Regina Mundlak

Selbstporträt 1901
Zwei Mädchen
Die Großmutter
Jüdischer Hausierer 1929

Regina Mundlak (* 1887 in Koleski, Landkreis Lomza, Russisches Kaiserreich; † 1942 in Treblinka[Anm. 1]) war eine polnische Malerin, Zeichnerin und Radiererin.

Leben

Regina Mundlak wurde in einem Dorf in der Nähe von Lomza (Nordostpolen) in eine arme jüdische Familie geboren. Eine Schule konnte sie nicht besuchen. 1901 ging sie im Alter von 14 Jahren zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester, einer hochtalentierten Geigerin, nach Berlin, um dort Arbeit zu finden. Ihr außergewöhnliches Talent erregte rasch Aufmerksamkeit im jüdischen Künstlerkreis. Ihre Arbeit beeindruckte Max Liebermann so sehr, dass er beschloss, ihre Ausbildung zu finanzieren.[1] Zunächst besuchte sie die private Malschule von Adolf Mayer[2] und studierte anschließend bei Lovis Corinth. Auch von Hermann Struck wurde sie unterrichtet.[3] Liebermann und Struck empfahlen sie nachdrücklich als Studentin an der Kunstakademie. Doch selbst mit Liebermanns Hilfe hatte Regina Mundlak Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.[1] Der Maler Ephraim Lilien, der seine Faszination für ihr Talent nicht verbarg, versuchte ihr zu helfen, indem er 1902 einen offenen Brief in der Zeitschrift Ost und West veröffentlichte, in welchem er die Jüdische Community um Unterstützung für sie bat.[4]

Trotz aller Bemühungen konnten die finanziellen Probleme nicht gelöst werden. Regina Mundlak musste ihr Studium abbrechen und ging 1902 zurück nach Polen. 1902 und 1903 stellte sie ihre Werke in Warschau in der Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste und 1903 im Salon des Kunsthändlers Aleksander Krywult aus. 1906 kehrte sie wieder nach Berlin zurück. In diesem Jahr wurden Zeichnungen von ihr bei einer Kollektivausstellung in der Galerie Cassirer gezeigt.[3] Vor dem Ersten Weltkrieg verbrachte sie einige Zeit in Paris, wo sie ihre ersten Ölgemälde schuf.[1] Jahre danach ging sie wieder zurück nach Warschau, wo sie ein Atelier hatte. 1921 und 1922 stellte sie in der Warschauer Jüdischen Gemeinde aus, 1938 in der Jüdischen Kunstgesellschaft Warschau. 1928 hatte sie eine Einzelausstellung in Berlin.[3] Nach der Besetzung Polens durch die Nazis musste Mundalk zunächst im Warschauer Ghetto leben und wurde von dort in das Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie 1942 ermordet wurde.[5]

Werk

Die 1901 veröffentlichten Zeichnungen waren vor allem realistische Porträtstudien; im Vergleich zu späteren Werken zeugen sie von einer geschickten, aber noch etwas unsicheren Handschrift. Die 1902 veröffentlichten Werke zeugen von ihrer seltenen Beobachtungsgabe.[1] Ihr Œuvre umfasst hauptsächlich Federzeichnungen; Impressionen und Skizzen aus dem Leben ihrer Heimat: Jüdisches Leben in Polen, Szenen aus dem häuslichen Leben der jüdischen Familie z. B. Lichtbenschen am Freitag-Abend. Wie kaum andere jüdische Künstlerinnen ist sie ihrem Milieu treu geblieben und hat fast ausschließlich jüdische Charaktere zum Mittelpunkt ihrer Arbeiten gemacht. Dabei hat sie in ihren Anfängen die ernsten, wirklichkeitsstrengen Momente jüdischer Erlebniswelt betont und ihren Gestalten die Schwere und Last ihres Schicksals aufgeprägt. Später hat die Künstlerin in ihren Gestalten weniger das Herbe als das Heitere, Gemütvolle, innerlich Geklärte betont - nicht ohne manchmal an Individualität einzubüßen.[2]

Obwohl sie eine sehr talentierte Künstlerin war und im Umfeld jüdischer Künstler in Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt war, geriet sie fast völlig in Vergessenheit. Man kann ihr einen gewissen Konservativismus und mangelndes Interesse an modernen Kunsttrends vorwerfen. Sie selbst sagte dazu: „Ich verstehe moderne Kunst nicht, sie ist mir völlig fremd. Ich habe nicht versucht, anders zu malen, genauso wenig wie ich versuchen kann, anders zu leben.“ Dennoch ist ihr Werk wichtig, sowohl als Dokumentation der „exotischen“ Welt der osteuropäischen Juden als auch aufgrund der darin enthaltenen künstlerischen Werte.[1]

Siehe auch

Literatur

Commons: Regina Mundlak – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkung

  1. Diese Angabe basiert auf einer Information des Leo Baeck Institute. Im Gedenkbuch des Bundesarchivs Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945 gibt es zu Regina Mundlak keinen Eintrag. Auch in der Zentralen Datenbank der Holocaustopfer in Yad Vashem gibt es keinen Eintrag.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Jewish Womens Archive: Regina Mundlak, abgerufen am 11. August 2024
  2. a b Will Pleß: Regina Mundlak in: Menorah - Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft/Kunst und Literatur, Augabe März/April 1931, S. 187
  3. a b c Rahel E. Feilchenfeldt, Thomas Raff: Ein Fest der Künste – Paul Cassirer: der Kunsthändler als Verleger. Verlag C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54086-4, S. 132.
  4. Ephraim Lilien: Ein offener Brief, Zeitschrift Ost und West, Ausgabe Februar 1902, S. 109–114
  5. Leo Baeck Institute: Regina Mundlak - Biographical/Historical Information, abgerufen am 11. August 2024.