„Wähe“ – Versionsunterschied

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Als '''Wähe''', '''Waie''' oder '''Waije''' (je nach Dialekt auch '''Dünne''', '''Fladen''' oder '''Kuchen''') werden flache [[Blechkuchen]] aus der [[Schweizer Küche|Schweizer]] und der [[Alemannische Küche|Alemannischen Küche]] bezeichnet. Eine Wähe besteht im Wesentlichen aus einem [[Mürbeteig]] (auch ''geriebener Teig'' oder ''Kuchenteig'' genannt) und einem Belag aus Früchten, Gemüse oder beispielsweise Käse. Mancherorts werden Wähen mit einem Hefeteig zubereitet, gelegentlich findet man auch Wähen aus Blätterteig.
[[Datei:Tarte aux cerises - 20040323.jpeg|miniatur|Wähe mit Kirschenbelag]]Als '''Wähe''' (das möglicherweise vom Verb ''wehen'' abstammt) werden flache [[Blechkuchen]] aus der [[Schweizer Küche|Schweizer]] und der [[Alemannische Küche|Alemannischen Küche]] bezeichnet. Eine Wähe besteht im Wesentlichen aus einem [[Mürbeteig]] (auch ''geriebener Teig'' oder ''Kuchenteig'' genannt) und einem Belag aus Früchten, Gemüse oder beispielsweise Käse. Mancherorts werden Wähen mit einem Hefeteig zubereitet, gelegentlich findet man auch Wähen aus Blätterteig.


== Salzige Wähen ==
== Geschichte ==
In den [[Römisch-katholische Kirche|katholischen]] und gemischt katholisch-[[Reformierte Kirche|reformierten]] Teilen der Schweiz, besonders im Osten, war die Wähe ursprünglich eine [[Fastenzeit|Fastenspeise]], in den [[protestantisch]]en Gegenden, vornehmlich im Westen, dagegen eine [[Fest]]speise. In den [[Bäckerei]]en ist zum Teil bis heute das Angebot auf einen oder mehrere bestimmte Wochentage beschränkt. In den Bergregionen kennt man die Wähe erst seit dem frühen 20.&nbsp;Jahrhundert.

== Regionale Bezeichnungen ==
*«Wäje» hat sich von Nordwesten ([[Basel]]) nach Südosten ausgebreitet und breitet sich von [[Zürich]] weiter aus. «Wäje» [vɛːjə], [vɛːə], [vɛː], [vaːjə] ist ein schwäbisch-alemannisches Wort, das möglicherweise vom Verb «wehen» abgeleitet ist und sich auf das Aufgehen des Teiges beziehen könnte. Im allgemeinen bedeutet «wäje» in der ganzen Deutschschweiz «wehen» oder «Verwehung». Beispiele: «Böllewäje» (Zwiebelkuchen), «Ziebelewaje» (Zwiebelkuchen), «Chäswäje» (Käsekuchen)

* Als «Chueche» wird die belegte Wähe in den [[Kanton (Schweiz)|Kantonen]] Bern, Freiburg, Luzern (Süden), Schwyz (Süden), Unterwalden, Uri, Wallis und Zug bezeichnet. «Chueche» kann in anderen Regionen, wie in der Standardsprache, generell süsses Backwerk bezeichnen. Das Wort «Chueche» [xuəxə] geht, wie das hochdeutsche «Kuchen», auf das [[althochdeutsch]]e «kuohho» zurück, mit dem auch das englische Wort «cake» verwandt ist. Die Herkunft des Wortes ist unbekannt, möglicherweise handelt es sich um ein [[Romanische Sprachen|romanisches]] [[Lehnwort]]. Beispiele: «Chirschichueche» (Kirschenkuchen), «Chriesichueche» (Kirschenkuchen), «Böllechueche» (Zwiebelkuchen), «Zibelechueche» (Zwiebelkuchen).

* Als «Flade» wird die belegte Wähe in den [[Kanton (Schweiz)|Kantonen]] Appenzell und St. Gallen (Osten) bezeichnet. Das Wort «Flade» [fladə], [flaːdə] geht auf eine indogermanische Wurzel mit der Bedeutung «ausbreiten» zurück und wurde von alters her für ein flaches Gebäck verwendet. Beispiel: «Nidelflade» (Rahmkuchen

* Als «Tatere» wird die belegte Wähe in Teilen des Berner Oberlandes und des Wallis bezeichnet. «Tatere» [taːtərə] ist aus dem aus dem Französischen entlehnten «Tarte» entstanden.

* Als «Tünne» wird die belegte Wähe in den [[Kanton (Schweiz)|Kantonen]] Thurgau und Schaffhausen bezeichnet, vereinzelt auch südlich des Zürichsees in den Kantonen Schwyz und Zürich. Das Wort «Tünne» [tʏnə], [dʏnɘ], [tʏlə] ist eine Ableitung des [[Adjektiv]]s «dünn». Schon im Althochdeutschen wurden Flachkuchen als «dunni» bezeichnet. Beispiel: «Öpfeltüle» (Apfelkuchen).

* Als «Turte» wird die belegte Wähe im [[Kanton (Schweiz)|Kanton]] Graubünden bezeichnet. Daneben wird noch «Pitte», von rätoromanisch «pitta»: flacher Brotkuchen, verwendet. «Turte» [turtə], [tuːrtə], [turta] ist entweder aus dem italienischen «torta», dem französischen «tourte» oder dem rätoromanischen «tuorta» entstanden, die wie das standardsprachliche «Torte» auf das lateinische «torta»: gedrehtes Gebäck (von torquere: drehen), später allgemein «feines Gebäck» zurückgehen. Beispiel: «Engadiner Nussturte».

== Zubereitungsarten ==
=== Salzige Wähen ===
[[Bild:Broccoli-12.jpg|thumb|right|Broccoli-Wähe]]
[[Bild:Broccoli-12.jpg|thumb|right|Broccoli-Wähe]]
Für salzige Wähen werden für den Belag Zwiebeln, Käse und Speck verwendet. Der ''Käsekuchen'' oder die ''Käsewähe'' wird mit einem Guss aus geriebenem Käse (z.B. [[Greyerzer]]), Rahm und Eiern zubereitet.
Für salzige Wähen werden für den Belag Zwiebeln, Käse und Speck verwendet. Der ''Käsekuchen'' oder die ''Käsewähe'' wird mit einem Guss aus geriebenem Käse (z.B. [[Greyerzer]]), Rahm und Eiern zubereitet.
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Gemüsewähen werden beispielsweise als Zucchetti-, Spinat-, Tomaten- oder Broccoliwähen zubereitet. Auch hierbei wird ein Guss aus Rahm oder Milch und Eiern verwendet.
Gemüsewähen werden beispielsweise als Zucchetti-, Spinat-, Tomaten- oder Broccoliwähen zubereitet. Auch hierbei wird ein Guss aus Rahm oder Milch und Eiern verwendet.


== Süße Wähen ==
=== Süße Wähen ===
[[Bild:Zwetschgen-112.jpg|thumb|right|Zwetschgen-Wähe (ohne Guss)]]
[[Bild:Zwetschgen-112.jpg|thumb|right|Zwetschgen-Wähe (ohne Guss)]]
Typische Beläge sind [[Obst|Früchte]], insbesondere Zwetschgen, Äpfel, Rhabarber, Aprikosen, Kirschen, Heidelbeeren, etc - je nach Jahreszeit frisch oder tiefgekühlt. Vor dem Backen wird üblicherweise ein Guss aus Milch, Rahm, Ei und Zucker daraufgegeben. In der [[Westschweiz]] ist es üblich, Wähen ohne Guss zuzubereiten.
Typische Beläge sind [[Obst|Früchte]], insbesondere Zwetschgen, Äpfel, Rhabarber, Aprikosen, Kirschen, Heidelbeeren, etc - je nach Jahreszeit frisch oder tiefgekühlt. Vor dem Backen wird üblicherweise ein Guss aus Milch, Rahm, Ei und Zucker daraufgegeben. In der [[Westschweiz]] ist es üblich, Wähen ohne Guss zuzubereiten.
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Die '''Basler Fastenwähe''' ist ein salziges Hefeteiggebäck, der mit Kümmel bestreut wird und der in seiner Form an Brezeln erinnert. Fastenwähen haben mit üblichen Wähen abgesehen von der Bezeichnung nicht viel gemeinsam.
Die '''Basler Fastenwähe''' ist ein salziges Hefeteiggebäck, der mit Kümmel bestreut wird und der in seiner Form an Brezeln erinnert. Fastenwähen haben mit üblichen Wähen abgesehen von der Bezeichnung nicht viel gemeinsam.

== Literatur ==
* Rudolf Hotzenköcherle (Hrsg.): ''Sprachatlas der deutschen Schweiz.'' Band 5, Wortgeographie, bearb. von Doris Handschuh. Francke, Bern 1983, S. 187f. ISBN 3-7720-1528-X
* Oskar Rhiner: ''Dünne, Wähe, Kuchen, Fladen, Zelten. Die Wortgeographie des Flachkuchens mit Belag und ihre volkskundlichen Hintergründe in der deutschen Schweiz''. (Beiträge zur schweizerdeutschen Mundartforschung, Band 9). Huber, Frauenfeld 1958
* ''Schweizerisches Idiotikon; Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache.'' Gesammelt auf Veranstaltung der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, unter Beihülfe aus allen Kreisen des Schweizervolkes, hrsg. mit Unterstützung des Bundes und der Kantone, bearb. von Friedrich Staub ... [et al.]. Huber, Frauenfeld 1881- (bisher 15 Bände, A-W)
* ''Schweizerisches Idiotikon. Alphabetisches Wörterverzeichnis zu den Bänden I-XI,'' bearb. von Niklaus Bigler. Huber, Frauenfeld 1990 ISBN 3-7193-1043-4

== Weblinks ==
* Kleiner Sprachatlas der Deutschen Schweiz (KSDS): [http://www.ds.uzh.ch/dialektsyntax/ksds/waehe.html ''Probekarte: Flachkuchen mit Belag'']
* Schweizerisches Idiotikon: [http://www.idiotikon.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=20&Itemid=28 ''Hauptseite'']
* Kulinarisches Erbe der Schweiz: [http://www.kulinarischeserbe.ch/product.aspx?id=175 ''Früchtewähen / Gâteaux aux fruits/ Torte di frutta'']
* Kulinarische Schweiz: [http://www.gesalzen-gepfeffert.ch/rezepte_schweiz_00.html ''Schweizer Rezepte'']


[[Kategorie:Kuchen|Wahe]]
[[Kategorie:Kuchen|Wahe]]

Version vom 29. Juli 2009, 15:45 Uhr

Wähe mit Kirschenbelag

Als Wähe (das möglicherweise vom Verb wehen abstammt) werden flache Blechkuchen aus der Schweizer und der Alemannischen Küche bezeichnet. Eine Wähe besteht im Wesentlichen aus einem Mürbeteig (auch geriebener Teig oder Kuchenteig genannt) und einem Belag aus Früchten, Gemüse oder beispielsweise Käse. Mancherorts werden Wähen mit einem Hefeteig zubereitet, gelegentlich findet man auch Wähen aus Blätterteig.

Geschichte

In den katholischen und gemischt katholisch-reformierten Teilen der Schweiz, besonders im Osten, war die Wähe ursprünglich eine Fastenspeise, in den protestantischen Gegenden, vornehmlich im Westen, dagegen eine Festspeise. In den Bäckereien ist zum Teil bis heute das Angebot auf einen oder mehrere bestimmte Wochentage beschränkt. In den Bergregionen kennt man die Wähe erst seit dem frühen 20. Jahrhundert.

Regionale Bezeichnungen

  • «Wäje» hat sich von Nordwesten (Basel) nach Südosten ausgebreitet und breitet sich von Zürich weiter aus. «Wäje» [vɛːjə], [vɛːə], [vɛː], [vaːjə] ist ein schwäbisch-alemannisches Wort, das möglicherweise vom Verb «wehen» abgeleitet ist und sich auf das Aufgehen des Teiges beziehen könnte. Im allgemeinen bedeutet «wäje» in der ganzen Deutschschweiz «wehen» oder «Verwehung». Beispiele: «Böllewäje» (Zwiebelkuchen), «Ziebelewaje» (Zwiebelkuchen), «Chäswäje» (Käsekuchen)
  • Als «Chueche» wird die belegte Wähe in den Kantonen Bern, Freiburg, Luzern (Süden), Schwyz (Süden), Unterwalden, Uri, Wallis und Zug bezeichnet. «Chueche» kann in anderen Regionen, wie in der Standardsprache, generell süsses Backwerk bezeichnen. Das Wort «Chueche» [xuəxə] geht, wie das hochdeutsche «Kuchen», auf das althochdeutsche «kuohho» zurück, mit dem auch das englische Wort «cake» verwandt ist. Die Herkunft des Wortes ist unbekannt, möglicherweise handelt es sich um ein romanisches Lehnwort. Beispiele: «Chirschichueche» (Kirschenkuchen), «Chriesichueche» (Kirschenkuchen), «Böllechueche» (Zwiebelkuchen), «Zibelechueche» (Zwiebelkuchen).
  • Als «Flade» wird die belegte Wähe in den Kantonen Appenzell und St. Gallen (Osten) bezeichnet. Das Wort «Flade» [fladə], [flaːdə] geht auf eine indogermanische Wurzel mit der Bedeutung «ausbreiten» zurück und wurde von alters her für ein flaches Gebäck verwendet. Beispiel: «Nidelflade» (Rahmkuchen
  • Als «Tatere» wird die belegte Wähe in Teilen des Berner Oberlandes und des Wallis bezeichnet. «Tatere» [taːtərə] ist aus dem aus dem Französischen entlehnten «Tarte» entstanden.
  • Als «Tünne» wird die belegte Wähe in den Kantonen Thurgau und Schaffhausen bezeichnet, vereinzelt auch südlich des Zürichsees in den Kantonen Schwyz und Zürich. Das Wort «Tünne» [tʏnə], [dʏnɘ], [tʏlə] ist eine Ableitung des Adjektivs «dünn». Schon im Althochdeutschen wurden Flachkuchen als «dunni» bezeichnet. Beispiel: «Öpfeltüle» (Apfelkuchen).
  • Als «Turte» wird die belegte Wähe im Kanton Graubünden bezeichnet. Daneben wird noch «Pitte», von rätoromanisch «pitta»: flacher Brotkuchen, verwendet. «Turte» [turtə], [tuːrtə], [turta] ist entweder aus dem italienischen «torta», dem französischen «tourte» oder dem rätoromanischen «tuorta» entstanden, die wie das standardsprachliche «Torte» auf das lateinische «torta»: gedrehtes Gebäck (von torquere: drehen), später allgemein «feines Gebäck» zurückgehen. Beispiel: «Engadiner Nussturte».

Zubereitungsarten

Salzige Wähen

Broccoli-Wähe

Für salzige Wähen werden für den Belag Zwiebeln, Käse und Speck verwendet. Der Käsekuchen oder die Käsewähe wird mit einem Guss aus geriebenem Käse (z.B. Greyerzer), Rahm und Eiern zubereitet.

Gemüsewähen werden beispielsweise als Zucchetti-, Spinat-, Tomaten- oder Broccoliwähen zubereitet. Auch hierbei wird ein Guss aus Rahm oder Milch und Eiern verwendet.

Süße Wähen

Zwetschgen-Wähe (ohne Guss)

Typische Beläge sind Früchte, insbesondere Zwetschgen, Äpfel, Rhabarber, Aprikosen, Kirschen, Heidelbeeren, etc - je nach Jahreszeit frisch oder tiefgekühlt. Vor dem Backen wird üblicherweise ein Guss aus Milch, Rahm, Ei und Zucker daraufgegeben. In der Westschweiz ist es üblich, Wähen ohne Guss zuzubereiten.

Bei Varianten wie Vermicelles-, Trauben- oder Johannisbeer-Wähe wird der Belag erst nach oder zum Ende der Backzeit aufgelegt.

Eine weitere süße Art ist der Nidle-Kuchen, der aus einem Guss aus Rahm (Nidle), Eiern und Zucker zubereitet wird.

Lokale Spezialitäten

Zum Berner Zibelemärit ("Zwiebelmarkt") gehört traditionellerweise ein "Zibele"-Kuchen zum Abendessen.

Eine abgewandelte Form der Wähe ist der Appenzeller Birnenfladen, bei dem der Teigboden mit einem Mus aus gedörrten Birnen bestrichen wird.

Die Basler Fastenwähe ist ein salziges Hefeteiggebäck, der mit Kümmel bestreut wird und der in seiner Form an Brezeln erinnert. Fastenwähen haben mit üblichen Wähen abgesehen von der Bezeichnung nicht viel gemeinsam.

Literatur

  • Rudolf Hotzenköcherle (Hrsg.): Sprachatlas der deutschen Schweiz. Band 5, Wortgeographie, bearb. von Doris Handschuh. Francke, Bern 1983, S. 187f. ISBN 3-7720-1528-X
  • Oskar Rhiner: Dünne, Wähe, Kuchen, Fladen, Zelten. Die Wortgeographie des Flachkuchens mit Belag und ihre volkskundlichen Hintergründe in der deutschen Schweiz. (Beiträge zur schweizerdeutschen Mundartforschung, Band 9). Huber, Frauenfeld 1958
  • Schweizerisches Idiotikon; Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Gesammelt auf Veranstaltung der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, unter Beihülfe aus allen Kreisen des Schweizervolkes, hrsg. mit Unterstützung des Bundes und der Kantone, bearb. von Friedrich Staub ... [et al.]. Huber, Frauenfeld 1881- (bisher 15 Bände, A-W)
  • Schweizerisches Idiotikon. Alphabetisches Wörterverzeichnis zu den Bänden I-XI, bearb. von Niklaus Bigler. Huber, Frauenfeld 1990 ISBN 3-7193-1043-4