Gersthofer Friedhof

Blick vom Gersthofer Friedhof auf den Schafberg

Der Gersthofer Friedhof ist ein kommunaler Friedhof im Bezirksteil Gersthof des 18. Wiener Gemeindebezirks, Währing.

Lage und Größe

Der Gersthofer Friedhof liegt am Rand von Gersthof an einem Alsrücken genannten Abhang des Schafbergs. Er befindet sich an der Adresse Möhnergasse 1, direkt an der Grenze zum südlich anschließenden 17. Bezirk, Hernals. Unweit vom Eingang hat die vom Schottentor im Stadtzentrum ausgehende Straßenbahnlinie 40 ihre nordwestliche Endstation Herbeckstraße.

Das Friedhofsareal umfasst eine Fläche von 31.714 Quadratmeter mit 4.590 Grabstellen.[1]

Geschichte

Erste Gersthofer Friedhöfe

Angeregt durch die Josephinischen Reformen, wurde 1785 am bergseitigen Ausgang des Dorfes Gersthof ein Friedhof errichtet. Er wurde an jener Stelle angelegt, an der heute die Messerschmidtgasse in die Gersthofer Straße einmündet. Heute befindet sich auf dem Gelände der Pfarrkindergarten.

Mitte des 18. Jahrhunderts war das Umfeld des Friedhofs bereits dicht verbaut, weshalb der Friedhof ab 1845 nicht mehr belegt werden durfte. Die Gemeinde Gersthof ließ den Friedhof auf und errichtete einen neuen Friedhof auf einem 11 Ar großen Grundstück in der nördlich des Ortes gelegenen Ried Hagenau. Das Grundstück hatte die Gemeinde von der Herrschaft Gersthof erhalten, die das Gelände am heutigen Bischof-Faber-Platz der Gemeinde gegen die Abtretung des alten Friedhofgrundstücks und die Erlaubnis zur Errichtung einer Familiengruft am neuen Friedhof überließ. Die Einfriedung des neuen Friedhofs übernahm die Gemeinde; sie wurde vorerst als Staketenzaun ausgeführt. Die Einsegnung des neuen Friedhofs wurde am 14. Jänner 1846 vorgenommen. Die Überfüllung des Friedhofs und das rasante Wachstum von Neu-Gersthof machten bereits 1877 die Sperre dieses Friedhofs nötig. Das Friedhofsgrundstück wurde nach der Eröffnung des neuen Friedhofs dem Kirchenbauverein überlassen, der darauf die Pfarrkirche Gersthof errichtete.

Heutige Friedhofsanlage

Mausoleum
Russischer Soldatenfriedhof auf dem Gersthofer Friedhof

Die letzte Neugründung des Gersthofer Friedhofs erfolgte an einem Abhang des Schafbergs, dem sogenannten Alsrücken, südwestlich des Ortes. Der Friedhof wurde am 27. Oktober 1880 eingeweiht. Die zwischen der Schließung des zweiten Friedhofs und der Eröffnung des dritten Friedhofs verstorbenen Personen mussten am nahegelegenen Hernalser Friedhof beerdigt werden. Die Leichenreste aus dem zweiten Ortsfriedhof wurden in einem Massengrab rechts vom neu errichteten Mausoleum bestattet.

1892 wurde Gersthof mit anderen Orten als 18. Bezirk, Währing, nach Wien eingemeindet. Die Zuständigkeit für den Friedhof ging damit an die Wiener Stadtverwaltung über.

Der dritte Gersthofer Friedhof wurde erstmals 1899 um eine Fläche von 20.000 Quadratmeter erweitert. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde zudem die Errichtung eines Administrationsgebäudes sowie die Adaptierung des bestehenden Totengräberhauses genehmigt. 1903 / 1904 folgte die Errichtung einer Wartehalle, weiters wurden der Umbau des Einsegnungsraumes in eine Kapelle, die Verlegung der Eingänge zur Infektionsleichenkammer und die Anbringung eines Schutzdaches bewilligt. Die Friedhofskapelle wurde am 11. April 1907 geweiht und der Friedhof in den 1910er Jahren zwei Mal erweitert.

Nachdem 1938 die Südseite des Friedhofes zur Czartoryskigasse mit einer architektonisch gegliederten Einfriedungsmauer versehen worden war, ließ die Stadtverwaltung zwischen 1945 und 1951 die Aufbahrungshalle renovieren und Teile der Friedhofsmauer erneuern.

1952 wurde die Vergabe von neuen und heimgefallenen Gräbern gestoppt. Ein Jahr später bestimmte der Wiener Gemeinderat die Schließung des Gerstofer Friedhofs und anderer kleiner Friedhöfe bis zum Jahr 1975. 1957 genehmigte man jedoch die Neuvergabe von heimgefallenen Gräbern mit der Auflage, dass das Benützungsrecht mit Ende des Jahres 1975 erlöschen würde. Diese Neuvergabe stoppte der Gemeinderat 1965 erneut, ließ jedoch die Sperrfrist der betroffenen Friedhöfe bis Ende 1985 verlängern.

Bei einer 1980 durchgeführten Volksbefragung entschied die Mehrheit der Wähler für die Beibehaltung der von der Sperre bedrohten Friedhöfe, weshalb der Gemeinderat den Sperrbeschluss am 26. September 1980 aufhob. Nach einem 1982 / 1983 durchgeführten Einziehungsverfahren konnten wieder neue Gräber vergeben werden. 1983 wurde der Aufbahrungsraum nach Renovierungs- und Umbauarbeiten neu eröffnet.

Der Gersthofer Friedhof ist auch Standort eines aus einem 1945 belegten Massengrab bestehenden russischen Soldatenfriedhofs. Die Zahl der hier beigesetzten gefallenen Soldaten ist nicht bekannt.

Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten

Ehrenhalber gewidmete Gräber

Der Gersthofer Friedhof weist acht ehrenhalber gewidmete Gräber auf.[2]

NameLebensdatenTätigkeit
Emil Karl Blümel1881–1925Schriftsteller, Kulturhistoriker
Gustav Gugitz1874–1964Kunsthistoriker, Heimatforscher und Volkskundler
Ludwig Hirsch1946–2011Liedermacher und Schauspieler
Wilhelm Pollauf1878–1916Reichsratsabgeordneter
Walter Strzygowski1908–1970Geograf
Theodor Taube1840–1904Schriftsteller
Franz Vogl1861–1921Bildhauer
Theodor Windbrechtinger („Turl Wiener“)1875–1971Volksschauspieler und Komiker

Gräber weiterer Persönlichkeiten

Adolf Robitschek

Weitere Persönlichkeiten, die am Gersthofer Friedhof begraben sind:

NameLebensdatenTätigkeit
Franz Ackerl1901–1988Geodät
Arthur Agstner1922–1991Diplomat
Josef Argauer1910–2004Fußballspieler und -trainer
Eduard Bertel1856–1923Schauspieler
Josef Breitner1864–1930Bildhauer (Grab aufgelassen)
Josef Bock1883–1966Bildhauer
Otto Bolesch1918–2005Schauspieler
Ludwig Castagna1867–1944Mechaniker und Erfinder
Joseph Deckert1843–1901Pfarrer (Grab aufgelassen)
Gernot Eder1929–2000Physiker
Hans W. Fasching1923–2009Jurist
Anton Fellner1927–1997Journalist
Michael Fellner1841–1912Architekt
Heinrich Fuchs1923–2000Kunstlexikograph
Hansi Führer1879–1955Volkssängerin
Fritz Fuhrich1937–2005Theaterwissenschaftler
Adolf Holl1930–2020Theologe
Anton von Kenner1871–1951Maler
Arthur Klauser1889–1959Polizeipräsident
Edith Kristan-Tollmann1934–1995Geologin und Paläontologin
Robert Löffler1931–2016Journalist
Otto Lutz1869–1947Politiker
Albert von Margutti1869–1940General und Schriftsteller
Leo Navratil1921–2006Psychiater
Franz Odehnal1870–1928Politiker
Ernst Plischke1903–1992Architekt
Josef Recht1871–1927Schauspieler und Sänger
Christoph Reisser1836–1892Buchdrucker
Maximilian Ronge1874–1953Oberst der österreichisch-ungarischen Armee
Adolf Robitschek1853–1934Musikverleger
Johannes Michael Schnarrer1965–2008Sozialethiker
Josef Schneeweiß1913–1995Widerstandskämpfer
Josef Shaked1929–2021Psychoanalytiker
Alexander Tollmann1928–2007Geologe und Politiker
Lore Trenkler1914–2002Köchin
Eva Twaroch1963–2018Journalistin, Auslandskorrespondentin
Paul Twaroch1932–2021Jurist und Journalist
Emil Vetter1878–1963Sprachwissenschaftler
Johanna von Trapp1919–1994Sängerin
Josef „Joschi“ Weidinger1923–2002Box-Europameister
Edmund Wengraf1860–1933Erzähler, Lyriker und Essayist, Präsident des Presseclubs Concordia
Josef Weninger1886–1959Anthropologe und Hochschullehrer
Margarete Weninger1896–1987Anthropologin und Humangenetikerin
Ernst Florian Winter1923–2014Historiker
Ernst Karl Winter1895–1959Soziologe
Karl Wurmb1850–1907Eisenbahnbauingenieur

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Gersthofer Friedhof auf den Seiten der Friedhöfe Wien GmbH@1@2Vorlage:Toter Link/www.friedhoefewien.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Friedhöfe Wien GmbH – Ehrenhalber gewidmete Gräber des Friedhofs Gersthof, Jänner 2008 (PDF, abgerufen am 13. Dezember 2008; 65 kB)
Commons: Gersthofer Friedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 13′ 53″ N, 16° 19′ 2″ O