Perikopenordnung

Die Perikopenordnung (von griechisch περικοπή = abgegrenzter Bereich) ist eine Zusammenstellung von Bibelabschnitten, die in den evangelischen Gottesdiensten zur regelmäßigen Lesung bzw. Behandlung in der Predigt vorgesehen sind.

Übersicht über die evangelische Perikopenordnung nach dem Kirchenjahr

Die geltende Perikopenordnung wurde von der Liturgischen Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland erarbeitet und am 1. Advent 1978 eingeführt. Sie enthält eine Ordnung der Predigttexte und Leseabschnitte für Gottesdienste. Diese Texte werden – landeskirchlich verschieden – teils als Empfehlungen, teils als verbindliche Vorgaben für evangelische Gottesdienste an den jeweiligen Sonn- und Feiertagen angesehen. Es liegt im Rahmen des Kanzelrechts weithin in der Hand der verantwortlichen Pfarrerinnen und Pfarrer, wie sie eingesetzt werden.

Die Presbyterien und Kirchenvorstände entscheiden im Rahmen des Liturgierechts, des ius liturgicum, örtlich über die Zahl der Lesungen im Gottesdienst. Am weitesten verbreitet ist die Praxis zweier Lesungen, meist Epistel und Evangelium, seltener werden regelmäßig drei Lesungen vorgetragen, von denen jeweils eine dem Alten Testament, eine den Episteln und eine den Evangelien entstammen. Die Lesung des Predigttextes erfolgt in der Regel von der Kanzel im Rahmen der Predigt selbst; wenn im jeweiligen Jahr über die Texte der Reihe I (Evangelien) oder II (Episteln) gepredigt wird, kann hiervon abgewichen werden.

Seit Einführung des Evangelischen Gesangbuchs ist in vielen Gemeinden das gemeinsame Psalmgebet üblich geworden. Dieses beschränkt sich dann meist auf die im Gesangbuch abgedruckten Auszüge aus den Psalmen.

Zu jedem Sonn- und Feiertag im liturgischen Kalender wird aufgeführt:

  • Zeile 1: Name des Tages
  • Zeile 2: Wochenspruch (auch als Eingangsvotum)
  • Zeile 3: Wochenpsalm
  • Zeile 4–9: Die sechs Textreihen

Reihe I ist immer das Evangelium des Tages als Leittext. Die anderen Texte sind unter Bezug darauf zusammengestellt.

Reihe II ist immer die Epistel des Tages.

Wo eine alttestamentliche Lesung üblich ist, findet sich diese in den Reihen III–VI.

Für die Predigttexte wird ein jährlicher Wechsel entsprechend den Reihen empfohlen.

Vom 1. Advent 2014 bis zum Ewigkeitssonntag 2015 gilt die Reihe I (Predigttext gleich Evangelium).

Dementsprechend ergibt sich:

  • Reihe I 2014/2015 (Predigttext gleich Evangelium)
  • Reihe II 2015/2016 (Predigttext gleich Epistel)
  • Reihe III 2016/2017
  • Reihe IV 2017/2018
  • Reihe V 2018/2019
  • Reihe VI 2019/2020

Revisionen

Mit Beginn des Kirchenjahres 1999/2000 gab es zuletzt eine kleinere Revision der Texte.

  • Am 3. Sonntag nach Trinitatis wurden die Texte I und III getauscht, so dass das „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ (Lk 15,11–32 LUT) nun als Evangelium gelesen wird und das „Gleichnis vom verlorenen Schaf“ (Lk 15,1–7 LUT) verdrängt hat.
  • Der 10. Sonntag nach Trinitatis, der Israelsonntag, wurde vor allem unter dem Eindruck der Shoa seit langem als kritisch angesehen und entsprechend verändert. – Dort kann seit 1999/2000 die „Weissagung über Jerusalem“ (Lk 19,41–48 LUT) durch „das Doppelgebot der Liebe“ (Mk 12,28–34 LUT) ausgetauscht werden. Als weiteres Evangelium (Reihe V) ist Joh 4,19–26 LUT mit dem Satz „Das Heil kommt von den Juden“ (V. 22) vorgesehen. – Die Epistel vom Erbarmen Gottes mit Israel (Röm 11,25–32 LUT) wurde durch Röm 9,1–5.6–8.14–16 LUT, Gottes Weg mit Israel, ehemals 4. Reihe, ersetzt, und gehört jetzt zur Reihe VI. – Neue alttestamentliche Lesung (III) ist Ex 19,1–6 LUT, in dem Israel zugesagt wird, Gottes Volk zu sein. Ihr folgt in Reihe IV heute mit Jes 62,6–12 LUT die Ankündigung von Zions Herrlichkeit. – Entfallen sind der Bericht von der Zerstörung Jerusalems unter Nebukadnezar (2 Kön 25,8–12 LUT) sowie die Tempelreinigung (Joh 2,13–22 LUT).
  • Das Evangelium des Erntedankfestes, Lk 12,15–21 LUT, machte eine negative Eigenschaft des Menschen gerade an dem Fest, an dem es unter anderem um den Ertrag und Wert landwirtschaftlicher Arbeit geht, an einem Landwirt deutlich. Da das nicht immer als glücklich empfunden wurde, wurde mit der letzten Revision Mt 6,25–34 LUT als alternative Lesungen aus den Evangelien in der Reihe I vorgesehen.
  • Beim Vorletzten Sonntag des Kirchenjahres, meist als „Volkstrauertag“ geläufig, wurde der Praxis Rechnung getragen, dass die Gottesdienste an diesem Sonntag oft im Rahmen der Friedensdekade begangen werden. Daher können deren Texte seit dem Kirchenjahr 1999/2000 diejenigen des Sonntags ersetzen. In ihnen steht der irdische Frieden im Blick (Mt 5,2–10 LUT, Mt 16,1–4 LUT, Joh 14,27–31 LUT; 1 Tim 2,1–4 LUT, Phil 4,6–9 LUT; Mi 4,1–4 LUT).

Aktuelle Diskussion

Seit einigen Jahren wird in den evangelischen Kirchen über eine Änderung dieser Empfehlungen diskutiert. Das Anliegen der vorliegenden Ordnung ist es, möglichst viele verschiedene Texte der Bibel zur Sprache kommen zu lassen. Kritiker wenden ein, dass damit zu häufig Texte vorkommen, die Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts nur noch mit Mühe oder gar nicht mehr ansprechen.

EKD, UEK und VELKD beschlossen 2011, gemeinsam eine Revision der geltenden Ordnung vorzunehmen. Seit 2014 liegt ein „Entwurf zur Erprobung der gottesdienstlichen Lesungen und Predigttexte“[1] vor, der von der Arbeitsgruppe Perikopenreform erarbeitet wurde und bis 2015 erprobt werden soll. Dieser Entwurf folgt dem Grundsatz einer „moderaten Revision“.[2] Es soll bei sechs Textreihen bleiben, die sich an den altkirchlichen Perikopen orientieren. Der Anteil alttestamentlicher Texte soll dabei auf etwa ein Drittel verdoppelt werden. Die bisherigen reinen Evangelien- und Epistelreihen (Nr. I und II) werden nicht für die gottesdienstlichen Lesungen, aber für die Predigttexte aufgegeben, so dass hier nur noch gemischte Reihen vorgesehen sind.[3]

Perikopenordnungen im ökumenischen Vergleich

„Der Brauch gottesdienstlicher Schriftlesungen wurde vom jüdischen Synagogengottesdienst übernommen. Listen eines sich herausbildenden Perikopensystems sind früh bezeugt, Perikopenbücher bereits ab dem 8. Jahrhundert.“[4]

In den reformierten Kirchen und Gemeinden Deutschlands ist eine Orientierung am Kirchenjahr und damit auch an der Leseordnung bis heute nicht überall verbreitet. Vergleichbar den Vorbildern der Reformationszeit haben bis heute Continua-Predigten eine größere Bedeutung. Dabei wird an mehreren aufeinanderfolgenden Sonntagen fortlaufend ein biblisches Buch gepredigt.

Auch die evangelisch-reformierte Kirche in der Schweiz hat bisher die Einführung einer Perikopenordnung abgelehnt. Faktisch hat die Ordnung der Predigttexte nach der EKD-Ordnung jedoch einen gewissen Einfluss auch in den reformierten Kirchen der Schweiz und Deutschlands, weil sich die deutschsprachige evangelische Predigtliteratur und die Hilfen zur Vorbereitung daran orientieren.

In der Katholischen Kirche gilt seit der Reform der Lesordnung nach dem 2. Vatikanischen Konzil weltweit eine einheitliche Leseordnung mit drei Textreihen für die Sonn- und Feiertage (A, B, C). Diese orientieren sich, was die Lesung aus den Evangelien und die Lesung der Apostelbriefe („2. Lesung“) betrifft, am Prinzip der Bahnlesung, also der fortlaufenden Lesung von biblischen Büchern, so dass 2. Lesung und Evangelium in der Regel keine inhaltlichen Bezüge aufweisen. Die 1. Lesung, die meist aus dem Alten Testament genommen wird, ist mit Bezug auf das jeweilige Evangelium ausgewählt. Für die Werktagsmessen gibt es für die 1. Lesung die Lesereihen I und II, die Evangelienlesung ist jedes Jahr gleich. 1. Lesung und Evangelium folgen an Werktagen dem Prinzip der Bahnlesung, so dass es auch hier nur zufällig inhaltliche Bezüge gibt.

In liturgisch geprägten Kirchen des englischsprachigen Raumes sind ebenfalls Perikopenordnungen mit drei bis vier Reihen üblich. Besonders verbreitet ist seit 1994 das „Revised Common Lectionary“,[5] das gemeinsam von Katholiken, Anglikanern und Lutheranern verantwortet wird. Es entspricht der katholischen Leseordnung, wie sie nach dem 2. Vatikanischen Konzil herausgegeben wurde, und wird in den evangelischen Kirchen mehr oder minder frei angewandt.

Die Texte nach der Perikopenordnung

1. Sonntag im Advent

2. Sonntag im Advent

3. Sonntag im Advent

4. Sonntag im Advent

Weihnachtszeit

Heiliger Abend – Christvesper

Heiliger Abend – Christnacht

Christfest – 1. Feiertag

Christfest – 2. Feiertag

1. Sonntag nach dem Christfest

Altjahrsabend: Silvester

Neujahrstag

2. Sonntag nach dem Christfest

Epiphanias

Nach Epiphanias und Vorfastenzeit

1. Sonntag nach Epiphanias

2. Sonntag nach Epiphanias

3. Sonntag nach Epiphanias

4. Sonntag nach Epiphanias

5. Sonntag nach Epiphanias

Letzter Sonntag nach Epiphanias

Septuagesimae: 3. Sonntag vor der Passionszeit

Sexagesimae: 2. Sonntag vor der Passionszeit

Estomihi: Sonntag vor der Passionszeit

  • Wochenspruch/Votum: „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.“ (Lukas 18,31 LUT)
  • Psalm 31,2–6 LUT
  • I. Markus 8,31-38 LUT
  • II. 1. Korinther 13
  • III. Lukas 10,38-42 LUT
  • IV. Amos 5,21-24 LUT
  • V. Lukas 18,31-43 LUT
  • VI. Jesaja 58,1–9a LUT

Invocavit: 1. Sonntag der Passionszeit

Reminiscere: 2. Sonntag der Passionszeit

Oculi: 3. Sonntag der Passionszeit

Laetare: 4. Sonntag der Passionszeit

Judica: 5. Sonntag der Passionszeit

Palmsonntag: 6. Sonntag der Passionszeit

Gründonnerstag: Tag der Einsetzung des Abendmahls

Karfreitag: Tag der Kreuzigung des Herrn

Karsamstag

  • Wochenspruch/Votum: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,16 LUT)
  • Psalm 88 LUT in Auswahl oder wie Karfreitag
  • I. Matthäus 27,(57–61).62–66 LUT
  • II. 1. Petrus 3,18–22 LUT
  • III. JonaLUT
  • IV. Hebräer 9,11–12.24 LUT
  • V. Johannes 19,(31–37).38–42 LUT
  • VI. Hesekiel 37,1-14 LUT

Ostern, Osterzeit, Pfingsten

Osternacht

Ostersonntag: Tag der Auferstehung des Herrn

Ostermontag

Quasimodogeniti: 1. Sonntag nach Ostern

  • Wochenspruch/Votum: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ (1. Petrus 1,3 LUT)
  • Psalm 116,1–9 LUT
  • I. Johannes 20,19-29 LUT
  • II. 1. Petrus 1,3–9 LUT
  • III. Johannes 21,1-14 LUT
  • IV. Kolosser 2,12-15 LUT
  • V. Markus 16,9–14 (15–20) LUT
  • VI. Jesaja 40,26-31 LUT

Misericordias Domini: 2. Sonntag nach Ostern

Jubilate: 3. Sonntag nach Ostern

Kantate: 4. Sonntag nach Ostern

Rogate: 5. Sonntag nach Ostern

Christi Himmelfahrt

Exaudi: 6. Sonntag nach Ostern

Pfingstsonntag: Tag der Ausgießung des Heiligen Geistes

Pfingstmontag

Sonntage nach Trinitatis

Trinitatis: Tag der Dreieinigkeit

1. Sonntag nach Trinitatis

2. Sonntag nach Trinitatis

3. Sonntag nach Trinitatis

4. Sonntag nach Trinitatis

5. Sonntag nach Trinitatis

6. Sonntag nach Trinitatis

7. Sonntag nach Trinitatis

8. Sonntag nach Trinitatis

9. Sonntag nach Trinitatis

10. Sonntag nach Trinitatis (Traditionell „Israelsonntag“ genannt)

11. Sonntag nach Trinitatis

12. Sonntag nach Trinitatis

13. Sonntag nach Trinitatis

14. Sonntag nach Trinitatis

15. Sonntag nach Trinitatis

16. Sonntag nach Trinitatis

17. Sonntag nach Trinitatis

18. Sonntag nach Trinitatis

19. Sonntag nach Trinitatis

20. Sonntag nach Trinitatis

21. Sonntag nach Trinitatis

22. Sonntag nach Trinitatis

23. Sonntag nach Trinitatis

24. Sonntag nach Trinitatis

Ende des Kirchenjahres

Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres

Volkstrauertag: Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres

Buß- und Bettag

Ewigkeitssonntag: / Letzter Sonntag des Kirchenjahres

Evangelische Feiertage außerhalb des Kirchenjahresschemas

Erntedankfest

Reformationstag: 31. Oktober

Allgemein begangene Tage

Konfirmation

Kirchweihe

Siehe auch

Leseordnung für den katholischen Bereich

Literatur

  • Evangelisches Gesangbuch. Ausgabe für die Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Niedersachsen und für die Bremer Evangelische Kirche; Nr. 953–954.73; Hannover 1994.
  • Perikopenbuch. Mit Lektionar; Hannover 20016; ISBN 3-7859-0521-1.

Einzelnachweise

  1. Neuordnung der gottesdienstlichen Lesungen und Perdigttexte. Entwurf zur Erprobung im Auftrag von EKD, UEK und VELKD. Hannover, 2014 (pdf; 4,4 MB)
  2. Neuordnung der gottesdienstlichen Lesungen und Perdigttexte. Entwurf zur Erprobung im Auftrag von EKD, UEK und VELKD. Hannover, 2014, S. 14 (pdf; 4,4 MB)
  3. Neuordnung der gottesdienstlichen Lesungen und Perdigttexte. Entwurf zur Erprobung im Auftrag von EKD, UEK und VELKD. Hannover, 2014, S. 552–557 (pdf; 4,4 MB
  4. Neuordnung der gottesdienstlichen Lesungen und Perdigttexte. Entwurf zur Erprobung im Auftrag von EKD, UEK und VELKD. Hannover, 2014, S. 11 (pdf; 4,4 MB)
  5. Artikel in der englischsprachigen Wikipedia über das Revised Common Lectionary