Rostocker Stadtbefestigung

Die Rostocker Stadtbefestigung vor der umfangreichen Auffestung im Dreißigjährigen Krieg.
Der Zustand der Stadtbefestigung um 1624/25 (Aufsicht von Norden; Radierung von Wenzel Hollar).

Die Rostocker Stadtbefestigung umschloss die Stadt Rostock seit der Mitte des 13. Jahrhunderts. Nachdem sich die ursprünglichen Stadtkerne der drei Rostocker Teilstädte 1265 offiziell zu einer Stadt vereint hatten, wurde die gemeinsame, etwa drei Kilometer lange Stadtmauer gebaut, die über mehr als 20 Stadttore verfügte. Unterschieden wurden diese in „Land-“ und „Strandtore“, je nachdem, ob sie in das mecklenburgische Hinterland oder in den Stadthafen an der Unterwarnow führten.

Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde die Anlage vor allem unter Wallenstein zur Festung ausgebaut. Als die Stadt im 19. Jahrhundert erstmals über die Grenzen der Stadtmauer hinauswuchs, wurde diese entfestet und teilweise in der Höhe stark reduziert. Teile der Stadtbefestigung wurden infolge der Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg zerstört oder in der Nachkriegszeit abgetragen. Dennoch sind bis heute drei der massiven Landtore aus Backstein (Steintor, Kuhtor, Kröpeliner Tor) und ein Strandtor aus klassizistischer Zeit (Mönchentor), ein Mauerturm (Lagebuschturm), große Teile der Stadtmauer auf einer Länge von insgesamt etwa 1300 Metern sowie Teile des Festungswalls erhalten. In einigen Passagen wurde die Befestigungsanlage in den 1930er Jahren rekonstruiert.

Geschichte der Rostocker Stadtbefestigung

Siehe auch: Geschichte Rostocks

Die Befestigung im Mittelalter

Die Petrikirche mit der Stadtmauer

Die Anfänge der Rostocker Befestigungsanlage reichen in die Gründungszeit der Stadt im 12. Jahrhundert zurück. Sie umschloss zunächst wahrscheinlich nur die Petrikirche und den Alten Markt auf einer Anhöhe, die sich etwa acht Meter über dem Warnowufer erhebt. Kurze Zeit später wird unterhalb dieser Anhöhe das Petritor gebaut und auch die „Flöhburg“ dazwischen errichtet worden sein, um Kirche und Stadt weiteren Schutz zu bieten. Wie in dieser Zeit üblich, bestand die Befestigungsanlage in der Anfangszeit lediglich aus einer einfachen Wallanlage, trockenen und wasserführenden Gräben, sowie Palisaden aus Holz.[1] Mit dem Aufschwung der Ziegelbrennerei um 1200 konnten zunächst die sensiblen Stellen der Befestigung durch Tore und Mauerteile aus Feld- und Backsteinen gestärkt und so auf Weiterentwicklungen der Waffentechnik reagiert werden.

Die in der Höhe reduzierte Stadtmauer vor dem Kloster zum Heiligen Kreuz.

1218 wurde der ersten Teilstadt um die Petrikirche das lübische Stadtrecht bestätigt. Durch Erweiterungen nach Süden entstand um die Nikolaikirche ein zweites Zentrum, das kein eigenes Rathaus erhielt. Dass im Süden dieses Stadtkerns die spätere, alle Teilstädte umschließende Mauer an der Grube (heute Grubenstraße) einen deutlichen Knick aufwies, deutet darauf hin, dass auch diese Siedlung bereits über eine Befestigung verfügte. Auch der spätere Schweinehirtenturm war dort am Verlauf dieses Mauerteils ausgerichtet, auf Höhe der heutigen Viergelindenbrücke ist deshalb ein Westtor zu erschließen.[2] Westlich der Altstadt entstanden mit der Mittelstadt um die Marienkirche und die Neustadt um die Jakobikirche zwei weitere befestigte Siedlungen, die jeweils über eigene Rathäuser verfügten. Möglicherweise bildeten die Umfriedungen der vier Siedlungskerne bereits eine geschlossene Anlage.

Stadtmauer mit rekonstruiertem Wehrgang.

Nachdem sich die drei Teilstädte 1265 zusammengeschlossen hatten, wurde die Stadtbefestigung systematisch ausgebaut. Die Stadtmauer war rund drei Kilometer lang, umschloss eine Fläche von ungefähr einem Quadratkilometer und war bis zu 1,20 Meter dick. Sie bestand zum größten Teil aus Backsteinziegeln, auf einem Granitfundament von erratischen Blöcken. Die Mauer hatte eine schräge Ziegelbedachung und schmale, nach innen erweiterte Schießscharten, wie sie an Teilen der Mauer im Nordosten rekonstruiert wurden. Halbrunde Wiekhäuser, vor allem im Südwesten, verstärkten sie in regelmäßigen Abständen, später wurden einige davon zu Türmen erweitert. Seit 1400 waren der Stadtmauer zwei Wälle und zwei Gräben vorgelagert, von denen der äußere Wasser führte.[3] In etwa drei Metern Höhe konnten unterhalb der Mauerkrone im Bedarfsfall hölzerne Wehrgänge angelegt werden. Im Bereich des Klosters zum Heiligen Kreuz und beim Lagebuschturm wurden solche Wehrgänge 1982/83 wiederhergestellt.

Das Kuhtor bewahrt noch die Gestalt der Rostocker Stadttore im 13. Jahrhundert.

Die Stadttore entstanden im 13. Jahrhundert als schlichte, weitgehend schmucklose Baublöcke mit einfachen backsteingotischen Formen, wie sie das Kuhtor bis heute bewahrt. Wuchtige Stadtportale wie das Holstentor in Lübeck oder das Krantor in Danzig gab es in Rostock nicht. Als Mittel der architektonischen Repräsentation waren die Stadttore Rostocks auch insgesamt zurückhaltender, als diejenigen kleinerer Hansestädte wie Neubrandenburg, Stendal, Altentreptow, Anklam oder Tangermünde. Die bedeutenderen Hansestädte Mecklenburgs und Pommerns, Wismar, Stralsund und Greifswald, teilten dagegen die relative Schlichtheit der Stadteingänge. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden jedoch sechs Land- und neun Strandtore zu Tortürmen erweitert.[4] Seit Ende des 14. Jahrhundert demonstrierte Rostock seine Bedeutung vor allem durch die Höhe des Kröpeliner Tores. Vor dem Steintor kam dazu der 1526 begonnene Zwinger, ein runder Turmbau, als zusätzlicher Schutz eines des wichtigsten Zugänge zur Stadt.

Zum Schutz der Grundstücke außerhalb der Stadtmauer dienten die natürlichen Wasserläufe, Gräben, Wälle und Dornenverhaue als Landwehr. Diese Zingel waren teilweise durch Block- oder Fachwerkhäuser und Pforten zusätzlich gesichert. Seit Ende des 15. Jahrhunderts finden sich in Rostock auch Schanzen zur Verteidigung. Diese wurden jeweils von bestimmten Zünften besetzt, nach denen sie auch ihre Namen erhielten. 1494 entstand der wall vppe deme Küterbroke, Anfang des 16. Jahrhunderts der Wullenwewer-Wall. 1559 beschloss der Rat der Stadt, Rostock mit Rondellen und Wällen zu befestigen, die jeweils einen eigenen Kommandanten bzw. Hauptmann erhielten.

Auseinandersetzungen mit den Fürsten im 16. Jahrhundert

Bauschmuck auf der Stadtseite des Steintors.

Andauernde Konflikte mit den Landesherren gipfelten darin, dass Johann Albrecht I. 1565 mit 500 Reitern in die Stadt einmaschierte. Im folgenden Jahr ließ er das Steintor, dessen Vortor, den Zwingerhof mit seinem Tor, den Teil der Stadtmauer vom Wiekhaus am Dominikanerkloster bis zum Kuhtor und den „Turm auf dem Rammelsberg“ mit Wällen, Gräben und Brücken sowie Teile der Ost- und Südseite des Klosters schleifen. Damit war die Stadt an einer wichtigen Stelle offen und somit empfindlich geschwächt. Aus den Steinen der abgerissenen Bauten ließ er mithilfe von 500 Bauern aus der Region eine eigene landesherrliche Festung im heutigen Rosengarten bauen, die in die Stadt hineinragte. Die städtischen Geschütze wurden in der Festung aufgestellt und auf Rostock gerichtet. So hatte der Landesherr jederzeit freien Zutritt in die Hansestadt und konnte diese besser kontrollieren. Erst mit dem Ersten Rostocker Erbvertrag vom 21. September 1573, konnte die Stadt unter Preisgabe wichtiger Privilegien, denen die Stadt ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Landesherrn verdankt hatte, den Konflikt zunächst beenden. Sie musste dem Fürstenhaus die Erbherrschaft sowie die hohe Gerichtsbarkeit über die Stadt zugestehen.

Nachdem die Bürger sich vom Herzog das Recht dazu hatten erkaufen müssen, schliffen sie im folgenden Frühjahr dessen Festung, ohne dass nur eine Spur davon übrig blieb und schritten 1574 bis 1577 zum teuren Wiederaufbau der Mauer. Erst dieser Neubau des Steintores legte deutlich mehr Wert auf Bauschmuck im zeitgenössischen Renaissancestil, als die gotischen Torbauten. Die Schaufront lag dabei auf der Stadtseite, während die Feldseite von großer Schlichtheit geprägt war. Anstelle des Turms auf dem Rammelsberg wurde der Lagebuschturm errichtet, das Steintor wurde im Stil der niederländischen Renaissance wiederaufgebaut.

Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert

Caspar Merian: Plan der Stadt Rostock, 1653. Unten der Stadthafen im Norden der Stadt.

Anfang des 17. Jahrhunderts begann Rostock, seine Befestigungsanlagen nach Plänen des Festungsingenieurs Johan van Valckenburgh auszubauen, seine Pläne von 1613 und 1624 wurden jedoch nur fragmentarisch umgesetzt. Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde die Anlage im Zuge der Fortifikation, vor allem unter Wallenstein, zur Festung ausgebaut.

Tatsächliche Zerstörungen hatten weniger kriegerische Ursachen, als natürliche. Bei einer Sturmflut im Jahre 1625 wurde die gesamte Stadtmauer vom Heringstor bis zum Gerbhof niedergerissen, eine weitere beschädigte 1663 das Fischerrondell schwer. Besonders während des großen Stadtbrands von 1677 litt die Mauer durch die entstandene Hitze. Der wirtschaftliche Niedergang Rostocks nach dem Ende der Hanse und den Verwüstungen durch den Stadtbrand trug zu einem zunehmenden Verfall der Stadtbefestigung bei. Die zerstörten Stellen konnten teilweise nur mit Palisaden notdürftig repariert werden.

Die Bedrohungen durch den Nordischen Krieg machten jedoch den neuerlichen Ausbau der inzwischen auch nach militärischen Gesichtspunkten veralteten Anlagen notwendig. Herzog Karl Leopold ging gleich nach seinem Regierungsantritt 1713 daran, Rostock nach den neuesten Erkenntnissen des Festungsbaus zu sichern. Nach heftigem Widerstand der Rostocker Bürger, die Grabenarbeit bzw. Zahlungen zu leisten hatten und deren an die Mauer angrenzenden Gärten, Häuser und Grundstücke durch die Arbeiten in Mitleidenschaft gezogen worden wären, begnügte man sich ab 1717 mit der Reparatur der Stadtbefestigung. Planungen für einen vereinfachten Ausbau scheinen nach der Reichsexekution gegen den Herzog 1719 und dem Abzug der mecklenburgischen und russischen Truppen aus der Stadt nicht mehr zur Ausführung gekommen zu sein.

Entfestung und Rekonstruktionen

Der Abschnitt zwischen Steintor (links), Lagebuschturm (rechts) und Kuhtor wurde in den 1930er Jahren restauriert.

In der Mitte des 18. Jahrhundert verlor die Stadtbefestigung ihre militärische Funktion und verfiel vollends. Den kostspieligen Unterhalt der Anlagen empfand der Stadtrat als Belastung, die Mauer und die Tore zudem als entwicklungshemmendes Verkehrshindernis. Um 1830 setzte eine systematische Entfestigung ein, nachdem bereits ab 1720 einzelne Türme abgerissen, Schanzen eingeebnet worden waren. Die Mauer zum Stadthafen wurde größtenteils abgetragen, dabei wurden die meisten Strandtore abgerissen. In anderen Abschnitten wurde die Höhe der Mauer reduziert. Zwischen Steintor und Schwaanscher Straße entstand die Wallstraße, 1857 der Rosengarten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Stadt erstmals über die Grenzen der Stadtmauer hinaus.

1936/37 wurde der Abschnitt zwischen Steintor und Grubenstraße restauriert. Dabei wurde das Kuhtor, das bis dahin verputzt war und als einfaches Wohnhaus diente, in seiner ursprünglichen Form wieder hergestellt. Im Zweiten Weltkrieg wurden besonders durch die Bombardierung Rostocks in der Nacht vom 23. zum 24. April 1942 große Teile der historischen Stadtbefestigung stark beschädigt. Während das Kröpeliner Tor kaum Schaden nahm, brannten das Stein-, das Kuh- und das Petritor völlig aus und stellten nur noch Mauerstümpfe dar. 1948 wurde die westliche Stadtmauer zwischen Kröpeliner Tor und Fischerbastion abgerissen, um Platz für einen nie verwirklichten Aufmarschplatz zu schaffen. Das Steintor erhielt 1954 eine Kopie ihres geschwungenen Turmhelmes; die Ruine des Petritores wurde hingegen im Mai 1960 abgerissen, da sie angeblich ein Hindernis für Kraftverkehr und Straßenbahn darstellte. 1982/83 wurde die Stadtbefestigung restauriert. Seit den 1990er Jahren wurden Mauern am Steintor und bei der Petrikirche an Straßen herangeführt. Am Steintor dienen außerdem zwölf nachts grün leuchtende Stelen als optische Zusammenführung von Mauer und Tor.

Landtore

Das Steintor mit dem vorgelagerten Zwinger und dem Wassergraben (Detail aus der Stadtaufsicht Wenzel Hollars 1624/25).

Im Westen, Süden und Osten führten bis zu neun Tore in das mecklenburgische Hinterland Rostocks. Diese wurden als Landtore von den so genannten Strandtoren unterschieden, die im Norden zum Stadthafen an der Unterwarnow führten. Unter dem Verteidigungsaspekt hatten die Landtore größere Bedeutung für Rostock und waren deshalb stärker befestigt. Wohl allen Landtoren waren in etwa 20 Metern Entfernung Vortore und Zugbrücken vorgelagert. Die Tore sind in ihrer Abfolge von West nach Ost aufgelistet.

Bramower Tor

Das Bramower Tor war das westlichste Stadttor Rostocks. Seinen Namen hatte es vom ehemaligen Dorf Bramow der Rostocker Stadtfeldmark, das heute Teil des Stadtgebietes ist. Wegen seines Schieferdaches war es auch als Grünes Tor bekannt.

Das 1265 erstmals erwähnte Tor[5] führte von der Langen Straße nach Warnemünde. Der Darstellung auf der Vicke Schorler-Rolle zufolge, erhielt es dennoch einen mehrstöckigen Aufbau. Jenseits des Mauergrabens befand sich ein Vortor.

1722 wurde das Bramower Tor abgerissen. Heute erinnert nur noch der Straßenname Beim Grünen Tor an diesen Teil der Rostocker Stadtbefestigung.

Kröpeliner Tor

Das Kröpeliner Tor (Südseite).

Das Kröpeliner Tor wurde um 1260 erstmals erwähnt.[6] Ob es nach der mecklenburgischen Kleinstadt Kröpelin oder nach einem Patriziergeschlecht selben Namens benannt wurde, ist umstritten.[7] Es stellt den westlichen Abschluss der Kröpeliner Straße dar und führte auf den wichtigen Handelsweg nach Wismar und Lübeck.

Im Laufe der Zeit wurde das Tor erheblich erweitert und um 1400 um fünf Geschosse auf heute 54 Meter aufgestockt und war so das repräsentativste der Rostocker Stadttore. Die ursprünglichen zwei Geschosse sind an der unterschiedlichen Färbung der Steine noch gut erkennbar. Darüber hinaus sind Spuren des Anbaus und der Stadtmauer sowie eines hölzernen Wehrgangs sichtbar, der früher unterhalb der Turmspitze angebracht war.

Das Kröpeliner Tor mit den neogotischen Vorbauten des 19. Jahrhunderts.

1847 wurde der Torturm um einen neugotischen Vorbau erweitert. Bei Restaurierungsarbeiten wurde 1905 ein Greif in die große Spitzbogenblende der Feldseite eingefügt. 1945 wurde der Vorbau aus ästhetischen Gründen entfernt, obwohl er im Krieg unbeschädigt geblieben war. Zudem wurde ein nördlich an das Kröpeliner Tor anschließendes Stück Stadtmauer bis zur Fischerbastion zugunsten nie verwirklichter Verkehrsplanungen abgerissen. Es existieren Pläne, die Lücke zwischen Tor und Stadtmauer wieder zu schließen, die allerdings im April 2006 vorerst vom Bau- und Planungsamt der Stadt wegen des Einspruchs des Inhabers eines Schuhgeschäfts, das von einer Mauer z.T. verdeckt würde, abgelehnt wurden.

Noch bis 1960 führte eine Straßenbahnlinie durch das Tor, die später über die zur „sozialistischen Magistrale“ ausgebauten Langen Straße geleitet wurde. Bei Restaurierungsarbeiten 1966-1969 wurde das Tor zum Museum für Stadtgeschichte umgebaut, das 2004 geschlossen wurde. Seitdem ist es Sitz des Vereins „Geschichtswerkstatt Rostock“.

Schwaansches Tor

Das Schwaansche Tor stand am Ende der Schwaanschen Straße und wurde im 13. Jahrhundert als Ausfalltor Richtung Süden angelegt. Tor und Straße beziehen ihren Namen von der gleichnamigen mecklenburgischen Kleinstadt. Seine Funktion übertrug sich rasch auf das nahe gelegene Steintor, so dass das Schwaansche Tor an Bedeutung verlor und im Zuge der Fortifikation der Stadt während des Dreißigjährigen Krieges geschlossen wurde. In den 1830er Jahren wurde es zugunsten des heute noch bestehenden Gebäudes der Großen Stadtschule abgerissen.

Steintor

Die Schaufront des Steintores auf der Stadtseite.
Die schlichte Feldseite.

Das Steintor wurde in seiner heutigen Form 1574 bis 1577 im Renaissance-Stil errichtet. Das ursprüngliche, 1279 gebaute Tor löste bald das etwas weiter östlich gelegene Kuhtor als Hauptportal der Stadt nach Süden ab. Wahrscheinlich glich es in seiner Größe dem frühen Kröpeliner Tor, das zur gleichen Zeit entstand. Vom Steintor führte die gepflasterte (steinerne) Steinstraße direkt auf den Neuen Markt, das politische und wirtschaftliche Zentrum der Stadt. In seiner ursprünglichen Form stand das Steintor knapp 300 Jahre, bis es 1565 von Johann Albrecht I. geschliffen wurde.

In der Darstellung des Tors auf der Vicke-Schorler-Rolle ist zu erkennen, dass sein Dach gegen Ende des 16. Jahrhunderts noch mit Schindeln anstatt mit Schiefer gedeckt war. Die Ädikula über dem Tordurchgang ging damals über die ganze Breite des Gebäudes. In Schorlers Darstellung befinden sich im Gegensatz zu heute auch Kartuschen neben den wappentragenden Löwen. In der linken steht der Anfang eines Chorals von Joachim Magdeburg von 1572: Wer Gott vertrawt hat wohl gebawt. In der linken steht: Durch stilsein und hoffen werdet ihr sterck (nach Jesaja 30,15). Auch die Inschrift unter den Wappen unterscheidet sich etwas zu der heutigen - wenngleich die Bedeutungen sich nicht wesentlich unterscheiden. Beide beziehen sich direkt auf den Konflikt mit dem Herzog, der zum Abbruch des alten Tores geführt hatte. Bei Schorler heißt sie: Dominus confortet seras portarum et benedicat / filiis tuis. Intra te concordia, publica felicitas perpetua (Der Herr stärke die Riegel deiner Tore und segne deine Kinder in dir. Es herrsche in dir Eintracht und öffentliches Wohlergehen). Der erste Teil ist die Umformung einer Aussage in eine Bitte von Psalm 147,13 der Bibel, in der es heißt: Quoniam confortavit seras portarum tuarum; benedixit filiis tuis in te. (nach Luther: Denn er (Jahwe) macht fest die Riegel deiner (Jerusalems) Tore, und segnet deine Kinder in deiner Mitte.) In der Zeile darunter steht in Schorlers Darstellung: Gemeiner Fried ein schoner stand, dadurch erhelt man stadt und land. Man kann annehmen, dass dieser Teil von Schorler zusätzlich eingefügt worden war. In der heutigen Fassung lautet die Inschrift des Tors einfach: Sit intra te concordia et publica felicitas (In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen).

Die Feldseite trägt ganz bewusst nur in einem kleinen Rechteck das Stadt- und Landeswappen. Noch heute sind die Steine für das Fallgitter und die Schießscharten zu sehen. Die Schlichtheit auf der der Stadt abgewandten Seite symbolisiert Wehrhaftigkeit und demonstrierte Stärke. Reichtum dagegen wurde auf der Stadtseite dargestellt. Zwei Löwen tragen dort drei historische Wappen: das der Fürsten mit dem Greifen, das große Stadtsiegel mit dem Stierkopf und das hanseatische Stadtwappen, den dreifarbigen Schild mit Greif.

Zur Feldseite des Tores stand der Zwinger, ein breiter Rundturm, der 1849 gesprengt wurde. Darüber hinaus hatte das Tor lange eine direkte Verbindung zur Stadtmauer, die zugunsten des Straßenverlaufs abgetragen wurde. Erst die Zerstörungen durch das Bombardement der Alliierten 1942 machten eine umfangreiche Restaurierung des Gebäudes notwendig, die 1950-1954 durch den Baumeister Grützmacher ausgeführt wurde. 2005 wurde die fehlende Verbindung zur Stadtmauer symbolisch durch zwölf nachts grün-leuchtende Stelen an der Ostseite wiederhergestellt.

Kuhtor

Die Feldseite des Kuhtors. Das Kuhtor bewahrt wahrscheinlich die ursprünglichste Form der Rostocker Stadttore.

Das Kuhtor wurde 1325 erstmals erwähnt, stammt aber aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts[8] und ist damit nicht nur das älteste der noch bestehenden Tore, sondern auch eines der ältesten Gebäude Rostocks und das älteste erhaltene Stadttor Norddeutschlands. Es führte auf die Straße nach Bützow und Werle. Als wichtigstes Ausfalltor der Stadt nach Süden wurde es jedoch bald vom Steintor abgelöst. Man führte jetzt nur noch das Vieh hindurch auf die Warnowwiesen, wodurch es seinen Namen erhielt. Der viergeschossige Wehrturm ist 8 mal 9 Meter breit und hat eine Mauerdicke von 2 Metern. Das Tor hat eine Breite von 3,5 und eine Höhe von 3 Metern.

Zum Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Feldseite zugemauert und als es ab 1608 als leichtes Gefängnis (Custodie) genutzt wurde, auch die Stadtseite. Später wurde es als Wohnung nutzbar gemacht. So wohnte seit 1671 der Büchsenmacher der Stadt im Kuhtor. Seit 1825 war es vollständig zu einem Wohnhaus umgebaut worden, das bis 1937 Stadtbediensteten, Handwerkern und Tagelöhnern als Wohnung zur Verfügung stand. 1938 wurde es teilweise rekonstruiert und auf der Feldseite der Durchfahrtsbogen mit dem frühgotischen Spitzbogen, die Blenden, sowie das deutsche Band wieder hergestellt. Vier Jahre später trafen Bomben das Tor schwer. 1962-1964 erhielt das Gebäude wieder ein Dach, aber erst 1984 wurde es vollständig rekonstruiert und war 1985-90 Sitz des Bezirksvorstands des Schriftstellerverbandes der DDR. Bis 1993 gehörte das Tor zum Kulturamt, 1998 bis 2000 wurde es erneut grundlegend restauriert und zur Wiedereröffnung einem Literaturförderkreis als freiem Träger übergeben. Seitdem beherbergt es das Literaturhaus Rostock, in dem regelmäßig Lesungen und Veranstaltungen stattfinden sowie den Literaturrat Mecklenburg-Vorpommern.

Mühlentor

Das Mühlentor stand am südlichen Ende der Straße Am Bagehl. Durch das Tor gelangte man zum Mühlendamm, einer der zwei historischen Querungen über die Oberwarnow, der zur Ausfallstraße nach Südosten führte. Der Name des Tores bezog sich auf die Wassermühlen, von denen es viele im einst weit verzweigten Netz der Oberwarnow südwestlich der Stadtmauern gab, wovon auch die Straßennamen Mühlenstraße und Mühlendamm Zeugnis ablegen. Vor dem ursprünglich gotischen Tor wurde im Zuge der Fortifikation Rostocks im Dreißigjährigen Krieg das Mühlentorravelin angelegt. Anfang des 19. Jahrhunderts musste der ursprüngliche Bau einem einfachen Flügeltor weichen, welches wiederum im Zuge der Entfestigung der Stadt ab etwa 1840 abgerissen wurde.

Gerbertor

Das Gerbertor erhielt seinen Namen nach der Gerberstraße, die außerhalb der Stadtmauer östlich durch den Gerberbruch bis an die Warnow führte. Das Tor wird erstmals 1306 erwähnt und noch 1730 genannt.[9] 1368 wurde es als Loerttor (d.h. Lohetor) bezeichnet.

Petritor

Petritor mit Petribrücke über den Warnowarm 1893, links die Petrikirche.

Das Petritor war eines der vier Haupttore der Stadt. Errichtet wurde es sehr wahrscheinlich gegen Ende des 13. Jahrhunderts. In seinem Aussehen und in seiner Größe glich es dem Kuhtor.

Stadtseite des Petritores.

Das Petritor befand sich im Osten, am Fuße der steilen Anhöhe, auf der die erste Rostocker Siedlung um die Petrikirche gegründet wurde. Vom Petritor gelangte man über den Petridamm auf die Handelsstraße Richtung Stralsund. Bei einem Umbau 1720 erhielt es ein Pyramidendach und 1935/36 wurde der nachträglich angebrachte Putz bei umfangreichen Instandsetzungsarbeiten entfernt. Die Petribrücke vor dem Tor führte bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts über den alten Warnowarm, einem kleinen Nebenarm der Warnow. Dieser wurde jedoch zugeschüttet, um bauliche Maßnahmen im Straßenbau in diesem Bereich verwirklichen zu können.

Das Tor wurde durch das Bombardement im Zweiten Weltkrieg in der Nacht vom 23.–24. April 1942 enorm beschädigt, jedoch nicht völlig zerstört. Der Abriss des Petritores am 27. Mai 1960 wurde über Nacht begonnen, um Protesten vorzubeugen. Es wurde gesprengt und die Trümmer innerhalb eines Tages abtransportiert. Als Grund dafür wurde angegeben, das Petritor habe ein gefährliches Verkehrshindernis am Ausgang der Slüterstraße dargestellt.

Soll noch im städtebaulichen Rahmenplan von 1998 der Wiederaufbau vorgesehen gewesen sein, fand lange nichts in dieser Richtung statt. Allerdings gibt es heute einige Bemühungen, einen Wiederaufbau des Tors zu ermöglichen. Dabei involviert ist unter anderem der Verein für Rostocker Geschichte. 2006 wurde dann im Rahmen der Sanierung der nordöstlichen Stadtmauer ein 14 Meter langes Stück der Mauer bis an die Slüterstraße ergänzt, was sich allerdings in der Farbe der Steine unterscheidet. Die offizielle Begründung dafür ist, dass die nachträgliche Ergänzung sichtbar gemacht werden sollte. Mit der Renovierung dieses historischen Torbereichs begannen auch wieder die Diskussionen um die Errichtung eines neuen Tores. Eine Rekonstruktion des historischen Tores scheint dabei derzeit nicht in Frage zu kommen, da die Zufahrt vor allem für die Feuerwehr in die Stadt an dieser Stelle gewährleistet bleiben soll.[10]

Strandtore

Ansicht Rostocks von 1550/60 mit dem Stadthafen und den Strandtoren im Vordergrund (Holzschnitt von Hans Weigel: Wahrhafftige Contrafactur der alten herrlichen Stat Rostock).

Die Tore zum Stadthafen wurden als „Strandtore“ oder „Wassertore“ bezeichnet und so von den „Landtoren“ unterschieden. Die Bedeutung des Hafens und die Ausrichtung der Hansestadt auf den Seehandel wird dadurch deutlich, dass die Zahl der Strand- die der Landtore übertraf. Ursprünglich handelte es sich bei allen Strandtoren um einfache Pforten, die besonders im mittleren Teil später ausgebaut wurden. Der Stadtansicht Wenzel Hollars von 1657 zufolge waren neun der Strandtore Haustore mit Stufengiebeln zur Stadt- wie zur Hafenseite.[11] In die Stadtmauer waren auch auf der Strandseite ursprünglich Wiekhäuser eingelassen, die jedoch später als überflüssig angesehen und beseitigt wurden. Die Strandtore leiteten ihre Namen von den auf sie zuführenden Straßen ab. Vor sieben von ihnen lag eine gleichnamige Landungsbrücke.

Für die Stadt und die Landesregierung verloren die Strandtore erst in den 1860er Jahren ihre Bedeutung, als der dort erhobene „Torzoll“ fiel. Mit Ausnahme des Mönchentores waren bis 1896 alle Strandtore abgerissen. Die Tore sind in ihrer Abfolge von West nach Ost aufgelistet.

Fischertor

Das Fischertor auf der Vicke Schorler-Rolle.

Das gotische Fischertor war das westlichste der Strandtore. Es stand am nördlichen Ende der Fischerstraße und wurde 1319 zum ersten Mal erwähnt.[12] Die Fischerstraße wurde nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nicht wieder in ihrer damaligen Lage aufgebaut, sie verlief vor der Zerstörung 30 Meter westlich der heutigen Straße.

Das Fischertor wurde schon am Anfang des 19. Jahrhunderts zusammen mit dem größten Teil der Rostocker Stadtbefestigung abgerissen. Wie bei den Strandtoren in Rostock üblich, hatte es ein schlichtes, wehrhaftes Äußeres.

Grapengießertor

Das Grapengießertor, das die Grapengießerstraße im Norden begrenzte, wurde zwischen 1335 und 1395 ersterwähnt.[13] Auch dieses Tor war zu einem Haustor ausgebaut.

Badstübertor

Das Badstübertor lag am nördlichen Ende der gleichnamigen Straße. Es wird 1326 erstmals erwähnt.[14] Das Badstübertor erhielt keine bauliche Aufwertung zu einem Haustor, sondern hatte lediglich den Charakter einer Pforte.

Schnickmannstor

Vom Strande gelangte man durch das Schnickmannstor in die Schnickmannstraße, von der aus man über die Breite Straße den Hopfenmarkt (den heutigen Universitätsplatz) erreichte. Dieser war einer der wichtigsten Handelsplätze im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rostock. Namensgeberin von Straße und Tor war die Rostocker Patrizierfamilie Schnickmann. Die Kaufmannsbrücke vor dem Tor bildete den westlichsten Punkt des Stadthafens. Das Tor fand seine erste Erwähnung 1310.[15]

Im Zuge der Entfestigung der Stadt nach den Befreiungskriegen wurde das Schnickmannstor abgerissen.

Wokrentertor

Das Wokrentertor stand am Nordende der Wokrenterstraße. Es wurde 1310 ersterwähnt.[16]

Lagertor

Am nördlichen Ende der Lagerstraße stand das Lagertor, das 1327 zum ersten Mal erwähnt wurde.[17] Nachdem es 1608 abgebrannt war, wurde das Lagertor in unveränderter Gestalt wieder aufgebaut.

Burgwalltor

Das Burgwalltor um 1880. Der Anbau links war ein 1865 gebautes Zollhäuschen.

Das Burgwalltor ist frühestens 1334 bezeugt.[18] Die Kaufmannsbrücke vor dem Tor bildete das Zentrum des Hafens. Hier befand sich in der Frühen Neuzeit ein Kran für die Verladung der Waren sowie ein Zollhäuschen.

Koßfeldertor

Das 1316 ersterwähnte[19] Koßfeldertor stand am nördlichen Ende der Koßfelderstraße, von der aus man, über die heute nicht mehr vorhandene Gasse Bei der Marienkirche, direkt den Neuen Markt erreichte, einst der Haupthandelsplatz der Stadt. Tor und Straße haben ihren Namen von einer Kaufmannsfamilie, die aus der westfälischen Stadt Coesfeld stammte. Im Zuge der Entfestigung der Stadt in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Koßfeldertor abgerissen.

Weintor

Auch am nördlichen Ende der Weinstraße befand sich ein Strandtor. Dieses Weintor war weniger bedeutend als seine Nachbarn. Um 1789 wurde es mit einem Haus überbaut.

Mönchentor

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Das Mönchentor auf der Vicke-Schorler-Rolle.

Das Mönchentor ist Rostocks letztes erhaltenes Strandtor. Es bildet das strandseitige Ende der Großen Mönchenstraße in der nördlichen Altstadt. Es wurde 1316 zum ersten Mal erwähnt.[20]

Das klassizistisch gestaltete Mönchentor (Hafenseite).

Erbaut wurde das Tor im 16. Jahrhundert im Renaissance-Stil. Eine frühe Darstellung befindet sich auf der Vicke-Schorler-Rolle von 1586. 1805/1806 wurde ein neues Tor nach den Plänen des Universitätsprofessors Schadelock in seiner heutigen, klassizistischen Gestalt auf dem Fundament des alten errichtet. Es erhielt Pilaster, eine abgestufte Attika, sowie krönend eine Empire-Vase.

Im Obergeschoss des Tores befand sich die Wohnung des Strandvogtes. Vor dem Tor erstreckte sich „der Strand“, seit dem Mittelalter das Hafengebiet Rostocks. Die Uferstraße entlang der Unterwarnow heißt noch heute Am Strande. In der Wohnung des Strandvogtes wurde 1825 Ferdinand von Müller geboren, der als der bedeutendste Botaniker Australiens gilt.

Das Tor ist, im Gegensatz zur völlig zerstörten Großen Mönchenstraße, im Zweiten Weltkrieg nicht von Bomben getroffen worden und wurde 1990/92 renoviert. Heute nutzt der Kunstverein zu Rostock das Gebäude, der am 30. Dezember 1992 gegründet worden ist und der das Tor am 1. Februar 1994 von der Stadt erhielt.

Grubentor

Das Grubentor befand sich am nördliche Ende der Grube, eines einstigen Nebenarms der Unterwarnow. Das Tor befand sich also an der Grenze zwischen Alt- und Mittelstadt. Als Grubentor wurde es 1385 ersterwähnt, bereits 1364 taucht es jedoch als Heringstor in den Stadtbüchern auf.[21] Es behielt seinen ursprünglichen Charakter als Pforte und wurde nicht zum Haustor ausgebaut.

Faules Tor

Das Faule Tor befand sich am nördlichen Ende der heutigen Faulen Straße, die früher Alte Straße hieß. Es wurde so 1532 ersterwähnt, ist aber unter seiner älteren Bezeichnung Altes Tor bereits seit 1290 nachgewiesen.[22] Die Pforte wurde von einem kleinen Turm flankiert.

Wendentor

Das Wendentor, östlichstes Strandtor, wurde 1352 ersterwähnt. Es verband die Wendenstraße mit dem Strande. Der Zugang zum Strande erfolgte durch einen kleinen Turm.

Wiekhäuser und Türme

Stadtmauer mit halbrunden Wiekhäusern.

Zwischen den Landtoren waren im Abstand von 50–80 Metern Wiekhäuser des älteren, halbrunden und nach hinten offenen Typs mit je drei Schießscharten in die Mauer eingelassen. Ihr Durchmesser betrug rund neun Meter, die Mauerdicke bis zu 2,20 Meter.

An strategisch wichtigen Stellen wurden im Spätmittelalter Wiekhäuser zu Türmen ausgebaut. Dies betraf besonders Mauerstrecken im westlichen Abschluss des Stadthafens und im Süden zwischen Stein- und Kuhtor.

Türme im Nordwesten der Stadtmauer

Zwischen Grapengießer- und Fischertor entstand der schlanke Kaiserturm aus Fachwerk. Westlich davon wurde ein Wiekhaus zum hohen, fünfgeschossigen Blauen Turm erweitert, der seinen Namen von der für Norddeutschland ungewöhnlichen Farbe des Schieferdaches erhielt. Darauf folgten der Bußebahrturm (Bußebartturm) und der Geschützgießerturm, beide mit Fachwerkaufbauten.

Zwinger

Steintor und Zwinger 1841. Rechts der Lagebuschturm.

Der Bau des Zwingers wurde 1526 begonnen und 1528 bis 1532 unter der Leitung des Wittstockers Hans Percham fortgesetzt. Obwohl der Turm zur Zeit Vicke Schorlers schon existierte, wurde er von ihm nicht in seine Abbildung der Stadt aufgenommen.

Der große Bau mit einer Mauerdicke von etwa sechs Metern und einem Durchmesser von 20-24 Metern[23] befand sich südlich des Steintores, also außerhalb des Mauerrings. In ihm befanden sich Geschützstände, um das wichtigste Tor der Stadt und den Mauerabschnitt zu schützen. Der Weg in das Steintor machte um den Zwinger einen Knick und bildete zwischen ihnen einen Vorhof.

Wegen angeblicher Baufälligkeit wurde er 1849 von preußischen Pionieren gesprengt.

Lagebuschturm

Lagebuschturm

Der Lagebuschturm, ehemals Fangelturm, ist der einzige noch erhaltene Turm der Rostocker Stadtbefestigung. Der 1456 errichtete gotische Vorgängerbau, der Gefangenenturm auf dem Rammelsberg, gehörte zu dem Befestigungsabschnitt, der auf Befehl Johann Albrechts I. abgerissen wurde. Der heutige Bau entstand bis 1577 im Stil der niederländischen Renaissance. Neben seiner Funktion als Wehrturm diente er auch bis ins 19. Jahrhundert als Gefängnis.

Wasserkunst

Die Wasserkunst war ein Mauerturm zwischen Kuhtor und Mühlentor, der direkt über dem südlichen Austritt der Grube aus dem Stadtgebiet lag. Über ein Windtriebwerk auf der Turmspitze wurde Wasser in den Altstätter Born gepumpt. Den erhaltenen Abbildungen zufolge scheint die gotische Architektur der Wasserkunst zur Stadtseite anspruchsvoll gewesen zu sein.

1662 wurde die Wasserkunst der Universität übergeben, die dort eine Specula genannte Sternenwarte einrichtete und dazu das Windtriebwerk abriss. In den 1830er Jahren wurde die Wasserkunst abgerissen.

Weitere Türme zwischen Steintor und Kuhtor

Westlich des Steintors war der Pulverturm aus einem Wiekhaus entstanden, ein mehrgeschossiger Turm mit Kegeldach. Unweit des Kuhtors stand der Kuhturm oder Schweinehirtenturm.

Literatur

  • Bachmann, Friedrich: Ein Plan der Belagerung Rostocks von 1631 und die Befestigung der Stadt seit etwa 1613. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Band 18 (1931/32), S. 7–78. Herausgegeben vom Verein für Rostocks Altertümer. Carl Hinstorff, Rostock 1933.
  • Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg-Vorpommern. Neubearbeitung durch Hans-Christian Feldmann, S. 466 ff. München, Berlin, Deutscher Kunstverlag 2000. ISBN 3-422-03081-6
  • Krause, Ludwig: Zur Rostocker Topographie. Mit zwei Plänen. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Band 13 (1924), S. 12–64. Herausgegeben vom Verein für Rostocks Altertümer. Carl Hinstorff: Rostock 1925.
  • Die Bau- und Kunstdenkmale in der mecklenburgischen Küstenregion. Herausgegeben von Heinrich Trost, Bearbeitet von Gerd Baier u.a., S. 338ff. Henschel, Berlin 1990. ISBN 3-362-00523-3
  • Witt, Horst (Hrsg.): Die wahrhaftige „Abcontrafactur“ der See- und Hansestadt Rostock des Krämers Vicke Schorler. Rostock 1989. ISBN 3356001752

Einzelnachweise

  1. Gerd Baier: Das Stadtbild als Spiegel der Geschichte, in: Denkmale in Mecklenburg, Weimar 1977, S. 106.
  2. Vgl.: A. F. Lorenz: Zur Geschichte der Rostocker Stadtbefestigung. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Band 20. Rostock 1935, S.30.
  3. Gerd Baier: Das Stadtbild als Spiegel der Geschichte, in: Denkmale in Mecklenburg, Weimar 1977, S. 106.
  4. Rogge, S. 342
  5. Münch/Mulsow S. 71.
  6. Münch/Mulsow S. 85.
  7. Ernst Münch/Ralf Mulsow: Das alte Rostock und seine Straßen. Rostock 2007, S. 85.
  8. Münch/Mulsow S. 122.
  9. Münch/Mulsow, S. 108.
  10. Rostock darf auf sein Petritor hoffen. Ostseezeitung, 24. Juli 2006, Seite 14.
  11. Gerd Baier: Das Stadtbild als Spiegel der Geschichte, in: Denkmale in Mecklenburg, Weimar 1977, S. 106f.
  12. Münch/Mulsow S. 64.
  13. Münch/Mulsow S. 92.
  14. Münch/Mulsow, S. 80.
  15. Münch/Mulsow S. 55.
  16. Münch/Mulsow S. 75.
  17. Münch/Mulsow S. 35.
  18. Münch/Mulsow, S. 96.
  19. Münch/Mulsow S. 32.
  20. Münch/Mulsow S. 26.
  21. Münch/Mulsow S. 24.
  22. Münch/Mulsow S. 148.
  23. A. F. Lorenz, S. 48.
  24. Friedrich Bachmann erwähnt den Aufsatz in seinem Text Ein Plan der Belagerung Rostocks von 1631 und die Befestigung der Stadt seit etwa 1613 in den Beiträgen zur Geschichte der Stadt Rostock, Bd. 18 (1931/32), S. 7. Er kritisiert, dass Rogge wenige der ihm zur Verfügung stehenden Quellen nutzte, ihm so wichtige Informationen verloren gingen und sein Bild der Entwicklung dadurch verfälscht sei.