Jahr null

Das Jahr Null gibt es im Christlichen Kalender und somit auch in unserer gegenwärtigen Zeitrechnung nicht. Dem 31. Dezember 1 v. Chr. folgt unmittelbar der 1. Januar 1, so wie auch das 1. Jahrhundert direkt an das 1. Jahrhundert v. Chr. anschliesst. Zwei verschiedene Jahre Null wurden bisher definiert und vorgeschlagen. Derzeit wird aber nur das „julianische Schaltjahr Null“ tatsächlich angewendet.

Über das Zahlensystem

Die römischen Zahlen haben kein Symbol für die Null, die sogenannten arabischen Ziffern hingegen schon. Letztere wurden gegen Ende des 5. Jahrhunderts in Indien entwickelt und somit etwa zeitgleich zu Dionysius Exiguus, der im Jahr 525 den Beginn der christlichen Ära für das Jahr 754 nach der Gründung Roms errechnete, dem vermeintlichen Jahr der Geburt Christi. Es dauerte aber etwa fünf Jahrhunderte (cf. Gerbert von Aurillac), bis man in Europa vom „Konzept der Ziffer Null“ überhaupt Kenntnis nahm – und erst in der Renaissance fanden die arabischen Ziffern in Europa allgemeine Anerkennung, Verbreitung und Verwendung. Mathematisch sind die negativen Zahlen eine komplette Spiegelung am Punkt Null. Die Null ist deshalb im Dezimalsystem ein synonym für den Anfangspunkt, den Startpunkt eines Koordinatensystems, oder allgemein für das Nichts. Auf der Zahlengerade werden reelle Werte als Punkte dargestellt. Die Abstände zwischen den Punkten stellen teilbare Ganze dar. Der erste Abschnitt auf der Zahlengerade geht vom Punkt Null bis zum Punkt Eins. Wenn ein Nullter Abschnitt in das System eingefügt wird, wie es von den Astronomen im 21. Jahrhundert immer noch gemacht wird, ist gleichzeitig ein neues Zahlensystem geschaffen nach dem die heute etablierte Arithmetik nicht mehr funktioniert. Berechnungen unter Verwendung reeller Zahlen sind in diesem System nicht mehr möglich.

Die Anwendung eines Jahres Null

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In der Zeitrechnung der Historiker gibt es traditionell kein Jahr Null. Das hat zur Folge, dass zwischen dem 1. Juni 500 v. Chr. und dem 1. Juni 500 n. Chr. nur 999 Jahre liegen. Dieses Ergebnis, das eigentlich korrekt ist, da die Zeitpunkte nicht die vollen Jahre umfassen, veranlasste die Astronomen des 18. Jahrhunderts zu einer eigenen, modifizierten Zeitrechnung. (Cf. Epochensprung.)

Der Unterschied zwischen Monaten und den Jahreszahlen ist, dass erstere sich zyklisch wiederholen, weshalb hier sinnvollerweise Ordinalzahlen verwendet werden, während es sich bei der Jahreszählung um eine durchlaufende Nummerierung handelt, die nach Meinung der Astronomen ein Jahr Null benötigt. Dies hat sich auf Vorschlag von Cassini bei den Astronomen bis heute weltweit durchgesetzt.

In den antiken Chroniken wurden aber traditionell die Herrscherjahre, z. B. der Caesaren gezählt, unter Verwendung von Ordinalzahlen. So begründen die Jahre der christlichen Ära, die Jahre nach Christus – ohne Jahr Null – eben auch die „christliche Chronik“; die Jahre vor Christus hingegen die „Chronik der vorchristlichen Zeit“. Beide zusammen ergeben aber keine Chronologie, sondern zwei getrennte Chroniken.

Das julianische Schaltjahr Null  (= 1 v. Chr.)

Die Astronomen rechnen seit 1740 mit einem Schaltjahr Null (= 1 v. Chr.), dessen Definition gemeinhin Jacques Cassini zugeordnet wird; doch dürfte schon einige Jahrzehnte früher sein Kollege Philippe de la Hire in seinen astronomischen Tafeln mit einem Jahr Null gerechnet haben. Sie ist inkorrekt, da sie für die Zeit bis einschließlich 4. Oktober 1582 in Julianischen Jahren rechnet, aber ab dem 15. Oktober 1582 in Gregorianischen Daten (cf. von Mädler). Dadurch kommt ein astronomischer Kalenderirrtum zustande, der für die ferne Vergangenheit einen ganzen Monat erreichen kann.

Vergleichstabelle zur Cassini-Chronologie

Die traditionelle geschichtliche Zeitrechnung entspricht dem römischen Kalender christlicher Zeitrechnung und benutzt das arabische Zahlensystem. Die traditionelle astronomische Chronologie besitzt ein Jahr Null. Dem Jahr 1 v. Chr. entspricht das Jahr 753 v. Chr. seit der Gründung Roms.

Modernes Datum Geschichtliches Jahr Astronomisches Jahr Christum natum 1 ab urbe condita 2 Lateinisches Datum
31. Dezember 1 v. Chr. 0 = I ante DCC.LIII a.u.c pridie Cal. Ian.
1. Januar 1 (n. Chr.) 1 = I post DCC.LIV a.u.c Calendis Ianuariis

lateinisch: „vor“ bzw. „nach der Geburt Christi“

a. u. c. - lateinisch: „seit der Gründung der Stadt (Roms)“

Caesar führte seinen neuen Kalender am 1. Januar DCCIX a.u.c. (709 = 45 v. Chr. ) ein. Dieses Jahr war gleich ein Schaltjahr. Das Jahr zuvor wird als Verworrenes Jahr bezeichnet (weil es 445 Tage hatte). Nach Caesars Tod wurde aber 36 Jahre lang ein falscher, missverstandener Schaltmodus angewendet. Das Jahr 709 a.u.c. wurde gleich wieder als erstes Jahr verstanden und im „vierten“ Jahr 712 abermals ein Schaltjahr eingelegt, also schon nach drei Jahren. So waren die römischen Jahre 715, 718, 721 etc. bis einschließlich 745 a.u.c. (IX  v. Chr.) alle tatsächlich Schaltjahre. 36/3 = 12, aber 36/4 = 9.

Das Jahr 745 wäre auch bei richtig angewandten Schaltregeln römisches Schaltjahr gewesen. Die eigentlichen Schaltjahre 749 a.u.c. (= V  v. Chr.), 753 a.u.c. (= I  v. Chr.) und 757 a.u.c. (= IV  n. Chr.) fielen aber aus – waren also Gemeinjahre – um den Kalender zu korrigieren.

Weiterhin sollte noch beachtet werden, dass, obwohl das Neujahr von Caesar eindeutig auf den 1. Januar festgelegt wurde, Datumsangaben wie „pridie Kal. Ian.“ mit folgender Jahreszahl verschieden interpretiert werden können, da die Römer ab dem 14. Dezember rückwärts zählten (XIX ante Kal. Ian.). Der 30. Dezember ist der dritte [sic] Tag vor den Kalenden, während der 31. Dezember der Vortag (pridie Kal. Ian.) der Kalenden des kommenden neuen Jahres ist.

Das gregorianische Schaltjahr Null  ( 1 v. Chr.)

Eine umstrittene Festlegung schuf die Internationale Organisation für Normung mit ihrer Norm ISO 8601:1988, übernommen 1992 von der EN 28 601. Diese weltweit gültige, aber – zumindest in diesem Teil – auch weltweit ignorierte Norm offizialisiert einen „proleptischen (rückwirkend gültigen) gregorianischen Kalender“, dem sie ein Schaltjahr Null zuordnet. Dieses Jahr Null beginnt am 3. Januar 1 vor und endet am 2. Januar 1 nach Christus. Der tatsächliche gregorianische Kalender versteht sich aber, im Gegensatz zum julianischen, als ausdrücklich nicht proleptisch.
Auch die ISO 8601 in der Version aus dem Jahre 2000 sieht ein Jahr Null und Jahresangaben mit negativem Vorzeichen vor.

Kritik an der Norm ISO 8601

  • Für Astronomen ist der gregorianische 400-Jahre-Zyklus ungünstig, innerhalb dessen die Jahrhunderte ungleiche Längen haben. Astronomische Berechnungen brauchen einen gleichförmigen Zeitablauf, weshalb Astronomen heute zuerst und stets in julianischen Jahrhunderten rechnen (siehe Julianisches Datum JD) und erst am Ende der Berechnungen alle Daten nach dem 4. Oktober 1582 in gregorianisches Datum korrigieren. Sie werden daher die Norm ISO 8601 = EN 28 601 auch künftig kaum anwenden.
  • Die Geschichtswissenschaft hat das julianische Jahr Null nie verwendet. Sie benutzt für diese Zeit den altbekannten, proleptischen, julianischen Kalender der christlichen Ära, also ohne Jahr Null. Somit ist auch nicht zu erwarten, dass die Historiker die ISO Norm 8601 je umsetzen. Eine Umdatierung sämtlicher historischer Ereignisse, wonach etwa Gaius Julius Caesar statt am 15. März 44 v. Chr. jetzt plötzlich am 13. März des Jahres -43 (in ISO-Schreibweise: -0043-03-13) ermordet wurde, würde nur heillose Verwirrung stiften.

Siehe auch: