Karl Andreas Berthelen

Karl Andreas Berthelen als Student der Medizin, 1846, Gemälde von Julius Roeting[1]

Karl Andreas Berthelen, Vorname auch in der Schreibweise Carl (* 5. April 1822 in Dresden;[2]23. November 1906 in Hameln[3]), war ein deutscher Arzt, Parapsychologe sowie Impfgegner.

Leben

Berthelen war Sohn des Dresdner Arztes und Stadtchirurgen Andreas Christoph Berthelen und dessen Ehefrau Friederike. Er besuchte die Kreuzschule in Dresden[4] und studierte Medizin an der Universität Leipzig.[5] 1843 gewann er den Wettbewerb zu einer Preisaufgabe seiner medizinischen Fakultät.[6] 1846 promovierte er dort mit dem Thema De hypochondriasis origine. 1848 erwarb er das Dresdner Bürgerrecht.[7] 1850 gründete er in Wachwitz bei Dresden eine private Heilanstalt für Nervenkranke und für gymnastisch-orthopädische Behandlungen.[8][9] Von 1860 bis 1880 praktizierte er in Zittau. Später findet sich sein Name in Verbindung mit Lohmen bei Pirna[10] und mit Loschwitz bei Dresden.[11]

Gemeinsam mit anderen Ärzten stellte er sich gegen die damalige Auffassung, Impfungen gegen Seuchen, etwa Pocken, vorzunehmen. Als einer der bekanntesten Opponenten der Impfpflicht[12] übernahm er zeitweise den Vorsitz des Impfzwanggegner-Vereins zu Dresden. Auch sprach er sich gegen die Vivisektion von Tieren aus. Zittau, Berthelens Wirkungsort in den 1860er und 1870er Jahren, und das Umland von Dresden, Berthelens Wirkungsort in den 1880er Jahren, bildeten im 19. Jahrhundert geografische Schwerpunkte der Impfgegnerschaft im Königreich Sachsen.[13] 1891 wurde er von der Strafkammer des Landgerichts Dresden zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er in sechs Fällen gesunden Kindern Impfbefreiungsscheine ausgestellt hatte.[14]

Sein ausgeprägtes Interesse galt der Parapsychologie. Auf diesem Gebiet trat er 1864 durch die Schrift Die Klopf- und Spukgeister zu Oderwitz und Herwigsdorf bei Zittau in Erscheinung. Ein Versuch, zusammen mit dem Spiritisten Gottlieb Dämmerung[15] aus Wien im Jahr 1865 eine „Zeitschrift für Odwissenschaft und Geisterkunde“, genannt „Psyche“, herauszugeben, scheiterte bereits nach wenigen Heften. Weltanschaulich hing Berthelen einem pietistisch geprägten Chiliasmus an und suchte diesen mit den sozialreformerischen Ideen des französischen Spiritisten Allan Kardec zu verbinden.[16] Einige Jahre vor seinem Tod wandte er sich gänzlich von der Schulmedizin ab und widmete sich verstärkt der Homöopathie in Verbindung mit der Naturheilkunde.

Berthelen starb im November 1906 beim Besuch seines Sohnes in Hameln.[17] Bücher aus seinem Besitz gelangten in die Sammlung von Alexander von Bernus.[18]

Schriften (Auswahl)

  • Die Klopf- und Spukgeister zu Oderwitz und Herwigsdorf bei Zittau. Theodor Haffner, Großenhain 1864.[19]
    • Geschichtliche Parallelen und Belege zu den Klopf- und Spukgeistern etc. Anhang, 1865.
  • als Redakteur: Psyche. Deutsche Zeitschrift für Odwissenschaft und Geisterkunde. 1865–1866.[20][21]
  • als Mitarbeiter: Gesundheitswacht. Zeitschrift für Gesundheitslehre, Natur- und Heilkunde. 1876–1877.
  • als Mitarbeiter: Zeitschrift für volksverständliche Gesundheitspflege, Heil- und Lebensweise. 1877–1878.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Bildnis des Dr. med. Karl Andreas Berthelen als Student der Medizin, 1846, Datenblatt im Portal artnet.de
  2. Willy Richter: Die Matrikel der Kreuzschule. Gymnasium zum Heiligen Kreuz in Dresden. Degener, Neustadt an der Aisch 1967, Teil 1–3, S. 12
  3. Leipziger populäre Zeitschrift für Homöopathie. Bände 37–39 (1906), S. 14
  4. Willy Richter, S. 12
  5. Jens Blecher, Gerald Wiemers (Hrsg.): Die Matrikel der Universität Leipzig. Band 2: Die Jahre 1832 bis 1863. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2008, ISBN 978-3-8973-9589-3, S. 196
  6. Neue Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung. 3. Jahrgang, Nr. 149 vom 21. Juni 1844, S. 595 (Google Books)
  7. Dresdner Journal und Anzeiger. Nr. 16 vom 16. Januar 1849, S. 126 (Google Books)
  8. „Privat-Heilanstalt“, Anzeige in: Dresdner Journal und Anzeiger. Nr. 58 vom 27. Februar 1850, S. 464 (Google Books)
  9. Karl Andreas Berthelen: Die Heilanstalt zu Wachwitz bei Dresden. In: Medizinisches Reformblatt für Sachsen. Nr. 4, 1850, S. 30 ff. (Google Books)
  10. Sammlung sämmtlicher Drucksachen des Reichstags. 4. Legislatur-Periode, IV. Session, 1881, Julius Sittenfeld, Berlin 1881, S. 3 (Google Books)
  11. Stenographische Berichte über Verhandlungen des Reichstages. 8. Legislaturperiode, I. Session 1890–1892, S. 247 (Google Books)
  12. Paul Kübler: Geschichte der Pocken und der Impfung. Hirschwald, Berlin 1901, S. 334 (Digitalisat)
  13. Eberhard Wolff: Medizinkritik der Impfgegner im Spannungsfeld zwischen Lebenswelt- und Wissenschaftsorientierung. In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte (= Beiheft zum Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung). 1996, 9, S. 86 (PDF)
  14. Gerichtliches. In: Leipziger Populäre Zeitschrift für Homöopathie. 23. Jahrgang, Nr. 1/2 vom 1. Januar 1892, S. 14 (Google Books)
  15. W[ilhelm] Schlesinger: Magnetiseure, Somnambule und Spiritisten in Wien. In: Wiener Medizinische Wochenschrift. 15. Jahrgang (1865), Nr. 2 vom 7. Jänner 1865, Sp. 27 (Google Books)
  16. Diethard Sawicki, S. 283
  17. Nachruf. Dr. med. Karl Andreas Berthelen. In: Der Tier- und Menschenfreund. Allgemeine Zeitschrift für Tierschutz. 27. Jahrgang, Nr. 2 (Februar 1907), S. 23 (PDF)
  18. Annelies Stöckinger, Joachim Telle: Die Alchemiebibliothek Alexander von Bernus in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Katalog der Drucke und Handschriften. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1997, ISBN 3-447-03872-1, S. 8 (Google Books)
  19. Psychische Studien. II. Jahrgang, 10. Heft (Oktober 1875), S. 480 (Google Books)
  20. „Psyche“. Eine neue Zeitschrift. In: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung. Nr. 55 vom 9. Juli 1865, S. 245 f. (Google Books)
  21. Karl Wartenburg: Umschau. Aus dem Reich der Geister. In: Deutsche Blaetter. Literarisch-politisches Sonntags-Blatt. Nr. 29, 1865, S. 114 f. (Google Books)