Zero Covid (Kampagne)

Zero Covid – Für einen solidarischen europäischen Shutdown (von engl. zero = null) ist eine kapitalismuskritische Kampagne mit dem Ziel, die COVID-19-Pandemie in Deutschland und anderen europäischen Ländern durch das Absenken der 7-Tages-Inzidenz auf Null nachhaltig zu beenden.[1] Sie orientiert sich an dem internationalen Aufruf für die konsequente Eindämmung der Covid-19-Pandemie in Europa, den Wissenschaftler am 19. Dezember 2020 initiiert haben.[2] Die Kampagne wird in Deutschland von Wissenschaftlern, Ärzten und Pflegekräften, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Künstlern, Journalisten und anderen Einzelpersonen unterstützt.

Zielsetzung

Neben Öffentlichkeitsarbeit und Demonstrationen richtet sich eine Petition an die deutsche, österreichische und Schweizer Bundesregierung sowie an europäische Institutionen.[3]

Mit einer gemeinsamen europäischen Strategie soll das öffentliche Leben für bestimmte Zeit auf ein Minimum reduziert werden, insbesondere auch das Wirtschaftsleben. Die soziale Gesundheitsinfrastruktur solle ausgebaut, Impfstoffe der privaten Profiterzielung entzogen werden. Die notwendigen Maßnahmen sollen mit einer europaweiten Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen, Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und die höchsten Einkommen finanziert werden.

Die Forderung steht im Gegensatz zur deutschen Regierungspolitik, die seit März 2020 ein exponentielles Wachstum des Infektionsgeschehens verhindern und die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus verlangsamen will („flatten the curve“).[4][5][6]

Eine Kontrolle des Infektionsgeschehens sei gescheitert. Die Politik habe einseitig das Privatleben eingeschränkt, Hunderte Millionen Menschen in existenzgefährdende Armut getrieben und dennoch Millionen Infektionen und Zehntausende Tote gebracht. Initiativen wie Zero Covid und ihre konkreten Vorschläge seien ein Teil des unausweichlichen volkswirtschaftlichen Transformationsprozesses, um die sozialen Erschütterungen, die der globale Klimawandel auslösen werde, zu bewältigen.[7]

Rezeption

Kritiker halten die Ziele der Kampagne und die Wege, sie zu erreichen, für unrealistisch.[8]

Nach einer „Arbeitspause“ von unbestimmter Dauer gebe es keine Gewinne mehr zu verteilen, die zur Finanzierung des solidarischen Lockdowns gedacht seien. Eine dramatische Senkung der Produktion bei gleichzeitig steigenden Sozialausgaben sei bereits während der bolivarischen Revolution in Venezuela gescheitert.[9] Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung schätzt die volkswirtschaftlichen Kosten der wegen der Corona-Epidemie tatsächlich erfolgenden partiellen Stilllegung der Wirtschaft anhand von Szenarienrechnungen bei einer Dauer von zwei Monaten bereits auf 255 bis 495 Mrd. Euro bei einem gleichzeitigen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts zwischen 7,2 und 11,2 %.[10] Ein „harter Lockdown,“ der auch die Industrie einschließt, könnte nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft bis zu 10 Mrd. Euro pro Woche kosten.[11]

Die Initiative „Zero Covid“ sei eine „halbtotalitäre Fantasie“[12] oder auch „autoritäre Dystopie,“[13] die nur mit polizeistaatlichen Maßnahmen durchsetzbar sei.[14] Zero Covid bedeute auch „Zero Grundrechte.“[15] Schon der in § 28a IfSG enthaltene Verbotskatalog zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), der es unter anderem zulässt, Betriebe, Gewerbe und den Einzel- oder Großhandel zu schließen oder zu beschränken, wird als verfassungswidrig kritisiert.[16] Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar von Januar 2021 ist ein privates Kontaktverbot nur dann mit der Menschenwürde vereinbar, wenn es einen Notstand gebe, bei dem das Gesundheitssystem drohe zusammenzubrechen.[17]

Audios

Einzelnachweise

  1. ↑ Christina Clemm: #ZeroCovid Website abgerufen am 17. Februar 2021.
  2. ↑ Contain Covid-19. A joint statement of scientists from all across Europe. The Lancet, 21. Januar 2021 (englisch).
  3. ↑ #ZeroCovid: Für einen solidarischen europäischen Shutdown we act, abgerufen am 17. Februar 2021.
  4. ↑ Flatten the Curve CDU, 15. März 2020.
  5. ↑ Flatten the curve Max-Planck-Gesellschaft, 29. Mai 2020.
  6. ↑ Wissenschaft im Trend: Warum ist das „Abflachen der Kurve“ im weltweiten Kampf gegen das Coronavirus zum Mantra der öffentlichen Gesundheit geworden? Europäische Kommission, 26. März 2020.
  7. ↑ Tomasz Konicz: Kommentare/Zero Covid: Pandemie und Transformation Neues Deutschland, 3. Februar 2021.
  8. ↑ Anne Bäuerl: Die Null als Ziel. „Zero Covid“-Strategie: „Fast aussichtslos“ Ärztezeitung, 19. Januar 2021.
  9. ↑ Nikolaus Piper: Kapitalismus-Kritik: „Zero Covid“ ist reines Wunschdenken Süddeutsche Zeitung, 22. Januar 2021.
  10. ↑ Florian Dorn, Clemens Fuest, Marcell Göttert et al.: Die volkswirtschaftlichen Kosten des Corona-Shutdown für Deutschland: Eine Szenarienrechnung. ifo Schnelldienst, März 2020. PDF Download.
  11. ↑ Hubertus Bardt: Harter Lockdown könnte zehn Milliarden Euro pro Woche kosten 19. Januar 2021.
  12. ↑ Thomas Gerlach: Vorschläge der Initiative „Zero Covid:“ Halbtotalitäre Fantasie taz, 14. Januar 2021.
  13. ↑ Peter Nowak: Zero-Covid-Aktivisten gehen auf der Straße Telepolis, 5. Februar 2021.
  14. ↑ Alex Demirović: Über die Null hinaus denken. Zur Kritik des Aufrufs #Zero Covid Luxemburg, Januar 2021.
  15. ↑ Fritz Goergen: Zero-Covid ist Zero Grundrechte. Talk im Hangar-7: „Merkel, Kurz und Mutationen: Brauchen wir eine andere Politik?“ 22. Februar 2021.
  16. ↑ Hasso Suliak: Neue IfSG-Grundlage für Corona-Maßnahmen: "Ver­fas­sungs­widrig und voller hand­wer­k­li­cher Fehler" Legal Tribune Online, 12. November 2020.
  17. ↑ Urteil. Weimar: Amtsgericht hält Corona-Kontaktverbot für verfassungswidrig MDR, 21. Januar 2021.
Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Zero_Covid_(Kampagne)&oldid=209055076