Burchard von Thüringen

Burchard († 3. August 908) war ein Graf der sorbischen Mark sowie Markgraf und Herzog der Thüringer an der Wende des 9. zum 10. Jahrhundert.

Seine familiäre Herkunft ist unklar; möglicherweise war er ein Nachkomme jenes Burchard, der laut einer Urkunde König Ludwigs des Deutschen aus dem Jahr 858 als Graf in Sachsen amtierte.[1] Dieser Burchard dürfte mit jenem identisch gewesen sein, der 857 und 866 als Zeuge der Urkunden des Grabfeldgaugrafen Christian auftrat. Anhand des häufig auftretenden Leitnamens kann eine Herkunft der im thüringischen Raum auftretenden Burcharde von einem Burchardus comitem stabuli des Kaisers Karl dem Großen konstruiert, quellenmäßig aber nicht untermauert werden.[2]

Burchard wurde 892 zum „Herzog der Thüringer“ in der sorbischen Mark ernannt, nachdem dort in diesem Jahr zuerst Poppo (Babenberger) und der ihm nur kurzzeitig nachfolgende Konrad der Ältere (Konradiner) abgesetzt worden waren.[3] Wohl etwas später brachte er auch den Husitingau an sich. Er trat in der Folge in einigen Urkunden König Ludwigs des Kindes als Zeuge auf, darunter auch mit dem Titel „Markgraf der Thüringer“.[4] Zusammen mit dem Bischof Rudolf von Würzburg und dem Badanachgaugrafen Egino fiel Burchard am 3. August 908 an der Spitze eines Heeres im Kampf gegen die in Thüringen eingefallenen Ungarn.[5] Er hatte zwei Söhne, Burchard und Bardo, von denen einer mit dem späteren König Konrad I. verschwägert war und die beide 913 von dem Sachsenherzog Heinrich aus Thüringen vertrieben wurden.[6]

Der thüringische Markenherzog Burchard ist ein Diskussionspunkt ob der Herkunft des deutschen Uradelsgeschlechts der Wettiner. In Erweiterung der Genealogie des Hauses Wettin von Otto Posse aus dem Jahr 1897 wird Burchard über einen seiner beiden Söhne als Großvater des Hassegaugrafen Dedi (Téti) angenommen, der laut Posse wiederum der Vater des Dietrich (Thiedrico), des ersten bekannten Wettiners, gewesen wäre. Als Indiz für diese Theorie spricht, dass sowohl Dietrich als auch dessen Sohn Dedo in einer zeitgenössischen Chronik als dem Stamm der oder des „Buzici“ zugerechnet werden.[7] Der ansonsten nicht näher erläuterte Stammname „Buzici“ wird dabei als eine Variation des Leitnamens Burchard interpretiert, der sich letztlich bis auf den Gefolgsmann Karls des Großen zurückverfolgen ließe. Allerdings ist nach gleicher Argumentation ebenso eine Abkunft der Wettiner von dem schwäbischen Herzogsgeschlecht der Burchardinger möglich.

Möglicher Stammbaum der „Buzici“

 
 
 
Burchard
comitem stabuli (807 und 811 genannt)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Burchard
Graf in Sachsen (858 genannt)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Burchard
Graf der Sorbenmark
Herzog der Thüringer († 908)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Burchard und Bardo
Grafen im Husitingau (913 genannt)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dedi
Graf im Hassegau († 957)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Burchard und Dedi
(† 982, gefallen bei Kap Colonna)
 
 
 
Dietrich I. (Thiedrico)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dedo I.
(† 1009)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wettiner

Einzelnachweise

  1. Schenkungsurkunde Ludwigs des Deutschen an das Nonnenkloster Herford vom 13. Juni 858. Siehe dazu: Monumenta Germaniae Historica (MGH) DD LD, Nr. 93, S. 134–135
  2. Der comitem stabuli Burchard besiegte 807 als Flottenkommandant die Mauren auf Korsika. Im Jahr 811 war er einer der achtzehn Unterzeichner des Testaments Karls des Großen und Unterzeichner eines Friedens mit denn Nordmannen. Siehe dazu: Annales Fuldenses in: MGH SS rer. Germ. 7, S. 16; Einhard Annales in: MGH SS 1, S. 194 und 198; sowie Einhard, Vita Karoli Magni in: MGH SS 2, S. 463
  3. Dux Thuringorum; siehe dazu Regino von Prüm, Reginonis Chronicon, hrsg. von Georg Heinrich Pertz in: MGH SS 1 (1826), S. 605
  4. marchio Thuringionum; siehe dazu MGH DD LdK, Nr. 20, S. 126
  5. Annales Alammanicicorum continuatio Sangallensis altera, hrsg. in: MGH SS 1, S. 54
  6. Widukind von Corvey, Widukindi Liber I, hrsg. von Georg Heinrich Pertz in: MGH SS 3 (1839), S. 427
  7. Daedi comes…unde is fuerit, de tribu, quae Buzici dicitur, et de patre Thiedrico originem duxisse accipies. Hic Rigdago marchioni, agnato suimet, ab infancia serviebat; siehe dazu Thietmar von Merseburg, Thietmari Chronicon, Liber VI, hrsg. von Georg Heinrich Pertz in: MGH SS 3 (1839), S. 820, Ab. 33 und 34

Literatur

  • Posse, Otto: Die Wettiner. Genealogie des Gesammthauses Wettin. Leipzig 1897