Christianeum

Christianeum, Hamburg. (Architekt: Arne Jacobsen)

Das Christianeum, gegründet 1738 in Altona, ist ein altsprachliches staatliches Gymnasium in Hamburg. Es ist seit 1744 nach dem dänischen König Christian VI. benannt, der in Personalunion auch Herzog von Holstein und damit Landesherr der Stadt Altona war.

Geschichte

1683 wurde im dänischen Altona, heute ein Bezirk von Hamburg, die erste Lateinschule gegründet, „zu äußerst von der Stadt an einem so abgelegenen kothigen Ort“, wie ihr erster Rektor, Daniel Hartnac (oder: Harnack), laut Überlieferung befunden habe[1]; sie wurde 1689 wieder geschlossen. Ideen zu einer neuen Lateinschule im Jahre 1708 wurden zunächst nicht weiter verfolgt; nach der Einäscherung durch die Schweden (1713) und einer Pestepidemie hatte Altona andere Sorgen als die Bildung. Durch Spenden – vor allem aus Dänemark – ermutigt, begann man 1721 unter dem Oberpräsidenten der Stadt, Christian Detlev von Reventlow, mit dem Neubau für eine Lateinschule an der Schulstraße (heute: Hoheschulstraße) oberhalb des Altonaer Fischmarktes, die als Friedrichschule, benannt nach König Frederik IV., im Jahre 1725 ihren Betrieb aufnahm.

Das erste Gebäude des Christianeums, 1738; Kupferstich aus dem ältesten Katalog der Bibliothek des Christianeums
Aus den Matrikeln des Christianeums: die ersten acht Schüler des Gymnasium Academicum 1738
Das Siegel des Christianeums, verliehen im 18. Jahrhundert; Abdruck

Gymnasium Academicum

Der Ausbau der Schule zu einer höheren Bildungsanstalt wurde von dem Nachfolger von Reventlows, dem Oberpräsidenten Bernhard Leopold Volkmar von Schomburg, entscheidend vorangetrieben. 1738 wurde durch Reskript des Königs Christian VI. von Dänemark die Friedrichschule zu einem Gymnasium Academicum aufgewertet, das mit Fundationsbrief vom 11. Mai 1744 den Namen Christianeum erhielt und am 26. Mai desselben Jahres offiziell eingeweiht wurde. Der Aufbau der Schule sah nach dem 1740 veröffentlichten Plan eine Verbindung von drei Anstalten vor: einer Vorbereitungsschule unter der Aufsicht des Direktors für studierwillige Knaben, in der neben Schreiben, Rechnen und dem Katechismus auch das Lateinische gelehrt wurde[2], einem Paedagogium ab dem 12. Lebensjahr mit Kursunterricht, u. a. auch in Geschichte, Geographie, Mathematik und zur Redekunst, und einem Gymnasium Academicum mit Vorlesungen zur Theologie und Philosophie sowie zur Rechtswissenschaft und Medizin.[3] Nach dem Tod Christians VI. im Jahre 1746 erhielt das akademische Gymnasium eine Neuordnung in seiner Abtrennung vom Paedagogium; ihm wurden fünf Professoren zugewiesen, die sich jährlich im Direktorat abwechselten. Die Anstalt sollte auf Wunsch des dänischen Königs zur Universität für seine deutschen Untertanen ausgebaut werden.

Die Anstalt hatte zudem einige Rechte erhalten, vor allem die jurisdictio civilis et ecclesiastica (eine Vorform bürgerlichen Rechts) über die Studierenden, die Lehrer, Bediensteten und deren Familien sowie die Kriminalgerichtsbarkeit, die allerdings Sachen auf „Haut und Hals“ ausschloss. Dem Kollegium stand auch das Recht der Zensur von in Altona erscheinenden Büchern und Schriften zu. Eine besondere Auszeichnung des dänischen Königs bestand zudem in der Verleihung eines eigenen Siegels. Im Zuge der von Johann Friedrich Struensee ab 1770 in Dänemark eingeführten Reformen fielen die Zensurbefugnis und einige Privilegien der Professoren weg, z. B. die Befreiung von Steuern. Mit dem Gottorpschen Erbvertrag 1773 und der damit verbundenen Eingliederung der Universität Kiel in den dänischen Herrschaftsbereich verlor das Gymnasium seine herausragende Stellung als bedeutendste dänische Bildungsanstalt auf deutschem Territorium. Ab 1773 wurden Paedagogium und Gymnasium Academicum daraufhin erneut vereint zu einem Gymnasium mit den Klassen Tertia, Secunda, Prima und einer universitären Selecta; die Vorbereitungsschule bestand weiter. Der Wechsel der Direktorate erfolgte nunmehr unregelmäßig, ab 1794 wurde die Leitung eine dauerhafte.

19. Jahrhundert

Bereits ab 1778 besuchten im toleranten Altona, das unter anderem auch die Religionsfreiheit gestattete, vermehrt Schüler aus jüdischen Familien, wie zum Beispiel Salomon Maimon, diese Lehranstalt; bis 1815 waren es über 100. Da König Frederik VI. auf der Seite Bonapartes stand, erreichten die Napoleonischen Kriege auch Altona. Im Jahre 1814 wurde das Christianeum Quartier für eine Kompanie russischer Kosaken. Ab 1817 war Dänisch Pflichtfach, was indes den Widerstand der Schüler hervorrief, die von nationalen Gefühlen, einer Begleiterscheinung der Befreiungskriege, inspiriert waren. Ludolf Wienbarg, einer der bedeutenden Dichter des Jungen Deutschland, gehörte ebenso zu ihnen wie Matthäus Chemnitz, der Verfasser des Schleswig-Holstein-Liedes. In dem 1828 gegründeten wissenschaftlichen Verein „Klio“ ging es zumindest im Diskurs revolutionär zu; ab 1834 gehörten die Schüler Theodor und Tycho Mommsen mit ihrem Bruder August dem Verein an.

Die Neuordnung ab 1844 nahm dem Christianeum die Sonderstellung unter den höheren Schulen Schleswig Holsteins: es verlor seine universitäre „Selecta“, und die Aufgabe des Gymnasiums war nunmehr, auf die Universität vorzubereiten. Ab 1853 gab es eine Abiturprüfung. Die Schule galt bis 1937 als das bedeutendste Gymnasium Schleswig-Holsteins.[4]

Im August 1866, zwei Jahre nach dem deutsch-dänischen Krieg und als unmittelbare Folge des Prager Friedens, der den preußisch-österreichischen Krieg beendete, wurde das Christianeum – wie Altona und Holstein insgesamt – preußisch. Da die Schülerzahl wuchs, wurden Teile der alten Schulanlage abgerissen und durch wilhelminische Backsteinbauten ersetzt. Den auf dem Tor des alten Christianeumsgebäudes von 1721 eingemeißelten Spruch In Fine Laus (lateinisch: „am Ende das Lob“) nahm Friedrich Paulsen 1909 zum Anlass, in seinen Jugenderinnerungen seine durchaus gemischt empfundene Christianeerzeit zusammenzufassen.[5]

Eingang des ersten Anstaltsgebäudes im 18. Jh. (zerstört), aufgestellt neben dem Haupteingang des heutigen Christianeums; im Tor, in Stein gemeißelt, ein Abriss der Gebäudehistorie.

20. Jahrhundert

Seit Ende des 19. Jahrhunderts machten die modernen Naturwissenschaften, die sich in der ersten Forschergeneration an den Universitäten etablierten, der klassischen Philologie auch am Christianeum den Vorrang streitig. Mit einem neuen naturwissenschaftlichen „Zweig“ wurde das Gymnasium um ein 1909 offiziell anerkanntes Realgymnasium erweitert, das bis 1959 existierte.

Nach dem Ersten Weltkrieg verzeichnete die Schule sinkende Schülerzahlen und ein in Folge zunehmend kleineres Lehrerkollegium. Zu neuen Unterrichtsformen nebst dem Bestreben nach einem toleranten Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern kam auch die Idee der Klassenfahrt; 1925 reiste erstmals eine Prima nach Puan Klent auf Sylt, seither mit nur wenigen Unterbrechungen regelmäßiges Ziel von jährlichen Klassenreisen, heute der Unterstufe.[6]

Die nationalsozialistische Stadtverwaltung löste im Oktober 1933 den seit einem Jahr amtierenden Direktor des Christianeums Dr. Grosse ab; Pensionierungen nach 1934 reduzierten das bisherige Kollegium. Die Schülerzahlen des Gymnasiums stiegen und neues Lehrpersonal kam hinzu. Die Schule erhielt 1936 einen Neubau im Westen Altonas. Infolge des Groß-Hamburg-Gesetzes wurde Altona ab April 1937 zu einer Stadt im Land Hamburg und verlor zwölf Monate später seine kommunale Selbständigkeit. Der unabhängige und seit 1934 amtierende Direktor, der Theologe Dr. Lau, trat auf Druck der Parteizentrale 1937 der NSDAP bei; 1942 wurde er aufgrund der Aussagen von Spitzeln als unzuverlässig aus seinem Amt entlassen.[7] Am 31. März 1945 wurde die Anstalt geschlossen. Eine spätere Bilanz verzeichnete 192 Kriegstote des Christianeums.[8]

Die Nachkriegszeit war zunächst gekennzeichnet von einem Unterricht im Schichtbetrieb mit anderen Schulen, deren Gebäude zerstört worden waren. Die 1950er Jahre wurden am Christianeum zum einen bestimmt durch den Genuss der Tatsache, die Räume wieder für sich allein zu haben, und zum anderen, sich den anstehenden, fälligen Neuordnungen des Schulwesens zu widmen. 1965 bescherte die Koedukation dem Christianeum die ersten Schülerinnen und die erste weibliche Lehrkraft zur Betreuung einer gemischten Klasse. 1969 führte die Anstalt gegen Widerstände zwei norddeutsche Neuerungen ein: die Schülermitberatung der 10. Klassen auf Zeugniskonferenzen und das Wahlfach Russisch, das seither ab der 9. Klasse alternativ zu Altgriechisch belegt werden konnte.[9]

Gegenwart

Man kann heute am Christianeum entsprechend der Sprachenfolge mit Latein, Englisch, Altgriechisch oder Russisch sein Abitur ablegen; auch das Fach Chinesisch, seit 1885 am Christianeum angeboten, ist unterdessen in der Oberstufe für die Prüfung wählbar. Die Naturwissenschaften und die Mathematik haben wie auch die Künste ihren Rang neben den Sprachen behauptet; der Deutschunterricht fördert bereits in der Unter- und Mittelstufe den Literaturunterricht, der die Kurse in der Oberstufe bestimmt. Für die Sport-Leistungskurse wurde ein Modell entwickelt, die Kursteilnehmer zu befähigen, Sportarten zu vermitteln und zu trainieren und so zum Beispiel als Assisstenzlehrer die Skireisen der Mittelstufe zu begleiten.

Das Christianeum zu Altona, 1897; mit dem erweiternden Neubau des linken Flügels
Das heutige Christianeum, nach den Plänen von Arne Jacobsen; eingeweiht 1972

Gebäude

Nachdem das erste Gebäude an der Schulstraße auch mit der wilhelminischen Erweiterung den Erfordernissen nicht mehr genügte, bekam das Christianeum 1936 einen großen, bauhausinspirierten Neubau in Othmarschen  an der Behringstraße (seinerzeit: Roonstraße). Dieser war, 1930/31 als Hochschule für Lehrerbildung geplant und begonnen, infolge der Wirtschaftskrise zunächst im Rohbau stillgelegt worden; 1934–1936 wurde er für das Christianeum fertiggestellt.[10] Das Bombardement Hamburgs 1943 überlebte das neue Schulgebäude unversehrt; es erlitt Schäden erst im Frühjahr 1945, als der „Volkssturm“ die anrückenden Engländer von dort aus aufzuhalten versuchte. Vom Mai bis zum Oktober 1945 war es Sitz der englischen Militärkommandantur.

1971 musste das Gebäude dem Bau des neuen Autobahn-Elbtunnels (1968–1975) weichen. Das erste Tor von 1721 war, nachdem sein altes Gemäuer aus dem 18. Jahrhundert nach dem Umzug der Schule 1936 abgerissen worden war, an der Seitenwand des Hauptflügels an der Behringstraße angebracht gewesen und bekam 1971 beim erneuten Umzug der Schule seinen nunmehr dritten Standort. Die seit den 1930er Jahren verbliebenen und ausgebauten beiden Seitenflügel an der Schulstraße waren mitsamt ihrer wilhelminischen Erweiterung bei der Bombardierung Hamburgs 1943 zerstört worden.[11]

Seit 1971 ist die Anstalt an der Otto-Ernst-Straße (Othmarschen) in einem funktionalistischen Neubau untergebracht, der nach Plänen von Arne Jacobsen (1902–1971) errichtet wurde und aufgrund der Verträge mit den Erben des dänischen Architekten baulich nicht über die vom Urheber des Entwurfs vorgesehene Gebäudeflexibilität hinaus verändert werden darf. Das Konzept sah allerdings die Veränderbarkeit der Innenräume vor, da Außenträger das Gebäude stützen und tragende Wände deshalb bis auf einige Ausnahmen nicht nötig sind. Die Auflösung der Außenwände in Verglasungen erlaubt überdies auch in fast allen Gängen den Ausblick nach draußen. Durch die Trägerkonstruktion ergibt sich eine markante äußere Ästhetik des Baus, über die bis heute kontroverse Diskussionen geführt werden.

1977 drehte Hark Bohm einige Sequenzen seines Films "Moritz, lieber Moritz" in den Innenräumen des Christianeums. Seit 2004 ist in einem Raum das Arbeitszimmer des Schriftstellers Otto Ernst untergebracht, das der Schule von seiner Tochter Senta-Regina Möller-Ernst vererbt worden war.

Schulentwicklung

Im Jahre 1972, dem Jahr der Einweihung des neuen Christianeumsgebäudes, trat auch die gesetzliche Regelung für eine Oberstufenreform in Kraft. Seitdem hatte das Christianeum zunehmend die Struktur einer Studienstufe entwickelt und eingerichtet, die den Schülern nicht nur jede (den Auflagen der KMK entsprechende) Leistungskurs-Kombination erlaubte, sondern ihnen durch ein reichhaltiges und differenziertes Grundkurs-Angebot auch die Gestaltung eines persönlichen Lern- und Arbeitsprofils ermöglichte. Die Schwerpunkte der Sprachen und der Naturwissenschaften wurden ergänzt durch den ausgeprägten Bereich der musischen Fächer und seit Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts auch durch eine Profilierung der Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften, verstärkt durch die Einführung von Kursen zur Wirtschaftspraxis. Die Schule ist Austragungsort der Mathematik-Olympiade auf Landes- und Bundesebene.

Aktuelle Daten

Die Schülerzahl hat sich seit Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts stetig erhöht. Im Jahre 2006 hatte die Anstalt die höchsten Anmeldezahlen der Hamburger Gymnasien vorzuweisen; in diesem Jahr wurden sieben 5. Klassen eingerichtet. Unterdessen besuchen ca. 1100 Schüler das Christianeum, unterrichtet von einem gut 70köpfigen Lehrerkollegium. Seit 2005 wird die Schule von Hans Norbert Hoppe geleitet.

Internationale schulische Einrichtungen

Der Schüleraustausch mit der 506. Schule in Sankt Petersburg wurde 1990 etabliert und löste die bereits seit langem alle zwei Jahre unternommenen Projektreisen der Russisch-Leistungskurse in die Sowjetunion ab. Mit den Städten Chicago und Shanghai finden zudem gegenseitige Besuche von Schülern und Lehrern seit 1998 und 2000 regelmäßig statt. In zweijährigem Turnus begibt sich die Oberstufe des Christianeums mit ihren Lehrern in Gruppen auf ein- bis zweiwöchige Projektreisen an verschiedene Orte in Europa; die Programme der Reisen werden durch die Mitarbeit der Schüler nachgewiesen und durchgeführt.

Kultur am Christianeum

Berühmt ist das Christianeum für seine Schulchöre, von denen der A-Chor der 8. bis 13. Klassen, geleitet von Dietmar Schünicke, der größte Schülerchor Deutschlands ist. Die Brass-Band, die, mit Swing und Jazz im Repertoire, wie die Chöre auch international auftritt, ist das größte Jugendorchester Hamburgs; sie ging 1975 aus einem 1962 gegründeten Bläserorchester hervor, das vorwiegend die Werke alter Meister gespielt hatte. Die mehrtägigen Proben für die Konzerte finden in einem Landschulheim außerhalb Hamburgs statt und sind als zweimal im Jahr stattfindende Chor- und Orchesterreisen seit den 1980er Jahren Jahren zum festen Bestandteil des Schullebens geworden.

Das Literarische Café (abgekürzt: LitCaf) hat sich seit 1994 zu einem über die Schulöffentlichkeit hinaus bekannten Ort für musische Darbietungen entwickelt. Neben vielfältigen, aus der Arbeit in Klassen und Kursen entstandenen Vorstellungen finden hier auch regelmäßig Lesungen namhafter deutscher und internationaler Autoren statt, wie zum Beispiel David Chotjewitz, Ulla Hahn oder Anita Lasker-Wallfisch.

Die Bildende Kunst am Christianeum versammelt die Talente regelmäßig in Leistungskursen der Oberstufe und nimmt in allen Alterstufen auch über das Schulleben hinaus an Ausstellungen verschiedener Hamburger Institutionen teil. Aufführungen des Darstellenden Spiels haben Preise gewonnen; Michael Maertens und Isabella Vértes-Schütter, von 1995 bis 2004 Leiterin des Hamburger Ernst Deutsch Theaters, waren zum Beispiel Schüler des Christianeums.

Aus dem Codex Christianei

Bibliothek

Durch den Nachlass des Altonaer Theologen Johann Otto Glüsing hatte bereits die Friedrichschule 1727 einen bedeutenden Buchbestand bekommen, der 1738 in den Besitz des neugegründeten Gymnasium Academicum überging. Der erste Bibliothekar des Christianeums, Georg Matern de Cilano, übte sein Amt von 1743 bis zu seinem Tode 1773 aus. Die Aussicht, eine Universität zu werden, bescherte der Anstalt im 18. Jahrhundert noch weitere Buchsammlungen, deren bedeutendste 1768 das Donum Kohlianum darstellte, die exquisite Bibliothek des Hamburger Gelehrten Johann Peter Kohl, die neben wichtigen frühen Drucken auch mittelalterliche Handschriften, darunter zwei Codizes, enthielt: den Codex Altonensis, eine illuminierte italienische Handschrift von Dantes Commedia aus dem 14. Jahrhundert, und den Codex Christianei, Boccaccios Il Filostrato, die in der Forschung als wichtige Zeugnisse für die Historie ihrer Texte gelten. Durch eine von Heinrich Christian Schumacher initiierte Schenkung des dänischen Königs Friedrichs VI. kam die Bibliothek auch in den Besitz der seltenen Flora Danica. Im 19. Jahrhundert wurde die Bibliothek weiterhin durch Stiftungen und Nachlässe bereichert. Seit 1854 hält die Bibliothek eine komplette Sammlung an preußischen Schulprogrammen, die teilweise erschlossen ist.[12]

Da die Sammlung im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert auch öffentliche Altonaer Stadtbibliothek war, wurde sie durch Legate von Bürgern und Zuwendungen der Stadt in die Lage versetzt, Ankäufe zu tätigen, und verfügte 1817 bereits über 10.000 Bände; um 1891 war der Bestand auf 29.000 Bände angewachsen und wurde 1938 auf gut 30.000 Bände geschätzt. 1945/46 wurden geschätzte 10.000 Bände (zuweilen war auch von 14.000 die Rede) an die zerbombte Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek abgegeben. Eine im Zuge der modernen Titelaufnahme nach 1972 erfolgte Zählung gab 1980 gut 20.000 Bände an. Seit 2005 wird in Zusammenarbeit mit der Staats- und Universitätsbibliothek der ehemalige Christianeumsbestand, insbesondere der seiner Inkunabeln und des Donum Kohlianum, rekonstruiert.

Die Lehrerbibliothek ist heute (einschließlich der historischen Sammlung) eine für das Kollegium, aber auch für auswärtige Benutzer zur Verfügung stehende wissenschaftliche Präsenzbibliothek.Über die Lehrerbibliothek hinaus besitzt das Christianeum noch weitere Buchsammlungen: eine Oberstufenbibliothek, ebenfalls eine Präsenzbibliothek mit Arbeitsplätzen, und eine Schülerbücherei, die vor allem Jugendliteratur, aber auch darüber hinausgehende literarische Werke und Sachliteratur zur kostenlosen Ausleihe für die Schüler bereit hält. Die Naturwissenschaften und die Bildende Kunst verfügen zudem über eigene wissenschaftliche Fachbibliotheken für die Lehrer. Die vorhandene Lehrmittelsammlung mit ihrem Bestand an Lehrbüchern, Fachliteratur und Belletristik für die Hand der Schüler wird auch nach der gesetzlichen Aufhebung der Lernmittelfreiheit im Mai 2005 weiterhin im Unterricht genutzt.

Bekannte Schüler und Lehrer

Über die bereits genannten Namen hinaus waren neben weiteren Persönlichkeiten auch der Schriftsteller Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, der Archäologe Robert Koldewey (Abitur 1875) und der Mathematiker Hermann Weyl Schüler der Anstalt. Im öffentlichen Leben der Gegenwart bekannt wurden zum Beispiel Dirk Mierau (Abitur 1985) oder Jörg Dräger (Abitur 1987). Weitere Schüler waren (in alphabetischer Reihenfolge) u.a. Lars Clausen (Abitur 1955), Ernst Dammann, Alexander Deichsel (Abitur 1956), Gustav Adolf Neuber, Otto Ohlsen, Bettina Röhl (Abitur 1982) oder Johannes Versmann (Schüler 1831–1839).

Dem Lehrkörper gehörten unter anderen an Johann Bernhard Basedow (1761–1771) und Ernst Christian Trapp (1776–1777 für ein Jahr als Subrektor).

Literatur

Quellen

Die Geschichte der Schule ist archivalisch nahezu lückenlos dokumentiert. Zwischen 1738 und 1816 wurden Drucksachen der Schule, so zum Beispiel die Lehrpläne, Veranstaltungen, Berichte und Abhandlungen, als Opuscula Professorum gesammelt und periodisch gebunden. Anschließend wurden jährliche Berichte, später unter dem Titel Schulprogramme geläufig, über Lehre und Schulleben verfasst. Seit der Einstellung dieser in Preußen verpflichtenden Programme in den 1920er Jahren ist die Chronik der Schule seit 1925 in den (unterdessen zweimal jährlich erscheinenden) Publikationen des Schulvereins, Christianeum (im Alltag Christianeumsheft genannt), festgehalten und wird dort fortgeschrieben. Neben diesen Dokumenten, die vollständig erhalten sind, verfügt die Schule über ein Archiv, dessen Bestand bis zur Gründung 1738 zurückreicht und der bis zum Beginn des 20. Jahrhundert in einem Findebuch erfasst ist; eine historisch vollständige und aktualisierte Lehrerliste enthält neben den Schuldaten auch bibliographische Verweise auf diese ergänzende Publikationen.

Zusammenfassungen der Dokumente zur Schulgeschichte erschienen unregelmäßig seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, in ausführlicher Form insbesondere anlässlich der Schuljubiläen. Die bisher letzte umfangreichere Darstellung wurde in der Festschrift zum 250jährigen Schuljubiläum 1988 veröffentlicht, einschließlich der bislang einzigen Aufbereitung der Quellen aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs. Die dort im Umriss erfassten folgenden vier Jahrzehnte wurden in derselben Publikation im Rahmen eines die Gegenwart betreffenden 90seitigen Lexikons in vereinzelten Stichworten teilweise aufbereitet; eine die vorhandenen Quellen zusammenfassende Gesamtdarstellung der bundesrepublikanischen Geschichte der Anstalt existiert bislang nicht.

Die Quellen im einzelnen:

  • Archiv des Christianeums
  • Opuscula Nonnulla Professorum Christianei, 13 Bd.e, 1738–1816. [Die Bände enthalten alle die Schule, ihre Lehre und Ereignisse betreffenden und gedruckten Schriften;] Vol.1: 1738–1742; Vol.2: Decennii I 1742–1745; Vol.3: Dec.I 1746–1750; Vol.4: Dec.II 1751–1757; Vol.5: Dec.II 1758–1760; Vol. 6: Dec.III 1761–1765; Vol.7: Dec.III 1766–1771; Vol.8: Varia 1741–1758; Vol.9: Varia 1759–1766; Vol.10–12: Opuscula Collecta Professorum, 1761–1791, 1787–1801, 1767–1801; Vol.13: Indices lectorem 1774–1816.
  • Schulprogramme
  • Christianeumshefte (seit 1925)
  • Klaus Grund: Quellen zu den Gebäuden des Christianeums. I, II. Hamburg, 2006 (Quellensammlung)

Darstellungen

in chronologischer Ordnung:

  • Geschichte des Altonaischen Gymnasiums und des damit verbundenen Pädagogiums. Erste und zweite Abtheilung von J. H. C. Eggers. Altona, 1834.
  • Übersicht über die Geschichte des Königlichen Christianeums zu Altona. Festschrift zur Feier des 150jährigen Bestehens der Anstalt, von Direktor Georg Heß. Altona, 1888.
  • Paul Th. Hoffmann: Neues Altona 1919–1929. Zehn Jahre Aufbau einer deutschen Großstadt. 2 Bde., Jena 1929 (E.Diederichs) Darin insbesondere das Kapitel Das Christianeum (Gymnasium), Band 2, S. 119–134 (Der Altonaer Stadtarchivar hatte noch Zugriff auf später zerstörte Akten im Altonaer Rathaus.)
  • Hermann Lau: 200 Jahre Christianeum. In: 200 Jahre Christianeum zu Altona. 1738–1938. Hrsg.von Studienrat Heinz Schröder. Hamburg, 1938; S. 13–66.
  • 225 Jahre Christianeum. Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde des Christianeums in Verbindung mit der Vereinigung ehemaliger Christianeer. 19. Jg., Heft 2, Sept. 1963. Hamburg, 1963. (Darin neben einer Chronik von Hans Haupt und einem Artikel zur Begründung des Christianeums von Hermann Lau auch die beiden einzigen offiziellen Erinnerungen eines Lehrers an Das Christianeum während des Krieges 1939/45 von Walther Gabe und an die Nachkriegszeit: Erinnerungen an die ersten Jahre nach dem letzten Kriege von demselben)
  • Ulf Andersen: 250 Jahre Christianeum. In: 250 Jahre Christianeum 1738–1988. Festschrift. Hrsg. von Ulf Andersen im Namen des Vereins der Freunde des Christianeums. Hamburg, 1988; S. 13–25. (Darin auch vom selben Verfasser und Herausgeber die Darstellung über Das Christianeum während des Dritten Reiches, S. 126–159)
Commons: Christianeum – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Zit. nach: Andersen, 250 Jahre Christianeum, S. 13; über Hartnacs schlechte Aufführungen, zu denen offenbar unter anderem auch Zechprellerei gehörte, berichtet W. C. Praetorius in seinen Merkwürdigkeiten der Stadt Altona nach chronologischer Ordnung (Altona 1780, S. 182) mit Verweis auf Molleri Cimbr. Litterat. Tom. 2 p. 298.seqq.
  2. Vgl. dazu z. B. den Entwurf der ordentlichen Frühlings-Visitation im Königl. academischen Christianeo[…], in Opuscula, Vol. 3, Altona 1746; Bibliothek des Christianeums
  3. Vgl. Eggers (1834) S. 19ff.
  4. Unter anderem wurde der Lehrkörper im 19. Jahrhundert und (aus erhaltenen Personalblättern ersichtlich) bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts seitens des Dienstherrn nur durch in Lehre und Wissenschaft verdiente Lehrer und Professoren bestückt; siehe dazu auch z. B. Andersen (1988), S. 23
  5. Friedrich Paulsen: Aus meinem Leben. Jugenderinnerungen. Jena: Diederichs 1909
  6. Andersen (1988) S. 23
  7. Vgl. Ulf Andersen: Das Christianeum während des Dritten Reiches. In: 250 Jahre Christianeum 1738–1988. Hamburg, 1988, S. 126–159; die Geschichte der Anstalt während der nationalsozialistischen Herrschaft ist hier erstmalig und bislang auch einmalig nach den Akten aus dem Archiv des Christianeums und aus dem Hamburger Staatsarchiv beschrieben.
  8. Andersen (1988) S. 159
  9. Andersen (1988) S. 24
  10. Aus urheberrechtlichen Gründen ist eine Abbildung dieses Gebäudes hier leider nicht möglich.
  11. Vgl. Grund (2006)
  12. Zur Bestandsgeschichte der Bibliothek des Christianeums informiert die Homepage des Christianeums ausführlich unter dem Link „Literarische Aktivitäten“, „Lehrerbibliothek“.

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