Heinz Huber (Redakteur)

Heinz Huber (* 17. Juni 1922 in Ochsenwang; † 8. Februar 1968 in Stuttgart) war ein deutscher Werbegrafiker, Schriftsteller und Hörspieldramaturg.[1] Als SDR-Fernsehredakteur wurde er zu einem der Pioniere des Dokumentarfilms im Fernsehen der jungen Bundesrepublik Deutschland. Er förderte die Entwicklung der Fernsehreihe Zeichen der Zeit, die er bis zu seinem unerwartet frühen Tod leitete und maßgeblich mitprägte und erhielt für die Produktion der Doku-Serie Das Dritte Reich den ersten Grimme-Preis in Gold, was ihn auch zu einem Pionier des Geschichtsfernsehens in Deutschland machte.

Abstammung

Heinz Huber war der Sohn des württembergischen Pfarrers Georg Huber (1898–1930). Die Mutter Elisabeth geb. Mährlen (1898–1969) war eine Ur-Enkelin von Johannes Mährlen.[2] Wegen der frühen Trennung seiner Eltern verbrachte Heinz Huber die ersten Kindheitsjahre in Mergentheim bei den Großeltern väterlicherseits. In seinem 1965 erschienenen Buch Anatomie eines Adlers beschrieb er in einem eigenen Kapitel kritisch-liebevoll diese Großeltern.[3] Ab 1927 lebte Heinz Huber wieder bei der Mutter mit seinem älteren Bruder Peter Huber (1920–1943), der im Zweiten Weltkrieg in Russland fiel. Die Jahre der späteren Kindheit und Jugend waren geprägt durch das Leben in verschiedenen Beziehungen seiner Mutter mit Stationen in Stuttgart, Köln und dem Hochtal Ibach im Südschwarzwald.[4]

Ausbildung und Kriegseinsatz

Heinz Huber besuchte das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart, wechselte dann aber ohne Abitur 1940 auf die Kunstgewerbeschule Stuttgart, die spätere Kunstakademie am Weißenhof. Er studiert bei Professor Ernst Schneidler Gebrauchsgraphik.[5] Im Februar 1941 kam Huber zunächst zum Reichsarbeitsdienst und im Dezember 1941 als Artilleriesoldat zur Wehrmacht.[6] Es folgten Kriegseinsätze im besetzten Frankreich und an der Ostfront in Russland, die immer wieder durch zum Teil sehr schwere Verwundungen unterbrochen waren.[7] Nach einem Offizierslehrgang 1944 bei Reims geriet er bei seinem letzten Kriegseinsatz als Fähnrich zur Verteidigung seiner Heimatregion im April 1945 im Schönbuch in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst im Juni 1947 entlassen wurde.[8]

Anfänge als Schriftsteller

In den Nachkriegsjahren von 1947 bis 1952 versuchte sich Heinz Huber als freier Schriftsteller und Journalist, konnte damit seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie jedoch nicht bestreiten, so dass er als Schaufensterdekorateur bei einer Stuttgarter Lebensmittelfirma tätig wurde. In dieser Zeit als Bohemien in der von Kriegsruinen geprägten Innenstadt von Stuttgart entstanden Erzählungen, Kurzgeschichten, Hörspiele und Theaterstücke.[9]

Hörfunk- und Fernsehredakteur

Seit 1952 war Huber beim Süddeutschen Rundfunk tätig und schrieb zahlreiche Hörspiele. Das 1950 geschriebene Hörspiel Früher Schnee am Fluss wurde 1952 produziert und gesendet und behandelte, wie die Berichterstattung über Kriegsgräuel des Koreakriegs in westdeutschen Haushalten auf Gleichgültigkeit stieß.

Heinz Huber wurde 1954 Redakteur für kulturelle und dokumentarische Sendungen im Fernsehen. Er fertigte unter anderem Fernsehsendungen über Thomas Mann, Max Beckmann, Friedrich Schiller, Ronald Searle und Josef Hegenbarth an.

Bundesweites Aufsehen erregte die Sendung des Films Die deutsche Bundeswehr, die am 16. Oktober 1956 ausgestrahlt wurde, dem Tag des Amtsantritts von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß. Heinz Huber, der Buch und Regie der Sendung verantwortete, hatte sich zum Thema Wiederbewaffnung der Bundeswehr kritisch verhalten, so dass der Film von konservativen Kreisen als linkes Propagandamachwerk bezeichnet wurde.[10] Drei Wochen nach der Ausstrahlung sendete die ARD am 8. November 1956 eine Diskussionsrunde mit Verteidigungsminister Franz Josef Strauß, Oberst Wolf Graf von Baudissin, Major Schmückler, Erich Kuby von der Süddeutschen Zeitung, Martin Walser, Heinz Huber und dem Intendanten des SDR, Fritz Eberhard, der die Diskussion leitete. In dem sachlich verlaufenen Gespräch wurden einige der durch den Film hervorgerufenen Missverständnisse ausgeräumt und die Bundeswehr von allen Gesprächsteilnehmern als Teil des Staates anerkannt.[11]

Weitere Bekanntheit erreichte Huber durch seine Mitwirkung an der Fernsehdokumentation Das Dritte Reich und durch die Entwicklung und Leitung der langjährigen SDR-Sendereihe Zeichen der Zeit, zu Beginn in Zusammenarbeit mit Martin Walser und dann insbesondere mit Dieter Ertel, mit dem er auch die Fernsehserie Cartoon entwickelte, durch die Loriot im Fernsehen bekannt wurde.

Die Dokumentarfilmabteilung des SDR unter Leitung von Heinz Huber entwickelte in der Ära Adenauer jenen kritischen und ironischen Stil, der den Geist der westdeutschen Studentenbewegung der 1960er Jahre mitprägte, wenngleich sich die Dokumentarfilmabteilung als verfassungskonformes journalistisches Korrektiv empfand, ganz im Gegensatz zum radikalen polit-ökonomischen und neomarxistischen Denken der 1968er Bewegung.[12]

Es gelang Heinz Huber als Fernsehdirektor, die Arbeit seiner häufig kritisierten Kollegen im SDR zu verteidigen und der Dokumentarfilmabteilung die Sendeplätze zu erhalten.[13]

Am 8. Februar 1968 starb Huber erst 45 Jahre alt an einem Herzinfarkt, als er sich im Zug von Bonn nach Stuttgart befand, auf der Rückfahrt von einer Sitzung der Hauptabteilungsleiter der deutschen Fernsehsendeanstalten in Bonn.[14]

Privatleben

Heinz Huber war zweimal verheiratet. Aus der ersten Ehe stammen zwei Töchter, wobei die zweite Tochter schon als Säugling verstarb. Aus der zweiten Ehe stammen ein Sohn und eine weitere Tochter.[2] Der Sohn Martin Huber studierte Rechtswissenschaften und war seit 2012 als Senatsdirektor im Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg Leiter des Amtes für Verkehr und Straßenwesen bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation.[15]

Auszeichnungen

Autor von Theaterstücken (Auswahl)

  • Die Grenze. Einakter, 1950
  • Draußen, das gibt es nicht, uraufgeführt 1951 im Theater Erlangen

Autor von Hörspielen für die Radioprogramme der ARD (Auswahl)

  • Früher Schnee am Fluss. 1952
  • Zwölf Uhr zwei Minuten vierzehn Sekunden. 1952
  • Koch bis Kruse. 1953
  • Das gnadenbringende Strafgericht. 1953
  • Die Ballade von Hapalo und dem Staat. 1953
  • Paul oder Jeder ist sich selbst der Nächste. 1954
  • Das Kloster. 1955
  • Rodrigos Laden.
  • Hintergründe eines Kinderbriefes.
  • Rosen und Edelmuth.

Dokumentarfilme der ARD (Auswahl)

  • Thomas Mann. Fernsehfilm, Regie, 1955
  • Das gnadenbringende Strafgericht. Fernsehfilm, Drehbuch, 1956
  • Die deutsche Bundeswehr. Fernsehfilm, Drehbuch und Regie, 1956, in der Reihe Im Blickpunkt – Zeitgeschehen - genauer betrachtet, erstmals gesendet im Deutschen Fernsehen am 16. Oktober 1956
  • Die B 707. Fernsehfilm, Drehbuch und Regie, 1957
  • 40 Cents für Manhattan. Fernsehfilm, Drehbuch, Produktion und Regie, 1957
  • Der große Damm. Fernsehkurzfilm, Drehbuch und Regie, 1957
  • Camping-Notizen. Fernsehfilm, Drehbuch und Regie, 1957
  • Weikersheim - Eine kleine Stadt wird gefilmt. Fernsehfilm, Drehbuch, 1957
  • Das Grabtuch von Turin. Fernsehfilm, Regie 1958
  • Das Lothringer Kreuz. Fernsehfilm, Drehbuch und Regie, 1958
  • Religion und Macht. Fernsehfilm, Drehbuch, 1958
  • Frankreich - ein Jahr danach. Fernsehfilm, Drehbuch, 1959
  • Das Dritte Reich, 14-teilige Fernsehserie von WDR und SDR, Drehbuch und Regie mit Artur Müller, 1960 – 1961
  • Europa im Detail. Miniserie, Drehbuch, 1963, 2 Folgen

Buchveröffentlichungen

  • Mitautor in dem Werk Auf den Spuren der Zeit. Junge deutsche Prosa. Herausgegeben von Rolf Schroers, List Verlag, München 1959
  • mit Artur Müller: Das Dritte Reich. Seine Geschichte in Texten, Bildern und Dokumenten. 2 Bände, Verlag Kurt Desch, München 1964, als Begleitbuch zur ARD Doku-Serie Das Dritte Reich
  • Hebenstreit. Ein Traktat vom Hochmut und sechs andere Erzählungen. Mit sechs Zeichnungen von Roman Armin Buresch, Sammlung Die Löwengrube, Diogenes Verlag, Zürich 1965
  • Anatomie eines Adlers. Ein Deutschlandbuch. Mit Karikaturen über Deutschland von Ronald Searle, Verlag Kurt Desch, München 1966
  • mit Artur Müller: Das Dritte Reich. Seine Geschichte in Texten, Bildern und Dokumenten. Taschenbuchkonvolut aus sechs Bänden unter Mitwirkung von Waldemar Besson mit einem Vorwort von Hans Bausch, Verlag Kurt Desch, München 1969
  • Anatomie eines Adlers. Ein Deutschlandbuch. Mit Karikaturen über Deutschland von Ronald Searle, Lizenzausgabe des Kurt Desch Verlages, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1971, ISBN 3-423-00768-0

Sonstige Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Dokumentarische Wirklichkeit im Fernsehen. In: Rundfunk und Fernsehen. Heft 2, 1956, ISSN 0035-9874, S. 156–158
  • Der neue Weg zur Wirklichkeit. In: Rundfunk und Fernsehen. Heft 1, 1958, S. 52
  • Sprache im Fernsehbericht. In: Sprache im technischen Zeitalter, 1. Jahrgang (1961), Heft 2, S. 130 – 134
  • Zehn-Jahres-Bericht der Dokumentar-Abteilung des SDR 1954–1964.

Literatur

  • Kürschners Biographisches Theater-Handbuch. Herausgegeben von Herbert A. Frenzel und Hans Joachim Moser, Walter de Gruyter, Berlin 1956, S. 309
  • Kürschners Deutscher Literatur-Kalender 1963. Herausgegeben von Werner Schuder, Walter de Gruyter, Berlin 1963, S. 282
  • Kürschners Deutscher Literatur-Kalender, Nekrolog 1936 – 1970. Herausgegeben von Werner Schuder, Walter de Gruyter, Berlin 1973, ISBN 3-1100-4381-5, S. 296
  • Andreas Abel: Die Nachkommen des Regierungsrats Carl F. Feuerlein. Todt-Druck, Villingen-Schwenningen 2007
  • Kay Hoffmann: Zeichen der Zeit. Beobachtungen aus der Bundesrepublik (1956–1973). Die Filme der Stuttgarter Schule. Konvolut mit fünf DVDs, CD-ROM und Booklet, Haus des Dokumentarfilms. Absolut Medien, 2011, ISBN 978-3-89848-547-0
  • Irene Klünder: Würdigung Heinz Hubers durch das Haus des Dokumentarfilms. In: Mitteilungen des Familienverbands Feuerlein, 74. Jahrgang, Juni 2019, S. 6 f.
  • Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. In: Mitteilungen des Familienverbands Feuerlein, 74. Jahrgang, Juni 2019, S. 8–41

Einzelnachweise

  1. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender, Nekrolog 1936 – 1970. Berlin 1973, S. 296
  2. a b Andreas Abel: Die Nachkommen des Regierungsrats Carl F. Feuerlein. 2007, S. 473
  3. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 11
  4. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 13 f.
  5. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 17
  6. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 18
  7. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 20 ff.
  8. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 24 ff.
  9. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 32 f.
  10. Kay Hoffmann: Zeichen der Zeit. Booklet 2001, S. 31
  11. Kay Hoffmann: Zeichen der Zeit. Booklet 2001, S. 32
  12. Unsere Medien - Unsere Republik. Mediengeschichte als Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. 11 Hefte, herausgegeben vom Adolf Grimme Institut. Heft 5: 1968: Was habt ihr denn, uns geht’s doch gut ... . Marl 1991, S. 29–32
  13. Kay Hoffmann: Zeichen der Zeit. Booklet 2001, S. 11
  14. Martin Huber: Leben und Wirken von Heinz Huber. S. 8
  15. Mitteilungen des Familienverbands Feuerlein, 74. Jahrgang, Juni 2019, S. 6