Vogel des Jahres (Deutschland)

Vogel des Jahres ist eine Kampagne, die seit 1971 vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) geführt wird. Damit waren diese Naturschutzorganisationen die ersten, die durch die jährliche Ausrufung eines Kandidaten auf die Gefährdung der Tiere und Lebensräume aufmerksam gemacht haben. Von 2000 bis 2020 wurde der vom NABU gekürte Vogel des Jahres durch BirdLife Österreich für Österreich übernommen.

Geschichte

Die erste Wahl zum Vogel des Jahres fand 1970 als regionaler Jahresvogel-Probelauf im Baden-Württembergischen Landesverband des NABU – damals noch „Deutscher Bund für Vogelschutz“ (DBV) – mit der Wahl des Graureihers statt. Seit 1971 wird die Aktion bundesweit durchgeführt.[1] Zum 50. Jubiläum der Aktion im Jahr 2020 wurde beschlossen, an der Auszeichnung des Vogels für 2021 im Rahmen einer Vorwahl erstmals die Bevölkerung in zwei Wahlgängen zu beteiligen.[2] Seit 2022 wird der Vogel des Jahres dauerhaft öffentlich gewählt. Die Vorauswahl von fünf Vogelarten findet jedoch durch ein Fachgremium des NABU statt.[3]

Auswahlkriterien

Die Auswahl des Vogels des Jahres erfolgt nach der Gefährdung der Art oder ihres Lebensraumes durch den Menschen. Dabei kann es vorkommen, dass die gleiche Art auch mehrfach mit diesem Titel gekürt wird, wie bisher Weißstorch (1984, 1994), Eisvogel (1973, 2009), Feldlerche (1998, 2019), Rotkehlchen (1992, 2021), Wiedehopf (1976, 2022), Braunkehlchen (1987, 2023) und Kiebitz (1996, 2024). Die erneute Wahl des Weißstorchs war verbandsintern allerdings von Kontroversen begleitet.[4] Die zweite Wahl des Eisvogels 2009 ist darauf zurückzuführen, dass dieses Tier Wappenvogel des LBV ist und der Verband in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feierte. Die erneute Wahl der Feldlerche wird damit begründet, dass seit der ersten Wahl mehr als jeder vierte Vogel aus dem Brutbestand in Deutschland verschwunden ist.[5]

Öffentliche Beteiligung

Erstmals bei der Wahl zum Vogel des Jahres 2021 war eine öffentliche Abstimmung Grundlage der Wahl. In einem ersten Wahlgang wurde aus allen in Deutschland beheimateten Vögeln eine Vorauswahl getroffen. Aus den zwölf Vögeln mit den meisten Stimmen wurden dann in einem Zweiten Wahlgang der Sieger ermittelt. Der Vorauswahlprozess wurde in den Folgejahren angepasst und erfolgte nicht mehr öffentlich, die Endabstimmung jedoch schon. Für eine größere Wahlbeteiligung besteht die Möglichkeit, Wahlkampfteams anzulegen und so für die Wahl eines Vogels über soziale Medien Werbung zu machen. Hier beteiligen sich regionale Sektionen des NABU genauso wie nicht mit dem NABU verbundene Personen und Gruppen. Der NABU weist dabei auch jährlich das erfolgreichste Wahlkampfteam aus und verleiht hier einen symbolischen Preis. In den ersten vier Jahren der Wahl stellte jeweils der Fußballpodcast drei90 das erfolgreichste Wahlkampfteam.[6]

Internationale Wahlen

Die Aktion hat bis heute viele Nachahmer gefunden. BirdLife Schweiz erwählt seit 2001 den Schweizer Vogel des Jahres, auch natur&ëmwelt in Luxemburg kürt eigene Jahresvögel. Insgesamt werden in mehr als einem Dutzend Ländern in Europa Vögel des Jahres gewählt.[1]

Außereuropäische Wahlen zum Vogel des Jahres werden unter anderem in Südafrika und Neuseeland durchgeführt.[1]

Natur des Jahres

Die Wahl zum Vogel des Jahres war das Vorbild für eine ganze Reihe von Wahlen von Tieren und Pflanzen zu Arten sowie Biotopen zu Lebensräumen des Jahres. Als Oberbegriff für diese Aktionen hat sich der Begriff Natur des Jahres etabliert.

Bisherige Vögel des Jahres in Deutschland

Jahrdeutscher Namewissenschaftlicher NameAbbildung
1971WanderfalkeFalco peregrinus
1971 Wanderfalke
1971 Wanderfalke
1972SteinkauzAthene noctua
1972 Steinkauz
1972 Steinkauz
1973Eisvogel
(erneut 2009)
Alcedo atthis
1973 Eisvogel
1973 Eisvogel
1974MehlschwalbeDelichon urbicum
1974 Mehlschwalbe
1974 Mehlschwalbe
1975GoldregenpfeiferPluvialis apricaria
1975 Goldregenpfeifer
1975 Goldregenpfeifer
1976Wiedehopf
(erneut 2022)
Upupa epops
1976 Wiedehopf
1976 Wiedehopf
1977SchleiereuleTyto alba
1977 Schleiereule
1977 Schleiereule
1978KranichGrus grus
1978 Kranich
1978 Kranich
1979RauchschwalbeHirundo rustica
1979 Rauchschwalbe
1979 Rauchschwalbe
1980BirkhuhnLyrurus tetrix
1980 Birkhuhn
1980 Birkhuhn
1981SchwarzspechtDryocopus martius
1981 Schwarzspecht
1981 Schwarzspecht
1982Großer BrachvogelNumenius arquata
1982 Großer Brachvogel
1982 Großer Brachvogel
1983UferschwalbeRiparia riparia
1983 Uferschwalbe
1983 Uferschwalbe
1984Weißstorch
(erneut 1994)
Ciconia ciconia
1984 Weißstorch
1984 Weißstorch
1985NeuntöterLanius collurio
1985 Neuntöter
1985 Neuntöter
1986SaatkräheCorvus frugilegus
1986 Saatkrähe
1986 Saatkrähe
1987Braunkehlchen
(erneut 2023)
Saxicola rubetra
1987 Braunkehlchen
1987 Braunkehlchen
1988WendehalsJynx torquilla
1988 Wendehals
1988 Wendehals
1989TeichrohrsängerAcrocephalus scirpaceus
1989 Teichrohrsänger
1989 Teichrohrsänger
1990PirolOriolus oriolus
1990 Pirol
1990 Pirol
1991RebhuhnPerdix perdix
1991 Rebhuhn
1991 Rebhuhn
1992Rotkehlchen
(erneut 2021)
Erithacus rubecula
1992 Rotkehlchen
1992 Rotkehlchen
1993FlussregenpfeiferCharadrius dubius
1993 Flussregenpfeifer
1993 Flussregenpfeifer
1994Weißstorch
(erstmals 1984)
Ciconia ciconia
1994 Weißstorch
1994 Weißstorch
1995NachtigallLuscinia megarhynchos
1995 Nachtigall
1995 Nachtigall
1996Kiebitz
(erneut 2024)
Vanellus vanellus
1996 Kiebitz
1996 Kiebitz
1997BuntspechtDendrocopus major
1997 Buntspecht
1997 Buntspecht
1998Feldlerche
(erneut 2019)
Alauda arvensis
1998 Feldlerche
1998 Feldlerche
1999GoldammerEmberiza citrinella
1999 Goldammer
1999 Goldammer
2000RotmilanMilvus milvus
2000 Rotmilan
2000 Rotmilan
2001HaubentaucherPodiceps cristatus
2001 Haubentaucher
2001 Haubentaucher
2002HaussperlingPasser domesticus
2002 Haussperling
2002 Haussperling
2003MauerseglerApus apus
2003 Mauersegler
2003 Mauersegler
2004ZaunkönigTroglodytes troglodytes
2004 Zaunkönig
2004 Zaunkönig
2005UhuBubo bubo
2005 Uhu
2005 Uhu
2006KleiberSitta europaea
2006 Kleiber
2006 Kleiber
2007TurmfalkeFalco tinnunculus
2007 Turmfalke
2007 Turmfalke
2008KuckuckCuculus canorus
2008 Kuckuck
2008 Kuckuck
2009Eisvogel
(erstmals 1973)
Alcedo atthis
2009 Eisvogel
2009 Eisvogel
2010KormoranPhalacrocorax carbo
2010 Kormoran
2010 Kormoran
2011GartenrotschwanzPhoenicurus phoenicurus
2011 Gartenrotschwanz
2011 Gartenrotschwanz
2012DohleCorvus monedula
2012 Dohle
2012 Dohle
2013BekassineGallinago gallinago
2013 Bekassine
2013 Bekassine
2014GrünspechtPicus viridis
2014 Grünspecht
2014 Grünspecht
2015HabichtAccipiter gentilis
2015 Habicht
2015 Habicht
2016StieglitzCarduelis carduelis
2016 Stieglitz
2016 Stieglitz
2017WaldkauzStrix aluco
2017 Waldkauz
2017 Waldkauz
2018StarSturnus vulgaris
2018 Star
2018 Star
2019Feldlerche
(erstmals 1998)
Alauda arvensis
2019 Feldlerche
2019 Feldlerche
2020TurteltaubeStreptopelia turtur
2020 Turteltaube
2020 Turteltaube
2021Rotkehlchen
(erstmals 1992)
Erithacus rubecula
2021 Rotkehlchen
2021 Rotkehlchen
2022Wiedehopf
(erstmals 1976)
Upupa epops
2022 Wiedehopf
2022 Wiedehopf
2023Braunkehlchen
(erstmals 1987)
Saxicola rubetra
2023 Braunkehlchen
2023 Braunkehlchen
2024Kiebitz
(erstmals 1996)
Vanellus vanellus
2024 Kiebitz
2024 Kiebitz

In anderen Ländern

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Von Beutelmeise bis Kampfläufer und Rotschwanz. Erfolgreicher Exportartikel „Vogel des Jahres“ / Nun auch in Armenien. Naturschutzbund Deutschland (NABU), 9. Februar 2009, abgerufen am 16. Februar 2009.
  2. Vogel des Jahres 2021 Naturschutzbund Deutschland, 9. Oktober 2020.
  3. Vogel des Jahres 2021 gekürt. In: nabu.de. Abgerufen am 19. März 2021.
  4. Opitz, Die Vögel des Jahres 1970–2013, S. 20.
  5. Typischer Agrarvogel im Sinkflug - Die Feldlerche ist „Vogel des Jahres 2019“
  6. Christian Burns: Videoausschnitt aus der Preisverleihung des Nabu. 19. März 2021, abgerufen am 21. März 2021.