Hortenkachel

Fassade aus Hortenkacheln

Die Hortenkachel ist der Baustein einer vorgehängten Gebäudefassade für die Horten-Kaufhäuser. Eine erste Version der Wabenfassade[1] noch ohne die Kacheln wurde um 1958 von Helmut Rhode für die Filiale Düsseldorfer Straße in Duisburg entworfen. Für weitere Kaufhausbauten wurde sie von deren Architekten weiterentwickelt, darunter Egon Eiermann.[2]

Eine wabenförmige Fassadengestaltung verwendete Marcel Breuer bereits zuvor beim Rotterdamer Warenhaus De Bijenkorf.[3] Die Anbringung der Wabenfassaden wurde Ende der 1970er Jahre beendet, weil es vermehrt Widerstände aus den Städten gab, so 1972 beim Umbau der Filiale in Regensburg[4] und beim etwa gleichzeitig entstandenen Neubau der Filiale in Nürnberg.[5]

Gestaltung

Gebäude des Kaufhauses Horten in Trier, Fleischstraße (heute: Galeria Kaufhof), mit typischer Fassade aus Hortenkacheln
Hortenkachel 68/300 aus Hamm

Das Grundmaß einer Kachel ist beispielsweise 50 cm × 50 cm, die Tiefe liegt bei ca. 15–20 cm. Anfänglich wurden die Kacheln aus Keramik hergestellt, später aus Gewichtsgründen auch aus Aluminium. Die Form entspricht einem stilisierten ‚H‘ für Horten. Die einheitliche Fassadengestaltung sollte zeichenhaft für das Unternehmen werben und eine Corporate Identity aufbauen.[2]

Die ornamentale Fassade, die das Gebäude nahezu vollständig bekleidet, nimmt keinen Bezug auf den stadträumlichen Kontext und macht die innere Gliederung sowie den Maßstab des Gebäudes nicht ablesbar. Da sich mit diesem Fassadensystem die Gebäudegrundrisse sehr flexibel und mit einem Höchstmaß an Stellfläche durch die Vermeidung von Fenstern ausbilden lassen, fand dieses Fassadensystem viel Anklang beim Neubau von Kaufhäusern. Auch beim Umbau oder der Erweiterung bestehender Gebäude war dies ein Vorteil, da man bei der Planung keine Rücksicht auf eventuell vorhandene Fassadengliederungen nehmen oder Anbauten an das bestehende Gebäude anpassen musste, wenn anschließend der gesamte Gebäudekörper mit der Kachel verkleidet wurde. Da die Kacheln Nistmöglichkeiten für Tauben bieten, wurden sie meistens mit einem Drahtnetz überzogen.

Literatur

  • Wolfgang Hocquél, Friedel Kellermann, Hans-Georg Pfeifer, Mathias Schreiber, Klaus-Dieter Weiß, Eberhard Zeidler: Architektur für den Handel. Kaufhäuser, Einkaufszentren, Galerien. Geschichte und gegenwärtige Tendenzen. Mit einem Werkbericht der Architekten RKW, Rhode, Kellermann, Wawrowsky + Partner. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1996, ISBN 978-3-7643-5268-4.
  • Thomas Irrgang: Deutsche Warenhausbauten. Entwicklung und heutiger Stand ihrer Betriebs-, Bau- und Erscheinungsformen. Dissertation. Berlin 1980.
  • Silke Langenberg: Bauten der Boomjahre. Architektonische Konzepte und Planungstheorien der 60er und 70er Jahre. Dissertation. Dortmund 2006. 2., leicht veränderte Auflage: Wulff, Dortmund 2011, ISBN 978-3-88090-115-5.
  • Christian Schramm: Deutsche Warenhausbauten. Ursprung, Typologie und Entwicklungstendenzen. Shaker, Aachen 1995, ISBN 978-3-8265-5081-2.

Einzelnachweise

  1. Der Einblick (Magazin für Mitarbeiter der Horten Betriebe), Ausgabe 53, S. 12: „Unser Foto zeigt die imposante Wabenfassade des in Duisburg-Hamborn entstehenden Warenhauses Horten.“ Der Einblick, Ausgabe 1/67, S. 16: „Am Ende dieser Umstrukturierungsphase wird unser Unternehmen ausschließlich über Horten-Vollwarenhäuser modernster Prägung verfügen, deren gemeinsames Kennzeichen bis auf wenige Ausnahmen die Keramik-Wabenfassade sein wird.“
  2. a b Annemarie Jaeggi (Hrsg.): Egon Eiermann (1904–1970). Die Kontinuität der Moderne. Ostfildern-Ruit. 2004. Katalog zur Ausstellung der Städtischen Galerie Karlsruhe vom 18. September 2004 bis 9. Januar 2005, S. 190 ff.
  3. Silke Langenberg: Bauten der Boomjahre. Architektonische Konzepte und Planungstheorien der 60er und 70er Jahre. Dissertation. Dortmund 2006, S. 51.
  4. Letzte Schlacht. In: Der Spiegel. Nr. 23, 1980 (online).
  5. Karstadt schließt in Nürnberg: Was passiert mit dem Gebäude? In: nordbayern.de. Abgerufen am 6. April 2021.