of Philistine Culture|Breitengrad=31/47/59/N|Längengrad=34/38/30/E|ISO-Region=DE-HE|Benutzer=~~~}}
Kochkrug.jpg | Koch-Krug
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Ein besonderer religiöser Ritus von Philistern scheint das [[Opfer (Religion)|Opfern]] von Hunden gewesen zu sein. Bei Ausgrabungen wurden daher geschlachtete und teilweise rituell bestattete Hunde v.&nbsp;a. in der ganzen Philistäa und später auch bei den Phöniziern gefunden.
Sehr bekannt sind die Philister für ihre [[Keramik]]. Sie spielt auch in der Archäologie Palästinas eine wichtige Rolle, da sie hilfreich für die Datierung archäologischer Stätten ist und für ihre Zuordnung zu den unterschiedlichen Volksgruppen Palästinas.


Charakteristisch für die alten Philister war außerdem neben anderen in Palästina verbreiteten [[Totenkult]]en das sog. „Doppel-Pithos-Begräbnis“, bei dem zwei durch Zerbrechen geweitete Amphoren vom Kopf und von den Füßen her über Verstorbene gestülpt wurden. Ob diese besondere Bestattungsform auch von anderen religiösen Vorstellungen vom [[Leben nach dem Tod]] zeugt, ist unbekannt.
Die Keramik der Philister ist sowohl in Form als auch in Verzierung zunächst nah verwandt nicht mit der angestammten Keramik des alten Palästina, sondern mit der [[Mykenische Keramik|mykenischen Keramik]]. Funde aus der Spätbronzezeit (bis 13. Jhd.) wurden vor allem vom griechischen [[Peloponnes]] importiert;<ref>David Ben-Shlomo u.&nbsp;a. (2008): [https://www.researchgate.net/publication/222619877_Neutron_activation_and_petrographic_analysis_of_selected_Late_Bronze_and_Iron_Age_pottery_from_Tell_es-SafiGath_Israel ''Neutron activation and petrographic analysis of selected Late Bronze and Iron Age pottery from Tell es-Safi/Gath, Israel.''] In: ''Journal of Archaeological Science.'' Band 35, 2008, S. 956–964, hier 963.</ref> ab dem 12. Jhd. wurden sie aber zunehmend auch in Palästina selbst hergestellt. Als am nächsten verwandter Vorläufer gilt die „[[helladische Periode |späthelladische]] Keramik IIIB“.<ref>Jonathon Wylie, Daniel Master (2020): ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' In: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 550f.</ref> Die früheste philistäische, bereits überwiegend in der Levante produzierte Keramik, die man wegen der einfarbigen Verzierung „monochrome“ Keramik (oder „philistäisch 1“) nennt, ist eine regionale Variante der späthelladischen Keramik IIIC.<ref>Jonathon Wylie, Daniel Master (2020): ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' in: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 550f.</ref> Aus dieser entwickelt sich die „bichrome“ oder „polychrome Keramik“ (auch: „philistäisch 2“), die sowohl mit Rot als auch mit Schwarz bemalt ist. Noch später folgt darauf die sog. „Aschdod-Ware“ (auch „LPDW“ für „Late Philistine Decorated Ware“, oder: „philistäisch 3“), die man am leichtesten am typischen waagerechten schwarzen oder schwarz-weißen Band erkennt.<ref>Für Beispiele siehe: [https://www.levantineceramics.org/vessels/23075-khirbet-qeiyafa-l-b113-b-b138 ''Levantine Ceramics Project.''] Auf: ''levantineceramics.org''</ref> Eine übliche Datierung ist:<ref>Nach: David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 22.</ref><ref>Zur LDPW vgl. noch Aren M. Maeir, Itzhaq Shai (2015): [https://www.academia.edu/12376348/Maeir_A_M_and_Shai_I_2015_The_Origins_of_the_Late_Philistine_Decorated_Ware_A_Note_Tel_Aviv_42_1_59_66 ''The Origins of Late Philistine Decorated Ware: A Note.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 42, Nr. 1, 2015, S. 59–66.</ref>


Charakteristisch für die Philister ist auch, dass sich im Laufe der [[Geschichte der Philister]] ihre Religion mehrfach stark gewandelt hat und Einflüsse aus anderen Kulturen aufgenommen wurden.
{| class="wikitable centered"
|-
! monochrom !! bichrom !! Aschdod-Ware
|-
| 12. Jhd. || Mitte 12.<ref>Vgl. zu diesem umstrittenen Datum z.&nbsp;B. über Radiokarbon-Daten aus Aschkelon, Gat und Geser: Lynelle C. Webster u.&nbsp;a. (2023): [https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0293119 ''The chronology of Gezer from the end of the late bronze age to iron age II: A meeting point for radiocarbon, archaeology egyptology and the Bible.''] In: ''PloS ONE.'' Band 18, Nr. 11, 2023.<br />über Radiokarbon-Daten aus Qubur al-Walayida und Rehov: Yotam Asscher / Elisabetta Boaretto (2019): ''Absolute Time Ranges in the Plateau of the Late Bronze to Iron Age Transition and the Appearance of Bichrome Pottery in Canaan, Southern Levant.'' In: ''Radiocarbon.'' Band 61, Nr. 1, 2019, S. 13–37.</ref> bis 10. Jhd. || 10. bis 8. Jhd.
|}


== Philister in der Bibel und die traditionelle Rekonstruktion der Geschichte der Philister ==
Monochrome und bichrome Keramik ist d.&nbsp;Ö. figural gestaltet. Die häufigsten Motive sind Vögel und Fische sowie – aus dem ägyptischen Raum übernommen – die Lotusblume,<ref>Für ein Bsp. für Letzteres s. Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 272.</ref> daneben abstrakte Spiralen und ein Fischschuppen-Muster.<ref> Trude Dothan (1982): ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 205–207.210.</ref> Darin unterscheidet sie sich von der früheren späthelladischen Keramik im mykenischen Kulturkreis, bei der Vögel und Fische nur zwei von vielen figürlichen Motiven sind, und von der zeitgleich produzierten mykenischen Keramik, bei der ab dem 12. Jhd. der Oktopus alle anderen Motive verdrängt.<ref>Linda G. Meiberg (2011): [https://www.academia.edu/13300257/Meiberg_L_G_2011_Figural_Motifs_on_Philistine_Pottery_and_Their_Connection_to_the_Aegean_World_Cyprus_and_Coastal_Anatolia_Ph_D_University_of_Pennsylvania ''Figural Motifs on Philistine Pottery and their Connections to the Aegean World, Cyprus and Coastal Anatolia'']. Dissertation, 2011, S. 46.</ref> In der Formgebung ist philistäische Keramik also am engsten in der früheren Zeit mit der mykenischen verwandt, motivisch hat sie sich schon mit dem Aufkommen in der Levante von dieser gelöst. Im Laufe der Zeit nähert sie sich in Palästina in der Form immer mehr der kanaanäisch-israelitischen Keramik an,<ref>David Ben-Shlomo (2018): [https://www.researchgate.net/publication/330501206_Change_Continuity_and_Connectivity ''Pottery and Terracottas in Philistia during the Early Iron Age: Aspects of Change and Continuity.''] In: Łukasz Niesiołowski-Spanò, Marek Węcowski (Hrsg.): ''Change, Continuity, and Connectivity. North-Eastern Mediterranean at the turn of the Bronze Age and in the early Iron Age.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2018, S. 142.</ref> zunehmend löst auch rötlicher [[Schlicker]] den klassischen hellen Farbton ab, und nach dem Aufkommen der bichromen Keramik lässt die figurale Gestaltung zugunsten simplerer Verzierungen nach. Ab dem frühen 7. Jhd. lässt sich in der ästhetischen Gestaltung kein großer Unterschied mehr zwischen diesen beiden Keramik-Gruppen feststellen.<ref>David Ben-Shlomo u.&nbsp;a. (2004): ''Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research'' (BASOR). Band 335, 2004, S. 1–35, hier 19.</ref>
In der Bibel werden die Philister dargestellt als eine homogene [[Ethnie]] (v.&nbsp;a. {{B|Gen|10|14}}), die vor allem in den fünf Stadtstaaten [[Aschdod]], [[Aschkelon]], [[Ekron]], [[Gat (Bibel)|Gat]] (Siehe [[Tell es-Safi]]) und [[Gaza (Stadt)#Geschichte|Gaza]] lebten ({{B|Jos|13|3}}; {{B|1 Sam|6|17}}). In der [[Abraham]]s-Erzählung tritt außerdem ein philistäischer König von [[Gerar]] auf, zu dessen Gebiet noch [[Be’er Scheva]] gehört haben soll ({{B|Gen|20}}), und in der [[Simson]]-Erzählung wird prominent von der Philister-Stadt [[Timna (Tel Batasch)|Timna]] erzählt. Bis auf Be’er Scheva liegen alle diese Orte im Kerngebiet der Philistäa an der südwestlichen Küste des historischen Palästina.


[[Datei:02010 Sea People, Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand cropped.jpg|mini|hochkant=0.6|Krieger eines Mitglieds der Seevölker (Mitte, mit Bürstenhelm; rechts Helm mit hornartigen Verzierungen); abgebildet auf Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand]]
Am häufigsten produziert wurde Tafelgeschirr, das für Trinkgelage verwendet wurde. Oben abgebildet sind beispielsweise ein Krater zum Mixen von Wein und ein Bierkrug. Damit zeugt die philistäische Keramik wahrscheinlich nicht nur von einer unterschiedlichen materiellen Kultur, sondern auch von anderen kulturellen Gebräuchen als im kanaanäischen Umland, bei denen Trinkgelage eine wichtigere Rolle spielten als dort. Ab der bichromen Phase erscheinen kleinere Mengen an philistäischer Keramik aber auch in klar kanaanäischen Orten, woraus besonders Avraham Faust geschlossen hat, dass „kanaanäische Eliten“ die philistäischen Trinkgelage übernommen hätten.<ref>Z.B. Avraham Faust (2015): [https://www.academia.edu/12312051/Faust_A_2015_Pottery_and_Society_in_Iron_Age_Philistia_Feasting_Identity_Economy_and_Gender_Bulletin_of_the_American_Schools_of_Oriental_Research_373_167_198 ''Pottery and Society in Iron Age Philistia: Feasting, Identity, Economy and Gender.''] In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research'' (BASOR). 2015, Band 373, S. 167–198, hier 176–178.</ref> Für die Zuordnung von Ausgrabungsstätten zu den Philistern ist daher ab dem 11. Jhd. philistäisches Tafelgeschirr nur eingeschränkt aussagekräftig; ein stärkeres Indiz ist stattdessen philistäisches Kochgeschirr wie der oben abgebildete Koch-Krug, der von den Philistern anstelle des kanaanäischen Kochtopfes verwendet wurde und auch von einer anderen Ernährung zeugt.


Nach Abraham gelten die Philister überwiegend als die Erzfeinde der Israeliten schlechthin: Schon beim [[Auszug aus Ägypten]] können die Israeliten nicht vom Süden her nach Palästina einwandern, weil sie sonst gegen die Philister kämpfen müssten ({{B|Ex|13|17}}). Der letzte [[Buch der Richter#Die Richter|Richter]], Simson, vernichtet Philister zu Hunderten ({{B|Ri|16|30}}). Israels erster König [[Saul]] (spätes 11.&nbsp;Jhd.) führt seine ganze Regierungszeit hindurch bis hinauf zum Berg [[Gilboa]] ({{B|1 Sam|31|1}}) Krieg gegen sie ({{B|1 Sam|14|52}}), um am Ende im Kampf gegen die Philister zu sterben ({{B|1 Sam|31}}). Der Aufstieg seines Nachfolgers, König [[David]] (frühes 10.&nbsp;Jhd.), nimmt bereits seinen Anfang mit dem sagenhaften Kampf gegen den philistäischen Riesen [[Goliat]] ({{B|1 Sam|17|48–51}}), und wo allein Saul tausend Philister erschlagen hat, soll David gleich zehntausend getötet haben ({{B|1 Sam|18|6–7}}). Goliats Ausrüstung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu:
<gallery mode="packed">
Mycenaean female figurines, AM of Thebes, 201164.jpg | Figürchen
Ashdoda.jpg |Aschdoda
Eretz-Israel-Museum-ceramics-pavilion-tel-qasile-41101.jpg | anthropo-morphes Gefäß
Philistine zoomorphic vessel.jpg | zoomorphes Gefäß
Ashdod-Philistine-Culture-Museum-30822.jpg | Kultständer, Tell Qasile
Musical Ensemble on a Ritual Stand, Ashdod, Iron Age I, c. 1000 BC (28349008897).jpg | Kultständer, Aschdod
Pottery Votive Gift to Philistine Shrine, Yavneh, Iron Age II, 9th Century BC (42498349044).jpg | Schreinmodell
Datei:Miniaturaltar.jpg |Lehmaltar (Rehov)
Naos, Jordan.jpg | Naos (Jordanien)
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{{Zitat
Weiterhin charakteristisch für die Keramik der Philister sind [[Terrakotta]]-Figürchen. Oben abgebildet sind Ausgrabungsfunde aus [[Tanagra]] in Griechenland; fast alle Figuren haben aber exakte Parallelen im philistäischen Israel: Belegt sind (1) Tierfigürchen – besonders Ochsen –, (2) menschliche Gestalten mit erhobenen Händen, die man nach dem [[Psi (Buchstabe)|griechischen Buchstaben]] „Psi-Figurine“ nennt, und (3) Stuhlfiguren, bei denen in Palästina häufig die Lehne in einen menschlichen Hals und Kopf übergeht und die „Aschdoda“ genannt werden. [[Trude Dothan]] hält Letztere für eine schematische Darstellung einer sitzenden Göttin.<ref>Trude Dothan (1982): ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 234.</ref>
|Text=Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat aus Gat hervor. Er war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus [[Bronze]] und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der 5000&nbsp;[[Schekel (Einheit)|Schekel]] wog. Er hatte bronzene Schienen an den Beinen und zwischen seinen Schultern hing ein [[Chepesch|Sichelschwert]] aus Bronze. Der Schaft seines Speeres war (so dick) wie ein [[Weberbaum]] und die eiserne Speerspitze wog 600&nbsp;Schekel. Sein [[Schildträger]] ging vor ihm her.
|Autor={{B|1 Sam|17|4–7}}}}


Die Beschreibung der Ausrüstung Goliats ist ausdrücklich außergewöhnlich. Während der [[Schuppenpanzer]] einem damaligen ägyptischen Stand der Wehrtechnik entspricht, passen die Angriffswaffen zu den [[Seevölker#Darstellungen in Medinet Habu|Seevölkern]], wie sie mehr als 150 Jahre zuvor von [[Ramses III.]] beschrieben wurden. Allein Beinschienen könnten bis dahin unbekannt gewesen sein. Allerdings passen die bei Samuel beschriebenen körperlichen Merkmale Goliats zu einer [[Akromegalie]], die zusammen mit einer ausgeprägten Fehlsichtigkeit ursächlich für einen untypischen Kampfstil und darauf abgestimmte Ausrüstung gewesen sein kann. Die Ausrüstung Goliats bestand seiner Zeit entsprechend aus [[Bronze]] ({{hbo|נְחֹשֶׁת&lrm;}}). Allein für die Lanzenspitze wird als Material [[Eisen]] ({{hbo|בַּרְזֶל&lrm;}}) angegeben, wie auch die [[Eisenzeit#Levante|Eisenzeit]] in der [[Levante]] bereits begonnen hatte.
Auch Gefäße können figürlich gestaltet sein. So sind Trinkgefäße bisweilen nicht bemalt, sondern mit Löwenkopf-Ornamenten verziert.<ref>Für Beispiele s. Linda Meiberg (2013): [https://www.academia.edu/3533882/Philistine_Lion_Headed_Cups_Aegean_or_Anatolian ''Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian?''] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-762-1.</ref> Noch näher an getöpferten Figürchen stehen sog. „[[Zoomorphismus |zoomorphe]]“ und „anthropomorphe Gefäße“, die vollständig als Ochse, Igel, Pferd, Vogel oder Mensch gestaltet sind.<ref>Für weitere Beispiele s. David Ben-Shlomo (2008): [https://www.researchgate.net/publication/291309334_Zoomorphic_vessels_from_Tel_Miqne-Ekron_and_the_different_styles_of_Philistine_pottery ''Zoomorphic Vessels from Tel Miqne-Ekron and the Different Styles of Philistine Pottery.''] In: ''Israel Exploration Journal'' (IEJ). Band 58, Nr. 1, 2008, S. 24–47.</ref> Weil sie auch in Tempeln und als Grabbeigaben gefunden wurden, vermutet man oft eine kultische Verwendung; Ben-Shlomo etwa denkt, sie seien Gefäße für [[Trankopfer]], bei denen aus diesen Gefäßen Flüssigkeiten für die Götter ausgegossen wurden.<ref>David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 105</ref> Offensichtlich kultisch verwendet wurden schließlich Kultständer, Schreinmodelle, Lehmaltäre und Naoi. Der Kultständer aus Tell Qasile wurde in einem Tempel gefunden, die über 100 Schreinmodelle aus [[Javne (Stadt)|Javne]]<ref>Abbildungen in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/142371/1/Kletter_et_al_2010_Yavneh_I.pdf ''Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plates 8–116.</ref> sowie ein Lehmaltar<ref>Abbildung in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/142371/1/Kletter_et_al_2010_Yavneh_I.pdf ''Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plate 162.</ref> und ein Naos<ref>Abbildung in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2015): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/136770/1/Kletter_et_al_2015_Yavneh_II.pdf ''Yavneh II: The ‚Temple Hill‘ Repository Pit.''] Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-54400-6, Plate 3.</ref> wie die beiden oben abgebildeten in einer gewiss zu einem Tempel gehörenden [[Bothros|Favissa]] – aber zum Beispiel der berühmte „Musikanten-Ständer“ aus Aschdod scheint im privaten Kult zu Hause und zwei Lehmaltäre aus Aschkelon und Ekron bei einer [[Ölpresse]] und in einem städtischen Lagerhaus verwendet worden zu sein.<ref>Vgl. Felix Hagemeyer (2022): ''Aschdod und Jerusalem. Eine archäologische und exegetische Untersuchung zu den Beziehungen von südpalästinischer Küstenebene und judäischem Bergland''. Mohr Siebeck, Tübingen 2022, ISBN 978-3-16-162332-5, S. 59.</ref><ref>Federica Spagnoli (2015): [https://www.academia.edu/11935828/In_the_nostrils_of_God_stone_incense_altars_in_Phoenician_cult_contexts ''In the nostrils of God: stone incense altars in Phoenician cult contexts.''] In: Anne-Marie M. Afeiche (Hrsg.): ''Cult and ritual on the Levantine coast and its impact on the eastern Mediterranean realm. Proceedings of the international symposium, Beirut 2012.'' Ministère de la culture, Beyrouth 2015, S. 216.</ref> Aus Weihrauch-Resten kann man darauf schließen, dass auf den Kultständern und Lehmaltären Gottheiten Weihrauch dargebracht wurde. Naoi waren portable Tempelchen für Götterfigürchen,<ref>Daniel O. McClellan (2021): [https://www.researchgate.net/publication/349498781_Forming_divine_bodies_in_the_Hebrew_Bible ''Forming divine bodies in the Hebrew Bible.''] In: Francesca Stavrakopoulou (Hrsg.): ''Life and Death. Social Perspectives on Biblical Bodies.'' Bloomsbury Publishing, London 2021, S. 178.</ref> in denen man sich Gottheiten ebenso präsent dachte wie in großen Tempeln. Die Funktion der Schreinmodelle dagegen ist noch nicht klar.<ref>Für einige Vorschläge in der Forschung s. Raz Kletter u.&nbsp;a. (2006): [https://www.researchgate.net/publication/292577899_Cult_Stands_of_the_Philistines_A_Genizah_from_Yavneh ''Cult Stands of the Philistines. A Genizah from Yavneh.''] In: ''Near Eastern Archaeology'' (NEA). Band 69, Nr. 3–4, 2006, S. 146–159, hier 150f.</ref>


[[Datei:Hoplite1.gif|mini|hochkant=0.6|Griechischer Hoplit]]
Vorläufer des philistäischen Tafelgeschirrs findet man im ganzen mykenischen Kulturkreis, besonders aber auf Zypern;<ref>Ann E. Killebrew (2000): [https://www.academia.edu/8289460/Aegean_Style_Early_Philistine_Pottery_in_Canaan_During_the_Iron_I_Age_A_Stylistic_Analysis_of_Mycenaean_IIIC_1b_Pottery_and_Its_Associated_Wares_by_Ann_E_Killebrew_2000 ''Aegean-Style Early Philistine Pottery in Canaan During the Iron I Age: A Stylistic Analysis of Mycenaean IIIC:1b Pottery and Its Associated Wares.''] In: Eliezer D. Oren (Hrsg.): ''The Sea Peoples and Their World: A Reassessment.'' The University Museum, Philadelphia 2000, ISBN 0-924171-80-4, S. 243.</ref> das Vogel-Motiv hat seine engsten Parallelen auf Kreta,<ref>Linda G. Meiberg (2018): [https://www.academia.edu/37791206/Decorative_Motifs_on_Philistine_Pottery_and_their_Connections_to_Crete ''Decorative Motifs on Philistine Pottery and their Connections to Crete.''] In: ''Ägypten und Altes Testament.'' Band 90, 2018, S. 322–335.</ref> die Figuren entsprechen genau solchen, die auch auf dem griechischen Festland gefunden wurden, die löwenköpfigen Gefäße sind wohl nach anatolischen Vorbildern gestaltet,<ref>Linda Meiberg (2013): [https://www.academia.edu/3533882/Philistine_Lion_Headed_Cups_Aegean_or_Anatolian Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian?] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013.</ref> die Schreinmodelle und Lehmaltäre haben sehr nahe Parallelen bei den Kanaanäern des Jesreeltals und Naoi wie die philistäischen wurden in ganz Palästina gefunden. Es ist daher nicht möglich, von der philistäischen Töpferei auf ihre Herkunft zu schließen; stattdessen zeugt so auch ihre Keramikkunst vom Mischvolkcharakter der Seevölker.


Bei einigen Wissenschaftlern herrscht allerdings die Ansicht, dass die alttestamentliche Rüstungsbeschreibung kaum etwas mit den Philistern der früheren Zeiten gemeinsam habe. Die erwähnten schweren Rüstungen waren vor dem 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. sehr selten, gehörten danach jedoch zum Standard der [[Antikes Griechenland|griechischen]] [[Hoplit]]en. Der alttestamentliche Bericht über Goliat wird daher nach deren Ansicht [[Anachronismus|anachronistisch]] in die biblische Überlieferung gelangt sein und frühestens aus dem 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. stammen.<ref>[[Israel Finkelstein]], [[Neil A. Silberman|Neil Asher Silberman]]: ''David und Salomo: Archäologen entschlüsseln einen Mythos.'' Beck, München 2006, ISBN 3-406-54676-5, S.&nbsp;174–175.</ref>
=== Schiffe ===
Ihre Schiffe wiesen einige Neuerungen auf: mit Holzzinken versehene Steinanker, bewegliche Segel und einen Schiffsausguck.


Davids Sohn [[Salomo]] (Mitte 10.&nbsp;Jhd.) beherrscht dann ganz Israel inklusive des Lands der Philister ({{B|1 Kön|5|1}}). Etwas später vernichtet noch einmal König [[Asarja]] (Mitte 8.&nbsp;Jhd.) die Städte Aschdod, Gat und [[Javne (Stadt)|Javne]] ({{B|2 Chr|26|6}}) und baut judäische Siedlungen auf ihrem Gebiet, und auch sein Urenkel [[Hiskija]] (spätes 8.&nbsp;Jhd.) schlägt die Philister ein letztes Mal vernichtend bis hinunter nach Gaza. Danach verschwinden sie überwiegend aus der biblischen Geschichte; nur in {{B|Neh|4|7}} ist noch einmal von feindseligen „Aschdodidern“ Mitte des 5.&nbsp;Jhds. die Rede.
=== Architektur ===
In die Architektur der Gegend führten die Philister behauene Steinquader ein, wie sie in dieser Zeit auch auf Zypern belegt sind. Sie bauten große Städte mit geräumigen Häusern und Palästen. Die Tempel ihres höchsten Gottes [[Dagān]] waren weite Hallen, deren Säulen halb offene Dächer trugen. Hier befanden sich Feueropferstellen, fahrbare Altäre und Gebetsplattformen.


Trotz vieler offensichtlich legendarischer Züge dieser Erzählungen wurde diese biblische Geschichte lange Zeit grosso modo als historisch zutreffend aufgefasst; selbst noch [[Carl S. Ehrlich]] liest in seinem Geschichtswerk über die Philister von 1996 die biblischen Geschichten als Tatsachenberichte.<ref>Carl S. Ehrlich (1996): [https://www.academia.edu/28030084/Carl_S_Ehrlich_The_Philistines_in_Transition_A_History_from_ca_1000_730_BCE_Studies_in_the_History_and_Culture_of_the_Ancient_Near_East_SHCANE_10_Leiden_New_York_K%C3%B6ln_E_J_Brill_1996_ ''The Philistines in Transition.''] Brill, Leiden / New York / Köln 1996, ISBN 90-04-10426-7.</ref>
=== Religion ===


Aus {{B|Am|9|7}} wurde außerdem oft der Herkunftsort der Philister abgeleitet. Dort spricht Gott: „Habe ich Israel nicht heraufgeführt aus dem Land Ägypten und ebenso die Philister aus [[Kaphtor|Kaftor]] und Aram aus [[Kir (Land)|Kir]]?“ (ähnlich {{B|Jer|47|4}}). Dieses „Kaftor“ wird für gewöhnlich mit dem ägyptischen ''[[Keftiu]]'' gleichgesetzt und als „[[Kreta]]“ gedeutet. Diese kretische Herkunft der Philister hat man noch verschiedentlich zu stützen versucht. [[Eduard Meyer]] etwa verwies auf den [[Diskos von Phaistos]], wo er in einem der Schriftzeichen einen ähnlichen Kopfschmuck sehen wollte, wie ihn die „Philister“ auf einem Relief von [[Medinet Habu]] trugen.<ref>siehe Eduard Meyer: ''Der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta.'' Sitzungsberichte der königlichen preußischen Akademie der Wissenschaften, 1909, S. 1022–1029.</ref>
==== Pantheon ====
An Textquellen über die Religion der Philister gibt es fast nur die Bibel: {{B|1 Sam|5|1–5}} und {{B|1 Makk|10|84}} berichten von einem Tempel des Gottes [[Dagān]] in Aschdod, {{B|Ri|16|23–30}} erzählen von einem Tempel Dagāns in Gaza. In einer assyrischen Inschrift ist auch ein philistäischer Ortsname „Bet Dagan“ („Haus [=Tempel] des Dagān“) belegt.<ref>Amihai Mazar (2000): ''The Temples and Cult of the Philistines''. In: Eliezer D. Oren (Hrsg.): ''The Sea Peoples and Their World.'' University of Pennsylvania Press, Pennsylvania 2000, ISBN 978-1-934536-43-8, S. 214.</ref> Dagān, der auch in [[Ugarit]] und von den [[Phönizier]]n verehrt wurde, scheint also wirklich ein wichtiger Gott auch der Philister gewesen zu sein.


Ähnlich versuchte [[William Foxwell Albright|William F. Albright]], die Philister wegen des ähnlichen Namens mit den „[[Pelasger]]n“ zu identifizieren, die laut [[Homer]] auch auf Kreta gelebt hatten.<ref>Siehe William F. Albright: ''The Archaeology of Palestine.'' Penguin Books, Baltimore / Maryland 1960, S. 184 f.</ref>
In Bet Scheʾan soll laut {{B|1 Sam|31|8–10}} weiterhin ein Tempel der [[Astarte]] („Aschtarot“) gestanden haben. Laut {{B|1 Chr|10|10}} dagegen ist der Tempel von Bet Scheʾan ein weiterer Dagān-Tempel. Eine Inschrift des 7. Jhds. v.&nbsp;Chr. aus dem Tempel in Ekron („für [[Aschera]]“) macht auch die Verehrung dieser Göttin wahrscheinlich. In einer kuriosen Überlieferung in {{B|2 Kön|1|2–3}} ist außerdem die Rede von einem Gott „[[Beelzebub |Ba’al Zebub]]“ („Herr der Fliegen“) in Ekron; der Name ist aber fast sicher eine [[Verballhornung]] des Namens eines andersnamigen Gottes. Aus dem Dämonennamen „Beelzebul“ im Neuen Testament (z.&nbsp;B. {{B|Mk|3|22}}), mit dem auch der Bibelübersetzer [[Symmachus der Ebionit|Symmachus]] den Namen in 2 Kön 1 übersetzt, wird oft darauf geschlossen, dass der eigentliche Name „''Ba’al zebul''“ („erhabener Ba’al“ / „erhabener Herr“) war, wonach die Philister auch den kanaanäischen Gott [[Ba’al]] verehrt haben.<ref>W. Herrmann (1999): ''Baal Zebub בעל זבוב''. In: Karel van der Toorn u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Dictionary of Deities and Demons in the Bible. DDD. Second extensively revised edition.'' Brill / William B. Eerdmans Publishing Company, Leiden u.&nbsp;a. 1999, ISBN 90-04-11119-0, S. 154–156.</ref> Auch dies bestätigt eine Inschrift im Tempel von Ekron („für Ba’al und für [König] Padi“).<ref>Jens Kamlah (2003): ''Tempel 650 in Ekron und die Stadttempel der Eisenzeit in Palästina''. In: Cornelis G. den Hertog u.&nbsp;a. (Hrsg.): [https://www.academia.edu/441445/Saxa_loquentur_Studien_zur_Arch%C3%A4ologie_Pal%C3%A4stinas_Israels_Festschrift_f%C3%BCr_Volkmar_Fritz_zum_65_Geburtstag_M%C3%BCnster_Ugarit_Verlag_2003 ''Saxa Loquentur. Studien zur Archäologie Palästinas/Israels. Festschrift für Volkmar Fritz zum 65. Geburtstag.''] Ugarit-Verlag, Münster 2003, S. 101–125, hier 104, 107.</ref>


Die Lücke zwischen Herkunft von Kreta und Ansiedlung in Palästina schließlich füllte man lange mit einem ägyptischen Bericht im [[Papyrus Harris I]], indem man annahm, dass Pharao [[Ramses III.]] (1187-1156 v.&nbsp;Chr.) darin von sich selbst berichtet hätte, er habe die auch in Ägypten einfallenden Philister besiegt und dann als seine Untertanen in den ägyptischen Festungen Palästinas angesiedelt.
Eine vor wenigen Jahren gefundene Widmungsinschrift eines Ekroner Stadtkönigs Akisch bezeugt schließlich die Verehrung einer Göttin ''Pt<g>y.h ˀdt(h)'' („Herrin ''Ptgy.h''“):<ref>Seymour Gitin u.&nbsp;a. (1997): ''A Royal Dedicatory Inscription from Ekron''. In: ''Israel Exploration Journal'' (IEJ). Band 47, Nr. 1–2, 1997, S. 1–16, hier 9.</ref>


Dieses traditionelle Paradigma gilt heute als überholt. So ist Am 9,7 nach der klassischen Deutung gewiss missverstanden: Ägypten und Kir sind in der Bibel nicht Herkunftsorte, sondern Exilsorte von Israeliten und Aramäern (zu Kir s. {{B|Am|1|5}}), was man dann entsprechend auch für Kreta annehmen muss. Auch in {{B|Zef|2|5}} und wahrscheinlich {{B|Ez|25|16}} werden die Philister zwar als ''Kretim'' bezeichnet; gleichzeitig werden sie aber mit der häufigen biblischen Phrase „Kreti und Pleti“ gerade von den Kretern unterschieden,<ref>Christina Duncker (2019): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/24096/ ''Kreter und Pleter.''] In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 18. Januar 2024.</ref> wie ähnlich auch {{B|Gen|10|14}} die Philister von den „Kaftoritern“ unterscheidet. Auch ist im Papyrus Harris von einer Ansiedlung der Philister in Palästina gar nicht die Rede – sondern von einer Ansiedlung in Ägypten.<ref>Dan'el Kahn (2011): [https://www.academia.edu/1056837/The_Campaign_of_Ramesses_III_against_Philistia ''The Campaign of Ramesses III against Philistia.''] In: ''Journal of Ancient Egyptian Interconnections.'' Band 3, Nr. 4, 2011, S. 1–11, hier 2.</ref><ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268.</ref>
[[Datei:JRSLM 300116 Ekron inscription.jpg|mini|alternativtext=Bild einer Steintafel mit althebräischen Buchstaben|Widmungsinschrift aus Ekron]]
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|style="text-align:right"| 𐤟𐤁𐤕𐤟𐤁𐤍𐤟𐤀𐤊𐤉𐤔𐤟𐤁𐤍𐤟𐤐𐤃𐤉𐤟𐤁𐤍<br />𐤉𐤎𐤃𐤟𐤁𐤍𐤟𐤀𐤃𐤀𐤟𐤁𐤍𐤟𐤉𐤏𐤓𐤟𐤔𐤓𐤏𐤒<br />𐤓𐤍𐤟𐤋𐤐𐤕⸢𐤂⸣𐤉𐤟𐤄𐤟𐤀𐤃𐤕𐤄𐤟𐤕𐤁𐤓𐤊𐤄𐤟𐤅𐤕<br />𐤟𐤔𐤌⸢𐤓⸣𐤄𐤟𐤅𐤕𐤀𐤓𐤊𐤟𐤉𐤌𐤄𐤟𐤅𐤕𐤁𐤓𐤊<br />𐤀⸣𐤓⸢𐤑⸣𐤄⸣
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|''bt·bn·ʾkyš·bn·pdy·bn·''<br />''ysd·bn·ʾdʾ·bn·yʿr·śrʿq''<br />''rn·lpt''<g>''y·h·ʾdth·tbrkh·wt''<br />''šm''<''r''>''h·wtʾrk·ymh·wtbrk·''<br /><''ʾ''>''r''<''ṣ''>''h''
|-
|[Dieses] Haus baute Akisch, Sohn des Padi, Sohn des<br />Yasid, Sohn des Ada, Sohn des Ya'ir, Herrscher von Ek-<br />ron, für ''PT<G>Y.H ˀdth''. Möge sie ihn segnen, und ihn be-<br />schü<t>zen, und seine Lebenszeit verlängern, und segnen<br />sein <La>n<d>!
|}

Der Buchstabe ''g'' im Namen ''Pt<g>yh'' ist allerdings beschädigt; Görge hat etwa vorgeschlagen, dass graphisch stattdessen plausibler ein ''r'' zu lesen sei, [[Aaron Demsky]] präferiert ''n'' (vgl. die ähnliche Schreibung: 𐤂 𐤍 𐤓 = ''g n r'').<ref>M. Görge (1998): ''Die Göttin der Ekron-Inschrift''. In: ''Biblische Notizen'' (BN). Band 93, 1998, S. 9–10.</ref><ref>Aaron Demky (1997): [https://janes.scholasticahq.com/article/2419-the-name-of-the-goddess-of-ekron-a-new-reading ''The Name of the Goddess of Ekron: A New Reading.''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society'' (JANES). Band 25, Nr. 1, 1997, S. 1–5.</ref> Von diesen drei Rekonstruktionen der Konsonanten aus sind dann sehr unterschiedliche Vorschläge zur Deutung des mutmaßlichen Göttinnen-Namens gemacht worden:<br />(1) Am wenigsten problematisch ist der Vorschlag von Christa Schäfer-Lichtenberger, ''Ptgyh ˀdt(h)'' bedeute „für [[Gaia (Mythologie)|Gaia]] von [[Delphi]], seine Herrin“. König Akisch würde dann also der aktuell noch in einem Tempel in Delphi beheimateten Göttin Gaia ein zweites Heim in Ekron bauen.<ref>Schäfer-Lichtenberger vergleicht dazu die griechische Bezeichnung ''Pythonike'' („[[Nike (Siegesgöttin) |Nike]] von Delphi“) und will danach die Konsonanten als ''Pythogayah'' („[[Gaia (Mythologie) |Gaia]] von Delphi“) lesen. Vgl. Christa Schäfer-Lichtenberger (2000): ''The Goddess of Ekron and the Religious-Cultural Background of the Philistines''. In: ''Israel Exploration Journal'' (IEJ). Band 50, Nr. 1–2, 2000, S. 82–91.</ref><br />Daneben wurden als Interpretationsvorschläge gemacht: (2) ''Potniyah'' („Herrin“) nach dem griechischen ''potnia''; der gesamte Ausdruck bedeutete also einmal mit griechischem, einmal mit semitischem Wort „für ''Herrin'', seine Herrin“.<ref>So Aaron Demsky (1997): [https://janes.scholasticahq.com/article/2419-the-name-of-the-goddess-of-ekron-a-new-reading ''The Name of the Goddess of Ekron: A New Reading.''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society'' (JANES). Band 25, Nr. 1, 1997, S. 1–5.<br />Der Vorschlag krankt aber daran, dass dann nur hier der griechische Göttinnen-''Titel'' „Potnia“ als Göttinnen-''Bezeichnung'' verwendet würde.</ref> Außerdem: (3) „Für [die ugaritische Göttin] [[Pidray]], seine Herrin“;<ref>So Stephen R. Berlant (2008): ''[https://www.academia.edu/24115851/The_Mysterious_Ekron_Goddess_Revisited The Mysterious Ekron Goddess Revisited]''. In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society'' (JANES). Band 31, Nr. 1, 2008, S. 15–21.<br />Berlant setzt dafür am Punkt zwischen den Buchstaben ''y'' und ''h'' an, der sonst in dieser und anderen Inschriften ein Worttrenner ist, und deutet das übrige ''Ptry'' als Schreibfehler (wörtlich: „a previously unrecognized form“) für die ugaritische Göttin [[Pidray]]. Das ''h'' soll dann als Nachsilbe hinzugefügt worden sein, um den Namen zu „hebraisieren“, und aus einem noch zu erklärenden Grund mit Worttrennungszeichen vom Namen abgehoben worden sein.</ref> (4) „für die göttliche Patronin des Staates Pattin, seine Herrin“<ref>So Alexander Fantalkin (2017): [https://www.academia.edu/35481091/Toward_the_Identification_of_the_Goddess_of_Ekron ''Toward the Identification of the Goddess of Ekron.''] In: ''Journal of Ancient Near Eastern Religions'' (JANER). Band 17, 2017, S. 97–115.<br />Fantalkin setzt dafür an den Tatsachen an, dass einer der Nachfolgestaaten Palastins der Staat [[Unqi]] war und dass dieser von Assyrern bisweilen auch „Pattin“ genannt wurde. Ein hypothetisches „Pattinayah“ soll dann Bezeichnung der göttlichen Patronin dieses Staats gewesen sein. Er weist auf S. 107 aber selbst auf die Schwierigkeit hin, dass der Name „Pattin“ eben nur in assyrischen Quellen als Fremdbezeichnung belegt ist.</ref> und schließlich auch mit anderer Deutung der Syntax: (5) „Akisch (…) baute einen Tempel für das Fünfer-Land [= die Pentapolis]. Seine Herrin möge ihn segnen (…)“.<ref>So Philip C. Schmitz (2016): ''Philistine PTG̊Y, Greek *ΠΕΝΤΑΓΑĨΑ ‚Five Lands‘: Contact Effects in the Royal Dedicatory Stela from Ekron.'' In: ''Eretz-Israel.''Band 32, 2016, S. 91–102.<br />Schmitz will dafür die Zeichenfolge ''pt'' als ''pitta'' oder ''petta'' lesen, was wiederum für ''penta'' (griechisch „Fünf“) mit assimiliertem Laut ''n'' stehen soll. ''Gaia'' nimmt er im Gegensatz zu Schäfer-Lichtenberger nicht als Name einer Göttin, sondern in der wörtlichen Bedeutung „Erde“, was aber hier wie im Hebräischen für „Land“ stehen soll, so dass das „Fünfer-Land“ für die philistäische Pentapolis stünde. Die unübliche Auflösung der Syntax ist unproblematisch; schwierig sind aber erstens die beiden Annahmen, dass bei den dann mindestens ''auch'' griechisch sprechenden Philistern die Lautverschiebung ''penta'' > ''petta'' stattgefunden haben und das griechische Wort ''gaia'' („Erde“) wie das entsprechende hebräische Wort für „Erde“ ''und'' „Land“ verwendet worden sein soll, und zweitens die Tatsache, dass ganz unsicher ist, ob es einen Fünferbund der fünf großen philistäischen Städte wirklich je gegeben hat. Vgl. Walter Dietrich (2020): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/30687/ ''Pentapolis.''] In: WiBiLex; abgerufen am 22. Januar 2024.</ref>

Aus assyrischen Inschriften ist für das 7.&nbsp;Jhd. v. Chr. ein König ''Ikausu, Sohn des Padi'' belegt. Ist dieser Ikausu identisch mit Akisch, stammt die Inschrift aus dem 7.&nbsp;Jhd. und die Philister sprachen zu dieser Zeit einen semitischen Dialekt, schrieben mit [[Althebräische Schrift|phönizisch-althebräischer]] Schrift (was beides noch häufiger belegt ist), hatten überwiegend semitische Namen und verehrten mit Dagān, Astarte, Aschera und Ba’al semitische Götter.<ref>Seymour Gitin u.&nbsp;a. (1997): ''A Royal Dedicatory Inscription from Ekron''. In: ''Israel Exploration Journal'' (IEJ). Band 47, Nr. 1–2, 1997, S. 1–16, hier 9.</ref> Nur ''Ptgyh'' könnte eine nicht-semitische Gottheit sein, wenn man dies mit Schäfer-Lichtenberger als „Gaia“ interpretiert. So und so ist damit die philistäische Religion ein reiner [[Polytheismus]].

==== Tempelkult und Hauskult ====

[[Datei:Tell Qasile Temple.png|mini|alternativtext=Grundriss eines kleinen Tempels. Er etwa dreimal so lang wie Breit. Das vordere Drittel ist durch eine Schwelle von den hinteren zwei dritteln abgetrennt. An den Wänden stehen Steinbänke. Zentral im Raum befindent sich eine Säule, hinten ein Podest mit zwei Stufen, auf deren unterster ebenfalls eine Säule steht.|Tempel in Tell Qasile. Vorne ein Vorraum, dahinter der Kultraum mit zwei vermutlich heiligen Säulen, einem kleinen gestuften Podest für eine Kultfigur und Bänken an den Wänden, auf denen man wahrscheinlich Opfergaben deponierte.]]
Diese Götter wurden in Tempeln verehrt. Wie der ''Ptgyh'' gewidmete Tempel mit Opfergaben für Aschera und Ba’al zeigt, konnten mehrere Gottheiten zugleich in nur einem Gebäude verehrt werden. In den bisher genannten Text-Quellen werden Tempel in Aschdod, Aschkelon, Gaza, Ekron und Bet Scheʾan bezeugt. Archäologen denken außerdem, bei Ausgrabungen und Suveys Tempel in Ekron, [[Tell Qasile]] und [[Nahal Patisch]] sowie eine kleinere Kultstätte in Gat gefunden zu haben, und schließen auch von der Favissa in [[Javne (Stadt)|Javne]] auf eine Kultstätte. Der Ortsname „Bet Dagān“ („Haus des Dagān“) macht sehr wahrscheinlich, dass auch dort ein Dagān-Tempel stand. War in der frühen Eisenzeit das Jesreel-Tal wirklich philistäisch, könnten außerdem die Kultstätten in [[Megiddo]], [[Tell Qiri]], [[Abu al-Kharaz]], [[Tell es-Sa'idiyeh]] und [[Tell el-Mazar]] philistäisch gewesen sein. Damit scheinen die Philister in der Eisenzeit eine weit „tempelreichere“ Gesellschaft gewesen zu sein als Israeliten, Judäer, Kanaanäer und die Bewohner von [[Be’er Scheva|Be’er-Scheva]]-Tal und [[Negev]].


Vor allem aber ist seit dem Aufkommen der [[Biblische Exegese|kritischen Bibelwissenschaft]] klar, dass die sagen-haften biblischen Erzählungen mindestens übertrieben sind. So zeigen beispielsweise die assyrischen Inschriften der Könige [[Šarru-kīn II.]] und [[Sîn-aḫḫe-eriba]], dass Ende des 8.&nbsp;Jhds. Aschdod, Aschkelon, Ekron und Gaza auch im 8.&nbsp;Jhd. noch eigenständig agierende Königsstädte waren und dass auch Gat nicht zerstört war. Auch die Texte der biblischen [[Prophetie im Tanach|Propheten]] zeichnen ein anderes Bild als die geschichtlichen Bücher: Amos und Jesaja, die laut biblischer Darstellung Mitte des 8.&nbsp;Jhds. wirkten, blicken auf umfassende und erfolgreiche Kriegshandlungen der Philister gegen die Judäer zurück ({{B|Jes|9|11}}; {{B|Am|1|6–8}}). Zu Jesajas Zeit und wohl auch später zur Zeit Obadjas soll zu ihrem Gebiet die [[Schefela]] gehört und so bis zum Rand des judäischen Berglands gereicht haben ({{B|Jes|11|14}}; {{B|Obd|19||ELB}}<ref>Zum Hintergrund der Elberfelder Übersetzung von Ob 19 siehe beispielsweise Bert Dicou: ''Edom, Israel's Brother and Antagonist. The Role of Edom in Biblical Prophecy and Story.'' Sheffield Academic Press, Sheffield 1994, S. 23 f.</ref>). Auch andere späte Propheten verheißen eine erst noch ausstehenden Niederlage der Philisterstädte ({{B|Ez|25|16}}: 6.&nbsp;Jhd.; {{B|Zef|2|4–7}}: 6.&nbsp;Jhd.; {{B|Sach|9|5–7}}: nach Mehrheitsmeinung 5.&nbsp;Jhd.).
Doch das ist noch zu präzisieren. Der singuläre Südtempel von Bet Scheʾan<ref>Abbildung in Robert Mullins (2012): [https://www.academia.edu/2941224/The_Late_Bronze_and_Iron_Age_Temples_at_Beth_Shean ''The Late Bronze and Iron Age Temples at Beth Shean.''] In: Jens Kamlah, Henrike Michelau (Hrsg.): ''Temple Building and Temple Cult. Architecture and Cultic Paraphernalia of Temples in the Levant (2.-1. Mill. B.C.E.)'' Harassowitz, Wiesbaden 2012, S. 127–158, hier 146.</ref> und der große und späte Tempel in Ekron (7. Jhd.)<ref>Abbildung auf [https://brewminate.com/archaeological-evidence-of-ancient-philistine-cult-and-religion/ brewinate.com]; abgerufen am 23. Januar 2024.</ref> sind Ausnahmeerscheinungen. Die beiden Grenz-Tempel in Tell Qasile und Nahal Patisch und den Nordtempel in Bet Scheʾan nennt man wegen ihrer kleinen Größe und dem asymmetrischen Zugang von der Seite her „nicht-monumentale Knickachs-Tempel“. Auch das „kultische Gebäude“ in Tell Qiri könnte ein solcher nicht-monumentaler Knickackstempel gewesen sein,<ref>Abbildung in Amnon Ben-Tor u.&nbsp;a. (1987): ''Tell Qiri. A Village in the Jezreel Valley. Report of the Archaeological Excavations 1975–1977''. Institute of Archaeology, Jerusalem 1987, S. 87.</ref> und auch die Tempel in Abu al-Kharaz und Tell es-Sa'idiyeh, wo neuerdings ebenfalls Philister vermutet werden, sind solche;<ref>Vgl. Maura Sala (2018): [https://www.researchgate.net/publication/328998586_Beyond_Dagon_Resilience_and_Entanglement_of_Canaanite_Backgrounds_in_Sacred_Buildings_and_Cult_Practices_of_Iron_Age_Philistia ''Beyond Dagon: Resilience and Entanglement of Canaanite Backgrounds in Sacred Buildings and Cult Practices of Iron Age Philistia.''] In: Itzhaq Shai u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Tell it in Gath. Studies in the History and Archaeology of Israel. Essays in Honor of Aren M. Maeir on the Occasion of his Sixtieth Birthday.'' Zaphon, Münster 2018, ISBN 978-3-96327-032-1, S. 354</ref> ebenso der im benachbarten [[Pella (Jordanien)|Pella]].<ref>Abbildung von Phase VI in Stephen J. Bourke (2013): [https://acorjordan.org/wp-content/uploads/pdfs/ACOR%20Newsletter%20Vol.%2025.1.pdf ''Pre-Classial Pella in Jordan: A Conspectus of Recent Work.''] In: ''Acor Newsletter''. Band 25, Nr. 1, 2013, S. 1–5, hier 5.<br />Bourke führt den Neubau als Knickachstempel, in dem auch eine Aschdoda und philistäische Keramik gefunden wurde, auf Kontakt zur (philistäischen?) „Küstenebene“ zurück; für Pella insgesamt scheint man aber sonst noch keine philistäischen Einflüsse angenommen zu haben. Vgl. Stephen J. Bourke (2012): ''The Six Canaanite Temples of Ṭabaqāt Faḥil. Excavating Pella's „Fortress“ Temple (1994-2009)''. In: Jens Kamlah (Hrsg.): ''Temple building and Temple Cult. Architecture and Cultic Paraphernalia of Temples in the Levant (2.-1. Mill. BCE)''. Harrassowitz, Wiesbaden 2012, S. 159–201, hier 191.</ref> Zu betonen ist „nicht-monumental“, denn Ähnliches gilt für weitere Orte: In Javne konnte gar kein Tempel sicher identifiziert werden, zu dem die Favissa gehört haben könnte, und die bisher ausgegrabenen Kultorte in Aschdod, Gat und der ältere in Ekron sind „Kulträume“ in größeren Gebäuden. Auch in Megiddo, wo in der frühen Eisenzeit I der spätbronzezeitliche Kult in einem größeren Gebäude fortgeführt wurde, kommen in der eventuell philistäischen Phase im Zuge eines „Dezentralisierungsprozesses“<ref>Assaf Kleiman u.&nbsp;a. (2017): ''Cult Activity at Megiddo in the Iron Age: New Evidence and a Long-Term Perspective.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins''. Band 133, Nr. 1, 2017, S. 24–52, hier 44.</ref> mehrere kleine Kulträume in verschiedenen Gebäuden hinzu. Kultische Keramik (s.&nbsp;o.) wurde überdies häufig nicht in Kultstätten gefunden, sondern in Privathäusern<ref>Vgl. die Liste in David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 188.</ref> und als Grabbeigaben sowie bei industriellen Einrichtungen. Auch hierin ist die Situation anders als in [[Jerusalemer Tempel|Jerusalem]], [[Motza]], [[Tell el-Fārʿa (Nord)|Tirza]], [[Dotan (antike Stadt)|Dotan]],<ref>Zu Dotan vgl. Yoel Elitzur (2023): [https://janes.scholasticahq.com/article/75249-the-altar-at-tel-dothan-a-trace-of-josiah-s-reform ''The Altar at Tel Dothan – A Trace of Josiah's Reform?.''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society'' (JANES). Band 36, Nr. 1, 2023, S. 62–89, hier 67f.</ref> [[Tel Arad|Arad]] und bei den [[Höhenheiligtum#Israeliten|Höhenheiligtümern]] in [[Bet-El]] und auf dem [[Garizim]], wo große Kultstätten strukturell herausgehobener sind als in den (mutmaßlich) philistäischen Gebieten. Es ist daher möglich, dass man bei den Erzählungen über Philister-Tempel in der Bibel nicht an eindrückliche Gebäude denken sollte wie beim Jerusalemer Tempel, sondern an bescheidene Bauten, da auch der öffentliche Kult der Philister grundsätzlich in kleinerem Maßstab gepflegt wurde als bei den Israeliten.


Erklärt wird diese Diskrepanz der historischen Bücher der Bibel und der anderen biblischen und außerbiblischen Schriftzeugnisse heute oft damit, dass die Darstellung der Philister in der Bibel als „archetypische Erzfeinde“ Israels<ref>Robert P. Gordon: ''Who Made the Kingmaker? Reflections on Samuel and the Institution of the Monarchy.'' In: Alan R. Millard u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Faith, Tradition, and History: Old Testament Historiography in Its Near Eastern Context.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 1994, S. 255–269, hier 258.</ref><ref>Niels P. Lemche: ''Using the Concept of Ethnicity in Defining Philistine Identity in the Iron Age.'' In: ''Scandinavian Journal of the Old Testament.'' Band 26, Nr. 1, 2012, S. 12–29, hier 27.</ref> mindestens auch ein „literarisches Stilmittel“<ref>Ido Koch (2020): [https://www.researchgate.net/publication/362225275_Koch_I_2020_On_Philistines_and_Early_Israelite_Kings_Memories_and_Perceptions ''On Philistines and Early Israelite Kings: Memories and Perceptions.''] In: Joachim J. Krause u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Saul, Benjamin, and the Emergence of Monarchy in Israel. Biblical and Archaeological Perspectives.'' SBL Press, Atlanta 2020, S. 7–31, hier 7.</ref> ist und als solches diverse literarische Funktionen hat – insbesondere die, das Königtum Davids zu legitimieren<ref>Z.B. Jonathon E. Wylie (2018): [https://www.proquest.com/docview/2064606554 ''„He Shall Deliver My People from the Hand of the Philistines“. The Theological and Political Uses of the Philistines in the Book of Samuel.''] Dissertation, S.&nbsp;480.</ref> und als „Sündenböcke“<ref>John McDonagh (2004): [https://www.dspace.mic.ul.ie/bitstream/handle/10395/1765/Mc%20Donagh%2C%20J.%20%282004%29%20The%20Philistines%20as%20Scapegoats%3A%20Narratives%20and%20Myths%20in%20%20the%20Invention%20of%20Ancient%20Israel%20and%20Modern%20Critical%20Theory%28Journal%20Article%29?sequence=2&isAllowed=y ''The Philistines as Scapegoats: Narratives and Myths in the Invention of Ancient Israel and in Modern Critical Theory.''] In: ''Holy Land Studies.'' Band 3, Nr. 1, 2004, S. 93–111.</ref> in der Geschichte Israels zu dienen. In der neueren Bibelwissenschaft und Geschichtsschreibung verlässt man sich daher heute bei der Rekonstruktion der Geschichte der Philister zunehmend nicht mehr auf die Darstellung der Bibel, sondern auf Erkenntnisse der Archäologie und zeitgenössische Inschriften der umliegenden Nationen.
=== Wirtschaftsweise ===
Die [[Eisen]]herstellung war eine besondere Fertigkeit der Philister.
Man trank [[Bier]] und [[Wein]]. [[Ekron]] war für hochwertiges [[Olivenöl]] bekannt. Auf dem Speiseplan standen Rind, Schaf, Geflügel, Ziege und Schwein.


== Nachkommen der Philister ==
== Nachkommen der Philister ==
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== Pseudowissenschaftliche Geschichtsforschung ==
== Pseudowissenschaftliche Geschichtsforschung ==
Laut der überaus umstrittenen [[Jürgen Spanuth#Die Atlantis-Theorie von Jürgen Spanuth|Atlantis-Hypothese nach Jürgen Spanuth]] soll das angebliche Heimatland der Philister eine neben [[Helgoland]] (= [[Atlantis]]) gelegene, inzwischen untergegangene Insel (I-[[Kaphtor]] = Südstrand) gewesen sein. Die Schiffstypen mit großem Rahsegel und „Mastkorb“ sowie gebogenen Steven hätten große Ähnlichkeiten mit den Schiffstypen der „Nordvölker“. Aus heutiger Sicht ist dies unsinnig, da es in Nordeuropa zu dieser Zeit zweifelsfrei keine Segelschiffe gab, sondern nur Ruderboote, während es aus dem Mittelmeerraum schon frühere Nachweise von Segeln gibt. Weitere Argumente Spanuths waren die Kunst der Eisenherstellung und die Verwendung von [[Griffzungenschwert]]ern vom Typ Sprockhoff (heute: Naue) IIa durch die Philister. Die Dächer seien durch firstständige Holzsäulen getragen worden, die nach biblischer Geschichte der starke [[Simson]] anhob und so das Haus zum Einsturz brachte. Dieser Haustyp war laut Spanuth nur in den Nordländern verbreitet. Für die fragliche Zeit, also die [[Bronzezeit]], gibt es für diese Behauptung jedoch keinerlei Belege. Kriege durch Zweikampf und nicht durch Schlachten zu entscheiden, war laut Spanuth ein weiteres Kennzeichen der Philister, das u.&nbsp;a. auch den Kampf von [[David]] und [[Goliat]] ermöglicht haben soll.
Laut der überaus umstrittenen [[Jürgen Spanuth#Die Atlantis-Theorie von Jürgen Spanuth|Atlantis-Hypothese nach Jürgen Spanuth]] soll das angebliche Heimatland der Philister eine neben [[Helgoland]] (= [[Atlantis]]) gelegene, inzwischen untergegangene Insel (I-[[Kaphtor]] = Südstrand) gewesen sein. Die Schiffstypen mit großem Rahsegel und „Mastkorb“ sowie gebogenen Steven hätten große Ähnlichkeiten mit den Schiffstypen der „Nordvölker“. Aus heutiger Sicht ist dies unsinnig, da es in Nordeuropa zu dieser Zeit zweifelsfrei keine Segelschiffe gab, sondern nur Ruderboote, während es aus dem Mittelmeerraum schon frühere Nachweise von Segeln gibt. Weitere Argumente Spanuths waren die Kunst der Eisenherstellung und die Verwendung von [[Griffzungenschwert]]ern vom Typ Sprockhoff (heute: Naue) IIa durch die Philister. Die Dächer seien durch firstständige Holzsäulen getragen worden, die nach biblischer Geschichte der starke [[Simson]] anhob und so das Haus zum Einsturz brachte. Dieser Haustyp war laut Spanuth nur in den Nordländern verbreitet. Für die fragliche Zeit, also die [[Bronzezeit]], gibt es für diese Behauptung jedoch keinerlei Belege. Kriege durch Zweikampf und nicht durch Schlachten zu entscheiden, war laut Spanuth ein weiteres Kennzeichen der Philister, das u.&nbsp;a. auch den Kampf von [[David]] und [[Goliat]] ermöglicht haben soll.

== Siehe auch ==
* [[Philister (Ästhetik)]]
* [[Geschichte der Philister]]
* [[Religion der Philister]]
* [[Keramik der Philister]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Trude Dothan]], [[Moshe Dothan]]: ''Die Philister. Zivilisation und Kultur eines Seevolkes.'' Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-01233-5 (Originaltitel: ''People of the Sea.'' Übersetzt von Christiane Landgrebe).
* [[Trude Dothan]], [[Moshe Dothan]]: ''Die Philister. Zivilisation und Kultur eines Seevolkes.'' Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-01233-5 (Originaltitel: ''People of the Sea.'' Übersetzt von Christiane Landgrebe).
* [[Carl S. Ehrlich|Carl Stephan Ehrlich]]: ''The Philistines in Transition. A History of the Philistines from ca. 1000–730 B.C.E.'' (= ''Studies in the History and Culture of the Ancient Near East.'' Band 10). Brill, Leiden/ New York 1996, ISBN 90-04-10426-7. (englisch, zugleich Dissertation Harvard University, Cambridge (MA) 1991).
* [[Carl S. Ehrlich|Carl Stephan Ehrlich]]: ''The Philistines in Transition. A History of the Philistines from ca. 1000–730 B.C.E.'' (= ''Studies in the History and Culture of the Ancient Near East.'' Band 10). Brill, Leiden / New York 1996, ISBN 90-04-10426-7. (englisch, zugleich Dissertation Harvard University, Cambridge (MA) 1991).
* [[Karl Jaroš]]: ''Kanaan, Israel, Palästina. Ein Gang durch die Geschichte des Heiligen Landes'' (= ''Kulturgeschichte der antiken Welt.'' Band 51). von Zabern, Mainz 1992, ISBN 3-8053-1345-4.
* [[Karl Jaroš]]: ''Kanaan, Israel, Palästina. Ein Gang durch die Geschichte des Heiligen Landes'' (= ''Kulturgeschichte der antiken Welt.'' Band 51). von Zabern, Mainz 1992, ISBN 3-8053-1345-4.
* Ann E. Killebrew: ''Biblical Peoples and Ethnicity. An Archaeological Study of Egyptians, Canaanites, Philistines, and early Israel, 1300–1100 B.C.E.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2005, ISBN 1-58983-097-0.
* Ann E. Killebrew: ''Biblical Peoples and Ethnicity. An Archaeological Study of Egyptians, Canaanites, Philistines, and early Israel, 1300–1100 B.C.E.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2005, ISBN 1-58983-097-0.
* [[Benjamin Mazar]]: ''The Philistines.'' In: Benjamin Mazar (Hrsg.): ''The World History of the Jewish People'' (= ''The world history of the Jewish people.'' First series ''Ancient times.'' Band 3: ''Judges.''). W. H. Allen, London/ Jerusalem 1971, ISBN 0-491-00712-4, S. 164–179 und 324–325.
* [[Benjamin Mazar]]: ''The Philistines.'' In: Benjamin Mazar (Hrsg.): ''The World History of the Jewish People'' (= ''The world history of the Jewish people.'' First series ''Ancient times.'' Band 3: ''Judges.''). W. H. Allen, London/ Jerusalem 1971, ISBN 0-491-00712-4, S. 164–179 und 324–325.
* [[Edward Noort]]: ''Die Seevölker in Palästina'' (= ''Palaestina antiqua.'' Neue Serie, Band 8). Kok Pharos Publishing House/ Peeters Publishers, Kampen (NL)/ Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3.
* [[Edward Noort]]: ''Die Seevölker in Palästina'' (= ''Palaestina antiqua.'' Neue Serie. Band 8). Kok Pharos Publishing House / Peeters Publishers, Kampen (NL) / Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3.
* [[Israel Finkelstein]]: ''Is the Philistine Paradigm Still Viable?'' In: [[Manfred Bietak]], Ernst Czerny (Hrsg.): ''The Synchronisation of Civilisations in the Eastern Mediterranean in the Second Millennium B.C. III: proceedings of the SCIEM 2000 - 2nd EuroConference Vienna, 28th of May-1st of June 2004'' (= ''Contributions to the chronology of the Eastern Mediterranean.'' Band 9/ ''Denkschriften der Gesamtakademie.'' Band 37). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007, ISBN 978-3-7001-3527-2, S. 517–524 ([https://www.academia.edu/1070463/Is_the_Philistine_Paradigm_Still_Viable Volltext als PDF]).
* [[Israel Finkelstein]]: ''Is the Philistine Paradigm Still Viable?'' In: [[Manfred Bietak]], Ernst Czerny (Hrsg.): ''The Synchronisation of Civilisations in the Eastern Mediterranean in the Second Millennium B.C. III: proceedings of the SCIEM 2000 - 2nd EuroConference Vienna, 28th of May-1st of June 2004'' (= ''Contributions to the chronology of the Eastern Mediterranean.'' Band 9/ ''Denkschriften der Gesamtakademie.'' Band 37). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007, ISBN 978-3-7001-3527-2, S. 517–524 ([https://www.academia.edu/1070463/Is_the_Philistine_Paradigm_Still_Viable Volltext als PDF]).


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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Historische asiatische Ethnie]]
[[Kategorie:Historische asiatische Ethnie]]

Aktuelle Version vom 23. Juni 2024, 11:21 Uhr

Philister in Hieroglyphen
Q3
Z7
D21
Z1
Aa18
Z1
U33A1 B1
Z2

Prst / Pw-r-s-t
Peleset / Pelischti / Philister[1]
Q3 Z7
D21 Z1
Aa18 Z1
V13
T14 A1 Z3
N25

Prwsṯ / Pw-r-s3-ṯ[2]
Pulsata

Die „Philister“ (hebräisch פְּלִשְׁתִּים pəlištīm; neuägyptisch Peleset) sind ein Volk, das vor allem aus der Bibel und jüngeren jüdischen und christlichen Schriften bekannt ist. Das Gebiet an der südwestlichen Küste des historischen Palästina, das in diesen Texten am häufigsten als ihr Siedlungsgebiet erscheint, nennt man „Philistäa“.

Archäologisch lässt sich v. a. vom 12. bis zum 8. Jhd. v. Chr. eine „typisch philistäische“ Kultur identifizieren, für die besonders charakteristisch die philistäische Keramik ist. Für die Zeit danach spricht man gelegentlich stattdessen von „Post-Philistern“, da ab dem 7. Jhd. weitere Völker mit anderen Kulturen in die Philistäa eindringen.

Die Geschichte der Philister ist aktuell stark ideologisch aufgeladen, da im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt bisweilen Palästinenser für sich in Anspruch nehmen, die direkten Nachfahren der Philister zu sein.

Herkunft

Mykenischer Kulturkreis, hethitisches Großreich und ägyptisches Großreich um 1230/20 v. Chr.

Wegen ägyptischer Inschriften nimmt man heute i. d. R. an, dass die Philister nicht ursprünglich aus Palästina stammen, sondern eines von mehreren Seevölkern waren. Ihre genaue Herkunft jedoch ist wie bei den meisten Seevölkern sehr strittig. Heute beschränkt man sich daher meist darauf, sie wegen deutlicher keramischer Parallelen sehr grob in den mykenischen Kulturkreis zu verorten.[3]

Auch eine weitere Kultur, die sich ebenfalls etwa ab dem 12. Jahrhundert weiter nördlich an der Küste Palästinas nachweisen lässt, hält man oft für ein eingewandertes Volk und bezeichnet es traditionell als Phönizier. Einigkeit besteht heute allerdings darin, dass die Einteilung der Küstenbewohner Palästinas in die zwei Gruppen „Philister“ und „Phönizier“ als zwei unterschiedliche und in sich homogene Ethnien künstlich ist, da beide sich vielmehr aus diversen Gruppen von Seehändlern, Piraten und Übersee-Migranten aus unterschiedlichen Regionen zusammensetzten,[4][5][6][7] unter denen die Philister wohl erst im Laufe der Zeit zu einem „Volk“ zusammengewachsen sind.

Gelegentlich versucht man in der Forschung nun stattdessen, das palästinische Küstengebiet sauber auf einzelne der bekannten Seevölker aufzuteilen. In der Regel orientiert man sich dabei

  • am Onomastikon des Amenope, in dem in einer Namensliste als einzelne Namen auch „[die philistäischen Städte] (…) Aschkelon, Aschdod, Gaza (…) [und die Seevölker] Scherden, Tjeker, Philister (…)“ aufgelistet werden,
  • am Reisebericht des Wenamun, in dem Dor als Tjeker-Stadt erscheint,
  • und am ähnlichen Namen des Seevolks der Dananu und des biblischen Stammes Dan, der laut Jos 19,40–46 EU ursprünglich u. a. in der Philisterstadt Ekron leben sollte.

Peckham zum Beispiel glaubt hiernach, von Süd nach Nord hätten bis hinauf nach Aschdod und Gat die Philister gelebt, bis nach Ekron und Timna die Dananu, bis nach Dor die Tjeker und bis nach Akko die Scherden.[8] Archäologisch gut auseinanderhalten lassen sich Philister vs. Dananu und Tjeker vs. Scherden (vs. Phönizier) aber nicht.[9][10]

Auf eine neue Spur zur Herkunft der Philister führten 2016 Ausgrabungen in Aschkelon, bei denen ein Friedhof mit mutmaßlich philistäischen Skeletten gefunden wurde, von denen zehn eine aDNA-Analyse zuließen. Dabei zeigte sich, dass die Philister ab der Eisenzeit II (ab ~10. Jhd.) genetisch von den anderen Völkern der Levante nicht zu unterscheiden waren. Bei den Proben der älteren Skelette aus der Eisenzeit I (ab ~12. Jahrhundert) dagegen fanden sich genetische Signale, die auch von anderen Völkern am Mittelmeer bekannt sind – die meisten Übereinstimmungen gab es mit den Kretern der griechischen Welt, sowie den alten Iberern und den modernen Sarden.[11] Eine genauere Eingrenzung ist noch nicht möglich. Das Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena kam damit 2019 zu dem Schluss, dass die DNA-Analyse zumindest die Theorie stützt, dass die Philister als europäische Einwanderer über das Mittelmeer nach Palästina kamen.[12]

Aussehen

Inschrift: „Anführer der Philister“
Federkronenträger

Auf den Reliefs von Medinet Habu sind mehrere Angehörige der Seevölker zu sehen. Traditionell hält man unter diesen eine auf Bild 1 abgebildete glattrasierte Gruppe mit Federkrone für die Philister, obwohl es sich laut Inschriften auch um Tjeker oder Dananu handeln könnte.[13] Ann E. Killebrew hat nun aber darauf hingewiesen, dass ein Angehöriger einer anderen Gruppe mit einer anderen Kopfbedeckung explizit als „Anführer der Philister“ bezeichnet wird (Bild 2).[14]

Sofern es sich bei dieser Darstellung nicht nur um ein Stilmittel ägyptischer Bildhauerei handelt, wäre dann für Philister(-Anführer) eine spitz zulaufende Kappe und Spitzbart charakteristisch.

Gebiet

Als das Siedlungsgebiet der Philister erscheinen in der Bibel am prominentesten die fünf Stadtstaaten Gaza, Aschkelon, Aschdod, Gat und Ekron. Sie werden auch heute noch als das Kerngebiet der Philister in der Philistäa betrachtet, um das herum sich im Laufe der Zeit viele weitere kleinere Orte gruppiert haben. Von dem unten auf Karte 1 abgebildeten Ausbreitungsgebiet geht man etwa ab dem 11. Jhd. aus.

In der Forschung wurde lange angenommen, diese fünf Stadtstaaten hätten sich zum Fünf-Städte-Bund der „Pentapolis“ zusammengeschlossen. Aktuell ist man seltener dieser Ansicht, da die fünf Städte nicht häufig gleichzeitig groß und bedeutsam waren.[15]

Die philistäische Kultur lässt sich in noch weiteren Regionen in und um Palästina feststellen. Auf Karte 2 zu sehen ist die Gegend um das Jesreel-Tal weiter nördlich: Eine wachsende Gruppe von Forschern[16][17][18][19][20][21][22] glaubt, dass auch in den auf dieser zweiten Karte schwarz markierten Orten entweder Philister oder ein ähnliches Seevolk lebte (die grün markierten Orte stehen exemplarisch für die Orte der Phönizier, die hier und weiter nördlich bis hinauf nach Tripolis siedelten).

Auf Karte 3 sieht man Teile des heutigen Libanon und Syrien: Erst seit kurzem ist bekannt, dass es ab dem 12. Jahrhundert v. Chr. zwischen dem Zerfall des hethitischen Großreichs und der Neugründung der neo-hethitischen Königreiche in dieser Gegend ein Großkönigreich Palastin gab. Wegen des ähnlichen Namens[23] ähnlicher Keramik und einem ähnlichen Totenkult ist es „mittlerweile allgemein anerkannt“,[24] dass dies ein drittes und das größte philistäische Siedlungsgebiet war.[25][26][27][28][29] Wie weit genau es sich erstreckte, ist allerdings noch unsicher: In Hamath etwa wurde nur wenig philistäische Keramik nachgewiesen; gleichzeitig könnte es sich noch weiter nach Norden und Osten erstreckt haben.[30]

Verhältnis der alten Philister zu ihren Nachbarvölkern

Über die Philistäa nimmt man an, dass dort bis zum 13./12. Jhd. die Ägypter über die dort eingeborenen Völker herrschten, die man nach der Bibel mit der Sammelbezeichnung „Kanaanäer“ zusammenfasst. Laut biblischem Zeugnis wanderten außerdem ab dem 12. Jhd. die Israeliten von Ägypten nach Palästina ein. Welches Verhältnis die Seevölker in Palästina zu Ägyptern einerseits und Kanaanäern und Israeliten andererseits hatten, ist in der Forschung umstritten.

Recht sicher ist zunächst, dass es keine zeitliche Überschneidung der Präsenz von Ägyptern und Philistern gab: Wo sich Philister in einst ägyptisch regierten Orten niederließen, folgt stets die philistäische Besiedlungsphase auf die ägyptische. Ob das heißt, dass die Philister die Ägypter besiegt und vertrieben haben, oder dass zunächst die Ägypter sich aus anderen Gründen aus Palästina zurückzogen und die Philister nur die Gunst der Stunde nutzten und sich in den politisch frei gewordenen Regionen ansiedelten, ist unsicher. Neuerdings wird in der Forschung zunehmend betont, dass es in vielen philistäischen Orten keine klaren Anzeichen für gewaltsame Auseinandersetzungen in der vor-philistäischen Phase gibt, was für die zweite Option sprechen würde.[31][32] In Aphek, Jaffa, Aschdod, Geser und Tell Sera lassen sich allerdings doch Auseinandersetzungen archäologisch nachweisen.[33][34]

Philister einerseits und Kanaanäer und Israeliten andererseits hält man auch heute noch meist nach dem Zeugnis der Bibel für verfeindet. Es ist aber zunächst fast unmöglich, dass Israeliten und Kanaanäer gegen die Philister bestehen hätten können, wie es die Bibel über die Israeliten berichtet: Allein die Städte Ekron[35] und Gat[36] waren im 12.–10. Jhd. dichter besiedelt als das gesamte judäische Bergland (ohne Jerusalem).[37]

Auch zum Verhältnis Philister – Kanaanäer betont z. B. Aren Maeir neuerdings häufiger, dass es auch hier erstens wenig archäologische Evidenz für Kriege gebe, sondern dass sich zweitens nicht einmal klare Grenzen zwischen dem philistäischen Küstengebiet und der Schefela ziehen lassen, weil vielmehr drittens in beiden Regionen die materiellen und realen Kulturen fließend von „mehr philistäisch“ zu „mehr kanaanäisch“ übergingen.[38][39] Ab dem 10. Jhd. kann man allerdings archäologisch feststellen, dass in der Schefela die nicht-philistäischen Grenzorte Bet Schemesch, Khirbet Qeiyafa, Tell Burna, Tell Scheqef, Tell el-Hesi, Lachisch und Tell Milḥa[40][41] befestigt werden, was ein recht deutliches Indiz für wenigstens kurzzeitige politische Spannungen zwischen Philistern und den Bewohnern der Schefela ist.

Mindestens muss man aber heute dennoch festhalten, dass Philister und die ursprünglichen Bewohner des Landes Palästina nicht radikal verfeindet gewesen sein können. Wahrscheinlich ist es sogar umgekehrt so, dass große Anteile der Bevölkerung in philistäischen Städten Kanaanäer waren. Dies wird erstens daraus erschlossen, dass auch in mutmaßlich philistäischen Städten immer auch nicht nur philistäisch, sondern auch kanaanäisch gebaut und immer auch nicht nur philistäische, sondern auch kanaanäische Keramik verwendet wurde. Zweitens legt es die Siedlungsgeschichte des 12. Jhds. nahe. Wie Ausgrabungen zeigen, entwickelten sich im Süden Palästinas die Küste und die Schefela so, dass immer mehr in Küstennähe gelegene Ortschaften immer größer und „immer philistäischer“ wurden, während gleichzeitig in der Schefela rasant Ortschaften aufgegeben wurden – und meistens eben so, dass sich keine Indizien für kriegerische Auseinandersetzungen feststellen lassen. Beides zusammen wird so gedeutet, dass die Philistäer eine Politik des Synoikismos praktizierten, bei der die kanaanäischen Bewohner der kleineren Orte in der Küstenregion und der Schefela dazu angeregt wurden, in die philistäischen Großstädte in spe zu ziehen.[42][43][44][45] Gelegentlich spricht man daher nicht von einer „philistäischen“, sondern von einer „philisto-kanaanäischen“ Kultur.

Weitere Geschichte

Zeittafel der Geschichte der Philister
Zeitraum Ereignisse
Bis 11. Jhd. v. Chr. Ansiedlung und Ausbreitung in Palästina
10.–9. Jhd. Unter Scheschonq I. fallen die Ägypter und unter Hasael die Aramäer in Palästina ein. Während Hasaels Eroberung den Aufschwung des benachbarten Reichs Juda einläutet, sind danach die Philister militärisch geschwächt.
8.–7. Jhd. Die Assyrer unterwerfen alle Völker Palästinas. Unter assyrischer Herrschaft wächst das Gebiet der Philister und sie erleben einen wirtschaftlichen Aufschwung.
7. Jhd. Nach dem Abzug der Assyrer gerät die Philistäa wieder unter den Einfluss der Ägypter, die sie vielleicht auch für kurze Zeit zu ägyptischen Vasallen machen.
frühes 6. Jhd. Die Babylonier fallen in Israel ein, zerstören viele Orte und verschleppen sowohl Philister als auch Judäer ins Exil. Wie viele Philister in der Philistäa übrig blieben und aus dem Exil zurückkehrten, ist umstritten.
spätes 6. bis 2. Jhd. Die Perser erobern Palästina; später siegt Alexander der Große über die Perser und Palästina wird Teil des Alexanderreichs. Die Städte in der Philistäa wachsen wieder stark. Zunächst stehen im Norden v. a. die Städte Jaffa und Aschkelon stark unter dem Einfluss der Phönizier und die Orte südlich und östlich von Gaza werden Teil des Reichs der Idumäer. Später werden alle drei Völker hellenisiert und die phil. Städte wandeln sich zu griechischen Poleis; auch die Religion wird griechisch.
2.–1. Jhd. Die judäischen Makkabäer führen Krieg auch gegen die Philister, zerstören Javne und erobern Gezer. Wie sehr die philistäischen Orte weiter südlich geschädigt werden, ist unklar; laut den Makkabäerbüchern und Flavius Josephus werden bis auf Aschkelon alle Städte erobert oder zerstört.
1. Jhd. v. Chr. – 4. Jhd. n. Chr. Unter Pompejus erobern die Römer auch Palästina. Die philistäischen Städte werden zunächst wieder zu autonomen Poleis, dann teilweise Teil der römischen Provinz Judäa, die später nach dem griechischen Namen der Philister in „Palaistina“ umbenannt wird. Ganz Palästina wächst massiv.
5.–6. Jhd. Aus dem Römischen Reich geht u. a. das Byzantinische Reich hervor. Unter byzantinischer Herrschaft wird das Küstengebiet christlicher, die Städte verlieren teilweise ihren urbanen Charakter und die Gesellschaft wird insgesamt ländlicher.
7. Jhd. Muslimische Araber erobern Palästina. Die Desurbanisierung setzt sich fort. Das Küstengebiet bekehrt sich nur langsam zum Islam, die Kultur der Küstenstädte geht aber nach und nach auf in der immer arabischeren Kultur Palästinas.

Ökonomie und Haushalt

Archäologische Ausgrabungen legen nahe, dass die Kultur der Philister weit urbaner war als die der Israeliten, Judäer und Kanaanäer: Bevor Ende des 8. Jhd. die Assyrer die Regionalgeschichte neu schrieben, maßen bei jeweils größter Ausdehnung die Städte Ekron 24 ha,[46] Aschkelon 40–60 ha,[47] Gat 45–50 ha und Aschdod und Aschdod Yam zusammen über 55 ha,[48][49] Gaza könnte sogar noch gewaltiger gewesen sein.[50] Zum Vergleich: Unter Absehung vom noch nicht ausreichend ausgegrabenen Samaria und vom wahrscheinlich aramäischen Dan waren bis zum 8. Jhd. die größten israelitischen, judäischen und kanaanäischen Städte Jerusalem mit 16 ha und im Norden Hazor, Rehov und Schimron mit 12–13 ha (auch Megiddo und Geser hatten beide 12–13 ha). In der Nachbarschaft der Philistäa im Süden folgen nach Jerusalem schon Eton, Gibeon, Lachisch und Socoh mit nur noch 6–7 ha.[51][52] Im Schnitt waren die philistäischen Großstädte damit zeitweise mehr als viermal so groß wie die Großstädte ihrer Nachbarn.

Ebenfalls typisch philistäisch: Der Herd aus kleinen Feldsteinen, oft neben der zentralen Säule.
Abbildung der beiden Haustypen, wie sie im Fließtext beschrieben werden.
Links: T-förmiges Haus und (gestrichelt:) lineares Haus. Rechts: Vierraumhaus[53]

Dieser urbanere Charakter schlägt sich auch in der für Philister charakteristischen Wohnarchitektur nieder. Typisch für eisenzeitliche Wohnhäuser ist die Grundstruktur mit einem zentralen und größeren Raum oder Hof und mehreren kleineren daran anschließenden Räumen. Im Bergland allerdings haben diese besonders häufig genauer die Grundstruktur, dass die zentrale Fläche an den Seiten von zwei oft nur durch Säulen abgetrennten kleineren und niedrigen Räumen flankiert wird, während an der Küste der zentrale Raum die gesamte Breite des Wohnhauses einnimmt. Bisweilen sind die philistäischen Häuser außerdem nicht aus bloßem Feldstein, sondern aus grob behauenem Stein gebaut und (stellenweise) mit hydraulischem Kalkputz verputzt – zwei Techniken, die die Philister vielleicht wie die Grundstruktur ihrer Häuser aus dem mykenischen Kulturkreis nach Palästina importiert haben.[54][55] Der Hintergrund dieser unterschiedlichen Bauweisen ist hauptsächlich der, dass die Seitenräume des sog. „Vierraumhauses“ im Bergland i. d. R. als Ställe für Kleinvieh dienten.[56][57] Das typische Haus von Israeliten und Judäern ist damit das antike Pendant eines Bauernhauses von Selbstversorgern, das philistäische und phönizische Haus eines von Städtern, die keine Subsistenzwirtschaft betreiben mussten, weil sie anders wirtschafteten.

Ausgewählte Orte der Philister und ausgewählte Handelsrouten.[58]
Zylindrisches Webgewicht

Zu dieser anderen Wirtschaftsweise gehörte sicher vor allem der Handel. Mehrere der größten philistäischen Städte (Gaza, Aschdod, Aschkelon) waren Hafenstädte an der Küste; weitere wichtige Hafen waren in Javne, in Jaffa und in Tell Qasile. Diese Orte waren auch Stationen auf der wichtigen Handelsroute „Via Maris“, die südlich von Tell Rafa über Land nach Ägypten führte.

Südöstlich von Tell el-Fār'a (Süd) und Nahal Patisch verlief durch das Be’er-Scheva-Tal eine weitere wichtige Handelsroute. Von der engen Beziehung der Bewohner der Philistäa und des Be’er-Scheva-Tals zeugen sehr große Mengen an philistäischer Keramik besonders in Be’er Scheva, aber auch in Tell Masos und Tell Malhata; außerdem bis ins 10. Jhd. eine Reihe kleiner Gehöfte (sog. „Hatserim“), die ungeschützt Nahal Patisch und Be’er Scheva verbanden. Die politische Zugehörigkeit dieser Hatserim ist umstritten. Meist rechnet man sie politisch zu den Orten im Be’er-Scheva-Tal; manche Historiker halten aber auch sie noch für philistäisch.[59] Diese zweite Handelsroute führte erstens ins Negev-Gebirge, wo die Betreiber der Kupferminen von Khirbet en-Nahas und – noch weiter südlich – Timna in der Arava-Senke lebten.[60][61][62][63] Sie führte zweitens nach Arabien und war so ein Vorläufer der späteren Weihrauchstraße. Barako vermutet, dass auch schon die Philister vor allem Weihrauch von den Arabern erhandelten,[64] den sie für ihren religiösen Kult benötigten (s. die Seite Keramik der Philister).

Die Be’er-Scheva-Route verband außerdem Palästina mit der Königsstraße, einer dritten wichtigen Handelsroute, die auf der anderen Seite des Jordan gen Norden durch Moab und Ammon über Aram bis nach Mesopotamien führte. Die zweite palästinische Handelsroute, die Palästina mit der Königsstraße verband, verlief von Aphek und Dor aus durch das Jesreel-Tal, wo man heute ebenfalls Philister vermutet (s. o.). Sie führte außerdem nach Tell es-Sa'idiyeh und von dort zu den benachbarten Eisenminen bei Mugharet el-Wardeh im Norden Ammons.[65]

Über diese beiden Routen durch das Jesreel-Tal und das Be’er-Scheva-Tal hatten die Philister nicht nur Zugang zu Eisen und Kupfer: Archäologische Funde in Aschkelon, Gat und – sofern es denn philistäisch war – Tell es-Sa'idiyeh zeigen, dass sie auch selbst in der Eisenverarbeitung tätig waren.[66][67][68] Dass Eisenprodukte dennoch nicht häufiger in philistäischen Orten gefunden wurde als in der Umgebung,[69][70] macht wahrscheinlich, dass Metalle und Eisenwaren ein Wirtschaftszweig des philistäischen Handels war.[71]

Eine zweite große Gruppe von Handelsgütern war gewiss die philistäische Keramik,[71] die besonders in Aschdod produziert wurde, eine dritte Textilien. Aus den typisch philistäischen zylindrischen (statt: doughnut-förmigen) Webgewichten[72] kann man etwa die Präsenz eines eisenzeitlichen Textilverarbeitungszentrums in Gat erschließen.[73]

Nach der Eroberung durch die Assyrer im 7. Jhd. entwickelte sich Ekron gleich doppelt zu einem Zentrum für Textilverarbeitung und für Olivenöl-Produktion,[74][75] an das wohl auch Gat angeschlossen war, und Aschkelon zu einem Zentrum für Weinherstellung.[76] Auch in den Orten Tell Qasile und Jaffa, bei den benachbarten Orten Lod und Rischon LeZion[77] sowie bei Tell Hadid,[78] die mindestens im 8. Jhd. politisch alle zu Aschkelon gehört hatten, wurden Weinpressen größtenteils schon aus der Eisenzeit II (10.–8. Jhd.) gefunden – nach der Eroberung durch die Assyrer hatte demnach der ganze nördliche Part der zentralen Küstenebene Palästinas Teil an einer komplexen Weinindustrie. Auch nach der Zeitenwende wurde bis zum Ende des 7. Jhds. v. a. in Gaza, Aschkelon und Javne der sog. „Gaza-Wein“ produziert und exportiert.[79]

Religion der alten Philister

Die Hauptgottheit der alten Philister war Dagān. Archäologie und biblische Zeugnisse legen außerdem nahe, dass die alten Philister daneben auch Astarte, Aschera und Ba’al verehrten. Eine im Tempel von Ekron gefundene Weihinschrift bezeugt außerdem die Verehrung einer Göttin Ptgy.h ˀdt(h). Die Identität dieser Göttin ist umstritten; am wenigsten problembehaftet ist aber die Interpretation von Christa Schäfer-Lichtenberger, gemeint sei die Göttin „Gaia von Delphi“. Demnach war die Religion der Philister ein reiner Polytheismus.

Im öffentlichen Kult wurden diese Götter in sog. „nicht-monumentalen Knickachs-Tempeln“ verehrt, was ungewöhnlich für Palästina ist. Daneben wurde die Religion der Philister aber auch zu Hause und bei industriellen Anlagen praktiziert.

Ein besonderer religiöser Ritus von Philistern scheint das Opfern von Hunden gewesen zu sein. Bei Ausgrabungen wurden daher geschlachtete und teilweise rituell bestattete Hunde v. a. in der ganzen Philistäa und später auch bei den Phöniziern gefunden.

Charakteristisch für die alten Philister war außerdem neben anderen in Palästina verbreiteten Totenkulten das sog. „Doppel-Pithos-Begräbnis“, bei dem zwei durch Zerbrechen geweitete Amphoren vom Kopf und von den Füßen her über Verstorbene gestülpt wurden. Ob diese besondere Bestattungsform auch von anderen religiösen Vorstellungen vom Leben nach dem Tod zeugt, ist unbekannt.

Charakteristisch für die Philister ist auch, dass sich im Laufe der Geschichte der Philister ihre Religion mehrfach stark gewandelt hat und Einflüsse aus anderen Kulturen aufgenommen wurden.

Philister in der Bibel und die traditionelle Rekonstruktion der Geschichte der Philister

In der Bibel werden die Philister dargestellt als eine homogene Ethnie (v. a. Gen 10,14 EU), die vor allem in den fünf Stadtstaaten Aschdod, Aschkelon, Ekron, Gat (Siehe Tell es-Safi) und Gaza lebten (Jos 13,3 EU; 1 Sam 6,17 EU). In der Abrahams-Erzählung tritt außerdem ein philistäischer König von Gerar auf, zu dessen Gebiet noch Be’er Scheva gehört haben soll (Gen 20 EU), und in der Simson-Erzählung wird prominent von der Philister-Stadt Timna erzählt. Bis auf Be’er Scheva liegen alle diese Orte im Kerngebiet der Philistäa an der südwestlichen Küste des historischen Palästina.

Krieger eines Mitglieds der Seevölker (Mitte, mit Bürstenhelm; rechts Helm mit hornartigen Verzierungen); abgebildet auf Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand

Nach Abraham gelten die Philister überwiegend als die Erzfeinde der Israeliten schlechthin: Schon beim Auszug aus Ägypten können die Israeliten nicht vom Süden her nach Palästina einwandern, weil sie sonst gegen die Philister kämpfen müssten (Ex 13,17 EU). Der letzte Richter, Simson, vernichtet Philister zu Hunderten (Ri 16,30 EU). Israels erster König Saul (spätes 11. Jhd.) führt seine ganze Regierungszeit hindurch bis hinauf zum Berg Gilboa (1 Sam 31,1 EU) Krieg gegen sie (1 Sam 14,52 EU), um am Ende im Kampf gegen die Philister zu sterben (1 Sam 31 EU). Der Aufstieg seines Nachfolgers, König David (frühes 10. Jhd.), nimmt bereits seinen Anfang mit dem sagenhaften Kampf gegen den philistäischen Riesen Goliat (1 Sam 17,48–51 EU), und wo allein Saul tausend Philister erschlagen hat, soll David gleich zehntausend getötet haben (1 Sam 18,6–7 EU). Goliats Ausrüstung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu:

„Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat aus Gat hervor. Er war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus Bronze und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der 5000 Schekel wog. Er hatte bronzene Schienen an den Beinen und zwischen seinen Schultern hing ein Sichelschwert aus Bronze. Der Schaft seines Speeres war (so dick) wie ein Weberbaum und die eiserne Speerspitze wog 600 Schekel. Sein Schildträger ging vor ihm her.“

1 Sam 17,4–7 EU

Die Beschreibung der Ausrüstung Goliats ist ausdrücklich außergewöhnlich. Während der Schuppenpanzer einem damaligen ägyptischen Stand der Wehrtechnik entspricht, passen die Angriffswaffen zu den Seevölkern, wie sie mehr als 150 Jahre zuvor von Ramses III. beschrieben wurden. Allein Beinschienen könnten bis dahin unbekannt gewesen sein. Allerdings passen die bei Samuel beschriebenen körperlichen Merkmale Goliats zu einer Akromegalie, die zusammen mit einer ausgeprägten Fehlsichtigkeit ursächlich für einen untypischen Kampfstil und darauf abgestimmte Ausrüstung gewesen sein kann. Die Ausrüstung Goliats bestand seiner Zeit entsprechend aus Bronze (נְחֹשֶׁת). Allein für die Lanzenspitze wird als Material Eisen (בַּרְזֶל) angegeben, wie auch die Eisenzeit in der Levante bereits begonnen hatte.

Griechischer Hoplit

Bei einigen Wissenschaftlern herrscht allerdings die Ansicht, dass die alttestamentliche Rüstungsbeschreibung kaum etwas mit den Philistern der früheren Zeiten gemeinsam habe. Die erwähnten schweren Rüstungen waren vor dem 7. Jahrhundert v. Chr. sehr selten, gehörten danach jedoch zum Standard der griechischen Hopliten. Der alttestamentliche Bericht über Goliat wird daher nach deren Ansicht anachronistisch in die biblische Überlieferung gelangt sein und frühestens aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. stammen.[80]

Davids Sohn Salomo (Mitte 10. Jhd.) beherrscht dann ganz Israel inklusive des Lands der Philister (1 Kön 5,1 EU). Etwas später vernichtet noch einmal König Asarja (Mitte 8. Jhd.) die Städte Aschdod, Gat und Javne (2 Chr 26,6 EU) und baut judäische Siedlungen auf ihrem Gebiet, und auch sein Urenkel Hiskija (spätes 8. Jhd.) schlägt die Philister ein letztes Mal vernichtend bis hinunter nach Gaza. Danach verschwinden sie überwiegend aus der biblischen Geschichte; nur in Neh 4,7 EU ist noch einmal von feindseligen „Aschdodidern“ Mitte des 5. Jhds. die Rede.

Trotz vieler offensichtlich legendarischer Züge dieser Erzählungen wurde diese biblische Geschichte lange Zeit grosso modo als historisch zutreffend aufgefasst; selbst noch Carl S. Ehrlich liest in seinem Geschichtswerk über die Philister von 1996 die biblischen Geschichten als Tatsachenberichte.[81]

Aus Am 9,7 EU wurde außerdem oft der Herkunftsort der Philister abgeleitet. Dort spricht Gott: „Habe ich Israel nicht heraufgeführt aus dem Land Ägypten und ebenso die Philister aus Kaftor und Aram aus Kir?“ (ähnlich Jer 47,4 EU). Dieses „Kaftor“ wird für gewöhnlich mit dem ägyptischen Keftiu gleichgesetzt und als „Kreta“ gedeutet. Diese kretische Herkunft der Philister hat man noch verschiedentlich zu stützen versucht. Eduard Meyer etwa verwies auf den Diskos von Phaistos, wo er in einem der Schriftzeichen einen ähnlichen Kopfschmuck sehen wollte, wie ihn die „Philister“ auf einem Relief von Medinet Habu trugen.[82]

Ähnlich versuchte William F. Albright, die Philister wegen des ähnlichen Namens mit den „Pelasgern“ zu identifizieren, die laut Homer auch auf Kreta gelebt hatten.[83]

Die Lücke zwischen Herkunft von Kreta und Ansiedlung in Palästina schließlich füllte man lange mit einem ägyptischen Bericht im Papyrus Harris I, indem man annahm, dass Pharao Ramses III. (1187-1156 v. Chr.) darin von sich selbst berichtet hätte, er habe die auch in Ägypten einfallenden Philister besiegt und dann als seine Untertanen in den ägyptischen Festungen Palästinas angesiedelt.

Dieses traditionelle Paradigma gilt heute als überholt. So ist Am 9,7 nach der klassischen Deutung gewiss missverstanden: Ägypten und Kir sind in der Bibel nicht Herkunftsorte, sondern Exilsorte von Israeliten und Aramäern (zu Kir s. Am 1,5 EU), was man dann entsprechend auch für Kreta annehmen muss. Auch in Zef 2,5 EU und wahrscheinlich Ez 25,16 EU werden die Philister zwar als Kretim bezeichnet; gleichzeitig werden sie aber mit der häufigen biblischen Phrase „Kreti und Pleti“ gerade von den Kretern unterschieden,[84] wie ähnlich auch Gen 10,14 EU die Philister von den „Kaftoritern“ unterscheidet. Auch ist im Papyrus Harris von einer Ansiedlung der Philister in Palästina gar nicht die Rede – sondern von einer Ansiedlung in Ägypten.[85][86]

Vor allem aber ist seit dem Aufkommen der kritischen Bibelwissenschaft klar, dass die sagen-haften biblischen Erzählungen mindestens übertrieben sind. So zeigen beispielsweise die assyrischen Inschriften der Könige Šarru-kīn II. und Sîn-aḫḫe-eriba, dass Ende des 8. Jhds. Aschdod, Aschkelon, Ekron und Gaza auch im 8. Jhd. noch eigenständig agierende Königsstädte waren und dass auch Gat nicht zerstört war. Auch die Texte der biblischen Propheten zeichnen ein anderes Bild als die geschichtlichen Bücher: Amos und Jesaja, die laut biblischer Darstellung Mitte des 8. Jhds. wirkten, blicken auf umfassende und erfolgreiche Kriegshandlungen der Philister gegen die Judäer zurück (Jes 9,11 EU; Am 1,6–8 EU). Zu Jesajas Zeit und wohl auch später zur Zeit Obadjas soll zu ihrem Gebiet die Schefela gehört und so bis zum Rand des judäischen Berglands gereicht haben (Jes 11,14 EU; Obd 19 ELB[87]). Auch andere späte Propheten verheißen eine erst noch ausstehenden Niederlage der Philisterstädte (Ez 25,16 EU: 6. Jhd.; Zef 2,4–7 EU: 6. Jhd.; Sach 9,5–7 EU: nach Mehrheitsmeinung 5. Jhd.).

Erklärt wird diese Diskrepanz der historischen Bücher der Bibel und der anderen biblischen und außerbiblischen Schriftzeugnisse heute oft damit, dass die Darstellung der Philister in der Bibel als „archetypische Erzfeinde“ Israels[88][89] mindestens auch ein „literarisches Stilmittel“[90] ist und als solches diverse literarische Funktionen hat – insbesondere die, das Königtum Davids zu legitimieren[91] und als „Sündenböcke“[92] in der Geschichte Israels zu dienen. In der neueren Bibelwissenschaft und Geschichtsschreibung verlässt man sich daher heute bei der Rekonstruktion der Geschichte der Philister zunehmend nicht mehr auf die Darstellung der Bibel, sondern auf Erkenntnisse der Archäologie und zeitgenössische Inschriften der umliegenden Nationen.

Nachkommen der Philister

Im Israelisch-Palästinensischen Konflikt gibt es auf beiden Seiten Meinungen, die die heutigen Palästinenser als Nachfahren der Philister ansehen, wodurch der Konflikt, historisch überhöht, als Fortsetzung des in der Bibel beschriebenen Kampfes der Israeliten und der Philister um die Vorherrschaft im Land dargestellt wird. Historisch ist dies jedoch fragwürdig. Die Philister waren schon Jahrhunderte vor der römischen Eroberung in der kanaanäischen Bevölkerung aufgegangen. Die Bevölkerung Palästinas bestand bereits vor dem Jüdischen Krieg und der Zerstörung Jerusalems neben Judäern aus verschiedenen anderen Völkerschaften (z. B. Idumäer), die durch die gemeinsame aramäische Sprache und die Zugehörigkeit zum Römischen Reich allmählich ihre Eigenart verloren und miteinander verschmolzen. Die Palästinenser sind Nachkommen dieser Provinzbevölkerung, die nach der arabischen Eroberung allmählich islamisiert wurde, und der zugewanderten Araber. Andere, insbesondere aus der osmanischen Zeit stammende Einflüsse sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Pseudowissenschaftliche Geschichtsforschung

Laut der überaus umstrittenen Atlantis-Hypothese nach Jürgen Spanuth soll das angebliche Heimatland der Philister eine neben Helgoland (= Atlantis) gelegene, inzwischen untergegangene Insel (I-Kaphtor = Südstrand) gewesen sein. Die Schiffstypen mit großem Rahsegel und „Mastkorb“ sowie gebogenen Steven hätten große Ähnlichkeiten mit den Schiffstypen der „Nordvölker“. Aus heutiger Sicht ist dies unsinnig, da es in Nordeuropa zu dieser Zeit zweifelsfrei keine Segelschiffe gab, sondern nur Ruderboote, während es aus dem Mittelmeerraum schon frühere Nachweise von Segeln gibt. Weitere Argumente Spanuths waren die Kunst der Eisenherstellung und die Verwendung von Griffzungenschwertern vom Typ Sprockhoff (heute: Naue) IIa durch die Philister. Die Dächer seien durch firstständige Holzsäulen getragen worden, die nach biblischer Geschichte der starke Simson anhob und so das Haus zum Einsturz brachte. Dieser Haustyp war laut Spanuth nur in den Nordländern verbreitet. Für die fragliche Zeit, also die Bronzezeit, gibt es für diese Behauptung jedoch keinerlei Belege. Kriege durch Zweikampf und nicht durch Schlachten zu entscheiden, war laut Spanuth ein weiteres Kennzeichen der Philister, das u. a. auch den Kampf von David und Goliat ermöglicht haben soll.

Siehe auch

Literatur

  • Trude Dothan, Moshe Dothan: Die Philister. Zivilisation und Kultur eines Seevolkes. Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-01233-5 (Originaltitel: People of the Sea. Übersetzt von Christiane Landgrebe).
  • Carl Stephan Ehrlich: The Philistines in Transition. A History of the Philistines from ca. 1000–730 B.C.E. (= Studies in the History and Culture of the Ancient Near East. Band 10). Brill, Leiden / New York 1996, ISBN 90-04-10426-7. (englisch, zugleich Dissertation Harvard University, Cambridge (MA) 1991).
  • Karl Jaroš: Kanaan, Israel, Palästina. Ein Gang durch die Geschichte des Heiligen Landes (= Kulturgeschichte der antiken Welt. Band 51). von Zabern, Mainz 1992, ISBN 3-8053-1345-4.
  • Ann E. Killebrew: Biblical Peoples and Ethnicity. An Archaeological Study of Egyptians, Canaanites, Philistines, and early Israel, 1300–1100 B.C.E. Society of Biblical Literature, Atlanta 2005, ISBN 1-58983-097-0.
  • Benjamin Mazar: The Philistines. In: Benjamin Mazar (Hrsg.): The World History of the Jewish People (= The world history of the Jewish people. First series Ancient times. Band 3: Judges.). W. H. Allen, London/ Jerusalem 1971, ISBN 0-491-00712-4, S. 164–179 und 324–325.
  • Edward Noort: Die Seevölker in Palästina (= Palaestina antiqua. Neue Serie. Band 8). Kok Pharos Publishing House / Peeters Publishers, Kampen (NL) / Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3.
  • Israel Finkelstein: Is the Philistine Paradigm Still Viable? In: Manfred Bietak, Ernst Czerny (Hrsg.): The Synchronisation of Civilisations in the Eastern Mediterranean in the Second Millennium B.C. III: proceedings of the SCIEM 2000 - 2nd EuroConference Vienna, 28th of May-1st of June 2004 (= Contributions to the chronology of the Eastern Mediterranean. Band 9/ Denkschriften der Gesamtakademie. Band 37). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007, ISBN 978-3-7001-3527-2, S. 517–524 (Volltext als PDF).
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Wiktionary: Philister – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Rainer Hannig: Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch (2800–950 v. Chr.). 4., überarbeitete Auflage. von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3-8053-1771-9, S. 304–305.
  2. Frederik Christiaan Woudhuizen: The Ethnicity of the Sea Peoples. Erasmus Universiteit, Rotterdam 2006, A Historiographic Outline, S. 36 (Digitalisat [abgerufen am 13. April 2016]).
  3. Aren M. Maeir (2022): You've Come a Long Way, Baby! Changing Perspectives on the Philistines. In: Journal of eastern mediterranean archaeology and heritage studies. (JEMAHS) Band 10, Nr. 3–4, 2022, S. 216–239, hier 216 f.
  4. Tristan Barako (2000): The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon? In: American Journal of Archaeology. (AJA). Band 104, S. 513–530.
  5. Louise A. Hitchcock, Aren M. Maeir (2016): A Pirate’s Life for Me: The Maritime Culture of the Sea People. In: Palestine Exploration Quarterly. (PEQ). Band 148, Nr. 4, 2016, S. 245–264, hier S. 255, 259 (doi:10.1080/00310328.2016.1250358).
  6. Aren M. Maeir: Iron Age I Philistines: Entangled Identities in a Transformative Period. In: A. Yasur-Landau, E. Cline, Y. Rowan (Hrsg.): The Social Archaeology of the Levant: From Prehistory to the Present. Cambridge University Press, Cambridge 2018, doi:10.1017/9781316661468.018, S. 310–323.
  7. Ernst Axel Knauf, Hermann Michael Niemann: Geschichte Israels und Judas im Altertum. De Gruyter, Berlin / Boston 2021, ISBN 978-3-11-014543-4, S. 94.
  8. J. Brian Peckham: Phoenicia. Episodes and Anecdotes from the Ancient Mediterranean. Eisenbrauns, Winona Lake 2014, ISBN 978-1-57506-181-8, S. 47.
  9. Ayelet Gilboa (2007): Fragmenting the Sea People. With an Emphasis on Cyprus, Syria and Egypt: A Tel Dor Perspective. In: Scripta Mediterranea. XXVII–XXVIII, 2007, S. 209–244, hier 210 f.
  10. Jeffrey P. Emanuel (2012): ‘Šrdn of the Strongholds, Šrdn of the Sea‘. The Sherden in Egyptian Society, Reassessed. Vortrag; abgerufen am 19. Januar 2024.
  11. Laura Geggel: Philistines, Biblical Enemies of the Israelites, Were European, DNA Reveals. Auf: livescience.com vom 3. Juli 2019; zuletzt abgerufen am 23. Februar 2023.
  12. Ancient DNA sheds light on the genetic origins of early Iron Age Philistines (Originalstudie). 8. Juli 2019, abgerufen am 8. Juli 2019 (englisch). Philister kamen, lebten sich ein und verschwanden. Spektrum der Wissenschaft, 8. Juli 2019, abgerufen am 8. Juli 2019. Die Philister kamen aus Europa. In: Israelnetz.de. 5. Juli 2019, abgerufen am 22. Juli 2019.
  13. Edward Noort: Die Seevölker in Palästina (= Palaestina antiqua. Neue Serie. Band 8). Kok Pharos Publishing House/ Peeters Publishers, Kampen (NL)/ Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3, S. 77.
  14. Ann E. Killebrew: The Philistines during the Period of the Judges. In: Jennie Ebeling u. a. (Hrsg.): The Old Testament in Archaeology and History. Baylor University Press, Waco 2017, S. 321 f.
  15. Walter Dietrich: Pentapolis. In: WiBiLex; abgerufen am 21. Februar 2024.
  16. Avner Raban: The Philistines in the Western Jezreel Valley. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. (BASOR). Band 284, 1991, S. 17–27.
  17. Itamar Singer: Egyptians, Canaanites, and Philistines in the Period of the Emergence of Israel. In: Israel Finkelstein, Nadav Na'aman (Hrsg.): From Nomadism to Monarchy. Archaeological and Historical Aspects of Early Israel. Yad Izhak ben-Zvi, Jerusalem 1994, S. 318 f.
  18. Ephraim Stern: The Material Culture of the Northern Sea Peoples in Israel. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2013, ISBN 978-1-57506-946-3, S. 20–25.
  19. Peter M. Fischer, Teresa Bürge: Cultural Influences of the Sea Peoples in Transjordan. The Early Iron Age at Tell Abū Ḫaraz. In: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins. (ZDPV). Band 129, Nr. 2, 2013, S. 132–170.
  20. Robert D. Miller: The Judges and the Early Iron Age. In: Bill T. Arnold, Richard S. Hess (Hrsg.): Ancient Israel's History. An Introduction to Issues and Sources. Baker Academic, Grand Rapids 2014, ISBN 978-1-4412-4634-9, S. 188.
  21. Jeffrey P. Emanuel (2015/2016): „Sea Peoples“ in Egyptian Garrisons in Light of Beth-Shean, (Re-)Reconsidered. In: Mediterranean Archaeology. Band 28/29, 2015/2016, S. 1–22.
  22. Josette Elayi: The History of Phoenicia. Lockwood Press, Atlanta 2018, ISBN 978-1-937040-81-9, S. 91.
  23. hebräisch פְּלִשְׁתִּים pəlištīm lautete ursprünglich vor den Lautwandeln der Vortonreduktion (pəlištīm < palištīm) und Attenuation (palištīm < palaštīm) fast sicher palaštīm; siehe auch die verwandte persische Bezeichnung Palastai bzw. Palasti und die Bezeichnung Palastu in assyrischen Inschriften. Siehe dazu noch Heike Sternberg-el Hotabi: Der Kampf der Seevölker gegen Pharao Ramses III. Rahden 2012, S. 51.
  24. Ann E. Killebrew (2017): The Philistines during the Period of the Judges. In: Jennie Ebeling u. a. (Hrsg.): The Old Testament in Archaeology and History. Baylor University Press, Waco 2007, S. 324.
  25. John D. Hawkins: Cilicia, the Amuq, and Aleppo. New Light in a Dark Age. In: Near Eastern Archaeology. (NEA). Band 72, Nr. 4, 2009, S. 164–173.
  26. David Kaniewski u. a.: The Sea Peoples, from Cuneiform Tablets to Carbon Dating. In: PLoS One. Band 6, Nr. 6, 2011.
  27. Amir Gilan (2013): Pirates of the Mediterranean – A View from the Bronze Age. In: Nikolas Jaspert, Sebastian Kolditz (Hrsg.): Seeraub im Mittelmeerraum. Piraterie, Korsarentum und maritime Gewalt von der Antike bis zur Neuzeit. Schöningh, Paderborn 2013, ISBN 978-3-506-77869-7, S. 63 f.
  28. Mark Weeden (2013): After the Hittites: The Kingdoms of Karkamish and Palistin in Northern Syria. In: Bulletin of the Institute of Classical Studies. (BICS). Band 56, Nr. 2, 2013, S. 1–20.
  29. Marina Pucci (2020): The Amuq region during the Iron Age I-II: Formation, Organization and Development of a Community. In: Alexander E. Sollee (Hrsg.): Formation, Organisation and Development of Iron Age Societies. A Comparative View. Proceedings of the Workshop held at the 10th ICAANE in Vienna, April 2016. Austrian Academy of Sciences Press, Wien 2020, ISBN 978-3-7001-8401-0, S. 137 f.
  30. Brian Janeway (2017): Sea Peoples of the Northern Levant? Aegean Style Ceramic Evidence for the Sea Peoples from Tell Tayinat. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2017, S. 20–24.121–123.
  31. Shirly Ben-Dor Evian (2017): Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm. In: Oxford Journal of Archaeology. Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268 f.
  32. Jesse M. Millek (2021): Just What did They Destroy? The Sea Peoples and the End of the Late Bronze Age. In: Jens Kamlah, Achim Lichtenberger (Hrsg.): The Mediterranean Sea and the Southern Levant. Archaeological and Historical Perspectives from the Bronze Age to Medieval Times. Harrassowitz, Wiesbaden 2021, ISBN 978-3-447-11742-5.
  33. Siehe beispielsweise auch Tristan Barako (2013): Philistines and Egyptians in Southern Canaan during the Early Iron Age. In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology. Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-129-2.
  34. Jonathon Wylie, Daniel Master: The Conditions for Philistine Ethnogenesis. In: Ägypten und Levante. Band 30, 2020, S. 547–568, hier 560.
  35. Herrmann M. Niemann (2002): Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie. In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag. Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 75. (PDF).
  36. Z.B. Andrew T. Creekmore III, Aren M. Maeir: Philistine urban form at Tell es-Safi/Gath, Israel: a magnetometric perspective. In: Levant. Band 53, Nr. 2, 2021, S. 164–185, hier 168.
  37. Avi Ofer: The Monarchic Period in the Judaean Highland: A Spatial Overview. In: Amihai Mazar (Hrsg.): Studies in the Archaeology of the Iron Age in Israel and Jordan. Sheffield Academic Press, Sheffield 2001, ISBN 1-84127-203-5, S. 19.
  38. Aren M. Maeir (2019): Philistine and Israelite Identities: Some Comparative Thoughts. in: Die Welt des Orients (WdO). Band 29, Nr. 2, 2019, S. 151–160, hier 151–155.
  39. Aren M. Maeir: Philistines and Israelites/Judahites. Antagonism and Interaction. In: Kyle H. Keimer, George A. Pierce (Hrsg.): The Ancient Israelite World. Routledge, London / New York 2023, ISBN 978-1-032-34973-2, S. 559.
  40. Zu Burna, Scheqef, el-Hesi und Milḥa ; siehe Jeffrey A. Blakely u. a. (2014): The Southwestern Border of Judah in the Ninth and Eighth Centuries B.C.E. In: John R. Spencer u. a. (Hrsg.): Material Culture Matters. Essays on the Archaeology of the Southern Levant in Honor of Seymour Gitin. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2014.
  41. Zu Lachisch siehe beispielsweise Hoo-Goo Kang u. a.: The Level V City Wall at Lachish. In: Palestine Exploration Quarterly. (PEQ). Band 155, Nr. 2, 2023, S. 135–145.
  42. Shlomo Bunimovitz: Sea Peoples in Cyprus and Israel: A Comparative Study of Immigration Processes. In: Seymour Gitin u. a. (Hrsg.): Mediterranean Peoples in Transition: Thirteenth to Early Tenth Centuries BCE. Israel Exploration Society, Jerusalem 1998, S. 107 f.
  43. Avraham Faust, Hayah Katz (2011): Philistines, Israelites and Canaanites in the Southern Trough Valley during the Iron Age I. In: Ägypten und Levante. Band 21, S. 231–247, hier 235 f.
  44. Alon Shavit: Settlement Patterns of Philistine City-States. In: Alexander Fantalkin, Assaf Yasur-Landau (Hrsg.): Bene Israel. FS Israel Finkelstein. Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-15282-3, S. 160.
  45. Ähnlich Ido Koch (2017): Settlements and Interactions in the Shephelah during the Late Second through Early First Millennia BCE. In: Oded Lipschits, Aren M. Maeir (Hrsg.): The Shephelah during the Iron Age. Recent Archaeological Studies. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2017, ISBN 978-1-57506-486-4, S. 189.
  46. Herrmann M. Niemann (2002): Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie. In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag. Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 75. (PDF).
  47. Herrmann M. Niemann (2002): Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie. In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag. Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 76. (PDF).
  48. Zu Aschdod siehe Magen Broshi, Israel Finkelstein: The Population of Palestine in Iron Age II. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. (BASOR). Band 287, 1992, S. 47–60, hier 53.
  49. Zu Aschdod Yam siehe Alexander Fantalkin (2014): Ashdod-Yam on the Israeli Mediterranean Coast: A First Season of Excavations. In: Skyllis. Band 14, Heft 1, 2014, S. 45–57, hier 46.
  50. Tristan Barako (2001): The Seaborne Migration of the Philistines. Dissertation. 2001, S. 85 f.
  51. Zahlen nach Avraham Faust: The Archaeology of Israelite Society in Iron Age II. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2012, S. 200–203.
  52. Zu Jerusalem siehe Hillel Geva (2014): Jerusalem's Population in Antiquity: A Minimalist View. In: Tel Aviv. Band 41, 2014, S. 131–160, hier 137.
  53. Alle Haustypen sind stark abstrahiert und finden sich in vielen Variationen. Für einige Varianten des linearen Hauses s. Adam J. Aja (2009): Philistine Domestic Architecture in the Iron Age 1. Dissertation. (PDF), S. 261. Für einige Varianten des Vierraumhauses s. Shlomo Bunimovitz, Avraham Faust (2003): Building Identity: The Four-Room House and the Israelite Mind. In: William G. Dever, Seymour Gitin (Hrsg.): Symbiosis, Symbolism, and the Power of the Past. Canaan, Ancient Israel, and Their Neighbors from the Late Bronze Age through Roman Palaestina. Proceedings of the Centennial Symposium W. F. Albright Institute of Archaeological Research and American Schools of Oriental Research. Jerusalem, May 29–31, 2000. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2003, ISBN 1-57506-081-7, S. 413, Nr. 3−9.
  54. Aren M. Maeir u. a. (2013): On the Constitution and Transformation of Philistine Identity. In: Oxford Journal of Archaeology. Band 32, Nr. 1, 2013, S. 1–38, hier 9.
  55. Aren M. Maeir u. a.: Technological Insights on Philistine Culture: Perspectives from Tell es-Safi/Gath. In: Journal of Eastern Mediterranean Archaeology & Heritage Studies. Band 7, Nr. 1, 2019, S. 76–118, hier 84–86.
  56. Peter Riede (2020): Stall. In: WiBiLex. abgerufen am 24. Januar 2024.
  57. Dieter Viehweger (o.D.): Häuser und Hausbau in alttestamentlicher Zeit; abgerufen am 24. Januar 2024.
  58. Die Karte ist anachronistisch: Nicht alle Orte existierten zur selben Zeit und einige wechselten mehrfach die politische Zugehörigkeit. Routen nach: David A. Dorsey (1991): The Roads and Highways of Ancient Israel. Johns Hopkins University Press, Baltimore / London 1998.
  59. siehe beispielsweise Gunnar Lehmann u. a. (2009): Ausgrabungen in Qubūr el-Walēyide, Israel, 2007–2008. Vorbericht. In: Zeitschrift des deutschen Palästinavereins. Band 125, Nr. 1, 2009, S. 1–28, hier 24 f; beispielsweise auch: Detlef Jericke (2011): Negev. In: WiBiLex. Kapitel 3.6, Absatz 2; abgerufen am 25. Januar 2024.
  60. Shirly Ben-Dor Evian (2017): Follow the Negebite Ware Road. In: Oded Lipschits u. a. (Hrsg.): Rethinking Israel. Studies in the History and Archaeology of Ancient Israel in Honor of Israel Finkelstein. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2017, ISBN 978-1-57506-787-2.
  61. Nadav Na'aman (2019): Biblical Archaeology and the Emergence of the Kingdom of Edom. In: Antiguo Oriente. Band 19, 2019, S. 11–40.
  62. Christian Frevel (2019): State Formation in the Southern Levant – The Case of the Aramaeans and the Role of Hazael's Expansion. In: Angelika Berlejung, Aren M. Maeir (Hrsg.): Research on Israel and Aram: Autonomy, Interdependence and Related Issues. Proceedings of the First Annual RIAB Center Conference, Leipzig, June 2016 (RIAB I). Mohr Siebeck, Tübingen 2019, ISBN 978-3-16-157719-2, S. 364 f. (PDF).
  63. Israel Finkelstein (2020): The Arabah Copper Polity and the Rise of Iron Age Edom: A Bias in Biblical archaeology?. In: Antiguo Oriente. Band 18, 2020, S. 11–32.
  64. Tristan J. Barako: The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon? In: American Journal of Archaeology. Band 104, Nr. 3, 2000, S. 513–530, hier 517, 519.
  65. Z.B. Harald A. Veldhuizen, Thilo Rehren (2007): Slags and the city: early iron production at Tell Hammeh, Jordan, and Tel Beth-Shemesh, Israel. In: Metal and Mines: Studies in Archaeometallurgy. Band 189, 2007, S. 189–201.
  66. Nathaniel L. Erb-Satullo, Joshua T. Walton (2017): Iron and copper production at Iron Age Ashkelon: Implications for the organization of Levantine metal production. In: Journal of Archaeological Science: Reports. Band 15, 2017, S. 8–19.
  67. Adi Eliyahu-Behar, Vanessa Workman: Iron Age Metal Production at Tell eṣ-Ṣâfi/Gath. In: Near Eastern Archaeology. Band 81, Nr. 1, 2018, S. 34–36.
  68. Maria L. Mascelloni: Testing Evidence for Local Metalworking at Tell es-Sa´idiyeh, Jordan. In: Advances in Historical Studies. Band 9, 2020, S. 211–228.
  69. Paula M. McNutt: The Forging of Israel: Iron Technology, Symbolism and Tradition in Ancient Society. Almond Press, Sheffield 1990, S. 200.
  70. Naama Yahalom-Mack (2021): The History of Iron in Ancient Israel. Auf: TheTorah.com; abgerufen am 18. Januar 2024.
  71. a b Alexander A. Bauer (1998): Cities of the Sea: Maritime Trade and the Origin of Philistine Settlement in the Early Iron Age Southern Levant. In: Oxford Journal of Archaeology. Band 17, Nr. 2, 1998, S. 149–168, hier 160 f.
  72. Justin S. E. Lev-Tov (2000): Pigs, Philistines, and the Ancient Animal Economy of Ekron from the Late Bronze Age to the Iron Age II. Dissertation, S. 182, 185 (PDF; 23 MB).
  73. Deborah Cassuto: Textile Production at Iron Age Tell eṣ-Ṣâfi/Gath. In: Near Eastern Archaeology. Band 81, Nr. 1, 2018, S. 55–58.
  74. Justin S. E. Lev-Tov (2000): Pigs, Philistines, and the Ancient Animal Economy of Ekron from the Late Bronze Age to the Iron Age II. Dissertation, S. 182, 185.
  75. David Eitam: Textile and olive oil production in ancient Israel during the Iron Age period. In: Institut de recherche et d'histoire des textes u. a. (Hrsg.): Pigments et colorants de l’Antiquité et du Moyen Âge: Teinture, peinture, enluminure, études historiques et physico-chimiques. CNRS Éditions, Paris 2002.
  76. Z.B. Daniel Master (2018): Nebuchadnezzar at Ashkelon. In: Hebrew Bible and Ancient Israel. Band 7, Nr. 1, 2018, S. 79–92, hier 84.
  77. Alexander Fantalkin: Navigating Between the Powers: Joppa and Its Vicinity in the 1st Millennium B.C.E. In: Ugarit-Forschungen. Band 40, 2008, S. 229–276, hier 234.
  78. Shawn Z. Aster (2015): An Assyrian bīt mardīte Near Tel Hadid? In: Journal of Near Eastern Studies. Band 74, Nr. 2, 2015, S. 281–288, hier 286.
  79. Jon Seligman u. a.: Yavne and the industrial production of Gaza and Ashqelon wines. In: Levant. Band 55, Nr. 3, 2023. S. 1–24.
  80. Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: David und Salomo: Archäologen entschlüsseln einen Mythos. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54676-5, S. 174–175.
  81. Carl S. Ehrlich (1996): The Philistines in Transition. Brill, Leiden / New York / Köln 1996, ISBN 90-04-10426-7.
  82. siehe Eduard Meyer: Der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta. Sitzungsberichte der königlichen preußischen Akademie der Wissenschaften, 1909, S. 1022–1029.
  83. Siehe William F. Albright: The Archaeology of Palestine. Penguin Books, Baltimore / Maryland 1960, S. 184 f.
  84. Christina Duncker (2019): Kreter und Pleter. In: WiBiLex. abgerufen am 18. Januar 2024.
  85. Dan'el Kahn (2011): The Campaign of Ramesses III against Philistia. In: Journal of Ancient Egyptian Interconnections. Band 3, Nr. 4, 2011, S. 1–11, hier 2.
  86. Shirly Ben-Dor Evian (2017): Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm. In: Oxford Journal of Archaeology. Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268.
  87. Zum Hintergrund der Elberfelder Übersetzung von Ob 19 siehe beispielsweise Bert Dicou: Edom, Israel's Brother and Antagonist. The Role of Edom in Biblical Prophecy and Story. Sheffield Academic Press, Sheffield 1994, S. 23 f.
  88. Robert P. Gordon: Who Made the Kingmaker? Reflections on Samuel and the Institution of the Monarchy. In: Alan R. Millard u. a. (Hrsg.): Faith, Tradition, and History: Old Testament Historiography in Its Near Eastern Context. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 1994, S. 255–269, hier 258.
  89. Niels P. Lemche: Using the Concept of Ethnicity in Defining Philistine Identity in the Iron Age. In: Scandinavian Journal of the Old Testament. Band 26, Nr. 1, 2012, S. 12–29, hier 27.
  90. Ido Koch (2020): On Philistines and Early Israelite Kings: Memories and Perceptions. In: Joachim J. Krause u. a. (Hrsg.): Saul, Benjamin, and the Emergence of Monarchy in Israel. Biblical and Archaeological Perspectives. SBL Press, Atlanta 2020, S. 7–31, hier 7.
  91. Z.B. Jonathon E. Wylie (2018): „He Shall Deliver My People from the Hand of the Philistines“. The Theological and Political Uses of the Philistines in the Book of Samuel. Dissertation, S. 480.
  92. John McDonagh (2004): The Philistines as Scapegoats: Narratives and Myths in the Invention of Ancient Israel and in Modern Critical Theory. In: Holy Land Studies. Band 3, Nr. 1, 2004, S. 93–111.