„Reichsbürgerbewegung“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Berlin proteste 15.09.2013 18-36-30.JPG|mini|Mahnwache von „Reichsbürgern“ auf der Wiese vor dem [[Reichstagsgebäude]] in Berlin, die sich auf {{Art.|146|gg|juris|text=Artikel 146 des Grundgesetzes}} berufen.]]
[[Datei:Berlin proteste 15.09.2013 18-36-30.JPG|mini|Mahnwache von „Reichsbürgern“ auf der Wiese vor dem [[Reichstagsgebäude]] in Berlin, die sich auf {{Art.|146|gg|juris|text=Artikel 146 des Grundgesetzes}} berufen.]]
Als '''Reichsbürgerbewegung''' werden Gruppen von Anhängern von [[Verschwörungstheorie]]n bezeichnet, die behaupten, das [[Deutsches Reich|Deutsche Reich]] bestehe fort – aber, entgegen [[Ständige Rechtsprechung|ständiger Rechtsprechung]]<ref>Vgl. Finanzgericht Hamburg, Zwischenurteil vom 19. April 2011, [http://landesrecht.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&doc.id=STRE201175088 Az. 3 K 6/11].</ref> und [[Herrschende Lehre|herrschender Lehre]]<ref>[[Hans F. Zacher]], ''Sozialer Einschluß und Ausschluß im Zeichen von Nationalisierung und Internationalisierung'', in: [[Hans Günter Hockerts]] (Hrsg.): ''Koordinaten deutscher Geschichte in der Epoche des Ost-West-Konflikts'', Oldenbourg, München 2004 (''Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien''; 55), ISBN 3-486-56768-3, S. 103–152, hier [http://books.google.de/books?id=cWSnmuAAJEMC&lpg=PA106&dq=%22denn%20nach%20der%20herrschenden%20Lehre%22&hl=de&pg=PA106#v=onepage&q=%22denn%20nach%20der%20herrschenden%20Lehre%22&f=false S. 106].</ref><ref>Vgl. [[Andreas Zimmermann (Rechtswissenschaftler)|Andreas Zimmermann]], ''Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge. Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation'', Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2000, ISBN 3-540-66140-9, S. 71&nbsp;f., [http://books.google.de/books?id=oPkRR6sykxwC&lpg=PA83&dq=%22im%20v%C3%B6lkerrechtlichen%20Verkehr%20mit%20Drittstaaten%20bis%201990%20zumindest%20weitgehend%20und%20danach%20vollst%C3%A4ndig%20durchsetzen%22&pg=PA83#v=onepage&q=%22im%20v%C3%B6lkerrechtlichen%20Verkehr%20mit%20Drittstaaten%20bis%201990%20zumindest%20weitgehend%20und%20danach%20vollst%C3%A4ndig%20durchsetzen%22&f=false 82&nbsp;f.], 87&nbsp;f., 92 mit weiteren Nachweisen; [[Klaus Stern (Rechtswissenschaftler)|Klaus Stern]], ''Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland'', Band V, C.H. Beck, München 2000, [http://www.krr-faq.net/ster1964.htm S. 1964&nbsp;f.]; [[Kay Hailbronner]], in: [[Wolfgang Graf Vitzthum|Graf Vitzthum]] (Hrsg.), ''Völkerrecht'', 4. Aufl. 2007, 3. Abschn., [http://books.google.de/books?id=umn7Df1E-KUC&pg=PA225 Rn 200–203]; [[Dieter Blumenwitz]], [[Neue Juristische Wochenschrift|NJW]] 1990, S. 3041&nbsp;ff. mit weiteren Nachweisen; [[Jochen Abraham Frowein|Jochen Abr. Frowein]], ''Die Verfassungslage Deutschlands im Rahmen des Völkerrechts'', in: [[Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer|VVDStRL]], Heft 49, 1990, S. 7–33.</ref>, nicht in Form der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] – und dieses werde in den [[Deutsches Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937|Grenzen von 1937]] durch eine [[#Kommissarische Reichsregierung|Kommissarische Reichsregierung]] (KRR) oder ''Exilregierung des Deutschen Reiches'', welche verschiedene Gruppen zu sein behaupten, vertreten.<ref name="Verfassungsschutz Brandenburg" /> Dahinter stecken teils [[rechtsextrem]]e, teils finanzielle Absichten und Ziele<ref>[http://www.hamburg.de/contentblob/230842/data/vsb2006.pdf Verfassungsschutzbericht Hamburg 2006] (PDF; 7,8&nbsp;MB), S. 192.</ref> sowie z.&nbsp;T. „ideologisch bedingte [[Wahnvorstellung]]en“<ref>Zit. n. Amtsgericht Duisburg, NJW 2006, S. 3577; Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen, [http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duisburg/ag_duisburg/j2006/46_K_361_04beschluss20060126.html Az. 46 K 361/04].</ref>.
Als Reichsbürgerbewegung werden bis zu 93 Gruppen<ref name="3sat140331">Clemens Riha:[http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/175936/index.html ''Die Reichsbürger – Eine Bewegung gegen den deutschen Staat''], [[3sat]] „[[Kulturzeit]]“ vom 31. März 2014</ref> bezeichnet, die behaupten, das [[Deutsches Reich|Deutsche Reich]] bestehe in der [[Weimarer Verfassung#Fortgeltung der Verfassung nach 1933|Fortgeltung der Verfassung nach 1933]].<ref name="npd-gg" /> und den [[Deutsches Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937|Grenzen von 1937]] fort – aber, entgegen [[Ständige Rechtsprechung|ständiger Rechtsprechung]]<ref name="FGHH3K6-11">Vgl. Finanzgericht Hamburg, Zwischenurteil vom 19. April 2011, [http://landesrecht.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&doc.id=STRE201175088 Az. 3 K 6/11].</ref> und [[Herrschende Lehre|herrschender Lehre]]<ref name="HFZ1">[[Hans F. Zacher]], ''Sozialer Einschluß und Ausschluß im Zeichen von Nationalisierung und Internationalisierung'', in: [[Hans Günter Hockerts]] (Hrsg.): ''Koordinaten deutscher Geschichte in der Epoche des Ost-West-Konflikts'', Oldenbourg, München 2004 (''Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien''; 55), ISBN 3-486-56768-3, S. 103–152, hier [http://books.google.de/books?id=cWSnmuAAJEMC&lpg=PA106&dq=%22denn%20nach%20der%20herrschenden%20Lehre%22&hl=de&pg=PA106#v=onepage&q=%22denn%20nach%20der%20herrschenden%20Lehre%22&f=false S. 106].</ref><ref name="AZ1">Vgl. [[Andreas Zimmermann (Rechtswissenschaftler)|Andreas Zimmermann]], ''Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge. Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation'', Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2000, ISBN 3-540-66140-9, S. 71&nbsp;f., [http://books.google.de/books?id=oPkRR6sykxwC&lpg=PA83&dq=%22im%20v%C3%B6lkerrechtlichen%20Verkehr%20mit%20Drittstaaten%20bis%201990%20zumindest%20weitgehend%20und%20danach%20vollst%C3%A4ndig%20durchsetzen%22&pg=PA83#v=onepage&q=%22im%20v%C3%B6lkerrechtlichen%20Verkehr%20mit%20Drittstaaten%20bis%201990%20zumindest%20weitgehend%20und%20danach%20vollst%C3%A4ndig%20durchsetzen%22&f=false 82&nbsp;f.], 87&nbsp;f., 92 mit weiteren Nachweisen; [[Klaus Stern (Rechtswissenschaftler)|Klaus Stern]], ''Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland'', Band V, C.H. Beck, München 2000, [http://www.krr-faq.net/ster1964.htm S. 1964&nbsp;f.]; [[Kay Hailbronner]], in: [[Wolfgang Graf Vitzthum|Graf Vitzthum]] (Hrsg.), ''Völkerrecht'', 4. Aufl. 2007, 3. Abschn., [http://books.google.de/books?id=umn7Df1E-KUC&pg=PA225 Rn 200–203]; [[Dieter Blumenwitz]], [[Neue Juristische Wochenschrift|NJW]] 1990, S. 3041&nbsp;ff. mit weiteren Nachweisen; [[Jochen Abraham Frowein|Jochen Abr. Frowein]], ''Die Verfassungslage Deutschlands im Rahmen des Völkerrechts'', in: [[Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer|VVDStRL]], Heft 49, 1990, S. 7–33.</ref>, nicht in Form der [[Bundesrepublik Deutschland]]. Dazu schufen sie sich eine [[#Kommissarische Reichsregierung|Kommissarische Reichsregierung]] (KRR) oder „Exilregierung des Deutschen Reiches“. Verschiedene Gruppen behaupten für diese Vertretung legitimiert zu sein.[4] Dahinter stecken in Teilen [[rechtsextrem]]e, finanzielle Absichten und Ziele<ref>[http://www.hamburg.de/contentblob/230842/data/vsb2006.pdf Verfassungsschutzbericht Hamburg 2006] (PDF; 7,8&nbsp;MB), S. 192.</ref>, „ideologisch bedingte [[Wahnvorstellung]]en“<ref name="Verfassungsschutz Brandenburg" /><ref>Zit. n. Amtsgericht Duisburg, NJW 2006, S. 3577; Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen, [http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duisburg/ag_duisburg/j2006/46_K_361_04beschluss20060126.html Az. 46 K 361/04].</ref> und Anhänger von [[Verschwörungstheorie]]n.<ref name="FGHH3K6-11" /><ref name="HFZ1" /><ref name="AZ1" />


Im Rahmen jener Verschwörungstheorien wird unter anderem ausgeführt, dass das Deutsche Reich völkerrechtlich bis heute fortbestehe, da die [[Weimarer Reichsverfassung]] weder von den [[Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] noch von den alliierten [[Siegermacht|Siegermächten]] des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] jemals abgeschafft wurde (siehe [[Weimarer Verfassung#Fortgeltung der Verfassung nach 1933|Fortgeltung der Verfassung nach 1933]]). Hingegen sei die Bundesrepublik nicht mit diesem identisch, sondern völker- und [[verfassungsrecht]]lich illegal und [[de jure]] nicht existent. Allein das Deutsche Reich bestehe in rechtsgültiger Weise fort und habe eine Regierung in Gestalt einer „kommissarischen Reichsregierung“, die im Augenblick zwar noch keine faktische [[Staatsgewalt]] habe, jedoch rechtsgültig die Regierungs- und Amtsgeschäfte für Deutschland ausführe. Darüber hinaus wird die Behauptung aufgestellt, die Bundesrepublik Deutschland sei lediglich eine [[Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Deutschland)|GmbH]] (''„BRD GmbH“''), also ein Unternehmen, und ihre Bürger wären nur deren Personal. Das Deutsche Reich sei noch immer von Alliierten besetzt und befände sich im Kriegszustand, wobei auf die bis heute existierende [[UN-Feindstaatenklausel]] verwiesen wird. [[Gesetz]]e und [[Gericht]]e seien genauso unrechtmäßig wie die erhobenen [[Steuer]]n. Vertreter der Reichsbürgerbewegung fordern oft die Ablösung des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]], indem sie auf {{Art.|146|gg|juris|text=Artikel 146 GG}} verweisen. Diese Forderung wird auch von der [[Nationaldemokratische Partei Deutschlands|NPD]] erhoben, die im Grundgesetz ein „Diktat der westlichen Siegermächte“ erkennen will.<ref name="npd-gg">[http://npd.de/html/3481/artikel/detail/2107/ ''Wie steht die NPD zum Grundgesetz?''], Webseite der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Abgerufen am 23. Oktober 2014.</ref>
Im Rahmen jener Verschwörungstheorien wird unter anderem ausgeführt, dass das Deutsche Reich völkerrechtlich bis heute fortbestehe, noch immer von Alliierten besetzt und im Kriegszustand befände, wobei auf die existierende [[UN-Feindstaatenklausel]] verwiesen wird. Die „kommissarischen Reichsregierung“, habe im Augenblick keine faktische [[Staatsgewalt]], führe jedoch rechtsgültig die Regierungs- und Amtsgeschäfte für Deutschland aus. Die [[Weimarer Reichsverfassung]] sei weder von den [[Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] noch von den alliierten [[Siegermacht|Siegermächten]] des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] jemals abgeschafft worden. Die [[Bundesrepublik Deutschland]] sei völker- und verfassungsrechtlich illegal, [[de jure]] nicht existent und lediglich eine [[Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Deutschland)|GmbH]] („BRD GmbH“), ihre Bürger nur [[Personal]]. [[Gesetz]]e und [[Gericht]]e seien genauso unrechtmäßig wie die erhobenen [[Steuer]]n. Das [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] sei nach {{Art.|146|gg|juris|text=Artikel 146 GG}} abzulösen. Diese Forderung wird auch von der [[Nationaldemokratische Partei Deutschlands|NPD]] erhoben, die im Grundgesetz ein „Diktat der westlichen Siegermächte“ erkennen will.<ref name="npd-gg">[http://npd.de/html/3481/artikel/detail/2107/ ''Wie steht die NPD zum Grundgesetz?''], Webseite der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Abgerufen am 23. Oktober 2014.</ref>


Diese erwiesen unwahren [[Tatsachenbehauptung]]en gründen auf der bereits im [[Geschichte Deutschlands#Besatzungszeit (ab 1945)|Vorfeld der Gründung der beiden deutschen Staaten]] erörterten Frage nach der Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches. Spätestens mit dem [[Beitrittsgebiet|Beitritt der DDR]] zur Bundesrepublik Deutschland und der [[Zwei-plus-Vier-Vertrag|(Wieder-)Erlangung der vollen Souveränität]] ist entweder das Deutsche Reich mangels effektiver Staatsgewalt endgültig untergegangen und auf seinem [[Staatsgebiet]] ein neuer Staat, das vereinte Deutschland, entstanden, oder aber die heutige Bundesrepublik ist seither völkerrechtlich vollidentisch mit dem Deutschen Reich.
Diese erwiesen unwahren [[Tatsachenbehauptung]]en gründen auf der bereits im [[Geschichte Deutschlands#Besatzungszeit (ab 1945)|Vorfeld der Gründung der beiden deutschen Staaten]] erörterten Frage nach der Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches. Spätestens mit dem [[Beitrittsgebiet|Beitritt der DDR]] zur Bundesrepublik Deutschland und der [[Zwei-plus-Vier-Vertrag|(Wieder-)Erlangung der vollen Souveränität]] ist entweder das Deutsche Reich mangels effektiver Staatsgewalt endgültig untergegangen und auf seinem [[Staatsgebiet]] ein neuer Staat, das vereinte Deutschland, entstanden, oder aber die heutige Bundesrepublik ist seither völkerrechtlich vollidentisch mit dem Deutschen Reich.

Version vom 4. November 2014, 16:50 Uhr

Mahnwache von „Reichsbürgern“ auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude in Berlin, die sich auf Artikel 146 des Grundgesetzes berufen.

Als Reichsbürgerbewegung werden bis zu 93 Gruppen[1] bezeichnet, die behaupten, das Deutsche Reich bestehe in der Fortgeltung der Verfassung nach 1933.[2] und den Grenzen von 1937 fort – aber, entgegen ständiger Rechtsprechung[3] und herrschender Lehre[4][5], nicht in Form der Bundesrepublik Deutschland. Dazu schufen sie sich eine „Kommissarische Reichsregierung“ (KRR) oder „Exilregierung des Deutschen Reiches“. Verschiedene Gruppen behaupten für diese Vertretung legitimiert zu sein.[4] Dahinter stecken in Teilen rechtsextreme, finanzielle Absichten und Ziele[6], „ideologisch bedingte Wahnvorstellungen[7][8] und Anhänger von Verschwörungstheorien.[3][4][5]

Im Rahmen jener Verschwörungstheorien wird unter anderem ausgeführt, dass das Deutsche Reich völkerrechtlich bis heute fortbestehe, noch immer von Alliierten besetzt und im Kriegszustand befände, wobei auf die existierende UN-Feindstaatenklausel verwiesen wird. Die „kommissarischen Reichsregierung“, habe im Augenblick keine faktische Staatsgewalt, führe jedoch rechtsgültig die Regierungs- und Amtsgeschäfte für Deutschland aus. Die Weimarer Reichsverfassung sei weder von den Nationalsozialisten noch von den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs jemals abgeschafft worden. Die Bundesrepublik Deutschland sei völker- und verfassungsrechtlich illegal, de jure nicht existent und lediglich eine GmbH („BRD GmbH“), ihre Bürger nur Personal. Gesetze und Gerichte seien genauso unrechtmäßig wie die erhobenen Steuern. Das Grundgesetz sei nach Artikel 146 GG abzulösen. Diese Forderung wird auch von der NPD erhoben, die im Grundgesetz ein „Diktat der westlichen Siegermächte“ erkennen will.[2]

Diese erwiesen unwahren Tatsachenbehauptungen gründen auf der bereits im Vorfeld der Gründung der beiden deutschen Staaten erörterten Frage nach der Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches. Spätestens mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland und der (Wieder-)Erlangung der vollen Souveränität ist entweder das Deutsche Reich mangels effektiver Staatsgewalt endgültig untergegangen und auf seinem Staatsgebiet ein neuer Staat, das vereinte Deutschland, entstanden, oder aber die heutige Bundesrepublik ist seither völkerrechtlich vollidentisch mit dem Deutschen Reich.

Kommissarische Reichsregierung

Ursprünglich gab es nur die Kommissarische Regierung des Deutschen Reiches von 1985. Gründer war Wolfgang Ebel (* 5. Januar 1939 in Berlin), ein West-Berliner, der bis zum „Reichsbahnerstreik“ 1980 bei der Reichsbahn als Fahrdienstleiter in Berlin-Halensee gearbeitet hatte. Diese Gründung erfolgte nach Ebels Eigenangaben im Auftrag des Alliierten Oberkommandos; Ebel bezeichnet sich selbst als „Reichskanzler des Staates Deutsches Reich“. Im Laufe der Zeit zerstritten sich einzelne Mitglieder mit den Repräsentanten ihrer sogenannten Regierung und gründeten eigene KRRen. Die Zahl dieser „Reichsregierungen“ lässt sich nicht mehr näher feststellen, da nicht alle Gruppen, die als solche zu fungieren vorgeben, sich auch so bezeichnen. So gibt es eine Exilregierung Deutsches Reich, eine Amtierende Reichsregierung des Deutschen Reiches, einen Rat der Nationalversammlung, ein Präsidium des Deutschen Reichs, einen Zentralrat Deutscher Staatsbürger,[9] eine Deutsches Reich AG im US-Bundesstaat Nevada und diverse Einzelkämpfer wie „Selbstverwalter“ (sog. „Selbstverwaltungen“). Diese Gruppierungen sind von den früheren geschäftsführenden Reichsregierungen, die vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bestanden, zu unterscheiden.

Eine Zeit lang gab es gar einen „Kommissarischen Reichstagspräsidenten“, diverse „Reichsminister“, einen „Reichstag“, „Landesregierungen“ und einige „Behörden“. Es existieren sogar „Reichsgerichte“, die (selbstverständlich folgenlose) Urteile aussprechen.

Die derzeit aktivste Gruppierung unter den diversen „Reichsregierungen“ dürfte die Exilregierung Deutsches Reich sein, die im Vergleich zu den anderen Gruppierungen am deutlichsten mit rechtsextremem Gedankengut kokettiert. Dies umfasst die Ablehnung der Rolle der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg (demzufolge leitet man die eigene Legitimierung nicht mehr vom Alliierten Oberkommando ab, weil das ehemalige Besatzungsrecht nicht über das Prinzip der Volkssouveränität gesetzt werden dürfe), die Ablehnung der in der Verfassung der Weimarer Republik verankerten schwarz-rot-goldenen Flagge und anderer zeitgenössischer Staatssymbole, die zumindest zeitweilige Forderung nach Wiedererrichtung der deutschen Grenzen von 1914 und Nichtanerkennung des Versailler Vertrages. „Eingesetzt“ wurde diese „Exil-Regierung“ durch eine „Gründungsversammlung“ von 20 Personen im Jahr 2004 in Hannover:

„Nach der Begrüßung durch Herrn Norbert Schittke stellte dieser fest, dass nur ein verschwindend geringer Teil des gesamtdeutschen Reichsvolkes erschienen sei, worauf er die Versammlung schloss und sie kurz darauf erneut eröffnete, womit die Versammlung beschlussfähig war.“[9]

Die selbsternannte Exilregierung wird von den Verfassungsschutzämtern der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt beobachtet.

Argumentation

Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches

Eine der wichtigsten Argumentationsgrundlagen dieser Gruppierungen ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1973 (BVerfGE 36, 1 ff.) – wohlgemerkt lange vor der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für Gesamtdeutschland im Hinblick auf die „normative Kraft des Faktischen“ (Jellinek) –, in der es in erster Linie um die Frage der Rechtmäßigkeit des so genannten Grundlagenvertrags zwischen der Bundesrepublik (Westdeutschland) und der DDR ging. Im Rahmen dieser Entscheidung stellte das Gericht auch dar, welche völkerrechtlichen Probleme sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch die Teilung Deutschlands hinsichtlich des deutschen Staates (als Ganzes) aufgetan hatten. Die für die „Reichsregierungen“ wichtigsten Sätze des Urteils lauten dabei:

„Das Grundgesetz – nicht nur eine These der Völkerrechtslehre und der Staatsrechtslehre! – geht davon aus, dass das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen ist; das ergibt sich aus der Präambel, aus Art. 16, Art. 23, Art. 116 und Art. 146 GG. Das entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, an der der Senat festhält. Das Deutsche Reich existiert fort (BVerfGE 2, 266 [277]; 3, 288 [319 f.]; 5, 85 [126]; 6, 309 [336, 363]), besitzt nach wie vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation, insbesondere mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig. […] Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert (vgl. Carlo Schmid in der 6. Sitzung des Parlamentarischen Rates – StenBer. S. 70). Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht ‚Rechtsnachfolger‘ des Deutschen Reiches […].“

Die diversen „Reichsregierungen“ sehen sich nun als die laut Bundesverfassungsgericht fehlenden Organe an und behaupten, durch ihre Existenz das Deutsche Reich auf der Grundlage der ihrer Meinung nach noch gültigen Weimarer Verfassung wieder handlungsfähig gemacht zu haben. Zudem stützen sie sich auf die Aussage, die Bundesrepublik sei nicht Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Daher, so die „Reichsregierungen“, habe sie auch keinerlei Befugnisse, für das Deutsche Reich zu handeln. Bemerkenswert ist, dass der letzte Satz der oben zitierten Passage allerdings noch etwas weitergeht und daher vollständig lautet:

„Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht ‚Rechtsnachfolger‘ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat ‚Deutsches Reich‘, – in Bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings ‚teilidentisch‘, so dass insoweit die Identität keine Ausschließlichkeit beansprucht.“[10]

(Vgl. hierzu eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 2 BvR 373/83 = BVerfGE 77, 137 ff.).[11])

Geltungsbereich des Grundgesetzes

Eine weitere Argumentationslinie der „Reichsbewegungen“ ergibt sich aus der Aufhebung des Artikel 23 des Grundgesetzes von 1949 im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung. Der Artikel regelte den Geltungsbereich des Grundgesetzes vor dem Hintergrund der deutschen Teilung und ermöglichte den Beitritt anderer Teile Deutschlands zu diesem Wirkungsbereich. Der Artikel wurde nach Beschluss vom 12. September 1990 (erklärt im Zwei-plus-Vier-Vertrag) für obsolet befunden, da mit dem Beitritt der DDR die Einigung Deutschlands in seinen endgültigen Grenzen vollzogen werde. Mit Wirksamkeit des Beitritts am 3. Oktober 1990 wurde der Art. 23 GG in seiner alten Fassung aufgehoben. Die Reichsbewegungen leiten daraus ein generelles Erlöschen des Grundgesetzes ab, da es nun über keinen definierten Geltungsbereich mehr verfüge. Ohne geltendes Grundgesetz sei jedoch auch Deutschland nicht mehr als souveräner Staat zu betrachten. Diese Argumentation übersieht, dass im Einigungsvertrag (Art. 3) klar der Geltungsbereich des Grundgesetzes definiert ist:

Mit dem Wirksamwerden des Beitritts tritt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland […] in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem es bisher nicht galt […] in Kraft“.

Gleichzeitig wurde in Artikel 4 Nr. 1 des Vertrags die neue Präambel des Grundgesetzes und insbesondere dessen Geltung für Gesamtdeutschland festgelegt:

Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.

Auch die Präambel stellt einen rechtlich wirksamen Gesetzesbestandteil dar, durch die Aufhebung des Art. 23 GG durch den Einigungsvertrag (Art. 4 Nr. 2) ergab sich also nie die Situation eines unklaren oder nicht bestehenden Wirkungsbereichs des Grundgesetzes.[12] Davon abgesehen ist bereits die diesem Argument der Reichsanhänger zugrunde liegende Behauptung falsch, Gesetze ohne ausdrücklich genannten Geltungsbereich seien unwirksam:

„In der Regel gelten Gesetze und Rechts-VOn [d. h. Rechtsverordnungen] für das ganze Gebiet der Körperschaft, deren Gesetzgeber oder Verordnungsgeber sie erlassen haben. Wird von dieser Regel eine Ausnahme gemacht, so muß das Gebiet, für das eine Sondervorschrift gesetzt wird, im Gesetz bezeichnet werden.“[13]

Schließlich ist nach gängiger Staatstheorie eine Verfassung oder ein Grundgesetz auch kein entscheidendes Kriterium für eine eventuelle Staatlichkeit.[14]

Aktivitäten

Eine Haupttätigkeit der KRRen besteht darin, gestützt auf abstruse Theorien und eine abwegige juristische Argumentation allerlei „offizielle“ Papiere gegen Entgelt auszugeben, wie etwa „Reichsführerscheine“, „Reichsbaugenehmigungen“ oder „Reichsgewerbescheine“, vor allem aber „Reichspersonal-“ oder „-Personenausweise“ (zum Teil auch als „Reichspässe“ bezeichnet).[15] Dabei handelt es sich zwar um einen reinen Fantasiepass; sodass eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nicht in Betracht kommt, solange die von den „Reichsregierungen“ herausgegebenen Papiere „in keiner Weise den Anschein amtlicher Dokumente erwecken“.[16] Das heißt aber nicht, dass bei Gebrauch je nach Situation eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nicht möglich ist.[17][18] Gegebenenfalls kann, je nach Ausgestaltung des „Reichsausweises“, eine Ordnungswidrigkeit nach § 124 OWiG (unbefugte Benutzung des Bundesadlers) vorliegen.

Es wird versucht, die Kraftfahrzeugsteuer zu hinterziehen oder die Rechtskraft von Bußgeldbescheiden zu bestreiten mit der Begründung, die Bundesrepublik sei nicht berechtigt, eine Steuer zu erheben oder Sanktionen nach Straf- und Bußgeldverfahrensrecht vorzunehmen. Eine Vorladung vor Gericht wird missachtet, z. B. mit der jeglicher gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grundlage entbehrenden Äußerung, das Grundgesetz sei vom US-Außenminister James Baker (durch eigenmächtige Streichung des Art. 23 GG a.F.) außer Kraft gesetzt worden und jeder Deutsche sei nur noch Bürger des Deutschen Reiches und nicht der Bundesrepublik Deutschland. In dem konkreten Fall hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Fahrerlaubnis entzogen.[19]

Neben der Einnahmequelle des Ausstellens von Fantasiepapieren gegen Entgelt finanzieren sich die selbsternannten „Reichsregierungen“ mittels Erhebung von Beiträgen gegenüber Mitgliedern und Sympathisanten, die als „Reichssteuern“ bezeichnet werden.[20]

Die Anhänger, die gemeinhin auch als „Reichsideologen“ bezeichnet werden, befinden sich vorwiegend im Umfeld der Verschwörungstheorien und teilweise der rechtsextremen Szene. Neben diesen gibt es, insbesondere bei der Namensgebung „Reichsbürger“, eine Vielzahl weiterer Klientel: selbsternannte Justizopfer, Querulanten oder anderweitig Verhaltensauffällige können sich dahinter verbergen.[7] Beispielsweise ist die selbsternannte Außenministerin der ursprünglichen KRR-Gruppierung Ingrid Schlotterbeck Verlegerin der sich mit parawissenschaftlichen Themen beschäftigenden, rechtslastigen Zeitschrift Magazin 2000plus. Die Ur-„Reichsregierung“ wurde nach Informationen u. a. der Thüringischen Landeszeitung vom 11. Februar 2004 vom Berliner Landesamt für Verfassungsschutz dem rechtsradikalen Milieu zugerechnet, eine Einschätzung, die der niedersächsische und thüringische Verfassungsschutz auch bezüglich einer anderen Gruppierung, der „Exilregierung“, teilen. Doch gibt es auch Verfassungsschutzämter – so zunächst in Berlin –, denen die KRRen allerhöchstens suspekt und nicht beobachtungswürdig erscheinen: Im Tübinger Tagblatt vom 21. Februar 2002 war zu lesen, dass der Berliner Verfassungsschutz „sie nicht für rechtsextremistisch, sondern für »harmlos, weil beknackt«“ halte. Der tatsächliche Einfluss der Gruppierungen im rechtsextremen Milieu wird im Verfassungsschutzbericht 2005 des Verfassungsschutzes Niedersachsen als gering eingestuft.

„Ein Teil der so genannten Reichsbürger ist einfach nur ein bisschen spinnert, ein anderer Teil ist klar rechtsextrem.“ – Winfriede Schreiber, Leiterin des brandenburgischen Verfassungsschutzes und ehem. Polizeipräsidentin von Frankfurt (Oder).[21]

Die „realitätsfernen Verlautbarungen der ‚Exilregierung‘“, so urteilt das thüringische Landesamt für Verfassungsschutz, „dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier mit pseudojuristischer Akribie versucht wird, einen gesellschaftlichen Resonanzboden für rechtsextremistisches Gedankengut zu schaffen und teilweise personelle Überschneidungen zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen bestehen“.[22]

Der Reichsbürgerbewegung zugerechnet wird auch das sogenannte Deutsche-Polizei-Hilfswerk (DPHW). Die sächsische Polizei ermittelt derzeit gegen Personen, die teilweise in Fantasieuniformen auftreten, teilweise in Uniformen, die der Polizei des Deutschen Reichs entlehnt sind. Der Vorwurf lautet auf Bildung einer kriminellen Vereinigung.[23]

Interim Partei Deutschland DAS REICHT! (IPD)

Datei:Interim Partei Deutschland Logo.jpg
Logo der Interim Partei Deutschland

2006 wurde von „Reichsideologen“ die Partei Interim Partei Deutschland DAS REICHT! (IPD), auch „Interimpartei Deutschland“, ins Leben gerufen. Die IPD ist eine bundesweit agierende Partei mit Landesverbänden in Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.[24] Sie wird vom Verfassungsschutz Schleswig-Holstein als rechtsextrem eingeschätzt.[25][26] Gründer und Vorsitzender bis Anfang 2010 war der im gleichen Jahr verstorbene Holocaustleugner Edgar Romano Ludovici, der sich mitunter als „Graf von Roit zu Hoya“, Rechtsanwalt, Arzt oder auch als „Erster Bürgermeister des Reichslandes Freistaat Freie und Hansestadt Hamburg“ ausgab.[27][28][25] Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2009 erreichte die Partei 858 der 1.581.348 abgegebenen gültigen Stimmen.[29]

Während der Weihnachtsfeiertage des Jahres 2008 wurde bekannt, dass der parteilose Bürgermeister der mecklenburgischen Kleinstadt Warin, Hans-Peter Gossel, von mutmaßlichen Rechtsextremisten bedroht werde und darum unter Polizeischutz gestellt worden sei. Hintergrund sei die Absicht der Stadt, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen und damit den Erwerb eines Grundstücks durch die IPD zu verhindern.[30]

Germanitien

2007 gründeten einige Personen in der Ortschaft Westerheim den Pseudostaat „Germanitien“. Sie sehen sich als Bürger eines vorgeblich souveränen Staates und stellen Hoheitspapiere aus. Die Bundesrepublik erkennt Germanitien hingegen nicht an.[31]

Mit einem Diplomatenpass von „Germanitien“ wurde ein Betrüger enttarnt, der mit der Nürnberger Firma GfE Anleger um hohe Geldbeträge brachte. Das Unternehmen hatte angeblich einen Rapsölmotor für Blockheizkraftwerke erfunden. Betrogene Kunden zeigten das Unternehmen schließlich an.[32] 2014 wurde der „Diplomat“ zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.[33]

Fürstentum Germania

Im Februar 2009 gründeten Michael Freiherr von Pallandt, Jessie Marsson, Jo Conrad und weitere Personen in einem als „Schloss“ bezeichneten ehemaligen Gutshaus im brandenburgischen Krampfer, Gemeinde Plattenburg, das sogenannte Fürstentum Germania als „basisdemokratischen Kirchenstaat“. Dieser Initiative schlossen sich auch Vertreter des Reichsbürger-Konzepts an, und ihre Vorstellungen flossen in die „Verfassung“ des fiktiven Staates ein. Das Projekt fand jedoch schon nach drei Monaten ein Ende, indem das Gebäude wegen schwerer baurechtlicher Verstöße von der Polizei geräumt und versiegelt wurde.[34][35][36]

Königreich Deutschland

Im September 2012 gründete der Esoteriker und gelernte Koch Peter Fitzek auf einem alten Krankenhausgelände in der Lutherstadt Wittenberg das Königreich Deutschland und ließ sich zum „Imperator Fiduziar“ krönen. Ebenso wie die Kommissarischen Reichsregierungen bezeichnet er die Bundesrepublik als Besatzungskonstrukt, nimmt jedoch nicht die Identität bzw. Rechtsnachfolge eines Deutschen Reiches in Anspruch, sondern will einen neuen Staat gegründet haben.[37] In der Folge verhängte u. a. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Zwangsgelder gegen Fitzek wegen unerlaubten Einlagengeschäfts in seiner „Königlichen Reichsbank“.[38] Außerdem wurde er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu drei Monaten Haft verurteilt.[39]

Siehe auch

Literatur

Rundfunkberichte

Einzelnachweise

  1. Clemens Riha:Die Reichsbürger – Eine Bewegung gegen den deutschen Staat, 3satKulturzeit“ vom 31. März 2014
  2. a b Wie steht die NPD zum Grundgesetz?, Webseite der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Abgerufen am 23. Oktober 2014.
  3. a b Vgl. Finanzgericht Hamburg, Zwischenurteil vom 19. April 2011, Az. 3 K 6/11.
  4. a b Hans F. Zacher, Sozialer Einschluß und Ausschluß im Zeichen von Nationalisierung und Internationalisierung, in: Hans Günter Hockerts (Hrsg.): Koordinaten deutscher Geschichte in der Epoche des Ost-West-Konflikts, Oldenbourg, München 2004 (Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien; 55), ISBN 3-486-56768-3, S. 103–152, hier S. 106.
  5. a b Vgl. Andreas Zimmermann, Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge. Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation, Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2000, ISBN 3-540-66140-9, S. 71 f., 82 f., 87 f., 92 mit weiteren Nachweisen; Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band V, C.H. Beck, München 2000, S. 1964 f.; Kay Hailbronner, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 4. Aufl. 2007, 3. Abschn., Rn 200–203; Dieter Blumenwitz, NJW 1990, S. 3041 ff. mit weiteren Nachweisen; Jochen Abr. Frowein, Die Verfassungslage Deutschlands im Rahmen des Völkerrechts, in: VVDStRL, Heft 49, 1990, S. 7–33.
  6. Verfassungsschutzbericht Hamburg 2006 (PDF; 7,8 MB), S. 192.
  7. a b Vgl. Informationsseite Rechtsextremisten, „Reichsbürger“ und „Reichsregierungen“ – Wie Extremisten versuchen, aus der Erde eine Scheibe zu machen des Verfassungsschutzes Brandenburg, 12. April 2012.
  8. Zit. n. Amtsgericht Duisburg, NJW 2006, S. 3577; Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen, Az. 46 K 361/04.
  9. a b Krude Theorien: Wie „Reichsbürger“ versuchen, aus der Erde eine Scheibe zu machen, Pressemitteilung Nr. 033/2012 des Ministeriums des Innern Brandenburg vom 13. April 2012.
  10. BVerfGE 36, 1 – Grundlagenvertrag – Absatz-Nr. 78–79.
  11. Sogenannter Teso-Beschluss von 1987
  12. Peter Schwacke, Guido Schmidt: Staatsrecht, W. Kohlhammer Verlag, 2007, S. 78 ff.
  13. Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1964, S. 147–150, hier S. 150.
  14. Jörn Ipsen: Deutsche Verfassungen 1849–1949. Hüthig Jehle Rehm, 2012, S. XIV.
  15. Geschichts-Schwindel – Dubiose Geschäfte mit dem Deutschen Reich, SternTV vom 28. Februar 2007.
  16. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. April 2006, 4 Ws 98/06.
  17. Siehe OLG Celle, NStZ-RR 2008, S. 76 beim Versuch einer Kontoeröffnung mit einem „Reichspersonalausweis“.
  18. Mit Fantasiepass des „Deutschen Reiches“ nach Beirut?, Pressemitteilung der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt/Main. (Seite nicht mehr auffindbar)
  19. VG Braunschweig, Beschluss vom 23. Februar 2007, Az. 6 B 413/06, bestätigt durch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16. April 2007, Az. 12 ME 154/07.
  20. Regierungen für das „Deutsche Reich“, Informationen des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen über die ‘Reichsregierungen’, abgerufen am 13. April 2014.
  21. Extremismus: Sprüche, Kloppe, aber keine Heimat – Potsdam-Mittelmarks Neonazis konnten laut Experten bislang keine festen Strukturen bilden, MAZ vom 22. November 2011.
  22. Verfassungsschutzbericht 2010, Freistaat Thüringen (PDF; 495 kB), S. 53 f., hier S. 55.
  23. Ermittlungen gegen Deutsches-Polizei-Hilfswerk, Leipziger Volkszeitung vom 25. Juli 2013, abgerufen am 9. März 2014.
  24. Bundeswahlleiter über die IPD, Stand 19. Januar 2009, abgerufen am 7. Oktober 2009.
  25. a b Register der „KRR“-FAQ
  26. Wie Rechtsextremisten mit E-Mails in Ahrensburg für Unruhe sorgen, Hamburger Abendblatt vom 23. März 2007.
  27. Rechtsextreme am Waldrand – Großhansdorf: Partei leugnet Legitimität der Bundesrepublik, Hamburger Abendblatt vom 5. Februar 2007.
  28. Das ist die Interim Partei Deutschland, Hamburger Abendblatt vom 29. Dezember 2008.
  29. Informationen zur IPD allgemein, Bericht über Zulassung der IPD zur Landtagswahl inkl. Ergebnis
  30. Gewalt von Rechts: Morddrohungen gegen Bürgermeister, Süddeutsche.de, 28. Dezember 2008.
  31. Bundesrepublik erkennt Germanitien nicht an, schwäbische.de, 13. Mai 2011; Diplomat aus „Germanitien“ ein Millionenbetrüger, merkur-online.de, 1. August 2012; Germanitien wird vorerst nicht geräumt, Südwest Presse vom 31. August 2011; „Germanitien“ ist ein teures Pflaster, Augsburger Allgemeine vom 19. Dezember 2012.
  32. GfE-Prozess: 16 Zeugen und ein Diplomat aus „Germanitien“, Nürnberger Zeitung vom 20. August 2012.
  33. Hohe Haftstrafen für Betrug mit Blockheizkraftwerken, Süddeutsche Zeitung vom 27. Februar 2014.
  34. Mario Feist: Das „Fürstentum Germania“ – „Nicht rechts, nicht links, sondern vorne“?, in: Dirk Wilking, Michael Kohlstruck (Hg.): Einblicke III. Ein Werkstattbuch (PDF; 3,1 MB), 2010, S. 109–124; Gabriele Schlamann: Die Auseinandersetzung mit dem „Fürstentum Germania“ in der Gemeinde Plattenburg 2009, in: Dirk Wilking/Michael Kohlstruck, a.a.O., S. 125–139.
  35. Götterdämmerung in Germania: „Fürstentum“ vor der Zwangsräumung, Spiegel Online, Video vom 18. Mai 2009, abgerufen am 9. März 2014.
  36. Finstere Mächte, Mitteldeutsche Zeitung vom 15. April 2009, abgerufen am 27. September 2013.
  37. Der Koch und sein Königreich – Aufruhr in Neudeutschland, Spiegel TV vom 15. September 2013.
  38. Bescheid der BaFin vom 19. September 2013 (PDF; 127 kB).
  39. König von Deutschland muss in Haft, Hannoversche Allgemeine vom 17. Oktober 2013.