Pantanal

Lage
Pantanal

Das südamerikanische Pantanal (von pântano, portugiesisch für Sumpf) ist eines der größten Binnenland-Feuchtgebiete der Erde. Obwohl das artenreiche Feuchtbiotop unter Naturschutz gestellt ist und seit 2000 zum Welterbe durch die UNESCO erklärt wurde, ist es durch Industrialisierung und Rodung akut gefährdet.

Geographie

Lage

Das Pantanal befindet sich im mittleren Südwesten von Brasilien in den Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul sowie dem Mato-Grosso-Plateau – kleine Teile des Pantanals reichen noch in den Osten der sich jeweils westlich anschließenden Nachbarstaaten Paraguay und Bolivien.

Definition

Das Pantanal ist eine noch sehr wenig erschlossene und kaum bewohnte Flussniederung mit zahlreichen Süßwasserseen (im Süden auch isolierte Salzseen – Salinas genannt), das von zahlreichen Flüssen gespeist wird und vom Río Paraguay, dem das Gebiet speisenden und entwässernden Hauptfluss, durchflossen wird. Darin hat sich ein artenreiches Feuchtgebiet entwickelt.

Größe

Mit etwa 230.000 km² Fläche ist das Pantanal fast genauso groß wie die Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung. Es liegt durchschnittlich nur knapp 95 m über dem Meeresspiegel.

Orte

Das Pantanal ist von Süden her über die Städte Aquidauana, Miranda und Corumbá zu erreichen; von Norden her über Barão de Melgaço, Cáceres, Poconé und von Puerto Suárez.

Transpantaneira

Holzbrücke im Juni 2016

In Poconé beginnt auch die bekannte Transpantaneira, eine aufgeschüttete Straße, die 145 Kilometer in den Pantanal führt. Sie beinhaltet 127 größere und kleinere Holzbrücken, die oftmals in einem abenteuerlichen Zustand sind und regelmäßig geflickt werden müssen. 1973 wurde mit dem Bau einer Nord-Süd-Verbindung begonnen, die bis zur BR-262 reichen sollte. Allerdings wurde das Projekt nur im Bundesstaat Mato Grosso realisiert. Die durchgängige Erdstraße, die jedes Jahr repariert und an vielen Stellen neu befestigt werden muss, endet an der Grenze zum Bundesstaat Mato Grosso do Sul bei Porto Jofre.[1]

Überschwemmungsland

Der Río Paraguay hat auf seinem 600 Kilometer langen Weg durch die Tiefebene des Pantanal nur ein Gefälle von 30 Metern. Deshalb kann das Wasser, das aufgrund der Niederschläge im nördlichen Hochland über zahlreiche Flüsse in das Becken abfließt, das Gebiet nur sehr langsam wieder Richtung Süden verlassen. So werden einmal im Jahr, während der Regenzeit von November bis März, weite Teile der Tiefebene überschwemmt und zwei Drittel des Gebietes stehen teilweise metertief unter Wasser. So entsteht ein komplexes System aus Savannen, riesigen überschwemmten Wasserflächen, regenwaldartigen Flussgaleriewäldern und Trockenwäldern, ebenso wie ein Mosaik aus Flüssen, Seen und seichten Lagunen, deren Ausdehnung und Größe vom jährlichen Wechselzyklus von Regen- und Trockenzeit bestimmt werden. Während der Regenzeit zieht sich das Vieh – aber auch die wilden Tiere – in die Trockenwälder und auf die Uferdämme der Flüsse zurück, die jeweils durch Sedimentablagerungen entstanden und entstehen.

Flora und Fauna

Jaguar am Tres Irmãos, einem Nebenfluss des Cuiabá
Sumpfhirsch im Pantanal
Hyazintharas im Pantanal
Dourado im Pantanal

In diesem einzigartigen Lebensraum gibt es mit geschätzt 665 Vogelarten mehr als in ganz Europa; unter Ornithologen wird zudem vermutet, dass noch nicht alle entdeckt sind. Das Pantanal hat das größte Vorkommen von Hyazinth-Aras in Brasilien und es ist ein sehr wichtiges Rückzugsgebiet für den vom Aussterben bedrohten Riesenotter geworden. Unter den etwa 123 Säugetierarten befinden sich Raubtiere wie Jaguar, Puma und Ozelot und ihre Beutetiere wie Sumpfhirsche, Pekaris und Capybaras, die größten Nagetiere der Welt, die bis zu 70 Kilogramm schwer werden. Weiterhin gibt es mindestens 2000 Pflanzenarten, 269 Fischarten, unzählige Reptilien und Amphibien sowie eine Vielzahl von Insekten.[2] Der Vogel Jabiru, der Riesenstorch, ist das Symbol des Pantanals. Kaimane bevölkern mit 35 Millionen Exemplaren dieses Gebiet.

Wenn der Río Paraguay von Oktober bis März das Pantanal überflutet, sind große Teile des Sumpfgebiets von riesigen Victoria-Seerosen bedeckt.

Fischfauna

In den Flüssen, Lagunen und Überschwemmungsflächen des Pantanals lebt eine hohe Zahl an Fischarten, deren Lebenszyklus von den Regen- und Trockenzeiten bestimmt wird.[3][4][5][6][7] Zu den dominierenden Spezies gehören große Raubfische wie Dourados (Salminus maxillosus), Traíras, Tucunaré-Pfauenbarsche (Cichla temensis) und kleinere wie Pfauenaugenbarsche (Astronotus ocellatus). In den seichteren und sandigen Bereichen gibt es Süßwasserrochenarten wie z. B. Potamotrygon falkneri. Des Weiteren Schwarmfische wie die stark vertretenen Lambari-Rautensalmler (Astyanax bimaculatus), Piraputangas (Brycon microlepis und Brycon hilarii) und Pacús (Piaractus mesopotamicus). Eine wichtige Rolle zur Aasbeseitigung spielen Piranhas wie Natterers Sägesalmler (Pygocentrus nattereri), Schwarzband-Sägesalmler (Serrasalmus spilopleura) und Serrasalmus marginatus.[8] Außerdem trifft man dort Welsarten wie Zungarowelse (Jáu, Paulicea luetkeni),  Pintados (Pseudoplatystoma corruscans) und Bullauge-Schaufelwelse (Jurupoca Hemisorubim platyrhynchus) an.

Naturschutz

Ein Teil des Gebietes steht unter Naturschutz; der Nationalpark Otuquis in Bolivien im Dreiländereck Brasilien-Bolivien-Paraguay mit 9034 km², der Nationalpark Pantanal Matogrossense in Brasilien mit 1350 km² und der Nationalpark Río Negro in Paraguay mit 1238 km² sind die drei größten Schutzgebiete. Sie sind 2001, 1993 bzw. 1995 der Ramsar-Konvention beigetreten. Im Jahr 2000 ernannte die UNESCO den Nationalpark Pantanal Matogrossense und drei angrenzende private Schutzgebiete der brasilianischen Umweltschutzorganisation Ecotrópica (Gesamtfläche 1878 km²) zum Weltnaturerbe. Im gleichen Jahr wurde das gesamte Pantanal innerhalb Brasiliens zum Biosphärenreservat erklärt. Der Global Nature Fund und Ecotropica haben das Pantanal zum „Bedrohten See des Jahres 2007“ ernannt.

Bedrohung

Die Häute der Jacarés, einer Krokodilunterfamilie, bringen auf dem Schwarzmarkt viel Geld, das gilt auch für seltene Fische und Vögel sowie für Papageien und für die Felle von Raubkatzen, so dass Brasiliens Regierung zunehmend schwer bewaffnete Aufseher in das von Wilderern bedrohte Gebiet schickt.

Vor dem Jahr 2000 wurden große Gebiete irreparabel durch (immer noch) lukrativen Holzeinschlag vernichtet.

In neuerer Zeit ist das Pantanal durch Ethanolfabriken in seinem Einzugsbereich bedroht, deren ungeklärte Abwässer in das weit verzweigte Flusssystem des Feuchtgebietes gelangen. Gleichzeitig bedroht auch die Errichtung neuer Zuckerrohr- und Sojaplantagen in den Rückzugsgebieten der Hochland-Cerrados den Artenreichtum, verstärkt durch den Einsatz schwerer Landmaschinen die Erosion mit nachfolgender Veränderung der Wasserführung der Flüsse, und verschlechtert die Wasserqualität durch den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden.

Eine Studie der Umweltorganisation Conservation International do Brasil kommt zu dem Schluss, dass die natürliche Pflanzenwelt schon im Jahr 2050 komplett ausgelöscht sein könnte, wenn die Zerstörung im gleichen Tempo weitergeht wie bisher.

Verheerende Brände haben im Jahr 2020 zehn Prozent der Vegetation zerstört, was etwa der Fläche Israels entspricht. Die brasilianische Regierung hat deshalb im September im Bundesstaat Mato Grosso do Sul den Notstand ausgerufen.[9]

Tourismus

schwimmende Unterkunft 2016

Seit Jahrzehnten ist das Pantanal ein beliebtes Ziel von Naturliebhabern und Ökotouristen. So ist es möglich, das Pantanal durch die lokalen Fazendas kennenzulernen. Diese Farmen bieten teilweise Herberge an und sind im südlichen Teil des Pantanals meistens mit Flugzeugen oder einem Geländewagen erreichbar. Im nördlichen Teil erreicht man das Pantanal über die Transpantaneira Straße und im Süden führt die sogenannte Estrada Parque direkt am Buraco das Piranhas in das Herz des Pantanals.

Literatur

Sachbuch

Belletristik

Siehe auch

Film

Commons: Pantanal – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. PantanalPortal: Die Transpantaneira. Stand: 28. September 2008
  2. Leopoldo Brandão: Information Sheet for a New Ramsar Wetland in the Pantanal. Rio de Janeiro, Brasilien Juli 2001 (ramsar.org [PDF]).
  3. Hugmar Pains Silva, Carolina J. da Silva und A. C. Petry: Fish communities of the Pantanal wetland in Brazil: Evaluating the effects of the upper Paraguay river flood pulse on baía Caiçara fish fauna. Aquatic Ecology Nr. 44(1), S. 275–288, März 2010.
  4. Hugmar Pains Silva, Carolina J. da Silva und A. C. Petry: Fish communities of the Pantanal wetland in Brazil: Evaluating the effects of the upper Paraguay river flood pulse on baía Caiçara fish fauna. Aquatic Ecology Nr. 44 (1), S. 275-288, März 2010
  5. Cleber J. R. Alho und Luiz M. Vieira: Fish and wildlife resources in the pantanal wetlands of Brazil and potential disturbances from the release of environmental contaminants. Environmental Toxicology and Chemistry. Band 16. 1997
  6. Y. R. Suarez, M. Petrere Jr, A. C. Catella: Factors determining the structure of fish communities in Pantanal lagoons (MS, Brazil). In: Fisheries Management and Ecology. 8, 2001, S. 173, doi:10.1046/j.1365-2400.2001.00236.x.
  7. Lúcia. A. F. Mateus, Jerry M. F. Penha und Miguel Petrere: Fishing resources in the rio Cuiabá basin, Pantanal do Mato Grosso, Brazil. Neotrop. Ichthyol. Band 2. Nr. 4. Porto Alegre/Brasilien. 2004
  8. Fabiane Silva Ferreira, Wagner Vicentin, Fábio Edir dos Santos CostaI und Yzel Rondon Súarez: Trophic ecology of two piranha species, Pygocentrus nattereri and Serrasalmus marginatus (Characiformes, Characidae), in the floodplain of the Negro River, Pantanal. Acta Limnol. Bras. vol.26 no.4 Rio Claro Oct./Dec. 2014
  9. Brasilien ruft wegen Bränden im Pantanal den Notstand aus. In: DerStandard. 15. September 2020, abgerufen am 16. September 2020.

Koordinaten: 18° 0′ S, 56° 30′ W