Vollmaringen

Vollmaringen
Gemeinde Nagold
Das zweigeteilte Wappen Vollmaringens trägt die goldene Lilie der Herren von Dettlingen aus dem 14. und 15. Jahrhundert sowie den Adler der Herren von Gültlingen, denen Vollmaringen im Anschluss unterstand.
Koordinaten:48° 31′ N, 8° 45′ OKoordinaten: 48° 30′ 49″ N, 8° 44′ 53″ O
Höhe: 554 m
Fläche:6,51 km²
Einwohner:1657 (31. Dez. 2014)[1]
Bevölkerungsdichte:255 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Dezember 1971
Eingemeindet nach:Nagold
Postleitzahl:72202
Vorwahl:07459
Schloss Vollmaringen

Vollmaringen ist mit etwa 1600 Einwohnern der zweitgrößte Stadtteil von Nagold in Baden-Württemberg. Der Ort wurde 1287 erstmals urkundlich erwähnt. Vollmaringen ist ein katholisch geprägtes Dorf. Mit der Verwaltungsreform 1971 wurde Vollmaringen nach Nagold eingemeindet. Seit Juli 2009 ist Daniel Steinrode (SPD) Ortsvorsteher von Vollmaringen.

Geografie

Vollmaringen liegt 7 km entfernt von der Autobahn A 81, Stuttgart-Singen, und bildet heute mit seinen 1642 Einwohnern den zweitgrößten Stadtteil Nagolds. Vollmaringen erstreckt sich über insgesamt 651 Hektar. Der Ort liegt politisch betrachtet in der Mitte Baden-Württembergs, denn hier grenzen drei der insgesamt vier Regierungsbezirke aneinander. Darüber hinaus treffen vier Landkreise an der Vollmaringer Gemarkung zusammen.

Geologisch betrachtet befindet sich die Gemeinde Vollmaringen auf einer Muschelkalkschicht. Der Muschelkalk, bestehend aus dem Trigonodus Kalk und dem Nodosus Kalk sind 200 Millionen Jahre alte Ablagerungen des Muschelkalkmeeres und damit Teil des Germanischen Trias. Somit ist die Entstehung der mittleren Erdgeschichte, dem Mesozoikum, zuzuordnen. Auf der Muschelkalkschicht liegend befindet sich eine bis zu 10 m starken Keuperschicht. Diese „untere Keuperschicht“ ist auch als Lettenkohle oder Lettenschicht bekannt und enthält auf der Markung Vollmaringen neben Dolomit- und Sandsteinvorkommen auch tonige und damit wasserstauende Böden. Diese Böden sorgen für ein örtliches Auftreten von Quellen und bilden daher ein fruchtbares Nutzland. Demnach ist die Gemeinde Vollmaringen von sehr viel Ackerland umrahmt mit nur wenigen Wald- und Wiesenflächen. Die benannten Waldflächen, im Westen und Südwesten der Markung liegend, sind Ausläuferzungen des angrenzenden Nordschwarzwaldes. Die oberste und damit sichtbare Schicht bildet eine verhältnismäßig dünne Lösslehmschicht. Ihr Vorkommen ist ein Resultat einer angewehten Ablagerungsschicht kalkhaltiger Sandsteine aus eiszeitlichem Frostschuttboden des Schwarzwaldes.

Religion

Die katholische Kirche St. Georg mit ihrem markanten, über 50 m hohen Kirchturm, das Vollmaringer Schloss sowie die Londorfer Kapelle auf dem Friedhof stellen die drei Wahrzeichen Vollmaringens dar. Insgesamt drei Kirchengemeinden sind in Vollmaringen beheimatet: die katholische Kirchengemeinde St. Georg, die Evangelische Bonhoeffer-Kirchengemeinde Vollmaringen sowie die Neuapostolische Kirche Nagold-Vollmaringen.

Infrastruktur

Die katholische Kirchengemeinde St. Georg betreibt den Friedhof sowie den Kindergarten St. Josef, in dem auch Kleinkindbetreuung angeboten wird. Am Ort gibt es als weiteres Bildungsangebot die Grundschule Vollmaringen. Neben der großen Gemeindehalle und zwei Sportplätzen gibt es in Vollmaringen zwei Kinderspielplätze, einen Jugendraum, der von aktiven Jugendlichen selbstverwaltet wird, und einen Dorfgemeinschaftsraum, der auch für private Feste genutzt werden kann.

Geschichte

Erste Spuren einer Besiedelung der Gemarkung Vollmaringen sind etwa 7000 Jahre alt. Sie stammen von den wegen ihrer Vorliebe für bandförmige Ziermuster auf ihren Tongefäßen so genannten Bandkeramikern. Sie gelten als die ersten sesshaften Europäer, die statt von der Jagd hauptsächlich vom Ackerbau lebten.

Spätere Spuren stammen von den Kelten von etwa 450 vor Christus bis um Christi Geburt.

Im letzten Drittel des ersten Jahrhunderts erlebten die Kelten dann die Besetzung durch die Römer, die die Gegend bis etwa zum Jahr 260 beherrschten, bis sie von den Alamannen wieder vertrieben wurden. Aus dieser Zeit wurden Reste eines römischen Gutshofs entdeckt.

Die Spuren der Alamannen in Vollmaringen beschränken sich auf einige Gräber, die man durch die Grabbeigaben zuordnen konnte. Wie viele Orte mit der Endung „-ingen“ ist Vollmaringen als Gemeinde wohl ursprünglich von den Alamannen gegründet worden. Sein Namensgeber dürfte ein Alamanne mit dem Namen Volkmar gewesen sein, der mit seinen „Volkmaringe“ – wie man damals die Gefolgsleute in Anlehnung an den Namen ihres Anführers nannte – das Gelände der heutigen Gemarkung Vollmaringen in Besitz nahm. Dieser Vorgang lässt sich nicht terminieren und für weitere Jahrhunderte gibt es keine schriftliche Überlieferung.

Vollmaringen feierte im Jahr 1987 seine 700-Jahr-Feier, nachdem in einer Urkunde aus dem Jahr 1287 der Ort erstmals schriftlich genannt wurde. Die Gemeinde gehörte damals in den Einzugsbereich der Grafen von Hohenberg und gehörte somit zum Habsburger Reich. Die Ortsherren von Vollmaringen wechselten häufig. So unterstand Vollmaringen den Herrn von Dettlingen (1317 – 1454), derer von Gültlingen (1454 – 1536/45), von Neuhausen (1545 – 1630/35), Otto von Ow (1631/35 – 1656), Jacob Rudolf Streit von Immendingen (1657 – 1690), dem Grafen Dionys von Rost (1690 – 1762/73) und schließlich dem Hause Hornstein und Waldburg-Zeil (1773 – 1805). Nach der Kapitulation der österreichischen Armee bei Ulm vor Napoleon ließ Kurfürst Friedrich von Württemberg durch Dekret vom 19. November 1805 alle ritterschaftlichen Besitzungen, die in und an seinem Lande lagen, in Besitz nehmen. Dies galt auch für Vollmaringen. Die Ortschaft blieb über die Jahrhunderte hinweg reichsritterschaftlich und war damit ein eigenständiger Staat, welcher direkt dem Papst unterstellt war. Aus dieser Zeit stammt auch die Mauer um Vollmaringen und Londorf, welche den Staat nach außen schützen sollte. Aus diesem Grund war Vollmaringen stets ein katholisch geprägter Ort und wurde nie reformiert. Erst im Jahre 1805 nach dem Reichsdeputationshauptschluss wurde Vollmaringen Württemberg angeschlossen.

Geschichtlich interessant ist die nördlich von Vollmaringen gelegene Londorfer Kapelle.

Vor dem Dreißigjährigen Krieg (1628) lebten in Vollmaringen und der Nachbargemeinde Göttelfingen 46 Untertanen, nach dem Krieg im Jahre 1649 nur noch 21 Bürger und drei Witwen.

Der Zweite Weltkrieg machte auch vor der Gemeinde Vollmaringen nicht Halt und zog nach und nach im Ort ein. Viele Männer des Ortes zogen mit der Wehrmacht für das Vaterland in den Krieg, wovon leider 49 Soldaten ihre Heimat nie wieder sehen sollten. Die Gemeinde selber musste neben den menschlichen Verlusten auch Abgaben wie z.B. die Kirchenglocken für die Rüstungsindustrie über sich ergehen lassen, darüber hinaus ab 1943 insgesamt 98 Evakuierte aus den zerstörten Großstädten des Reiches aufnehmen. Am 17. April 1945 stand der Feind vor den Toren der Gemeinde und durch die kampflose Übergabe der Einwohner sahen die Franzosen von einer Beschießung ab, so dass der Ort bis heute sein eigentliches Gesicht bewahren konnte. Ein Jahr nach Kriegsende fand am 15. September 1946 die erste demokratische Bürgermeister- und Gemeinderatswahl in Vollmaringen statt. Der Ort, welcher auch großen Zuwachs durch Flüchtlinge aus denen im Krieg verlorenen deutschen Ostgebieten bis in das Jahr 1961 erhielt, stand nun mit dem Blick nach vorne vor ganz neuen Aufgaben. Bis zum Jahr der Eingemeindung 1971 waren diese Aufgaben Vorhaben wie Baulanderwerb und Erschließungen welche getätigt wurden. Auch Kanalisationsarbeiten, Wasserleitungsarbeiten im Ort und sonstige Baumaßnahmen wie Erweiterung von Wald- und Feldwegen wurden durchgeführt. Am 23. November 1953 bekam die Gemeinde Vollmaringen vom Innenministerium Baden- Württemberg das Ortswappen verliehen.

Zum 1. Januar 1973 fand in Baden- Württemberg eine große Kreisreform statt, in der die 65 Landkreise des Bundeslandes zum Teil aufgehoben oder neu gegliedert wurden zu letztendlich 35 Landkreisen wie sie heute noch Bestand haben. Schon drei Jahre zuvor begann die freiwillige Gemeindereform in der es möglich war Gemeindezusammenschlüsse sowie Umgliederungen über Kreisgrenzen hinweg durchzuführen. Einen großen Schnitt in seiner Geschichte erfuhr daher auch der Ort Vollmaringen anfangs der 1970er. Die Gemeinde wurde am 1. Dezember 1971 mit einer Zustimmung von 88 % der örtlichen Bürgerinnen und Bürger als Stadtteil in die Stadt Nagold eingemeindet. Damit änderte sich auch die Zugehörigkeit Vollmaringens von dem zwei Jahre später aufgelösten Landkreis Horb am Neckar im Jahre 1973 zum heutigen Landkreis Calw. Dies hatte zur Folge, dass die Entfernung von 30 km zum bisherigen zuständigen Regierungspräsidium Tübingen sich auf das heutige weit entfernte Karlsruhe änderte.

Seit der Eingemeindung in die Stadt Nagold im Jahre 1971 hat sich das Ortsbild der Gemeinde Vollmaringen bis zum heutigen Tag stark verändert und erneuert. Erste größere Projekte der Ortsverwaltung waren die Erschließungen des Wohngebietes „In der Heide“ im Nordwesten der Gemeinde Ende der 1970er sowie der „Röte“ im Süden Ende der 1980er Jahre. Damit entwickelte sich Vollmaringen auch zunehmend vom landwirtschaftlichen Dorf hinweg zu einem Wohndorf in dem die Einwohner ihrer Arbeit nur noch selten in der Landwirtschaft nachgingen, sondern zunehmend in den Firmen und Großkonzernen im Ballungsraum Böblingen- Stuttgart. Die örtliche Bevölkerungszahl stieg dabei von 905 Einwohnern im Jahre 1971 um rund 500 Einwohner bis auf 1434 eingetragene Vollmaringer im Jahre 1986. Damit wurden auch innerörtliche Projekte zur Dorferneuerung wie die Renovierung und Ausbau der örtlichen Grundschule bis zum Jahre 1988 vorangetrieben, der Bau einer Mehrzweckhalle mit Sanitärtrakt im Jahre 1983 für die örtlichen Vereine vollzogen sowie die Ausbauten der Kreisstraßen inklusive Gehwegerstellung im Ort in der Göttelfinger Straße, der Gündringer Straße und der Schloßstraße sowie der Schönbuchstraße.

Vollmaringen selbst verfügt über eine Rathausgeschäftsstelle am Ort. Mit Hilfe der Ortskernsanierung wurde der Kirchplatz sowie die Baisinger Straße neu gestaltet.

Vereine

Vollmaringen zeichnet sich durch ein überaus aktives und reges Vereinsleben aus. Der zweitgrößte Nagolder Sportverein, der SV Vollmaringen, der mit seinem breiten Sportangebot verschiedene Zielgruppen anspricht, besteht aus 3 Abteilungen: Der Fußballabteilung, der Breitensportabteilung sowie der Skiabteilung. Der Sportverein wurde im Jahre 1926 als reiner Fußballverein gegründet und trägt seit Ende des Zweiten Weltkrieges die Vereinsfarben Rot und Weiß. Bis ins Jahr 1972 trug der Sportverein seine Heimspiele auf dem Sportplatz in der Hochdorfer Straße aus und als Vereinslokal diente das Gasthaus Linde, heute finden die Heimspiele auf dem Sportplatz am Lachenwiesenweg statt, Sportheim und Sanitärtrakt sind gegeben.

Der Musikverein „Frohsinn“ Vollmaringen, gegründet im Jahre 1911, zeichnet sich durch eine aktive Jugendarbeit und ein ebenso großes wie erfolgreiches Orchester, den „Vollmaringer Musikanten“, aus. Neben musikalischen Höhepunkten wie etwa dem Jahreskonzert veranstaltet der Musikverein das mehrtägige, traditionelle Frühlingsfest, das alljährlich um den 1. Mai herum stattfindet.

Das kulturelle Leben wird darüber hinaus durch den Männergesangverein „Cäcilia“ Vollmaringen von 1875 bereichert, der zugleich der Kirchenchor der katholischen Kirchengemeinde ist, und seit kurzem auch einen Kinderchor unter seinem Dach beherbergt, die „Vollmaringer Lerchen“.

Aufgrund der katholischen Prägung des Ortes spielte die Fasnet schon seit jeher stets eine wichtige Rolle in Vollmaringen. Die traditionelle und im Landkreis Calw älteste Fasnetshochburg Vollmaringen hat eine Geschichte bis hin zurück ins Jahre 1923. Der Verein Narrenzunft Vollmaringen e.V. wurde dann nach dem Hallenbau 1983 gegründet und besteht aus insgesamt vier Gruppen mit den traditionellen Hästrägern Fruchtmaale, Weiherhexen und Teufel sowie dem Narrenrat. Den Höhepunkt der traditionellen Vollmaringer Fasnet bildet neben den Hallenveranstaltungen der Rathaussturm mit Schlüsselübergabe am Schmotzigen Donnerstag und der große Narrenumzug am Fasnetssamstag.

Der Verein zur Förderung des Vereins- und Dorflebens in Nagold-Vollmaringen e.V. vereinigt alle Vollmaringer Vereine, Kirchen und Institutionen. Dieser Verein, der aus dem Hallenförderverein hervorging, verwaltet den Vereinsschuppen sowie die Sporthallenküche und veranstaltet das Vollmaringer Dorffest.

Aktiven Naturschutz betreibt der NABU Vollmaringen, der sich insbesondere für die Landschaftspflege von Streuobstwiesen und Feuchtbiotopen wie etwa dem Lehnd einsetzt.

Den Vollmaringer Kriegerverein von 1871 sowie den Radfahrverein Wanderer aus dem Jahre 1912 gibt es heute nicht mehr. Die Vereine wurden in den politischen Wirren im Jahre 1933 aufgelöst.

Wichtige Aufgaben im dörflichen Leben übernimmt auch die Freiwillige Feuerwehr Abteilung Vollmaringen, die die zweitgrößte Abteilung mit zurzeit 39 Aktiven in Nagold stellt.

Feste

Das wichtigste Fest ist das Frühlingsfest in Vollmaringen. Dieses findet jährlich um den 1. Mai statt. Das Fest wird vom Musikverein Vollmaringen veranstaltet. Das Vollmaringer Dorffest, getragen von allen Vereinen, findet alle zwei Jahre mit großem Programm auf dem Vollmaringer Kirchplatz statt. Die Fasnet in Vollmaringen ist ebenso ein wichtiger Festakt im Vollmaringer Leben.

Außerdem nimmt Fronleichnam eine zentrale Stellung im dörflichen Festkalender ein. In dem katholischen Ort findet im Wechsel mit Gündringen die Fronleichnamsprozession durch den Ort statt. Das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest, dem zweiten Donnerstag nach Pfingsten, begangen (60. Tag nach dem Ostersonntag) und fällt somit frühestens auf den 21. Mai und spätestens auf den 24. Juni. In Vollmaringen wird nach der Prozession das Gemeindefest im Pfarrgarten gefeiert.

Literatur

Wikisource: Vollmaringen – Quellen und Volltexte

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Einzelnachweise

  1. Bevölkerungsstand von Nagold. auf: nagold.de