„Johannes Boie“ – Versionsunterschied

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'''Johannes Boie''' (* [[6. Dezember]] [[1983]] in [[Calw]]) ist ein deutscher [[Journalist]]. Von 2021 bis 2023 war er [[Chefredakteur]] der Zeitung ''[[Bild (Zeitung)|Bild]],'' bis die gesamte Chefredaktion durch den [[Axel Springer SE|Axel-Springer-Verlag]] am 16. März 2023 abgesetzt wurde.
'''Johannes Boie''' (* [[6. Dezember]] [[1983]] in [[Calw]]) ist ein deutscher [[Journalist]] und Unternehmensgründer<ref name="Handelsblatt">{{Internetquelle |url=https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/gertrud-digital-ex-bild-chef-boie-gewinnt-investoren-fuer-sein-start-up/29337988.html |titel=Handelsblatt |abruf=2024-02-09}}</ref>. Von 2019 bis 2021 war er [[Chefredakteur]] der [[Welt am Sonntag]], von 2021 bis 2023 leitete er als Vorsitzender der Chefredaktion die Zeitung ''[[Bild (Zeitung)|Bild]],'' bis die gesamte Chefredaktion durch den [[Axel Springer SE|Axel-Springer-Verlag]] am 16. März 2023 abgesetzt wurde.


== Leben und Karriere ==
== Leben und Karriere ==
Boie wurde 1983 in Calw geboren und wuchs in einer nahegelegenen Gemeinde im [[Nordschwarzwald]] auf.<ref>{{Munzinger|00000032641}}</ref><ref name="horizont">{{Internetquelle |autor=Ulrike Simon |url=https://www.horizont.net/medien/nachrichten/chefredakteur-johannes-boie-ueber-die-welt-am-sonntag-hier-wird-investiert.-dafuer-stehe-ich-181123 |titel=Chefredakteur Johannes Boie über die Welt am Sonntag: „Hier wird investiert. Dafür stehe ich“ |werk=horizont.net |datum=2020-02-28 |abruf=2021-10-19}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Daniel Streib |url=https://bnn.de/nachrichten/deutschland-und-welt/mit-julian-reichelt-am-stammtisch-ex-bild-chef-ist-jetzt-youtuber |titel=Mit Julian Reichelt am Stammtisch: Ex-Bild-Chef ist jetzt YouTuber |werk=bnn.de |datum=2022-07-21 |abruf=2022-11-18}}</ref> Von 2004 bis 2005 arbeitete er als [[Werbetexter]] bei der Werbeagentur [[BBDO]] in [[Berlin]]. Er studierte von 2005 bis 2008 [[Geschichtswissenschaft|Geschichte]] an der [[Freie Universität Berlin|FU Berlin]]. Ab 2005 arbeitete Boie als freier Journalist für die ''[[Berliner Zeitung]], [[Der Tagesspiegel]],'' die ''[[Jüdische Allgemeine]]'' und ''[[Der Spiegel (online)|Spiegel Online]].''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mediummagazin.de/die-top-30-bis-30-des-jahres-2010/ |titel=DIE TOP 30 BIS 30 DES JAHRES 2010 – medium magazin |abruf=2020-01-12}}</ref> Nach Abschluss seines Studiums war Boie zunächst [[Volontär]], später [[Reporter]] und [[Redakteur]] bei der ''[[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]].''<ref name="horizont-172566">{{Internetquelle |autor=Horizont |url=https://www.horizont.net/medien/nachrichten/neuer-job-fuer-peter-huth-springer-macht-35-jaehrigen-johannes-boie-zum-chefredakteur-der-welt-am-sonntag-172566 |titel=Neuer Job für Peter Huth: Springer macht 35-jährigen Johannes Boie zum Chefredakteur der „Welt am Sonntag“ |werk=[[Horizont (Fachzeitschrift)|horizont.net]] |datum=2019-01-29 |abruf=2021-10-18}}</ref> Er schrieb vorwiegend für das [[Feuilleton]] und entwickelte das Angebot von [[Bezahlinhalte]]n.<ref name="horizont-172566" /><ref>{{Literatur |Autor=Melanie Ahlemeier, Anna Clauß, Alexander Kühn, Gunther Latsch |Titel=(S+) Johannes Boie: Wie tickt der neue »Bild«-Chefredakteur? |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2021-10-21 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/kultur/johannes-boie-wie-tickt-der-neue-bild-chefredakteur-a-1bb0a279-942c-4c1d-8051-7429c494d276 |Abruf=2022-08-31}}</ref> Nach seinem [[Volontariat]] absolvierte er eine [[Arthur F. Burns Fellowship]], mit der er 2010 als Gastredakteur bei der ''[[Los Angeles Times]]'' arbeitete.<ref>{{Literatur |Titel=Johannes Boie |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2019-07-11 |Online=https://www.welt.de/autor/johannes-boie/ |Abruf=2020-03-28}}</ref> Von 2015 bis 2016 absolvierte er einen [[Master of Business Administration|MBA]]-Studiengang an der [[Technische Universität München|Technischen Universität München]].<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://de.linkedin.com/in/johannes-boie-a3080210 |titel=Johannes Boie |werk=LinkedIn |datum= |offline=1 |abruf=2020-01-12}}</ref>
Boie wurde 1983 in Calw geboren und wuchs in einer nahegelegenen Gemeinde im [[Nordschwarzwald]] auf.<ref>{{Munzinger|00000032641}}</ref><ref name="horizont">{{Internetquelle |autor=Ulrike Simon |url=https://www.horizont.net/medien/nachrichten/chefredakteur-johannes-boie-ueber-die-welt-am-sonntag-hier-wird-investiert.-dafuer-stehe-ich-181123 |titel=Chefredakteur Johannes Boie über die Welt am Sonntag: „Hier wird investiert. Dafür stehe ich“ |werk=horizont.net |datum=2020-02-28 |abruf=2021-10-19}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Daniel Streib |url=https://bnn.de/nachrichten/deutschland-und-welt/mit-julian-reichelt-am-stammtisch-ex-bild-chef-ist-jetzt-youtuber |titel=Mit Julian Reichelt am Stammtisch: Ex-Bild-Chef ist jetzt YouTuber |werk=bnn.de |datum=2022-07-21 |abruf=2022-11-18}}</ref> Von 2004 bis 2005 arbeitete er als [[Werbetexter]] bei der Werbeagentur [[BBDO]] in [[Berlin]]. Er studierte von 2005 bis 2008 [[Geschichtswissenschaft|Geschichte]] an der [[Freie Universität Berlin|FU Berlin]]. Ab 2005 arbeitete Boie als freier Journalist für die ''[[Berliner Zeitung]], [[Der Tagesspiegel]],'' die ''[[Jüdische Allgemeine]]'' und ''[[Der Spiegel (online)|Spiegel Online]].''<ref name="Medium Magazin">{{Internetquelle |url=https://www.mediummagazin.de/die-top-30-bis-30-des-jahres-2010/ |titel=Die Top 30 bis 30 des Jahres 2010 – medium magazin |abruf=2020-01-12}}</ref> Nach Abschluss seines Studiums war Boie zunächst [[Volontär]], später [[Reporter]] und [[Redakteur]] bei der ''[[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]].''<ref name="horizont-172566">{{Internetquelle |autor=Horizont |url=https://www.horizont.net/medien/nachrichten/neuer-job-fuer-peter-huth-springer-macht-35-jaehrigen-johannes-boie-zum-chefredakteur-der-welt-am-sonntag-172566 |titel=Neuer Job für Peter Huth: Springer macht 35-jährigen Johannes Boie zum Chefredakteur der „Welt am Sonntag“ |werk=[[Horizont (Fachzeitschrift)|horizont.net]] |datum=2019-01-29 |abruf=2021-10-18}}</ref> Nach seinem [[Volontariat]] absolvierte er eine [[Arthur F. Burns Fellowship]], mit der er 2010 als Gastredakteur bei der ''[[Los Angeles Times]]'' arbeitete<ref>{{Literatur |Titel=Johannes Boie |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2019-07-11 |Online=https://www.welt.de/autor/johannes-boie/ |Abruf=2020-03-28}}</ref> und dort zur digitalen Transformation sowie zum Thema [[Bande (Gruppe)#Los Angeles|Gangs in Los Angeles]]<ref>{{Internetquelle |autor=Christian Wickert |url=https://criminologia.de/2010/08/gangs-in-los-angeles/ |titel=Gang in Los Angeles |werk=criminologia.de |abruf=2024-05-13}}</ref> recherchierte.


Als Reporter und Autor der Süddeutschen Zeitung schrieb er vorwiegend für das [[Feuilleton]], wo er für die Bereiche Neue Medien und Netzpolitik verantwortlich war.<ref name="Spiegel-20221021">{{Internetquelle |autor=Anton Rainer |url=https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bild-chef-johannes-boie-der-anti-reichelt-a-f5ce0b3b-d0fc-471a-8a02-8f255d408bf9 |titel=Der Anti-Reichelt |werk=spiegel.de |datum=2022-10-21 |abruf=2024-03-07}}</ref> Zeitweise betrieb er den [[Blog]] ''Schaltzentrale'' über die Schnittstellen zwischen Medien und Politik der Süddeutschen Zeitung.<ref name="Spiegel-20221021" /> 2010 zählte ihn das [[Medium Magazin]] zu den dreißg wichtigsten bis 30-jährigen deutschen Journalisten.<ref name="Medium Magazin" /> Zusammen mit Fabian Heckenberger entwickelte und leitete er ab 2011 die digitale Ausgabe der SZ.<ref>{{Internetquelle |url = https://www.sueddeutsche.de/verlag/die-sz-kommt-aufs-ipad-wer-die-sueddeutsche-zeitung-mag-wird-diese-app-lieben-1.1175099 |titel = Wer die Süddeutsche Zeitung mag, wird diese App lieben |werk = sueddeutsche.de |datum = 2011-10-28 |abruf = 2024-03-07}}{{Internetquelle |url=https://zeitung.sueddeutsche.de/issues/sz/sz_2015-03-07/impressum/impressum.html |titel=Impressum |werk=Digitale Ausgabe der Süddeutschen Zeitung |datum=2015-03-07 |abruf=2024-03-07}}</ref> Später war er maßgeblich an der Entwicklung eines [[Bezahlinhalte]]-Modells für die SZ beteiligt.<ref name="SZ-20211027">{{Internetquelle|autor = Caspar Busse, Claudia Tieschky|url = https://www.sueddeutsche.de/medien/bild-boie-reichelt-interview-bild-chef-1.5450671 |titel = "Kein Millimeter Machtmissbrauch"|werk = sueddeutsche.de|datum = 2021-10-27|abruf = 2024-03-07}}</ref><ref name="horizont-172566" /><ref>{{Literatur |Autor=Melanie Ahlemeier, Anna Clauß, Alexander Kühn, Gunther Latsch |Titel=(S+) Johannes Boie: Wie tickt der neue »Bild«-Chefredakteur? |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2021-10-21 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/kultur/johannes-boie-wie-tickt-der-neue-bild-chefredakteur-a-1bb0a279-942c-4c1d-8051-7429c494d276 |Abruf=2022-08-31}}</ref> Von 2015 bis 2016 absolvierte er einen [[Master of Business Administration|MBA]]-Studiengang an der [[Technische Universität München|Technischen Universität München]].<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://de.linkedin.com/in/johannes-boie-a3080210 |titel=Johannes Boie |werk=LinkedIn |datum= |offline=1 |abruf=2020-01-12}}</ref>
Ab Februar 2017 übernahm er die Funktion als [[Stabsstelle|Chief of Staff]] des Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer, [[Mathias Döpfner]].<ref name="horizont-172566" /> Ab Januar 2019 war Boie Chefredakteur der ''[[Welt am Sonntag]]'' und damit auch stellvertretender Chefredakteur der Welt-Gruppe.<ref>[https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/medienhaus-axel-springer-baut-die-spitze-der-welt-gruppe-um/23923646.html ''Axel Springer baut die Spitze der „Welt“-Gruppe um''], Handelsblatt, 29. Januar 2019.</ref> Ebenfalls im Januar 2019 gründete Boie ein [[Start-up-Unternehmen|Start-up]], das Meetings von Führungskräften einfacher organisierbar machen soll.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/gertrud-digital-ex-bild-chef-boie-gewinnt-investoren-fuer-sein-start-up/29337988.html |titel=Handelsblatt |abruf=2024-02-09}}</ref> Nach [[Julian Reichelt]]s Entlassung als Vorsitzender der ''[[Bild (Zeitung)|Bild]]''-Chefredaktion wurde Boie am 18. Oktober 2021 dessen Nachfolger.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.axelspringer.com/de/presseinformationen/nach-neuen-erkenntnissen-axel-springer-entbindet-julian-reichelt-von-seinen-aufgaben |titel=Nach neuen Erkenntnissen: Axel Springer entbindet Julian Reichelt von seinen Aufgaben |werk=[[Axel Springer SE|axelspringer.com]] |datum=2021-10-18 |abruf=2021-10-18}}</ref> Dies war er bis zum 16. März 2023, bis die gesamte Bild-Chefredaktion um Johannes Boie fristlos von ihren Aufgaben entbunden wurde.<ref>''Axel Springer wirft komplette »BILD«-Führung raus.'' Auf: ''www.spiegel.de'', 16. März 2023. ([https://www.spiegel.de/wirtschaft/axel-springer-wirft-komplette-bild-fuehrung-raus-a-feb82339-d6c8-46ad-b950-62d14a5a932e online])</ref>


Im Jahr 2016 veröffentlichte Johannes Boie im [[SZ-Magazin|Magazin der Süddeutschen Zeitung]] unter dem Titel ''Arzt ohne Grenzen''<ref name="SZ-Magazin">{{Internetquelle |autor=Johannes Boie |url=https://sz-magazin.sueddeutsche.de/gesundheit/wiskott-aldrich-syndrom-studie-82660 |titel=Arzt ohne Grenzen |werk=SZ-Magazin |datum=2016-07-19 |sprache=de |abruf=2024-03-07}}</ref> eine 16-seitige<ref>Süddeutsche Zeitung Magazin Nr. 16/2016, 22. April 2016, Seite 16–31</ref> Recherche über eine wissenschaftliche Studie des Mediziners [[Christoph Klein (Mediziner, 1964)|Christoph Klein]]: Von neun Kindern, die an der Studie teilgenommen hatten, waren acht an Leukämie erkrankt und drei gestorben. Der vielbeachtete Artikel führte zu einem Rechtsstreit zwischen Klein und dem SZ-Magazin. Fünf Aussagen aus dem Text dürfen nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg<ref>LG Hamburg AZ 324 O 268/16</ref> nicht mehr verbreitet werden – an der grundsätzlichen Darstellung halten Boie und das SZ-Magazin allerdings fest.<ref name="SZ-Magazin" /> Eine von der Ludwigs-Maximilians-Universität München eingerichtete Kommission<ref>{{Internetquelle |autor=Christina Berndt, Heiner Effern, Christian Krügel und Sebastian Krass, |url=https://www.sueddeutsche.de/muenchen/experimentelle-studie-universitaet-untersucht-vorwuerfe-gegen-direktor-der-haunerschen-kinderklinik-1.2962418 |titel=Universität untersucht Vorwürfe gegen Direktor der Haunerschen Kinderklinik |werk=Süddeutsche Zeitung |datum=2016-04-22 |abruf=2024-05-19}}</ref> entlastete im Juli 2017 den Arzt: Die Leukämien seien zwar eine Folge der experimentellen Behandlung gewesen, die Untersuchung habe allerdings „kein Anhalt für ein wissenschaftliches, ärztliches, rechtliches oder ethisches Fehlverhalten“ Kleins ergeben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/77025/Tod-dreier-Kinder-nach-Studie-Kommission-entlastet-Arzt |titel=Tod dreier Kinder nach Studie: Kommission entlastet Arzt |werk=[[Deutsches Ärzteblatt]] |datum=2017-07-17 |abruf=2024-05-19}}</ref>
== Rezeption ==
{{Hauptartikel|Christoph Klein (Mediziner, 1964)#Kontroverse|titel1=Christoph Klein (Mediziner, 1964): Kontroverse}}


Ab Februar 2017 übernahm er für zwei Jahre die Funktion als [[Stabsstelle|Chief of Staff]] des Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer, [[Mathias Döpfner]].<ref name="horizont-172566" /> Im Januar 2019 gründete Boie ein [[Start-up-Unternehmen|Start-up]], das Konferenzen von Führungskräften einfacher organisierbar machen soll.<ref name="Handelsblatt" />
Johannes Boies Artikel ''Arzt ohne Grenzen'' aus dem Jahr 2016 zu einer wissenschaftlichen Studie von Mediziner [[Christoph Klein (Mediziner, 1964)|Christoph Klein]] im ''[[SZ-Magazin]]'' führte zu einer Kontroverse, einem offenen Brief von Ärzten und Wissenschaftlern weltweit, die eine „gezielte Rufmordkampagne“ beklagten, sowie einem Rechtsstreit.


Ab 2019 war Boie Chefredakteur der ''[[Welt am Sonntag]]'' und damit auch stellvertretender Chefredakteur der Welt-Gruppe.<ref>[https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/medienhaus-axel-springer-baut-die-spitze-der-welt-gruppe-um/23923646.html ''Axel Springer baut die Spitze der „Welt“-Gruppe um''], Handelsblatt, 29. Januar 2019.</ref> Er baute dort das redaktionelle Angebot an Newslettern aus und gründete die Konferenz ''Better Future''<ref>{{Internetquelle |url=https://sustainability.axelspringer.com/welt-am-sonntag-mehr-als-eine-zeitung/ |titel=Welt am Sonntag: mehr als eine Zeitung |titelerg=Pressemitteilung: |werk=axelspringer.com |abruf=2024-03-07}}</ref>, die sich mit Themen wie Klimawandel<ref>{{Internetquelle |autor=Ayhan Bakirdögen |url=https://www.welt.de/wirtschaft/better-future/article230677607/Kamingespraech-ueber-das-Klima.html |titel=Harte Zeiten im nicht mehr ewigen Eis |werk=welt.de (Welt am Sonntag) |datum=2021-04-26 |abruf=2024-03-07}}</ref>, Frauenförderung<ref>{{Internetquelle |autor=Uwe Sauerwein |url=https://www.welt.de/wirtschaft/better-future/article221131286/Politikerinnen-zu-Better-Future.html |titel=Bereit sein, diese Welt mitzugestalten |werk=welt.de (Welt am Sonntag) |datum=2020-11-26 |abruf=2024-03-07}}</ref> und Nachhaltigkeit<ref>{{Internetquelle |autor=Johannes Boie |url=https://www.welt.de/wirtschaft/better-future/sustainability/article230667869/Nachhaltigkeit-duerfen-wir-nicht-PR-Firmen-ueberlassen-Better-Future-Conference.html |titel=Nachhaltigkeit - Eine gewaltige Herausforderung für uns alle |werk=welt.de (Welt am Sonntag) |datum=2021-04-27 |abruf=2024-03-07}}</ref> befasste. Als Chefredakteur restrukturierte Boie die Redaktion der Welt am Sonntag<ref>{{Internetquelle |url=https://www.meedia.de/publishing/welt-am-sonntag-mit-neuer-blattstruktur-focus-kolumnist-jan-fleischhauer-schreibt-fuer-sonntagszeitung-3bf75bc9a0a430005280e8e585d1f49b |titel="Welt am Sonntag" mit neuer Blattstruktur: "Focus"-Kolumnist Jan Fleischhauer schreibt für Sonntagszeitung |werk=meedia.de |datum=2019-10-28 |abruf=2024-03-07}}</ref> und führte den Samstag als zusätzlichen, vorgezogenen Verkaufstag ein – gleichzeitig wurde die Samstagsausgabe der Zeitung [[Die Welt]] eingestellt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.meedia.de/publisher/wams-vs-fas-welt-stellt-print-strategie-um-und-streicht-bisherige-samstagsausgabe-4593ae0ae564e303cb5f89fb341225ae |titel="Welt" stellt Print-Strategie um – und streicht bisherige Samstagsausgabe |werk=meedia.de |datum=2021-07-13 |abruf=2024-03-07}}</ref> Als Kolumnisten holte Boie unter anderem [[Jan Fleischhauer]], [[Friedrich Merz]], der damals kein politisches Amt innehatte, und den Hongkonger Dissidenten [[Joshua Wong]] zur Welt am Sonntag.
Im Januar 2021 veröffentlichte Boie despektierliche Äußerungen des thüringischen Ministerpräsidenten [[Bodo Ramelow]] über Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] („Merkelchen“) und löste damit eine Welle kritischer Kommentare in der sogenannten „[[Candy-Crush-Affäre]]“ aus.<ref>[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/bodo-ramelow-und-die-tuecke-von-clubhouse-17164056.html ''In wilder Nacht''] ''faz.net'', 25. Januar 2021.</ref>


Im Januar 2021 machte Boie Äußerungen des thüringischen Ministerpräsidenten [[Bodo Ramelow]] bei einem Auftritt auf der Audioplattform [[Clubhouse (App)|Clubhouse]] öffentlich. Ramelow hatte Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] despektierlich als „Merkelchen“ bezeichnet und angegeben, während einer Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona-Ausgangssperre das Spiel ''Candy Crush'' auf seinem Handy gespielt zu haben. In zahlreichen Medien wurde der Vorgang als „[[Candy-Crush-Affäre]]“ bezeichnet.<ref>[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/bodo-ramelow-und-die-tuecke-von-clubhouse-17164056.html ''In wilder Nacht''] ''faz.net'', 25. Januar 2021.</ref>
Im November 2022 veröffentlichte Bild online und in einem Teil der Auflage die Nachricht, dass in Polen ein russischer Marschflugkörper eingeschlagen sei. Dies basierte auf einer Meldung der Nachrichtenagentur [[Associated Press|AP]], die sich noch am selben Abend als Falschmeldung herausstellte. In Wahrheit hatte es sich um eine fehlgeleitete ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt. Die Falschmeldung wurde weltweit verbreitet, etwa von [[CNN]], [[Fox News]], [[Columbia Broadcasting System|CBS]] und der [[Daily Mail]].<ref>[https://www.washingtonpost.com/media/2022/11/17/russian-missile-poland-correction/ ''How an anonymous source raised false alarm of Russian strike on Poland''] ''Washington Post'', 17. November 2022.</ref> Der AP-Reporter, der sie verfasst hatte, wurde später entlassen.<ref>[https://www.rnd.de/medien/falschmeldung-nach-raketeneinschlag-in-polen-associated-press-entlaesst-mitarbeiter-KOIGDVG27NC6JME6ZYKYX3YWPE.html ''Falschmeldung nach Raketeneinschlag in Polen: Associated Press entlässt Mitarbeiter''] ''RND'', 22. November 2022.</ref> In einem Teil der Bild-Auflage erschien die Meldung am nächsten Tag groß auf der Titelseite, dazu ein Kommentar Johannes Boies, der mit den Worten "Die russische Armee hat Polen bombardiert!" begann. Boie wurde dafür von Branchenmedien scharf kritisiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Marvin Schade |url=https://medieninsider.com/raketen-einschlag-in-polen-bild-chef-johannes-boie-im-eifer-des-gefechts/13816/ |titel=Raketen-Einschlag in Polen: Bild-Chef Johannes Boie im Eifer des Gefechts • Medieninsider |werk=Medieninsider |datum=2022-11-17 |sprache=de |abruf=2023-03-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://bildblog.de/136445/bild-und-die-unwahrscheinliche-dritte-moeglichkeit/ |titel=“Bild” und “die unwahrscheinliche dritte Möglichkeit” — BILDblog |sprache=de |abruf=2023-03-18}}</ref>

Nach [[Julian Reichelt]]s Entlassung als Vorsitzender der ''[[Bild (Zeitung)|Bild]]''-Chefredaktion wurde Boie am 18. Oktober 2021 dessen Nachfolger.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.axelspringer.com/de/presseinformationen/nach-neuen-erkenntnissen-axel-springer-entbindet-julian-reichelt-von-seinen-aufgaben |titel=Nach neuen Erkenntnissen: Axel Springer entbindet Julian Reichelt von seinen Aufgaben |werk=[[Axel Springer SE|axelspringer.com]] |datum=2021-10-18 |abruf=2021-10-18}}</ref>

Im Dezember 2022 gab der Verlag Axel Springer bekannt, dass künftig [[Robert Schneider (Journalist)|Robert Schneider]] als gleichberechtigter Chefredakteur mit Boie die Bildzeitung leiten werde.<ref>{{Internetquelle |autor=Harald Hordych und Cornelius Pollmer |url=https://www.sueddeutsche.de/medien/robert-schneider-bild-chef-johannes-boie-1.5708444 |titel=Neuer Chefredakteur bei "Bild" |werk=Süddeutsche Zeitung |datum=2022-12-02 |abruf=2024-03-07}}</ref> Im März 2023 wurden schließlich die drei bisherigen Chefredakteure Boie, Claus Strunz und Alexandra Würzbach überraschend abberufen. Über die Gründe für den Austausch der Chefredaktion ist wenig bekannt. Berichtet wurde von Verwerfungen zwischen Boie, Strunz und Würzbach, die selbst erst wenige Minuten vor der Bekanntgabe davon erfahren hätten.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.focus.de/panorama/welt/laut-medienbericht-nur-minuten-vor-der-verkuendung-erfuhren-die-bild-chefs-von-ihrem-rauswurf_id_188496615.html |titel=Nur Minuten vor der Verkündung erfuhren die „Bild“-Chefs von ihrem Rauswurf |werk=Focus online |datum=2023-03-17 |abruf=2024-03-07}}</ref> In der Berichterstattung wurde spekuliert, Boie sei an alten, mächtigen Netzwerken gescheitert<ref name="Handelsblatt" /> und habe „mit dem Boulevard gefremdelt“<ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Kissler |url=https://www.nzz.ch/feuilleton/zwei-neue-chefs-fuer-die-bild-zeitung-ende-einer-kurzen-aera-ld.1730833 |titel=Sturm auf der Kommandobrücke: Die «Bild»-Zeitung bekommt eine neue Führung |werk=Neue Zürcher Zeitung |datum=2023-03-16 |abruf=2024-03-07}}</ref>. Die FAZ resümierte, dass der Springer Verlag binnen weniger Jahre „auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau des Boulevardjournalismus drei ganz unterschiedliche ‚Bild‘-Chefredakteure verschlissen“ habe.<ref>Michael Hanfeld: ''Alle raus jetzt Springer rasiert die "Bild"-Chefredaktion'', in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. März 2023, Seite 15.</ref>

Im August 2023 wurde bekannt, dass Boies bereits im Jahr 2019 gegründetes Start Up in einer ersten Finanzierungsrunde Risikokapital in Höhe von einer Million Euro von privaten Investoren gewonnen hat. Die Firma entwickelte ein Tool, um Meetings auf Vorstands- und Aufsichtsratsebene von Konzernen effizienter zu organisieren. Zu den Kunden gehören nach eigenen Angaben Unternehmen wie [[Würth AG|Würth]], [[E.ON]], [[Henkel (Unternehmen)|Henkel]] oder [[Robert Bosch GmbH|Bosch]].<ref name="Handelsblatt"></ref>

== Rezeption und Kritik ==

Als Bild-Chef wurde Johannes Boie nach Ansicht von Beobachtern bewusst als Gegenpart zum scharf in der Kritik stehenden Julian Reichelt installiert („Der Anti-Reichelt“)<ref name="Spiegel-20221021" />, mit der Aufgabe, in der Redaktion für Ruhe und für einen Kulturwandel zu sorgen.<ref>{{Internetquelle |url=https://taz.de/Nach-Rauswurf-von-Bild-Chef-Reichelt/!5807207/ |titel=Wer im Glashaus sitzt |werk=taz.de |abruf=2024-03-07}}</ref> In Interviews zum Amtsantritt sagte er, werde „keinen Machtmissbrauch“ dulden, „eine Kultur des Respekts“ stärken und besseren Journalismus fördern.<ref name="SZ-20211027" />

Dies ist ihm nach Ansicht von Kommentatoren zumindest vorübergehend gelungen. Positiv bemerkt wurde seine Personalpolitik: Kurz nach Amtsantritt holte er zwei Frauen in die Chefredaktion.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/kultur/2021-11/johannes-bioe-bild-chef-erweiterte-chefredaktion-frauen-einstellung |titel=Zwei Frauen werden Mitglieder der "Bild"-Chefredaktion |werk=Zeit Online |datum=2021-11-01 |abruf=2024-03-07}}</ref> Der Spiegel attestierte, unter Boie würden „wieder mehr Recherchen statt Predigten des Chefredakteurs“<ref name="Spiegel-20221021" /> gedruckt, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hieß es, die Bildzeitung sei unter ihm „nicht mehr ganz so krachledern aufgetreten“, außerdem habe Boie eine Abteilung für investigative Recherche aufgebaut.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Hanfeld |url=http://faz.net/aktuell/feuilleton/medien/springer-setzt-komplette-bild-chefredaktion-ab-18754123.html |titel=Bei Springer sind jetzt alle raus |werk=FAZ |abruf=2024-03-07}}</ref> Auch das konservative Magazin Cicero zitierte Mitarbeiter der Bild, die von einer deutlich verbesserten Atmosphäre unter Boie berichteten.<ref name="Cicero">{{Internetquelle |autor=Ben Krischke und Alexander Marguier |url=https://www.cicero.de/kultur/machtwechsel-beim-boulevardblatt-bild-macht-schlagzeilen- |titel=Bild. Macht. Schlagzeilen. |werk=Cicero |datum=2023-03-17 |abruf=2024-03-07}}</ref>

Im November 2022 meldete die Nachrichtenagentur [[Associated Press|AP]], dass in Polen ein russischer Marschflugkörper eingeschlagen sei. Dies stellte sich noch am selben Abend als Falschmeldung heraus. In Wahrheit hatte es sich um eine fehlgeleitete ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt. Die Falschmeldung wurde weltweit verbreitet, etwa von [[CNN]], [[Fox News]], [[Columbia Broadcasting System|CBS]] und der [[Daily Mail]].<ref>[https://www.washingtonpost.com/media/2022/11/17/russian-missile-poland-correction/ ''How an anonymous source raised false alarm of Russian strike on Poland''] ''Washington Post'', 17. November 2022.</ref> Der AP-Reporter, der sie verfasst hatte, wurde später entlassen.<ref>[https://www.rnd.de/medien/falschmeldung-nach-raketeneinschlag-in-polen-associated-press-entlaesst-mitarbeiter-KOIGDVG27NC6JME6ZYKYX3YWPE.html ''Falschmeldung nach Raketeneinschlag in Polen: Associated Press entlässt Mitarbeiter''] ''RND'', 22. November 2022.</ref> Auch die Bild-Zeitung brachte die Falschmeldung online und noch am nächsten Tag in einem Teil der Auflage auf der Titelseite. Dafür wurde Boie in Branchenmedien kritisiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Marvin Schade |url=https://medieninsider.com/raketen-einschlag-in-polen-bild-chef-johannes-boie-im-eifer-des-gefechts/13816/ |titel=Raketen-Einschlag in Polen: Bild-Chef Johannes Boie im Eifer des Gefechts • Medieninsider |werk=Medieninsider |datum=2022-11-17 |sprache=de |abruf=2023-03-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://bildblog.de/136445/bild-und-die-unwahrscheinliche-dritte-moeglichkeit/ |titel=“Bild” und “die unwahrscheinliche dritte Möglichkeit” — BILDblog |sprache=de |abruf=2023-03-18}}</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==

Aktuelle Version vom 24. Juni 2024, 18:48 Uhr

Johannes Boie (* 6. Dezember 1983 in Calw) ist ein deutscher Journalist und Unternehmensgründer[1]. Von 2019 bis 2021 war er Chefredakteur der Welt am Sonntag, von 2021 bis 2023 leitete er als Vorsitzender der Chefredaktion die Zeitung Bild, bis die gesamte Chefredaktion durch den Axel-Springer-Verlag am 16. März 2023 abgesetzt wurde.

Leben und Karriere

Boie wurde 1983 in Calw geboren und wuchs in einer nahegelegenen Gemeinde im Nordschwarzwald auf.[2][3][4] Von 2004 bis 2005 arbeitete er als Werbetexter bei der Werbeagentur BBDO in Berlin. Er studierte von 2005 bis 2008 Geschichte an der FU Berlin. Ab 2005 arbeitete Boie als freier Journalist für die Berliner Zeitung, Der Tagesspiegel, die Jüdische Allgemeine und Spiegel Online.[5] Nach Abschluss seines Studiums war Boie zunächst Volontär, später Reporter und Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung.[6] Nach seinem Volontariat absolvierte er eine Arthur F. Burns Fellowship, mit der er 2010 als Gastredakteur bei der Los Angeles Times arbeitete[7] und dort zur digitalen Transformation sowie zum Thema Gangs in Los Angeles[8] recherchierte.

Als Reporter und Autor der Süddeutschen Zeitung schrieb er vorwiegend für das Feuilleton, wo er für die Bereiche Neue Medien und Netzpolitik verantwortlich war.[9] Zeitweise betrieb er den Blog Schaltzentrale über die Schnittstellen zwischen Medien und Politik der Süddeutschen Zeitung.[9] 2010 zählte ihn das Medium Magazin zu den dreißg wichtigsten bis 30-jährigen deutschen Journalisten.[5] Zusammen mit Fabian Heckenberger entwickelte und leitete er ab 2011 die digitale Ausgabe der SZ.[10] Später war er maßgeblich an der Entwicklung eines Bezahlinhalte-Modells für die SZ beteiligt.[11][6][12] Von 2015 bis 2016 absolvierte er einen MBA-Studiengang an der Technischen Universität München.[13]

Im Jahr 2016 veröffentlichte Johannes Boie im Magazin der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel Arzt ohne Grenzen[14] eine 16-seitige[15] Recherche über eine wissenschaftliche Studie des Mediziners Christoph Klein: Von neun Kindern, die an der Studie teilgenommen hatten, waren acht an Leukämie erkrankt und drei gestorben. Der vielbeachtete Artikel führte zu einem Rechtsstreit zwischen Klein und dem SZ-Magazin. Fünf Aussagen aus dem Text dürfen nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg[16] nicht mehr verbreitet werden – an der grundsätzlichen Darstellung halten Boie und das SZ-Magazin allerdings fest.[14] Eine von der Ludwigs-Maximilians-Universität München eingerichtete Kommission[17] entlastete im Juli 2017 den Arzt: Die Leukämien seien zwar eine Folge der experimentellen Behandlung gewesen, die Untersuchung habe allerdings „kein Anhalt für ein wissenschaftliches, ärztliches, rechtliches oder ethisches Fehlverhalten“ Kleins ergeben.[18]

Ab Februar 2017 übernahm er für zwei Jahre die Funktion als Chief of Staff des Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer, Mathias Döpfner.[6] Im Januar 2019 gründete Boie ein Start-up, das Konferenzen von Führungskräften einfacher organisierbar machen soll.[1]

Ab 2019 war Boie Chefredakteur der Welt am Sonntag und damit auch stellvertretender Chefredakteur der Welt-Gruppe.[19] Er baute dort das redaktionelle Angebot an Newslettern aus und gründete die Konferenz Better Future[20], die sich mit Themen wie Klimawandel[21], Frauenförderung[22] und Nachhaltigkeit[23] befasste. Als Chefredakteur restrukturierte Boie die Redaktion der Welt am Sonntag[24] und führte den Samstag als zusätzlichen, vorgezogenen Verkaufstag ein – gleichzeitig wurde die Samstagsausgabe der Zeitung Die Welt eingestellt.[25] Als Kolumnisten holte Boie unter anderem Jan Fleischhauer, Friedrich Merz, der damals kein politisches Amt innehatte, und den Hongkonger Dissidenten Joshua Wong zur Welt am Sonntag.

Im Januar 2021 machte Boie Äußerungen des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow bei einem Auftritt auf der Audioplattform Clubhouse öffentlich. Ramelow hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel despektierlich als „Merkelchen“ bezeichnet und angegeben, während einer Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona-Ausgangssperre das Spiel Candy Crush auf seinem Handy gespielt zu haben. In zahlreichen Medien wurde der Vorgang als „Candy-Crush-Affäre“ bezeichnet.[26]

Nach Julian Reichelts Entlassung als Vorsitzender der Bild-Chefredaktion wurde Boie am 18. Oktober 2021 dessen Nachfolger.[27]

Im Dezember 2022 gab der Verlag Axel Springer bekannt, dass künftig Robert Schneider als gleichberechtigter Chefredakteur mit Boie die Bildzeitung leiten werde.[28] Im März 2023 wurden schließlich die drei bisherigen Chefredakteure Boie, Claus Strunz und Alexandra Würzbach überraschend abberufen. Über die Gründe für den Austausch der Chefredaktion ist wenig bekannt. Berichtet wurde von Verwerfungen zwischen Boie, Strunz und Würzbach, die selbst erst wenige Minuten vor der Bekanntgabe davon erfahren hätten.[29] In der Berichterstattung wurde spekuliert, Boie sei an alten, mächtigen Netzwerken gescheitert[1] und habe „mit dem Boulevard gefremdelt“[30]. Die FAZ resümierte, dass der Springer Verlag binnen weniger Jahre „auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau des Boulevardjournalismus drei ganz unterschiedliche ‚Bild‘-Chefredakteure verschlissen“ habe.[31]

Im August 2023 wurde bekannt, dass Boies bereits im Jahr 2019 gegründetes Start Up in einer ersten Finanzierungsrunde Risikokapital in Höhe von einer Million Euro von privaten Investoren gewonnen hat. Die Firma entwickelte ein Tool, um Meetings auf Vorstands- und Aufsichtsratsebene von Konzernen effizienter zu organisieren. Zu den Kunden gehören nach eigenen Angaben Unternehmen wie Würth, E.ON, Henkel oder Bosch.[1]

Rezeption und Kritik

Als Bild-Chef wurde Johannes Boie nach Ansicht von Beobachtern bewusst als Gegenpart zum scharf in der Kritik stehenden Julian Reichelt installiert („Der Anti-Reichelt“)[9], mit der Aufgabe, in der Redaktion für Ruhe und für einen Kulturwandel zu sorgen.[32] In Interviews zum Amtsantritt sagte er, werde „keinen Machtmissbrauch“ dulden, „eine Kultur des Respekts“ stärken und besseren Journalismus fördern.[11]

Dies ist ihm nach Ansicht von Kommentatoren zumindest vorübergehend gelungen. Positiv bemerkt wurde seine Personalpolitik: Kurz nach Amtsantritt holte er zwei Frauen in die Chefredaktion.[33] Der Spiegel attestierte, unter Boie würden „wieder mehr Recherchen statt Predigten des Chefredakteurs“[9] gedruckt, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hieß es, die Bildzeitung sei unter ihm „nicht mehr ganz so krachledern aufgetreten“, außerdem habe Boie eine Abteilung für investigative Recherche aufgebaut.[34] Auch das konservative Magazin Cicero zitierte Mitarbeiter der Bild, die von einer deutlich verbesserten Atmosphäre unter Boie berichteten.[35]

Im November 2022 meldete die Nachrichtenagentur AP, dass in Polen ein russischer Marschflugkörper eingeschlagen sei. Dies stellte sich noch am selben Abend als Falschmeldung heraus. In Wahrheit hatte es sich um eine fehlgeleitete ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt. Die Falschmeldung wurde weltweit verbreitet, etwa von CNN, Fox News, CBS und der Daily Mail.[36] Der AP-Reporter, der sie verfasst hatte, wurde später entlassen.[37] Auch die Bild-Zeitung brachte die Falschmeldung online – und noch am nächsten Tag in einem Teil der Auflage auf der Titelseite. Dafür wurde Boie in Branchenmedien kritisiert.[38][39]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d Handelsblatt. Abgerufen am 9. Februar 2024.
  2. Johannes Boie im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. Ulrike Simon: Chefredakteur Johannes Boie über die Welt am Sonntag: „Hier wird investiert. Dafür stehe ich“. In: horizont.net. 28. Februar 2020, abgerufen am 19. Oktober 2021.
  4. Daniel Streib: Mit Julian Reichelt am Stammtisch: Ex-Bild-Chef ist jetzt YouTuber. In: bnn.de. 21. Juli 2022, abgerufen am 18. November 2022.
  5. a b Die Top 30 bis 30 des Jahres 2010 – medium magazin. Abgerufen am 12. Januar 2020.
  6. a b c Horizont: Neuer Job für Peter Huth: Springer macht 35-jährigen Johannes Boie zum Chefredakteur der „Welt am Sonntag“. In: horizont.net. 29. Januar 2019, abgerufen am 18. Oktober 2021.
  7. Johannes Boie. In: DIE WELT. 11. Juli 2019 (welt.de [abgerufen am 28. März 2020]).
  8. Christian Wickert: Gang in Los Angeles. In: criminologia.de. Abgerufen am 13. Mai 2024.
  9. a b c d Anton Rainer: Der Anti-Reichelt. In: spiegel.de. 21. Oktober 2022, abgerufen am 7. März 2024.
  10. Wer die Süddeutsche Zeitung mag, wird diese App lieben. In: sueddeutsche.de. 28. Oktober 2011, abgerufen am 7. März 2024.Impressum. In: Digitale Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. 7. März 2015, abgerufen am 7. März 2024.
  11. a b Caspar Busse, Claudia Tieschky: "Kein Millimeter Machtmissbrauch". In: sueddeutsche.de. 27. Oktober 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  12. Melanie Ahlemeier, Anna Clauß, Alexander Kühn, Gunther Latsch: (S+) Johannes Boie: Wie tickt der neue »Bild«-Chefredakteur? In: Der Spiegel. 21. Oktober 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 31. August 2022]).
  13. Johannes Boie. In: LinkedIn. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 12. Januar 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/de.linkedin.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  14. a b Johannes Boie: Arzt ohne Grenzen. In: SZ-Magazin. 19. Juli 2016, abgerufen am 7. März 2024.
  15. Süddeutsche Zeitung Magazin Nr. 16/2016, 22. April 2016, Seite 16–31
  16. LG Hamburg AZ 324 O 268/16
  17. Christina Berndt, Heiner Effern, Christian Krügel und Sebastian Krass,: Universität untersucht Vorwürfe gegen Direktor der Haunerschen Kinderklinik. In: Süddeutsche Zeitung. 22. April 2016, abgerufen am 19. Mai 2024.
  18. Tod dreier Kinder nach Studie: Kommission entlastet Arzt. In: Deutsches Ärzteblatt. 17. Juli 2017, abgerufen am 19. Mai 2024.
  19. Axel Springer baut die Spitze der „Welt“-Gruppe um, Handelsblatt, 29. Januar 2019.
  20. Welt am Sonntag: mehr als eine Zeitung. Pressemitteilung:. In: axelspringer.com. Abgerufen am 7. März 2024.
  21. Ayhan Bakirdögen: Harte Zeiten im nicht mehr ewigen Eis. In: welt.de (Welt am Sonntag). 26. April 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  22. Uwe Sauerwein: Bereit sein, diese Welt mitzugestalten. In: welt.de (Welt am Sonntag). 26. November 2020, abgerufen am 7. März 2024.
  23. Johannes Boie: Nachhaltigkeit - Eine gewaltige Herausforderung für uns alle. In: welt.de (Welt am Sonntag). 27. April 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  24. "Welt am Sonntag" mit neuer Blattstruktur: "Focus"-Kolumnist Jan Fleischhauer schreibt für Sonntagszeitung. In: meedia.de. 28. Oktober 2019, abgerufen am 7. März 2024.
  25. "Welt" stellt Print-Strategie um – und streicht bisherige Samstagsausgabe. In: meedia.de. 13. Juli 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  26. In wilder Nacht faz.net, 25. Januar 2021.
  27. Nach neuen Erkenntnissen: Axel Springer entbindet Julian Reichelt von seinen Aufgaben. In: axelspringer.com. 18. Oktober 2021, abgerufen am 18. Oktober 2021.
  28. Harald Hordych und Cornelius Pollmer: Neuer Chefredakteur bei "Bild". In: Süddeutsche Zeitung. 2. Dezember 2022, abgerufen am 7. März 2024.
  29. Nur Minuten vor der Verkündung erfuhren die „Bild“-Chefs von ihrem Rauswurf. In: Focus online. 17. März 2023, abgerufen am 7. März 2024.
  30. Alexander Kissler: Sturm auf der Kommandobrücke: Die «Bild»-Zeitung bekommt eine neue Führung. In: Neue Zürcher Zeitung. 16. März 2023, abgerufen am 7. März 2024.
  31. Michael Hanfeld: Alle raus jetzt Springer rasiert die "Bild"-Chefredaktion, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. März 2023, Seite 15.
  32. Wer im Glashaus sitzt. In: taz.de. Abgerufen am 7. März 2024.
  33. Zwei Frauen werden Mitglieder der "Bild"-Chefredaktion. In: Zeit Online. 1. November 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  34. Michael Hanfeld: Bei Springer sind jetzt alle raus. In: FAZ. Abgerufen am 7. März 2024.
  35. Ben Krischke und Alexander Marguier: Bild. Macht. Schlagzeilen. In: Cicero. 17. März 2023, abgerufen am 7. März 2024.
  36. How an anonymous source raised false alarm of Russian strike on Poland Washington Post, 17. November 2022.
  37. Falschmeldung nach Raketeneinschlag in Polen: Associated Press entlässt Mitarbeiter RND, 22. November 2022.
  38. Marvin Schade: Raketen-Einschlag in Polen: Bild-Chef Johannes Boie im Eifer des Gefechts • Medieninsider. In: Medieninsider. 17. November 2022, abgerufen am 18. März 2023.
  39. “Bild” und “die unwahrscheinliche dritte Möglichkeit” — BILDblog. Abgerufen am 18. März 2023.