Johann von Schraudolph

Johann Schraudolph, 1855

Johann von Schraudolph (* 13. Juni 1808 in Oberstdorf im Allgäu; † 31. Mai 1879 in München) war ein deutscher Kirchen-, Historienmaler und Radierer, im Kunststil der Nazarener.

Leben

Johann Schraudolph war der Sohn eines Tischlers und ging bei seinem Vater in die Lehre. Er studierte ab 1825 in München an der Kunstakademie, kam als Gehilfe Joseph Schlotthauers in die Glyptothek und erlernte dort die Technik der Fresko-Malerei. Schraudolph verwirklichte die Entwurfszeichnungen von Heinrich Heß, zu einem für den Regensburger Dom bestimmten Glasgemälde und unterstützte ihn bei der Ausführung der nazarenischen Fresken in der Allerheiligen-Hofkirche und der Bonifatius-Basilika in München, die beide im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Mit Joseph Anton Fischer schuf er Kartons zu den Glasmalereien in der Maria-Hilf-Kirche in der Au, deren Fenster ebenfalls dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer fielen.

Sein künstlerischer Durchbruch kam, als er vom bayerischen König Ludwig I. den Auftrag bekam, den Speyrer Dom zu bemalen. Die Freskenzyklen der Pfälzischen Kathedrale wurden zu seiner umfangreichsten Arbeit.

Der Maler war von großer persönlicher Frömmigkeit und wurde in den persönlichen Adelsstand erhoben. Sein Sohn Franz erhielt 1861 die Priesterweihe, amtierte als Kaplan in Lenggries, starb jedoch schon jung. Schraudolphs Tochter Anna heiratete 1867 Otto Reither aus Göcklingen in der Pfalz, den Neffen des späteren Speyerer Bischofs Konrad Reither. Letzterer war Schraudolph in den Jahren der Domausmalung ein enger Freund geworden und führte als schriftgewandter Kirchenmann auch stets die notwendige Korrespondenz des Malers mit dem König.

Wegen einem sich verschlimmernden Gichtleiden und wegen der merklichen Abwendung der jungen Künstlergeneration von seinem Malstil, legte Schraudolph 1878 seine Stelle als Lehrer an der Akademie der Bildenden Künste München nieder und zog sich ins Privatleben zurück. Als der Künstler 1879 auf dem alten südlichen Friedhof in München beerdigt wurde hatte er lediglich ein „bescheidenes Grabgeleite“ und „nur eine ganz kleine Schar ehemaliger Schüler sich eingefunden, um dem Heimgegangenen die übliche letzte Ehre zu erweisen.“ [1]

Seine Brüder Claudius Schraudolph (der Ältere) und Matthias Schraudolph sowie sein Sohn Claudius Schraudolph (der Jüngere) waren ebenfalls Kunstmaler.

Ausmalung des Speyrer Doms

Schraudolph-Gemälde im Speyrer Dom

Durch Kriege und die Revolutionsereignisse war der Speyerer Dom innen völlig ausgeplündert und weitgehend schmucklos. Das Bistum Speyer, 1817 als rein bayerische Diözese, in neuen Grenzen wiedererstanden, bedurfte endlich auch einer würdig ausgestalteten Bischofskirche. König Ludwig I. von Bayern schrieb am 21. März 1843 in sein Tagebuch, dass ihm der Gedanke gekommen sei, den Speyerer Dom ausmalen zu lassen. Hierbei ließ er sich von der Idee leiten, das Volk zum Sinn für das Schöne und Gute zu erziehen. Kunst solle »nicht Biskuit fürs Volk, sondern tägliches Brot« sein. Am 13. Juni 1843 besuchte der König den Speyrer Dom. In seinem Gefolge befanden sich Johann Baptist Schraudolph und dessen Lehrer Heinrich Maria von Hess. Nach Verlassen des Doms erklärte König Ludwig:

»Ich habe mich entschlossen, den Dom malen zu lassen. Im Jahre 1845 wird angefangen!«

Heinrich Hess bat wegen seines Alters, die Arbeit Schraudolph allein zu übertragen. so wurde mit Schraudolph am 2. Oktober 1844 ein Vertrag geschlossen, in dem auch das Bildprogramm umrissen wurde. Als der Hauptpatronin des Doms blieb der Gottesmutter Maria der bedeutendste Bildanteil vorbehalten. Die anderen Darstellungen bezogen sich hauptsächlich auf die Nebenpatrone der Kathedrale oder auf Ereignisse ihrer Geschichte.

Die Arbeiten begannen am 8. Juni 1846 und an diesem Tage schuf Schraudolph schon das komplette Haupt Gottvaters. Den letzten Pinselstrich führte der Künstler am 10. September 1853 aus, als er sein Votivfresko in der Vorhalle fertig stellte, auf dem er sich, rechts außen im Malerkittel zu Füßen der Madonna kniend, selbst dargestellt hat.

Johann Schraudolph hatte im Speyerer Dom 40 große Fresken entworfen und ausgeführt, sowie ca. 60 separate Einzelfiguren. Den Auftraggeber König Ludwig I. verewigte er als Saulus im Monumentalfresko der „Steinigung des Stephanus“. Ludwig I. und sein Sohn, König Maximilian II. waren begeistert von Schraudolphs monumentalem Werk. Maximilian – ein eher nüchterner Monarch – sagte, er habe die Bilder im Speyerer Dom zu jeder Tageszeit und bei allen Lichtverhältnissen betrachtet, er kenne keine schönere Kirche als diese. [2] Bischof Nikolaus von Weis war von den Bildern so begeistert, daß er über sie diverse Hirtenbriefe verfasste, um sie eingehend zu erklären. Die meisten Zeitgenossen waren von der gelungenen Schöpfung tief beeindruckt.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts fingen Kritiker an, die dezidiert religiöse Kunstrichtung der Nazarener herabzusetzen und zu bespötteln. Nach und nach entsprach die Speyerer Domausmalung nicht mehr dem Zeitgeschmack. Besonders in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg begann man sich mit dem Gedanken zu tragen, die Gemälde ganz oder teilweise abzunehmen um eine angebliche romanische Originalität der Kathedrale wieder herzustellen. Man ging dabei von der falschen und zeitbedingten Hypothese aus, die Romanik habe keine Farbenpracht gekannt, sondern sich mit hellem Putz und Naturstein begnügt. Dies ist inzwischen vollständig widerlegt.

Der Speyerer Dom war die einzige größere, komplett ausgemalte Kirche des Nazarenerstils, die den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs unbeschädigt überstanden hatte. Ungeachtet dieser Tatsache entfernte man 1957-1961 alle Schraudolph-Malereien, bis auf wenige kleinformatige Fresken (Marienzyklus) im Langhaus und dem Votivbild in der Vorhalle. Teilweise wurden die Monumentalgemälde auf Rollen abgezogen um Schraudolphs Malerei wenigstens in Belegstücken der Nachwelt zu erhalten. Der Großteil wurde mit Hämmern und Pickeln von Wänden und Gewölben geschlagen und ist unwiederbringlich verloren.

Zwischenzeitlich hat die Kunstforschung neue Ergebnisse gezeitigt und auch der Kunstgeschmack wandelte sich. Was man um 1960 als billigen Kitsch des 19. Jahrhunderts betrachtete, gilt heute wieder als herausragende Kunst. Neuerdings beginnt man die infolge der langen Einlagerung beschädigten Fresken zu restaurieren. Zwei von ihnen wurden im Speyerer Museum der Pfalz auf eine Wand aufgebracht und dauerhaft ausgestellt. Wegen ihrer Monumentalität und auch aus Kostengründen ist für die restlichen Fresken noch keine Verwendung gefunden; verschiedentlich wurde bereits der Vorschlag gemacht, sie wieder im Dom zu platzieren. Der renommierte Restaurator Vitus Wurmdobler betreut die Bilder, restauriert sie und sieht die Möglichkeit einer eventuellen Wiederaufbringung durchaus realistisch; er würde dies vom kunstgeschichtlichen Gesichtspunkt nachhaltig begrüssen . [3]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Max Fürst: „Johann von Schraudolph zum 100. Geburtstag“, in „Die Christliche Kunst“, Jahrgang 1907/1908, Seiten 290-294
  2. Nikolaus Lauer: „Der Dommaler“ in „Der Pilger“, Nr. 5, vom 30. Dezember 1945
  3. Zur Restaurierung der Schraudolph Gemälde durch Vitus Wurmdobler